Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen 5 B 16.05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 155,98 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
1. Der Rechtssache kommt nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist erforderlich, dass eine konkrete, verallgemeinerungsfähige Frage des revisiblen Rechts aufgezeigt wird, die zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf.
1.1 Dies ist in Bezug auf die von der Beschwerde aufgeworfene Frage (S. 3 der Beschwerdebegründung),
“1) Steht der Behörde bezüglich der Tatbestandsvoraussetzungen
‘die Möglichkeit eines verstärkten Förderungsabbaus bleibt vorbehalten, wenn dies
a) zur Fortführung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus erforderlich und im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere auf die allgemeine Einkommensentwicklung der breiten Schichten der Bevölkerung, vertretbar ist;
b) infolge einer allgemeinen Anhebung des Mietenniveaus oder aus anderen Gründen im Rahmen der Wirtschaftlichkeit der geförderten Bauvorhaben möglich und allgemein oder für eine Gruppe von Fällen durch die für das Bau- und Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung angeordnet wird.’
ein Beurteilungsspielraum zu oder ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen vom Gericht vollumfänglich nachprüfbar?”,
nicht der Fall. Diese Frage berührt nicht die Auslegung oder Anwendung einer Norm des revisiblen Bundesrechts, sondern betrifft die Auslegung der in den Bescheid der Investitionsbank Berlin vom 28. März 2000 über die Bewilligung von Anschlussförderung aufgenommenen Nebenbestimmung. Diese wird nicht schon deswegen zu einer verallgemeinerungsfähigen Frage revisiblen Bundesrechts, die einer generellen Klärung durch das Revisionsgericht zugänglich wäre, weil sie sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle stellt. Sie werden auch nicht dadurch zu Fragen, die sich auf revisibles Bundesrecht beziehen, dass § 44 Abs. 2 Satz 2 II. Wohnungsbaugesetz (in der Fassung vom 19. August 1994, BGBl I S. 2137) für eine vorzubehaltende Zinsanpassung bei öffentlichen Wohnungsbaudarlehen vergleichbare Formulierungen verwendet.
Diese Frage rechtfertigte auch deswegen nicht die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung, weil das Berufungsgericht dem beklagten Land nicht einen Beurteilungsspielraum in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts zugebilligt hat. Vielmehr hat das Berufungsgericht dem beklagten Land einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der “Beifügung von Nebenbestimmungen, die die Vergabe begrenzen oder einer späteren Kürzung unterwerfen und dabei eine erneute Abwägung und politische Prioritätensetzung ermöglichen” zugebilligt und aufgrund seiner Rechtsauffassung zur Kontrolle der Tatbestandsvoraussetzungen, dass der “verwendete Begriff ‘erforderlich’ eine haushalts- und wohnungspolitische Wertung und Prognose” betreffe, dem Subventionsgeber einen Einschätzungsspielraum dafür zugebilligt, ob der Landeshaushalt erheblich entlastet werde, bei dem sich die gerichtliche Prüfung darauf beschränke, ob der Beklagte sachliche Erwägungen angestellt habe (S. 20 des Urteilsausdrucks). Dass dies mit dem Bundesrecht in Einklang steht, ist in dem auch von dem Berufungsgericht herangezogenen Urteil des Senats vom 11. Mai 2006 – BVerwG 5 C 10.05 – (NVwZ 2006, 1184) für die Einstellung einer Anschlussförderung geklärt (zu dem im Bereich der Wohnungsbauförderung bei der Festsetzung der Fördersätze und der Untergrenze der Tragbarkeit zuzubilligenden Einschätzungsprärogative s.a. Urteil vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 21.87 – BVerwGE 84, 167, 176). Es ist nicht erkennbar, dass für die Ausschöpfung eines Widerrufsvorbehalts bei bewilligter Anschlussförderung anderes gelten könnte oder hier weiterer oder neuerlicher Klärungsbedarf bestünde.
1.2 Die weiterhin von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
“2) Unter welchen Voraussetzungen ist eine Fördermittelkürzung zur Fortführung des sozialen Wohnungsbaus ‘erforderlich’?
3) Wann ist eine außerplanmäßige Fördermittelkürzung nicht mehr ‘vertretbar’?”,
betreffen ebenfalls die einzelfallbezogene Auslegung und Anwendung der Voraussetzungen des in dem Bewilligungsbescheid wirksam vorbehaltenen Widerrufs. Auch hier gilt, dass sie nicht dadurch zu Fragen, die sich auf revisibles Bundesrecht beziehen, werden, dass § 44 Abs. 2 Satz 2 II. Wohnungsbaugesetz eine vergleichbare Formulierungen verwendet.
2. Die Revision ist auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO), das Berufungsgericht habe dadurch den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt, dass es nicht “Beweis über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Widerrufsvorbehalts erhoben” hat, bei dem sich herausgestellt hätte, “dass die von dem Beklagten vorgelegten Zahlen nicht zutreffen und dass die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die Einkommensentwicklung, eine Fördermittelverkürzung mit der Folge einer Mieterhöhung gerade nicht vertretbar erscheinen” lässt, genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Wer, wie die Klägerin, die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er – durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten – in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgebenden materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 2. März 1978 – BVerwG 6 B 24.78 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 1. April 1997 – BVerwG 4 B 206.96 – NVwZ 1997, 890 ≪893≫, vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 und vom 13. März 2003 – BVerwG 5 B 267.02 – juris). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – NVwZ-RR 2002, 140).
Nach diesen Grundsätzen musste sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachaufklärung nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten hier nicht aufdrängen. Das Berufungsgericht hat für seine Entscheidungsfindung in Bezug auf die Wohnungsmarktlage u.a. den Bericht einer Expertenkommission zur Anschlussförderung im öffentlich geförderten Wohnungsbaus im Land Berlin (vom Januar 2003) und einen Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung über den Berliner Wohnungsmarkt – Wohnungsmarktbericht 2004) herangezogen und in dem Bericht der Expertenkommission eine dem von der Klägerin vorgelegten Parteigutachten, mit dem sich auch ein von dem beklagten Land in das Verfahren eingeführtes Privatgutachten befasst hat, wegen der interessenübergreifenden Zusammensetzung der Expertenkommission überlegene Erkenntnisquelle in Bezug auf die Frage eines Mietpreisvorteils von Sozialwohnungen erkannt (Urteilsausdruck S. 26). Bei dieser Sachlage musste sich dem Berufungsgericht nicht die Notwendigkeit eines “gerichtlichen Obergutachtens” aufdrängen. Auch die Klägerin hat ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt.
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, 3 GKG und übernimmt die von den Beteiligten nicht beanstandete Wertfestsetzung des Berufungsgerichts.
Unterschriften
Schmidt Dr. Franke Prof. Dr. Berlit
Fundstellen