Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Urteil vom 11.12.1996; Aktenzeichen 4 L 6496/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Kläger, ihnen Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Die Revision kann nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen Verfahrensfehlern zugelassen werden.

Soweit die Kläger mit ihrem Vorbringen, der Tatbestand des angefochtenen Urteils enthalte keine Sachverhaltsdarstellung und sei daher unüberprüfbar, einen Verstoß gegen § 117 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend machen wollen, liegt dieser nicht vor. Das angefochtene Urteil enthält auf S. 2 – 6 einen Tatbestand, der den gesetzlichen Anforderungen genügt. Nach § 117 Abs. 3 Sätze 1, 2 VwGO ist im Tatbestand „der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt”. Zu den von den Klägern als feststellungsbedürftig angesehenen Umständen – ob sie überhaupt Sozialhilfe in der Höhe des Rückforderungsverlangens erhalten hätten und in welcher Höhe vom Vater der Kläger Unterhalt gezahlt worden sei – enthält der Tatbestand des angefochtenen Urteils auf S. 4 eine Wiedergabe der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Begründung des in erster Instanz ergangenen Gerichtsbescheides. Danach nahmen in erster Instanz die Beteiligten „zutreffend und übereinstimmend an, daß in der Zeit vom 1. März 1991 bis 30. September 1992, für die Unterhaltsleistungen an die Kläger in der in dem Widerspruchsbescheid ausgewiesenen Höhe erbracht worden seien, Hilfe zum Lebensunterhalt in derselben Höhe zu Unrecht gewährt worden sei”. Damit hat bereits das Verwaltungsgericht den Umfang der an die Kläger erbrachten Hilfe zum Lebensunterhalt und der Unterhaltszahlungen festgestellt, ohne daß hierüber zwischen den Beteiligten Streit bestanden hätte. Das Oberverwaltungsgericht hat sich diese Ausführungen zu eigen gemacht und konnte insoweit gemäß § 130 b VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen. Daß die Kläger gegen die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Einwendungen erhoben hätten und der Tatbestand des Berufungsurteils insoweit unvollständig wäre, ist nicht ersichtlich.

Auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ist nicht bereits dadurch dargelegt, daß die Kläger nunmehr nach Abschluß der Tatsacheninstanz mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen, der tatsächliche Empfang der bewilligten Sozialhilfe sei zweifelhaft und hätte Monat für Monat geklärt werden müssen. Die Kläger hätten angeben müssen, inwiefern sich der Vorinstanz eine Beweisaufnahme oder weitere Ermittlung in der von den Klägern für erforderlich gehaltenen Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Juni 1970 – BVerwG 6 B 22.96 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 62 S. 9≫ und vom 13. September 1973 – BVerwG 2 B 45.73 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 114 S. 63≫). Daran fehlt es. Für das Berufungsgericht bestand kein Anlaß, diesem Gesichtspunkt weiter nachzugehen, nachdem die Kläger hierzu keine Ermittlungsfehler des Verwaltungsgerichts gerügt hatten.

Auch die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Die von den Klägern als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, „ob und unter welchen Umständen zu Unrecht gezahlte Leistungen von minderjährigen Kindern zurückverlangt werden können”, würde sich in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die präzisierende weitere Frage, ob neben der Haftung nach § 92 a Abs. 4 BSHG „noch eine Inanspruchnahme der Personen, die nicht nach § 92 a BSHG haften, also bei Minderjährigen, möglich ist”, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, da sie sich bereits aus dem Gesetz beantwortet. Nach § 92 a Abs. 4 Satz 2 BSHG haften zum Kostenersatz nach Satz 1 dieser Bestimmung und zur Erstattung derselben Kosten nach § 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch Verpflichtete als Gesamtschuldner. Das Gesetz geht also davon aus, daß die Haftung des Kostenersatzpflichtigen gemäß § 92 a Abs. 4 Satz 1 BSHG die Erstattungsansprüche gegen den Empfänger nicht verdrängt (etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern für ihre Auffassung in Anspruch genommenen Kommentarstelle bei Mergler/Zink, BSHG, § 92 a BSHG Rn. 47, wo ein Vorrang des Anspruchs aus § 92 a BSHG für den Fall angenommen wird, daß der Hilfeempfänger selbst der Verursacher ist; für den Fall, daß sowohl gegenüber dem Hilfeempfänger nach § 50 SGB X als auch gegenüber dem Verursacher nach § 92 a Abs. 4 BSHG ein Erstattungs- bzw. Kostenersatzanspruch besteht, wird auch von Mergler/Zink gesamtschuldnerische Haftung nach § 92 a Abs. 4 S. 2 BSHG angenommen). Ob die Behörde mit der Inanspruchnahme des Hilfeempfängers das Auswahlermessen zwischen den Gesamtschuldnern (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1993 – BVerwG 8 C 57.91 – ≪Buchholz 401.71 AFWoG Nr. 10 = NJW 1993, 1667/9≫) im Einzelfall rechtsfehlerfrei ausgeübt hat, wie das Berufungsurteil (S. 9 der Entscheidungsgründe) annimmt, betrifft die rechtliche Würdigung der Umstände des Einzelfalles und verleiht der Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung.

Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde bereits mit Schriftsatz vom 20. März 1997 von Prof. Dr. Brühl eingelegt und begründet worden ist, ist hierauf nicht weiter einzugehen, da Prof. Dr. B. weder als Fachhochschullehrer noch als Rechtsbeistand vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretungsbefugt ist (vgl. Beschluß des Senats vom 25. April 1997 – BVerwG 5 C 34.95 – ≪Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 88 = NJW 1997, 2399) und die nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten sich sein Vorbringen nicht zu eigen gemacht haben.

Weil die Beschwerde demnach keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kann den Klägern Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Schmidt, Dr. Franke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1377295

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