Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 18.04.2002; Aktenzeichen 8 LB 11/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. April 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht habe nicht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden dürfen, da das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden habe; der Kläger, ein jugoslawischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo, habe zwar im erstinstanzlichen Verfahren einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO zugestimmt; diese Zustimmung sei aber “verbraucht” gewesen, als das Verwaltungsgericht Jahre später der Klage wegen der Gefahr einer Gruppenverfolgung der albanischen Volkszugehörigen stattgegeben habe, da sich das Gericht hierbei auf neue, nach der Zustimmungserklärung beigezogene Erkenntnismittel gestützt habe. Es trifft zwar zu, dass ein Berufungsgericht nicht im Beschlussverfahren nach § 130a VwGO entscheiden darf, wenn das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (vgl. z.B. Beschluss vom 8. April 1998 – BVerwG 8 B 218.97 – Buchholz 340 § 15 VwZG Nr. 4 m.w.N.). Die Beschwerde legt jedoch bereits nicht schlüssig dar, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren des Klägers trotz dessen Zustimmung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs und damit verfahrensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. So geht die Beschwerde insbesondere nicht näher darauf ein, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Gehörsverstoß zu Lasten eines Klägers angenommen werden kann, dessen Klage das Gericht in vollem Umfang stattgibt. Die Beschwerde geht ferner nicht darauf ein, ob ein Gericht den “Verbrauch” einer Prozesserklärung von sich aus berücksichtigen muss, wenn der Verfahrensbeteiligte seine Erklärung in keiner Weise einschränkt bzw. auf eine geänderte Verfahrenssituation hinweist. All dies bedarf keiner weiteren Erörterung. Denn der Kläger hat auch im Berufungsverfahren mit keinem Wort auf einen “Verbrauch” seiner Zustimmungserklärung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO und damit auf eine (mögliche) fehlerhafte Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts hingewiesen. Unter diesen Umständen ist es ihm, auch wenn ein Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts anzunehmen wäre, verwehrt, aus den von ihm genannten Gründen eine Verletzung seines Rechts auf Durchführung einer Berufungsverhandlung zu rügen.
Die Beschwerde macht außerdem geltend, das Berufungsgericht habe auch deshalb nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil sich hinsichtlich der Frage von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 Abs. 6 AuslG der Streitgegenstand wesentlich geändert habe; der Kläger habe sich erstmals im Berufungsverfahren auf Krankheiten bezogen; ihm hätte deshalb die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, in einer mündlichen Verhandlung zu den neuen Umständen Stellung zu nehmen. Damit ist eine Gehörsverletzung ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die – von anderem abgesehen – eine nicht vergleichbare Verfahrenskonstellation betrifft. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung das Beschlussverfahren nach § 130a VwGO für den Fall ausgeschlossen, dass sich im Berufungsverfahren der Streitgegenstand durch eine mittels Anschlussberufung des Klägers erfolgte Klageänderung wesentlich geändert hat (Beschluss vom 10. September 1998 – BVerwG 8 B 102.98 – Buchholz 401.9 Nr. 40 m.w.N.). Über diese Bezugnahme hinaus legt die Beschwerde nicht dar, aus welchen Gründen das dem Berufungsgericht im Rahmen von § 130a VwGO zustehende Ermessen in der Weise eingeschränkt gewesen sein soll, dass es von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss hätte absehen müssen. Für eine derartige Einschränkung ist auch sonst nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht hatte den Kläger – vor der Anhörungsmitteilung gemäß § 130a VwGO – ausdrücklich aufgefordert, ein aktuelles und detailliertes ärztliches Attest vorzulegen, falls er derzeit an einer behandlungsbedürftigen Krankheit leide. Der Kläger hat weder auf diese Aufforderung noch auf die Anhörungsmitteilung reagiert. Er hat daher nichts vorgebracht, was dem Berufungsgericht hätte Anlass geben können, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, um dort mögliche Erkrankungen des Klägers im Zusammenhang mit der Frage von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG zu erörtern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Richter, Beck
Fundstellen