Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehrer. zeitliche Einordnung der Personalversammlungen von. in deren werktägliche Arbeitszeit. Personalversammlung. zeitliche Einordnung der. von Lehrern in deren werktägliche Arbeitszeit. Unterrichtsaufall
Leitsatz (amtlich)
1. Personalversammlungen von Lehrern sind grundsätzlich in der unterrichtsfreien Arbeitszeit abzuhalten.
2. Bei der Bestimmung des Zeitpunktes der Personalversammlungen ist die Dauer der Anreise und Rückreise der Teilnehmer zu berücksichtigen. Das kann es erfordern, für die Anreise zum Ort der Personalversammlung die letzte und, soweit erforderlich, allenfalls auch die vorletzte Stunde des allgemeinen Vormittagsunterrichts in Anspruch zu nehmen.
Normenkette
LPVG NW §§ 2, 47
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 11.11.1982; Aktenzeichen CL 39/82) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 11. November 1982 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Personalrat der Lehrer an Sonderschulen beim Schulamt für den Kreis R., der Beteiligte, beabsichtigte, im Jahre 1982 an einem Unterrichtspflichtigen Werktag in der Zeit ab 11.15 Uhr eine Personalversammlung für die Lehrer an Sonderschulen im Kreise R. durchzuführen. Der Leiter des Schulamtes für den Kreis R., der Antragsteller, erhob gegen den vorgesehenen Zeitpunkt der Personalversammlung Bedenken. Er meint, Personalversammlungen von Lehrern sollten grundsätzlich während der unterrichtsfreien Nachmittagszeit stattfinden. Der Beteiligte war nicht bereit, den Bedenken des Antragstellers Rechnung zu tragen, und beraumte die Personalversammlung auf den 21. September 1982, 11.15 Uhr, an.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und sinngemäß beantragt,
festzustellen, daß die von dem Personalrat der Lehrer an Sonderschulen beim Schulamt für den Kreis R. auf den 21. September 1982, 11.15 Uhr, anberaumte Personalversammlung der Lehrer an Sonderschulen im Kreis R. unzulässig ist.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten, mit der er zu erkennen gab, daß er die Personalversammlung nach dem Verstreichen des ursprünglich vorgesehenen Zeitpunktes an einem anderen Unterrichtspflichtigen Werktag vormittags durchzuführen gedenkt, blieb erfolglos, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die Beschwerde sei zulässig, obwohl der für die Personalversammlung vorgesehene Zeitpunkt verstrichen sei; denn der Streit darüber, ob die Personalversammlung am Vormittag eines Unterrichtspflichtigen Werktages durchgeführt werden dürfe, bestehe zwischen den Verfahrensbeteiligten fort.
Bei der Entscheidung, welchen Teil der täglichen Arbeitszeit die Personalvertretung für eine Personalversammlung in Anspruch nehme, sei § 2 Abs. 1 LPVG NW zu berücksichtigen, der es gebiete, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zu fördern. Maßnahmen der Personalvertretung, die eine vorübergehende Freistellung der Beschäftigten von der Arbeit nach sich zögen, seien daher so einzurichten, daß die Erfüllung der Aufgaben der Dienststelle, hier die Erteilung des Sonderschulunterrichts, sowenig wie möglich beeinträchtigt werde. Für Personalversammlungen sei demzufolge die Zeitspanne am Tage zu wählen, in der der geringste Arbeitsausfall eintrete.
Die Besonderheit des Falles liege darin, daß Lehrer, deren Arbeitszeit sich nicht auf die im Stundenplan für sie festgelegten Unterrichtsstunden beschränke, sondern auch die unterrichtsfreie Zeit einschließe, außerhalb der Unterrichtsstunden keiner nach Stunden bestimmten oder auf die Tageszeit bezogenen Arbeitszeitregelung unterlägen. Ein bestimmtes Ende ihrer Arbeitszeit könne daher nicht ermittelt werden. Da die Dienstleistungspflicht der Lehrer einen Zeitaufwand erfordere, der nicht hinter der allgemeinen regelmäßigen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst zurückbleibe, könne aber auch für sie als Arbeitszeit im Sinne des § 47 Satz 1 LPVG NW, in der Personalversammlungen regelmäßig abzuhalten sind, die normale Arbeitszeit im öffentlichen Dienst, d.h. etwa der Zeitraum zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr, angesetzt werden. Eine Personalversammlung von Lehrern lasse sich daher während des unterrichtsfreien Nachmittags durchführen. Im Hinblick auf die freie Arbeitszeiteinteilung der Lehrer überschreite sie deren Arbeitszeit auch dann nicht, wenn sie über das Ende der regelmäßigen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst hinausgehe. Dem halte der Beteiligte zu Unrecht entgegen, eine Personalversammlung während der unterrichtsfreien Zeit mache die Vorbereitung für den Unterricht des darauffolgenden Tages unmöglich und bewirke somit faktisch einen Unterrichtsausfall an diesem Tage. Die Lehrer hätten die Möglichkeit, sich an einem der vorhergehenden Tage auch auf den Unterricht am Tage nach der Personalversammlung vorzubereiten, so daß ein Unterrichtsausfall nicht zu erwarten sei. Aber auch wenn der Unterricht an diesem Tage wegen der Beeinträchtigung der Vorbereitung nicht die gleiche Qualität wie an anderen Tagen habe, genüge er dem Schulzweck dennoch mehr als ein Unterrichtsausfall am Tage der Personalversammlung. Eine andere rechtliche Betrachtungsweise sei auch nicht deswegen geboten, weil die Sonderschullehrer nach Auffassung des Beteiligten an einer am Nachmittag durchgeführten Personalversammlung weniger interessiert seien als an einer während der Unterrichtszeit stattfindenden Personalversammlung. Zum einen sei diese Annahme des Beteiligten nicht erwiesen, und zum anderen sei es den betreffenden Lehrern zuzumuten, ihre nachmittägliche Arbeitszeit für eine ihren Interessen dienende Personalversammlung in Anspruch zu nehmen. Im übrigen sei dem Anspruch der Schüler auf Bildung und Erziehung der Vorrang vor dem Interesse des Beteiligten daran einzuräumen, daß möglichst viele Lehrer an der Personalversammlung teilnähmen. Schließlich erforderten auch die Belange der in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis stehenden Sonderschullehrer keine andere Entscheidung.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten, mit der er sich gegen die dem angegriffenen Beschluß zugrundeliegende Auslegung der §§ 2, 47 LPVG NW wendet. Er tritt in erster Linie der Auffassung des Beschwerdegerichts entgegen, das Personalvertretungsrecht werde von dem in § 2 LPVG NW niedergelegten „obersten” Grundsatz beherrscht, daß die Personalvertretung die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zu fördern habe. Diese Auffassung verkenne, daß die Vorschrift neben die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gleichrangig das Wohl der Beschäftigten stelle, auf das Dienststelle und Personalvertretung hinzuwirken hätten. Beides sei auch bei der Bestimmung des Zeitpunktes einer Personalversammlung zu berücksichtigen. Das habe ihn veranlaßt, den Zeitpunkt so auszuwählen, daß die betroffenen Lehrer durch die Personalversammlung möglichst gleichmäßig belastet würden. Ein gleiches Maß an Belastung sei angesichts der unterschiedlichen Inanspruchnahme der Lehrer durch Unterrichtsvorbereitungen am Nachmittag nur sicherzustellen, wenn die Personalversammlung zumindest teilweise am Vormittag stattfinde. Da erfahrungsgemäß nur die Hälfte der in Betracht kommenden Lehrer an der Personalversammlung teilnehme, sei bei dieser Wahl des Zeitpunktes gewährleistet, daß der Unterricht durch nicht an der Versammlung teilnehmende und daher zur Unterrichtsvertretung verpflichtete Lehrer erteilt werden könne. Andererseits werde denjenigen Lehrern, die an der Personalversammlung interessiert seien, damit ein Anreiz zur Teilnahme an der Versammlung gegeben, was im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes liege. Die Anberaumung der Personalversammlung auf 11.15 Uhr berücksichtige im übrigen, daß Personalversammlungen in „Betrieben” mit unterschiedlichen Arbeitszeiten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in den Abschnitt der Arbeitszeit zu legen seien, der dem Betrieb das Gepräge gebe. Das sei bei Lehrern der vormittägliche Unterricht.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 11. November 1982 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 10. August 1982 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angegriffenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der angegriffene Beschluß leidet nicht an Rechtsfehlern.
Das Beschwerdegericht hat das für den Antrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zutreffend bejaht, weil der Beteiligte nach wie vor beabsichtigt, Personalversammlungen unter Inanspruchnahme vormittäglicher Unterrichtsstunden durchzuführen.
In der Sache gehen die Verfahrensbeteiligten – ebenso wie das Beschwerdegericht – übereinstimmend davon aus, daß die Personalversammlung, die der Beteiligte einzuberufen beabsichtigt, während der Arbeitszeit im Sinne des § 47 Satz 1 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG NW – vom 3. Dezember 1974 (GV.NW. S. 1514) stattfinden soll. Denn die sich aus den Unterrichtsstunden und der Nach- und Vorbereitung des Unterrichts zusammensetzende Arbeitszeit der Lehrer umfaßt nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen, welche die Rechtsbeschwerde nicht angreift und die daher für das Rechtsbeschwerdegericht verbindlich sind, während der Unterrichtszeiten (d.h. außerhalb der Schulferien) an Werktagen jedenfalls den Zeitraum von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Innerhalb dieser Zeitspanne soll die Personalversammlung nach den Vorstellungen sowohl des Beteiligten und des Antragstellers als auch nach der Auffassung des Beschwerdegerichts durchgeführt werden. Es ist mithin nicht darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen es die „dienstlichen Verhältnisse” im Sinne des § 47 Satz 1 LPVG NW erfordern, eine Personalversammlung ganz oder zum Teil außerhalb der Dienstzeit durchzuführen.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die Personalversammlung im Hinblick auf die Besonderheiten des Schuldienstes während des Abschnitts der werktäglichen Arbeitszeit der Lehrer stattfinden darf oder sogar soll, in dem die Teilnehmer an sich Unterricht zu erteilen hätten, oder ob dafür der Abschnitt der werktäglichen Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen ist, der dem Lehrer üblicherweise zur häuslichen Vor- und Nachbereitung des Unterrichts zur Verfügung steht. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Landespersonalvertretungsgesetz den Abschnitt der Arbeitszeit, während dessen Personalversammlungen durchzuführen sind, weder ausdrücklich festlegt noch konkrete Bestimmungen darüber enthält, nach welchen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten der Beginn einer Personalversammlung festzulegen ist. Mit Recht hat das Beschwerdegericht deswegen auf den in § 2 Abs. 1 LPVG NW niedergelegten Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zurückgegriffen. Ziel dieser partnerschaftlich zu gestaltenden Zusammenarbeit ist es, einerseits die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben derart sicherzustellen, daß die Dienststelle ihrem öffentlichen Auftrag so gut wie möglich gerecht werden kann, und andererseits das Wohl der Beschäftigten zu wahren und, soweit möglich, zu fördern. Beide Ziele stehen, wie der Rechtsbeschwerde einzuräumen ist, im Grundsatz gleichrangig nebeneinander. Deswegen ist es jedenfalls mißverständlich, wenn das Beschwerdegericht die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben als „obersten” Grundsatz des Personalvertretungsrechts bezeichnet.
Wäre dieser Begriffswahl zu entnehmen, daß der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben in dem denkbaren Fall eines Widerstreits zwischen diesen beiden Zielen stets der Vorrang zu geben wäre, dann müßte das zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen. Anders, als die Rechtsbeschwerde offenbar annimmt, besteht im vorliegenden Fall jedoch kein derartiger Widerstreit.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts und dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde lassen sich die Auswirkungen einer Personalversammlung auf den Schulbetrieb und auf die Arbeit der Lehrer zu dem vom Beteiligten vorgesehenen Zeitpunkt einerseits und zu dem vom Beschwerdegericht für richtig gehaltenen Zeitpunkt andererseits wie folgt zusammenfassen:
Die Schule erleidet durch die Inanspruchnahme von vormittäglichen Unterrichtsstunden für die Anreise zur Personalversammlung und für die Versammlung selbst einen entsprechenden Ausfall des Vormittagsunterrichts oder dessen Beeinträchtigung (durch die Erteilung von Vertretungsunterricht). Der Vormittagsunterricht am darauffolgenden Tage bleibt zeitlich und inhaltlich unberührt. Bei Durchführung der Personalversammlung im Anschluß an den Vormittagsunterricht bleibt dieser unberührt, jedoch muß wegen der fehlenden nachmittäglichen Vorbereitungszeit mit inhaltlichen Einbußen am darauffolgenden Tage gerechnet werden.
Die an der Personalversammlung teilnehmenden Lehrer können bei Inanspruchnahme von vormittäglichen Unterrichtsstunden für die Versammlung ihre Unterrichtsvorbereitung für den Tag der Personalversammlung auf die verbleibenden zwei bis drei Unterrichtsstunden beschränken und den Unterricht des darauffolgenden Tages uneingeschränkt vorbereiten. Der am Tage der Personalversammlung versäumte Stoff muß nachgeholt werden. Wird die Personalversammlung nach Ende des Vormittagsunterrichts durchgeführt, müssen sich die Teilnehmer auf alle vormittäglichen Unterrichtsstunden des Tages der Personalversammlung vorbereiten, können sich am Nachmittag dieses Tages aber möglicherweise nicht mehr während der üblichen Arbeitszeit des öffentlichen Dienstes auf den Unterricht des darauffolgenden Tages vorbereiten. In diesem Fall bleibt es ihnen überlassen, das entweder bereits zu einem früheren Zeitpunkt oder am Tage der Personalversammlung nach Ende der üblichen Arbeitszeit zu tun oder den versäumten Stoff später nachzuholen. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß jedenfalls Beamte verpflichtet sind, erforderlichenfalls über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun (§ 78 a Abs. 1 LBG NW).
Diese Gegenüberstellung ergibt, daß die an der Personalversammlung teilnehmenden Lehrer abgesehen von der längeren und möglicherweise zweimaligen Abwesenheit von der Wohnung keine zusätzliche Belastung hinnehmen müssen, wenn Personalversammlungen im Schulbereich nach Ende des Vormittagsunterrichts durchgeführt werden. Es verschiebt sich lediglich die zeitliche Lage ihrer unterrichtsfreien Arbeitszeit am Tage der Personalversammlung. Diese auf einen Tag beschränkte, geringfügige Einengung der Möglichkeit, die unterrichtsfreie Arbeitszeit individuell zu bestimmen, ist von so geringem Gewicht, daß das von der Personalvertretung zu wahrende Wohl der an der Personalversammlung teilnehmenden Lehrer dadurch nicht als berührt angesehen werden kann.
Hingegen wird die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben, nämlich die Durchführung des Schulunterrichts, durch eine Personalversammlung, die unter wesentlicher Inanspruchnahme vormittäglicher Unterrichtsstunden durchgeführt wird, deutlich stärker beeinträchtigt als durch eine im Anschluß an den Vormittagsunterricht oder am Nachmittag durchgeführte Personalversammlung. Denn ein Unterrichtsausfall oder die Erteilung von Vertretungsunterricht durch klassenfremde Lehrer bzw. die Zusammenfassung mehrerer Klassen zum Vertretungsunterricht greifen unzweifelhaft stärker in die Arbeit der Schule ein als die mögliche Beeinträchtigung des Unterrichts nach der Personalversammlung durch unterbliebene oder verkürzte Vorbereitung dieses Unterrichts und unterlassene Nachbereitung des am Vortage erteilten Unterrichts.
Das letztere hatte der Beteiligte im Hinblick auf seine gesetzliche Pflicht, alles zu unterlassen, was die Arbeit der Dienststelle, d.h. im vorliegenden Fall den Betrieb in den Sonderschulen des Kreises R., beeinträchtigt (§ 2 Abs. 2 LPVG NW), bei der Bestimmung des Zeitpunktes der Personalversammlung zu berücksichtigen. Das bedeutet allerdings nicht, daß sowohl die Personalversammlung selbst als auch die Anreise zu dieser Versammlung den Vormittagsunterricht in jedem Fall gänzlich unberührt lassen müssen. Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, daß Personalversammlungen ein gesetzlich vorgesehener Bestandteil des Arbeitslebens sind, der in jeder Dienststelle zu Störungen im Betriebsablauf führt, weil diese Versammlungen während der Arbeitszeit durchzuführen sind. Auch der Antragsteller hat daher solche Störungen des Schulbetriebs hinzunehmen, die sich trotz Berücksichtigung der Belange der Dienststelle nicht vermeiden lassen, wenn die Personalversammlung nicht in Frage gestellt werden soll. Andererseits sind die Personalvertretungen von Lehrern ebenso wie die bei anderen Dienststellen gebildeten Personalvertretungen gehalten, diese Störungen auf das Maß des Unvermeidbaren zu beschränken. Dieses Maß läßt sich wegen der Unterschiedlichkeit der örtlichen und schulischen Verhältnisse weder allgemein noch auch nur für die Sonderschulen im Kreis R. generell festlegen. Es muß vielmehr ausgehend von den Stundentafeln der einzelnen Schulen unter Berücksichtigung des von den einzelnen Lehrern zum Versammlungsort zurückzulegenden Weges so bestimmt werden, daß von einem an den dienststelleninternen Belangen der Lehrerschaft und der weiteren Mitarbeiter der Schulen interessierten Lehrer bei objektiver Betrachtung erwartet werden kann, er werde den Zeitpunkt der Personalversammlung „annehmen”, also nicht von der Teilnahme absehen, weil er sie als unzumutbare Belastung empfindet. Das setzt eine sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Belange voraus, die die von der Rechtsbeschwerde vorgetragene Ansicht vermissen läßt, die Personalversammlung sei so in die Arbeitszeit der Lehrer einzuordnen, daß eine „Entlastung” der Teilnehmer eintrete. Die Rechtsbeschwerde berücksichtigt damit nicht nur ausschließlich die Interessen der teilnehmenden Lehrer, sondern bewertet diese darüber hinaus stärker als mit den dargestellten Grundsätzen vereinbar.
Allen angeführten Gesichtspunkten wird in der Regel auch dann hinreichend Rechnung getragen sein, wenn die Personalversammlung in der unterrichtsfreien Arbeitszeit der Lehrer abgehalten wird. Sollten es die Rücksichtnahme auf die Dauer der An- und Abreise der Teilnehmer oder sonstige zu bedenkende Belange der Teilnehmer nahelegen, die Personalversammlung im zeitlichen Anschluß an den Vormittagsunterricht abzuhalten, dann muß es die Dienststelle hinnehmen, daß für die Anreise die letzte, soweit erforderlich, allenfalls auch die vorletzte allgemeine Unterrichtsstunde in Anspruch genommen werden. Geht man von einer durchschnittlichen Dauer der Personalversammlung von zwei bis drei Stunden aus, so nehmen sie und der vorangegangene Unterricht bei dieser zeitlichen Abfolge nicht einmal die volle von einem Lehrer zu erwartende tägliche Arbeitszeit in Anspruch. Die Erstreckung der Personalversammlung über die Mittagsstunden, welche im übrigen auch der Zeitplan des Beteiligten vorsieht, ist den Lehrern bei Anlegung der oben entwickelten Grundsätze zuzumuten. Die Dienststelle muß es demgegenüber hinnehmen, daß die Lehrer nach ihrer Rückkehr in die Wohnung im Anschluß an die Personalversammlung aus zeitlichen Gründen wie auch wegen der vorausgegangenen Inanspruchnahme kaum noch Unterrichtsvorbereitungen für den darauffolgenden Tag werden treffen können. Sollten diese Vorbereitungen von dem einzelnen Lehrer nicht zu einem früheren Zeitpunkt getroffen werden können, ist die dadurch begründete Beeinträchtigung des Unterrichts am Tage nach der Personalversammlung unvermeidbar.
Hiermit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der dem § 47 LPVG NW entsprechenden Vorschrift des § 44 BetrVG (Beschluß vom 9. März 1976 – 1 ABR 74/74 ≪AP § 44 BetrVG 1972 Nr. 3≫). Ausgehend von der im Wortlaut des § 47 Satz 1 LPVG NW eindeutig zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Entscheidung, daß Personalversammlungen in aller Regel während der Arbeitszeit stattzufinden haben und damit notwendig zu einer Störung der Dienstgeschäfte führen, grenzen die oben entwickelten Grundsätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Dienstes von Lehrern den Abschnitt des (Werk-)Tages ein, während dessen ein Lehrer arbeitsbereit sein muß und in dem ihm die Teilnahme an einer Personalversammlung unter der gebotenen Rücksichtnahme auf seine persönlichen Belange, aber auch auf die Belange der Dienststelle, zugemutet werden kann. Nichts anderes hat das Bundesarbeitsgericht in der angeführten Entscheidung in bezug auf die Besonderheiten der Arbeitsleistung in Filialbetrieben des Lebensmitteleinzelhandels getan. Das Ergebnis, zu dem es dabei gelangt ist, entspricht dem hier gefundenen sinngemäß.
Die Absicht des Beteiligten, die Personalversammlung um 11.15 Uhr beginnen zu lassen, ist nach allem mit den dargelegten Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Sie bedingt, daß die Teilnehmer den Unterricht nach der zweiten oder dritten regelmäßigen Unterrichtsstunde abbrechen müssen. Dadurch werden die Belange der Dienststelle in einem Maße hintangesetzt, das sachlich und zeitlich nicht unvermeidbar ist und sich insbesondere auch nicht mit der von der Rechtsbeschwerde betonten Absicht rechtfertigen läßt, das Interesse der Beschäftigten an der Personalversammlung zu wecken.
Die Belange der teilzeitbeschäftigten Lehrer gebieten entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine andere rechtliche Lösung. Von diesen Lehrkräften muß vielmehr erwartet werden, daß sie im Falle ihrer Teilnahme an den regelmäßig nur einmal jährlich stattfindenden Personalversammlungen im häuslichen Bereich die notwendigen Vorkehrungen für die Dauer ihrer zusätzlichen Abwesenheit treffen.
Der Rechtsbeschwerde muß der Erfolg nach alledem versagt bleiben.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen
Haufe-Index 1514417 |
BVerwGE, 313 |