Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 18.03.2009; Aktenzeichen 12 B 08.3327) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. März 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist, soweit die Rügen überhaupt den Darlegungsanforderungen genügen, jedenfalls unbegründet.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der geltend gemachten Divergenz zuzulassen.
Rz. 3
1.1 Eine Divergenz im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, der in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten übergeordneten Gerichte aufgestellt worden ist. Die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. Beschluss vom 11. August 1999 – BVerwG 11 B 61.98 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Diese Darlegungserfordernisse erfüllt die Beschwerde nicht.
Rz. 4
1.2 Das Berufungsgericht ist – entgegen dem Vorbringen der Beschwerde – nicht von dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 1995 – BVerwG 5 C 24.93 – (BVerwGE 99, 336) aufgestellten Rechtssatz abgewichen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist, entschieden, dass die Aufklärungspflicht, die insoweit ihre Rechtsgrundlage in § 20 SGB X findet, verletzt wird, wenn die Hauptfürsorgestelle (jetzt: Integrationsamt) sich damit begnügt, das Vorbringen des Arbeitgebers, soweit es im Rahmen der nach § 15 SchwbG (vgl. nunmehr § 85 SGB IX) gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Eine Rechtssatzdivergenz in dem Sinne, dass das Berufungsgericht von diesem Rechtssatz durch die Aufstellung eines gegenläufigen Rechtssatzes abgewichen ist, liegt aber nicht vor. Vielmehr hat sich das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gebildeten Rechtssatz ausdrücklich zu eigen gemacht und hat unter Bezugnahme auf diese Passage des Urteils vom 19. Oktober 1995 (a.a.O.) und eine weitere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. Februar 1995 – BVerwG 5 B 75.94 – Buchholz 436.61 § 15 SchwbG Nr. 9) ausgeführt:
“Hinsichtlich der für die Abwägung bedeutsamen Umstände darf sich das Integrationsamt im Grundsatz nicht darauf beschränken, die Behauptungen der Verfahrensbeteiligten lediglich auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen. Die Behörde muss vielmehr dem Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X) folgend alle Tatsachen ermitteln, die unter Berücksichtigung des Antrags auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung erforderlich sind, um die gegensätzlichen Interessen gegeneinander abzuwägen und sich von der Richtigkeit der für ihre Entscheidung wesentlichen Behauptungen der Verfahrensbeteiligten eine eigene Überzeugung zu bilden” (UA S. 13 f. Rn. 36).
Rz. 5
Der Sache nach rügt die Beschwerde allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der vom Berufungsgericht nicht bestrittenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, ohne einen entgegenstehenden Rechtssatz aufzuzeigen.
Rz. 6
1.3 Eine Divergenz ist auch nicht mit Blick darauf dargelegt, dass das Berufungsgericht die Ausführungen zur Reichweite der behördlichen Sachaufklärungspflicht durch folgenden Satz ergänzt hat:
“Die Behörde braucht allerdings, sofern sich ihr nicht aufgrund der Gesamtlage des Falles Bedenken aufdrängen, keine Ermittlungen zu einem Tatumstand durchzuführen, der von niemandem bestritten ist” (UA S. 14).
Rz. 7
Mit diesem Satz ist das Berufungsgericht – entgegen dem Vorbringen der Beschwerde – schon deswegen nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen, weil sich weder dem in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 1995 (a.a.O.) noch sonstigen Entscheidungen ein mit der Formulierung des Berufungsgerichts nicht vereinbarer Rechtssatz entnehmen lässt, dass die Ermittlungspflicht der Behörde nach § 20 SGB X in dem in Rede stehenden Zusammenhang stets auch auf all jene Tatumstände zu erstrecken ist, die von keinem der Verfahrensbeteiligten bestritten worden sind und hinsichtlich derer sich auch sonst kein weiterer Sachaufklärungsbedarf aufdrängt.
Rz. 8
1.4 Das Vorbringen der Beschwerde, das Berufungsgericht habe bei richtiger Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (im Urteil vom 19. Oktober 1995 a.a.O.) beanstanden müssen, dass es das Integrationsamt fehlerhaft (unter Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz) unterlassen habe zu ermitteln, ob der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz hätte eingesetzt werden können, zeigt – selbst wenn dieser Einwand zutreffen sollte, wofür indes nichts ersichtlich ist – eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ebenfalls nicht auf. Denn das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 m.w.N.).
Rz. 9
2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
Rz. 10
Die von der Beschwerde gerügte Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes, § 108 Abs. 1 VwGO, ist nicht hinreichend dargetan. Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht sei von einem falschen und/oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, weil es aus den Ausführungen der Beigeladenen zur Begründung ihres Antrags auf Zustimmung zur Kündigung, dass der Kläger weder in der Aufsicht noch allein in der Technik beschäftigt werden dürfe, was eine Weiterbeschäftigung unmöglich mache, die unzutreffende Schlussfolgerung gezogen habe, die Beigeladene habe damit auch zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen Arbeitsplatz nicht denkbar sei. Richtigerweise habe die Beigeladene mit der genannten Formulierung nur den konkreten Arbeitsplatz des Klägers als Schwimmmeister im Hallen- und Freibad R… gemeint und damit bestätigt, dass sie gar nicht überprüft habe, ob der Kläger auf anderen Arbeitsplätzen eingesetzt werden könnte. Dies habe vielmehr das Integrationsamt noch von Amts wegen überprüfen müssen.
Rz. 11
Mit dieser Rüge greift der Kläger der Sache nach die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht an, dem er insbesondere im Hinblick auf die Bewertung der Äußerungen der Beigeladenen einen Fehler in der Sachverhaltswürdigung vorwirft. Damit wird aber ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO schon deshalb nicht dargelegt, weil die Grundsätze der Sachverhalts- und Beweiswürdigung jedenfalls in aller Regel revisionsrechtlich dem sachlichen Recht zuzuordnen sind (vgl. Beschlüsse vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 und vom 11. August 1999 a.a.O.). Ausnahmen hiervon sind zwar im Falle einer gegen Denkgesetze verstoßenden oder sonst von Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung anzunehmen. Hierfür fehlt allerdings jeder Anhalt. Vielmehr wird die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beigeladene habe durch ihre Begründung im Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung zum Ausdruck gebracht, dass eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich sei, auch durch eine weitere Feststellung gestützt. Das Berufungsgericht führt nämlich aus, der Personalrat habe sich im Widerspruchsverfahren dahin geäußert, das Personalamt (der Beigeladenen) habe ihm erläutert, dass eine Umsetzung des Klägers in einen anderen Bereich mangels offener Stellen nicht möglich gewesen sei.
Rz. 12
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 13
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Mit Blick auf den Sachantrag der Beigeladenen entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass der Kläger als unterliegender Beteiligter auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Unterschriften
Hund, Prof. Dr. Berlit, Dr. Störmer
Fundstellen