Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 08.04.2014; Aktenzeichen 2 B 12.2602) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Vorhaben des Klägers aus zwei Gründen eine dienende Funktion für einen landwirtschaftlichen Betrieb und damit den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB abgesprochen. Zum einen deute alles darauf hin, dass das Vorhaben des Klägers nicht, wie behauptet, als Gerätehalle mit Saatgut- und Erntespeicher, sondern in Wirklichkeit zu einem anderen Zweck genutzt werden solle (UA Rn. 17 ff.). Zum anderen verfüge der Kläger über genügend leer stehende Gebäude auf seiner Hofstelle, die zur Lagerung von Saat- und Erntegut verwendet werden könnten (UA Rn. 20 ff.). Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
Vorliegend legt der Kläger in Bezug auf die erste Begründung des Verwaltungsgerichtshofs keinen Grund für die Zulassung der Revision dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der an den Eigentümer der Gerätehalle jährlich zu entrichtende Pachtzins 300 EUR beträgt, und den Betrag den jährlichen Kosten für den Eigentümer (Abschreibung, Zinsansatz, Unterhalt, Versicherungen) gegenübergestellt. Diese Kosten hat er in Übereinstimmung mit dem begutachtenden Landwirtschaftsamt mit ca. 2 400 bis 4 000 EUR beziffert, da sich die erforderlichen Fertigstellungskosten nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters in einer Größenordnung zwischen 30 000 und 50 000 EUR bewegten. Der Kläger habe die Zahlen nicht substantiiert bestritten. Daraus sei zu folgern, dass der Eigentümer in keiner Weise einen marktüblichen Pachtzins erhalte. Trete demnach der Landwirt als Bauherr für ein Gebäude auf, das vom Eigentümer auf seinem eigenen Grundstück finanziert werde, und habe der Landwirt nur einen in keiner Weise marktüblichen Pachtzins zu entrichten, deuteten alle Umstände darauf hin, dass das Vorhaben in Wirklichkeit einem anderen Zweck diene.
Der Kläger macht geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof verfahrensfehlerhaft seine Pflichten zur Klärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) und zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt habe. Die Vorinstanz hätte ihm nicht entgegenhalten dürfen, die vom Landwirtschaftsamt behaupteten Zahlen nicht substantiiert bestritten zu haben.
Die Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Erfordernissen wird die Aufklärungsrüge des Klägers nicht gerecht. Der Kläger bemängelt zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof sich die jährlichen Kosten für die Gerätehalle nicht vom Gutachter hat aufschlüsseln und erläutern lassen, er zeigt aber nicht auf, zu welchem mutmaßlichen Ergebnis die vermissten Aufklärungsmaßnahmen geführt hätten. Außerdem legt er nicht dar, dass er bereits in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof auf die für erforderlich gehaltene Befragung des Gutachters hingewirkt hätte oder dass sich dem Verwaltungsgerichtshof die Befragung auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätte aufdrängen müssen (zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge vgl. Beschluss vom 19. August 1987 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328).
Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs, d.h. des Gebots, dass jedem Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, das aus seiner Sicht für seine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erforderliche vorzutragen, und das Gericht seinen Vortrag zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht, ist die erfolglose Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (Beschluss vom 21. Januar 1997 – BVerwG 8 B 2.97 – Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 21 S. 3). Ein Beteiligter, der von seinen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht, kann sich später nicht darauf berufen, ihm sei das rechtliche Gehör abgeschnitten worden (vgl. etwa Urteil vom 6. Februar 1987 – BVerwG 4 C 2.86 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 38 S. 2 f.). Auch insoweit muss sich der Kläger entgegenhalten lassen, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht auf eine Substantiierung des von ihm für pauschal gehaltenen Gutachtens des Landwirtschaftsamtes gedrungen zu haben.
Auf die übrigen Verfahrensrügen, die sich auf die Verneinung des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB beziehen, und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) braucht nicht mehr eingegangen zu werden, weil sie den zweiten Begründungsstrang betreffen.
2. Die Zulassungsfähigkeit des Vorhabens als nichtprivilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls mit einer doppelten Begründung verneint. Dem Vorhaben stünde sowohl entgegen, dass es die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB), als auch, dass es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).
Der Kläger greift beide Begründungen mit der Verfahrensrüge an. Er hält dem Verwaltungsgerichtshof vor, ihm günstiges Tatsachenvorbringen übergangen zu haben. Seine Rüge, die als Gehörsrüge zu werten ist, hat bereits keinen Erfolg, soweit sie sich auf das erste Begründungselement bezieht. Es kann deshalb dahinstehen, ob sie im Übrigen begründet wäre.
Der Kläger vermisst die Berücksichtigung seines Vortrags, dass am geplanten Standort seines Vorhabens bereits eine die Umgebung prägende Gerätehalle mit identischen oder sogar größeren Ausmaßen gestanden habe. Nach seiner Ansicht hätte der Verwaltungsgerichtshof bei dieser Sachlage nicht davon ausgehen dürfen, dass sein Vorhaben einen Nachahmungseffekt auslöse und die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Auf eine Gehörsverletzung führt die Kritik des Klägers nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Kenntnis genommen, dass das Vorhaben des Klägers ein vorhandenes Gebäude ersetzen soll. Er hat aus dieser Tatsache allerdings eine andere rechtliche Schlussfolgerung gezogen, als sie der Kläger für geboten hält. Aus seiner Sicht ist die Errichtung eines Neubaus anstelle eines vorhandenen, nicht mehr privilegiert genutzten Gebäudes mit dem Zweck des § 35 BauGB nicht vereinbar, die Bebauung des Außenbereichs möglichst auf privilegierte Vorhaben zu beschränken. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtete den Verwaltungsgerichtshof aber nicht, der Rechtsansicht des Klägers zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 – 2 BvR 678/81 u.a. – BVerfGE 64, 1 ≪12≫).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Külpmann
Fundstellen