Verfahrensgang
VG Potsdam (Entscheidung vom 18.06.2001; Aktenzeichen 9 K 3879/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 76 693,78 EUR (entspricht: 150 000 DM) festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.
Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet aus. Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Auffassung vertreten hat als das Bundesverwaltungsgericht. Eine derartige Abweichung wird in der Beschwerdeschrift schon nicht aufgezeigt. Soweit die Beigeladenen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2000 – BVerwG 7 C 39.98 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 2) anführen, ist dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts entgegen der Auffassung der Beigeladenen keine Formulierung zu entnehmen, die der der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts widersprechen würde. Im Übrigen befasst sich die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit der hier nicht einschlägigen Wohnraumlenkungsverordnung der DDR aus dem Jahr 1967 und dem Problem der Zuweisung von Wohnraum unangemessener Übergröße. Vorliegend geht es aber um die Wohnraumlenkungsverordnung vom 16. Oktober 1985 und um ein wesentlich kleineres Haus, bei dem die Notwendigkeit der Einholung einer Wohnraumzuweisung infolge des zuvor begründeten Eigentums der Kläger umstritten ist. Im Übrigen kann – wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat – von einer unangemessenen Überversorgung von Wohnraum bei einem Haus mit drei Wohnräumen, die von dem schwerbehinderten Kläger und seiner Ehefrau genutzt werden sollten, keine Rede sein.
Auch der weiterhin geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Die Beschwerde wirft zwar eine Vielzahl von Fragen auf. Sie sind aber nicht klärungsbedürftig in dem vorstehenden Sinne. Die sechs von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind einerseits nicht hinlänglich aufbereitet. Eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs fehlt zum einen, denn eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung der beiden Wohnraumlenkungsverordnungen der DDR im Hinblick auf die Unredlichkeit eines Rechtserwerbs nach § 4 Abs. 3 Buchst. a bis c VermG (vgl. nur das genannte Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 7 C 39.98 – a.a.O. und Urteil vom 5. April 2000 – BVerwG 8 C 9.99 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 3) erfolgt nicht. Die aufgeworfenen Fragen lösen sich andererseits nicht von dem hier zu entscheidenden Einzelfall und können zur Vereinheitlichung und Fortentwicklung des Rechts nichts beitragen. Im Übrigen betreffen die Fragen auch teilweise irrevisibles Recht. Denn die von der Beschwerde gewünschte Auslegung des außer Kraft getretenen Rechts der DDR hat kein Bundesrecht zum Gegenstand. Im Übrigen hat die Beschwerde übersehen, dass nach dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt nichts dafür spricht, dass die im Tatbestand des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG vorausgesetzte Abweichung von den allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen oder einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis in qualifizierter Form vorliegen muss. Diese Abweichung muss nämlich „bei objektiver Betrachtung die Absicht erkennen lassen, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen” (vgl. Urteil vom 19. Januar 1995 – BVerwG 7 C 42.93 – BVerwGE 97, 286 = Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 12). Selbst wenn damit die von den Beigeladenen behaupteten Rechtsverstöße gegen das Recht der DDR vorgelegen haben würden, würde das allein noch nicht die Unredlichkeit des Rechtserwerbs begründen können.
Ohne Erfolg berufen sich die Beigeladenen schließlich auf Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Sie meinen zunächst, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und damit gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Damit kann die Beschwerde aber nicht durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind, oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde schon nicht gerecht. Beweisanträge sind im Übrigen ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung seitens der anwaltlich vertretenen Beigeladenen nicht gestellt worden. Selbst wenn aber das Verwaltungsgericht die von den Beigeladenen nunmehr geforderten Tatsachenermittlungen vorgenommen hätte, würde sich nicht daraus ergeben, dass aus den behaupteten Verstößen gegen allgemeine Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen oder einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis schon bei objektiver Betrachtung sich die Absicht erkennen ließe, dass der Erwerbsvorgang gezielt beeinflusst worden ist. Unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung musste das Verwaltungsgericht im Übrigen die von den Beigeladenen vermissten weiteren Tatsachenermittlungen nicht vornehmen.
Soweit die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, so begründet sie das nicht hinlänglich. Denn der Vorwurf, die Beigeladenen seien von dem Urteil in unzulässiger Weise überrascht worden, hat mit der etwaigen Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nichts zu tun. Vielmehr beinhaltet der Überzeugungsgrundsatz nur, dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und die von ihm gegebene Begründung für seine Überzeugung nach den Grundsätzen der Logik und sonstigen Denk- und Erfahrungssätzen ausreichen müssen, um diese Überzeugung zu rechtfertigen. Wenn man aber dem Vorbringen der Beschwerde zu entnehmen sein sollte, dass seitens des Verwaltungsgerichts eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen worden sei, so verkennt die Beschwerde, dass ein Tatsachengericht nicht verpflichtet ist, in der mündlichen Verhandlung schon auf alle Gesichtspunkte hinzuweisen, die später bei seiner Entscheidung eine Rolle spielen werden. Es entspricht nämlich ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Vorinstanz nicht verpflichtet ist, den Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung offen zu legen, wie sie ihre Entscheidung im Einzelnen begründen werde (vgl. Beschluss vom 13. Dezember 1988 – BVerwG 3 B 43.87 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 89; Beschluss vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 2 B 85.87 – Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 20 m.w.N.).
Davon ausgehend liegt auch nicht der von der Beschwerde geltend gemachte Verstoß gegen § 86 Abs. 3 VwGO vor, wonach der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert und weitere das Verfahren förderliche Handlungen der Beteiligten vorgenommen werden sollen. Was die angeblich nicht rechtzeitige Information der Beigeladenen über die Beiziehung der Verwaltungsvorgänge des Beklagten angeht, so war die Übersendung der Verwaltungsvorgänge durch den Beklagten den übrigen Beteiligten jeweils zur Kenntnis gebracht worden. Es hätte an den anwaltlich vertretenen Beigeladenen gelegen, entsprechende Akteneinsicht zu nehmen. Keineswegs war das Gericht, wie die Beschwerde meint, verpflichtet, „die Bedeutung der beigezogenen Akten für das Verfahren” zu erörtern.
Soweit die Beschwerde die Würdigung verschiedener Tatumstände durch das Verwaltungsgericht rügt, handelt es sich um eine verfahrensrechtlich nicht zulässige Infragestellung der Beweiswürdigung der Vorinstanz. Falls sich nämlich eine Beschwerde gegen die Beweiswürdigung durch das Tatsachengericht wehrt, kann diese aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze überprüft werden, zu denen die allgemeinen Auslegungsregeln, die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören (vgl. Beschluss vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199). Die Verletzung derartiger Grundsätze ist seitens der Beschwerde aber nicht dargelegt worden.
Den Darlegungen ab S. 13 (Ziff. 9) der Beschwerdeschrift ist im Übrigen nicht mehr zu entnehmen, ob sie der Verletzung einer bestimmten prozessualen Pflicht durch die Vorinstanz zuzuordnen sind. Vielmehr kritisiert die Beschwerde hier weitgehend die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, was zur Begründung einer Verfahrensrüge nicht ausreichen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 14, 13, 73 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer
Fundstellen