Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 16.01.2007; Aktenzeichen 8 BV 05.1391) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).
1. Die Beschwerde wirft zunächst die Fragen auf:
Welche rechtlichen Anforderungen stellen die Gründe und Ziele, die nach dem LuftVG als Planrechtfertigung dienen können, an eine Planfeststellung von umfangreichen Hochbauflächen, bei der es sich um keine Projekt-, sondern um eine Angebotsplanung auf einem (primär) privatnützigen Sonderflughafen handelt?
Welchen fachplanungsrechtlichen Anforderungen muss eine Angebotsplanfeststellung von umfangreichen Hochbauten auf einem (primär) privatnützigen Sonderflughafen hinsichtlich deren Planfeststellungsfähigkeit genügen?
In dieser Allgemeinheit würden sich diese Fragen jedoch nicht stellen. Die Beschwerdebegründung verdeutlicht, dass sich die klagende Gemeinde gegen die Planfeststellung von bebaubaren Flächen für Hochbauten wendet. Außerdem ist der vorliegende Planfeststellungsbeschluss für einen Sonderflughafen nach den – nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen – Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs durch mehrere Eigenschaften und Besonderheiten gekennzeichnet, denen in der aufgeworfenen Fragestellung nicht Rechnung getragen wird. So dient der Sonderflughafen einem besonderen Verkehrszweck und steht nur einem bestimmten Kreis von Nutzungsberechtigten offen (UA S. 3). Ferner besteht er bereits seit Jahrzehnten und ist die für Hochbauten vorgesehene Fläche seit langem Gegenstand luftverkehrsrechtlicher Entscheidungen und damit der Bauleitplanung der klagenden Gemeinde entzogen. Nach dem insolvenzbedingten Wegfall der früheren Nutzerin (einem Unternehmen der Luftfahrtindustrie) soll die Gefahr abgewendet werden, dass die vorhandene Flughafeninfrastruktur nicht erhalten werden kann (UA S. 13).
Aber auch wenn man die Fragestellungen entsprechend einschränken würde, könnten sie die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt. So liegt es hier.
Nach § 8 Abs. 4 LuftVG in der Fassung des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 kann auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten auf dem Flugplatzgelände Gegenstand der Planfeststellung sein. Von einer derartigen Befugnis ist der Senat im Übrigen bereits in seinem Urteil vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 C 30.87 – (BVerwGE 85, 251, 256) ausgegangen (vgl. ferner Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 A 3.01 – BVerwGE 115, 158, 162). Voraussetzung hierfür ist zunächst eine sachgerechte Abgrenzung des Flughafengeländes. Diese hat sich an der jeweiligen Zweckbestimmung des Flughafens auszurichten und kann sich bei einem Sonderflughafen, der unter anderem der Produktion oder Wartung von Flugzeugen dient, anders darstellen, als bei einem Verkehrsflughafen. Ferner muss, wovon auch alle Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ausgehen, ein funktioneller und räumlicher Zusammenhang der Hochbauten mit dem Flughafenbetrieb bestehen (vgl. Beschluss vom 31. März 1992 – BVerwG 4 B 210.91 – juris Rn. 11; sowie Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125,116 Rn. 235).
Einen weitergehenden grundsätzlichen Klärungsbedarf lässt das vorliegende Verfahren auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht erkennen. Der räumliche Zusammenhang wird ersichtlich auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt und ergibt sich – abgesehen davon, dass das bisherige Flughafengebiet insoweit nicht erweitert wird – auch durch die räumliche Verbindung der Rollflächen (Taxiways) mit den Hochbauten. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wird der funktionelle Zusammenhang durch einen Roteintrag der Luftverkehrsbehörde sichergestellt. Danach gehören zum Kreis der berechtigten Nutzungen unter anderem (neben Verwaltung und Betrieb des Flughafens) Entwicklung, Produktion, Instandhaltung, Aus- und Umrüstung sowie Vertrieb von Luftfahrzeugen bzw. Luft- und Raumfahrtkomponenten. Ferner wird die Wartung von Luftfahrtgerät durch namentlich genannte Bundesministerien genannt. Dass derartige Einrichtungen in einem funktionellen Zusammenhang mit einem Sonderflughafen stehen können, versteht sich von selbst und bedarf keiner Bekräftigung in einem Revisionsverfahren. Entsprechendes gilt für die weiteren vom Berufungsgericht näher behandelten Nutzungen, beispielsweise die Unterstellung von Luftfahrzeugen oder die Durchführung von luftfahrtaffinen Messen, Ausstellungen und Kongressen sowie den hierzu erforderlichen Nebeneinrichtungen wie Betrieben zur Versorgung der ansässigen Unternehmen etc. Im Übrigen behandeln die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 16 ff.) Besonderheiten des Einzelfalls, die sich einer grundsätzlichen Klärung entziehen.
Auch die von der Beschwerde angesprochene Unterscheidung zwischen einer Projekt- und einer Angebotsplanung rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Zum einen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass zumindest ein Teil der Investitionen für den Bau des Großraumflugzeugs Airbus A 380 und des militärischen Transportflugzeugs A 400 M sowie zur Einrichtung des Galileo-Satellitensystems am Standort des Sonderflughafens erfolgen werde und Erweiterungsabsichten weiterer am Flughafen tätiger Firmen bestünden (UA S. 15). Damit kann von einer reinen Angebotsplanung, bei der die künftigen Nutzer noch völlig unbekannt sind, nicht gesprochen werden. Im Übrigen lassen sich die Bedenken, die der Senat gegenüber einer reinen “Vorratsplanung” und der Vorzeitigkeit einer planerischen Entscheidung bei der Regelung des Betriebs eines Flughafens mit den dadurch entstehenden Lärmauswirkungen geäußert hat (Urteil vom 20. April 2005 – BVerwG 4 C 18.03 – BVerwGE 123, 261, 273 f.), nicht ohne Weiteres auf die Planung von Hochbauten auf dem Flughafengelände (§ 8 Abs. 4 LuftVG) übertragen, wenn von diesen keine Lärmbelastungen ausgehen.
Soweit die Beschwerde darauf abstellt, dass es sich vorliegend um einen (primär) privatnützigen Sonderflughafen handele, ist auf das Urteil des Senats vom 26. April 2007 – BVerwG 4 C 12.05 – NVwZ 2007, 1074 zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen) zu verweisen. Danach unterscheidet das Luftverkehrsrecht nicht zwischen privat- und gemeinnützigen Vorhaben. Auch für die Planfeststellung eines nur privaten Verkehrszwecken dienenden Sonderflugplatzes gelten die allgemeinen Anforderungen der Planrechtfertigung und des Abwägungsgebots. Auf dieses Urteil hat bereits die Beigeladene in ihrer Erwiderung hingewiesen; weiteren Klärungsbedarf zeigt die Klägerin nicht auf.
2. Auch die unter 3. von der Beschwerde aufgeworfene Frage zur Abwägungsgerechtigkeit rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie beruht ebenso wie die Fragen 1. und 2. auf den genannten Ausgangsprämissen und betrifft überdies die Abwägung im Einzelfall.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen