Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 19.03.2008; Aktenzeichen 5 B 840/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 139 747,15 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der ihr gegenüber festgesetzten Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr 1997. Sie betreibt eine Geflügelschlachtanlage. Im Jahr 1997 leitete sie auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Erlaubnis das in ihrem Betrieb anfallende Abwasser – nach Vorbehandlung in einer eigenen chemisch-biologischen Kläranlage – in ein Gewässer ein. Damals führte die Gemeinde M… das in einem Teil ihres Gemeindegebiets anfallende Abwasser der Kläranlage der Klägerin zu. Nach Behandlung in der Kläranlage wurde das Abwasser der Gemeinde – zusammen mit dem unmittelbar aus der Geflügelschlachtanlage stammenden Abwasser – in das Gewässer eingeleitet. Der Beklagte setzte für das Veranlagungsjahr 1997 eine Abwasserabgabe in Höhe von 316 960 DM (entspricht 162 059,07 €) fest.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Sie machte geltend, der Abwasserabgabenbescheid sei rechtswidrig, soweit darin eine über 43 638,33 DM hinausgehende Abwasserabgabe festgesetzt wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die sinngemäß gestellte Frage, wer abgabepflichtig und was “Einleiten” im Sinne des Abwasserabgabengesetzes ist, wenn an einem Abwasserabgabenverhältnis mehr als zwei Personen beteiligt sind, lässt sich – auf Grund der eindeutigen Regelung des Gesetzes – ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten:
Für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes ist eine Abwasserabgabe zu entrichten (§ 1 Abs. 1 AbwAG). Abgabepflichtig ist, wer Abwasser einleitet (§ 9 Abs. 1 AbwAG). Einleiten im Sinne des Abwasserabgabengesetzes ist das unmittelbare Verbringen des Abwassers in ein Gewässer (§ 2 Abs. 2 Halbs. 1 AbwAG). Abgabepflichtig ist damit allein derjenige, der das Abwasser unmittelbar in ein Gewässer verbringt, und damit der Direkteinleiter. Wer sein Abwasser lediglich in die Abwasserbehandlungsanlage eines Dritten leitet, ist nicht abgabepflichtig. So sind insbesondere Privatpersonen und Betriebe, die ihre Abwässer in eine kommunale Abwasserbehandlungsanlage leiten, nicht abgabepflichtig. Nichts anderes gilt in dem – hier vorliegenden – umgekehrten Fall. Leitet eine Gemeinde lediglich Abwässer in die Abwasserbehandlungsanlage eines Betriebs ein, ist nicht die Gemeinde abgabepflichtig. Abgabepflichtiger ist auch hier allein der Betreiber der Abwasserbehandlungsanlage, der das in dieser Anlage vorgereinigte Abwasser aus dieser in ein Gewässer einleitet. Er verbringt das Abwasser unmittelbar in ein Gewässer.
Was “unmittelbar” in diesem Zusammenhang bedeutet, hat das Berufungsgericht zutreffend wie folgt beschrieben: Das Abwasser muss direkt dem Gewässer zugeführt werden. Damit müssen die Stelle, an der der Einleiter sich des Abwassers entledigt, und die Stelle, an der das Abwasser in das Gewässer gelangt, aneinander grenzen. Dementsprechend ist – wie das Oberverwaltungsgericht weiter zu Recht ausführt – in Fällen, in denen der Abwassererzeuger die Anlage eines Dritten zum Abtransport seines Abwassers nutzt, eine bloß mittelbare Einleitung des Erzeugers gegeben. Zwischen dem Wegschaffen des Abwassers aus dem Machtbereich des “Abwasserproduzenten” und dem Eindringen des Abwassers in ein Gewässer schiebt sich eine andere abgabenrechtliche Verantwortlichkeit, nämlich die des direkten Einleiters.
Die Klägerin verkennt in diesem Zusammenhang die Bedeutung von § 9 Abs. 2 AbwAG. Die Bestimmung enthält eine Ausnahmeregelung von der grundsätzlichen Abgabepflicht des Einleiters (§ 9 Abs. 1 AbwAG) für sog. Kleineinleiter. Einleiter, die weniger als acht m(3) je Tag Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser nicht in die öffentliche Kanalisation, sondern unmittelbar in ein Gewässer einleiten, sind danach nicht selbst abgabepflichtig (§ 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG). An ihrer Stelle sind von den Ländern zu bestimmende Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. die Gemeinden) abgabepflichtig. Die Länder können eine derartige Bestimmung auch für andere Einleiter treffen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 AbwAG). Die Länder regeln in diesen Fällen die Abwälzbarkeit der Abgabe (§ 9 Abs. 2 Satz 3 AbwAG). Sie können beispielsweise bestimmen, dass die nach dem Abwasserabgabenrecht abgabepflichtigen Gemeinden ihrerseits eine Kleineinleiterabgabe von den Direkteinleitern erheben.
Die dargestellte Regelung führt zwar dazu, dass der Abgabepflichtige auch eine Abwasserabgabe entrichten muss für Abwässer, die Dritte seiner Abwasserbehandlungsanlage zugeführt haben. Dies widerspricht aber weder den Zielen des Abwasserabgabengesetzes noch dem Verfassungsrecht (insbesondere nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit); denn der Abgabepflichtige hat im Innenverhältnis Möglichkeiten, Dritten die Benutzung seiner Anlage nur unter besonderen Voraussetzungen zu gestatten, diese an den Kosten der Abwasserabgabe zu beteiligen und von diesen bei Verletzung der Benutzungsbedingungen Schadenersatz zu verlangen. So können Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen Dritten deren Benutzung nur unter der Voraussetzung gestatten, dass deren Abwasser gewisse Anforderungen erfüllt, die gewährleisten, dass das später vom Betreiber der Anlage in ein Gewässer eingeleitete Abwasser die Anforderungen eines wasserrechtlichen Erlaubnisbescheids beachtet und damit keine erhöhte Abwasserabgabe zu entrichten ist. Durch derartige Vorgaben wird dann das Verhalten der Dritten gelenkt, was der Zielsetzung des Abwasserabgabengesetzes entspricht. Führt die Missachtung der internen Benutzungsbedingungen durch einen Dritten dazu, dass der Einleiter eine erhöhte Abwasserabgabe zu entrichten hat, kann er im Innenverhältnis grundsätzlich Schadenersatz verlangen. Unterlässt es der Abgabepflichtige, derartige interne Regelungen aufzustellen, ist es nicht unverhältnismäßig, wenn er eine erhöhte Abgabe entrichten muss. An der (nicht vermeidbaren) Abwasserabgabe kann der Abgabepflichtige intern die Indirekteinleiter beteiligen. Kommunale Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen können die Abwasserabgabe bei der Kalkulation ihrer Gebühren berücksichtigen. Private Betreiber können zivilrechtlich das gleiche durchsetzen. Auch insoweit ist daher die Erhebung einer Abwasserabgabe von dem Abgabepflichtigen nicht unverhältnismäßig.
Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist deshalb im Rahmen der Erhebung einer Abwasserabgabe eine Überschreitung der Überwachungswerte dem Direkteinleiter unabhängig vom Fehlverhalten eines Indirekteinleiters zuzurechnen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen
Haufe-Index 2061689 |
IR 2009, 44 |