Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 27.02.2002; Aktenzeichen 9 UE 1328/98.A) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler durch Verletzung des rechtlichen Gehörs in Bezug auf die Ablehnung von Beweisanträgen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht schon nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (zur unstrukturierten Erhebung der Rügen vgl. die zu Beschwerden der Prozessbevollmächtigten des Klägers ergangenen Beschlüsse vom 13. Dezember 2002 – BVerwG 1 B 95.02, 96.02 und 97.02 –).
Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage, „ob allein stehenden äthiopischen Staatsangehörigen Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zuzubilligen sind, da für sie eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestünde” (Beschwerdebegründung S. 3). Damit wird eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts nicht aufgezeigt (vgl. zu einer ähnlichen Rüge der Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beschluss vom 13. Dezember 2002 – BVerwG 1 B 95.02 –). Entsprechendes gilt für die weiter erhobene Grundsatzrüge zur Frage, „ob Mitglieder des Unterstützungskomitees der EPRP in der Bundesrepublik Deutschland im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit asylrelevanter politischer Verfolgung im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG rechnen müssen und ob diesem Personenkreis bei einer Rückkehr nach Äthiopien die Gefahr von unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung oder Strafe im Sinne von § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 EMRK droht” (Beschwerdebegründung S. 5 unten). Auch insoweit wendet sich die Beschwerde mit dem in der Art einer Berufungsbegründung gehaltenen Vortrag in erster Linie gegen die dem Tatrichter vorbehaltene Feststellung und Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, ohne eine bestimmte Rechtsfrage zu der – im Übrigen rechtsgrundsätzlich bereits geklärten – Auslegung von § 51 Abs. 1 und § 53 Abs. 4 AuslG herauszuarbeiten und darzulegen, weshalb insoweit erneuter oder weiterführender Klärungsbedarf bestehen soll. Auch das behauptete und nicht näher belegte Fehlen einer einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung (Beschwerdebegründung S. 8) bezieht sich erkennbar auf die Tatsachenlage und ist daher nicht geeignet, der Sache eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu verleihen.
Soweit die Beschwerde zusätzlich als grundsätzlich bedeutsam die Frage ansieht, „ob in einer Gesamtschau aller Gefährdungselemente sowohl Vorflucht- als auch Nachfluchtgründe einzubeziehen sind”, wird eine grundsätzliche Bedeutung der angesprochenen Rechtsfrage nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise bezeichnet, weil bereits nicht dargelegt – und im vorliegenden Verfahren überdies kein Anhaltspunkt erkennbar – ist, weshalb sich die Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt und entscheidungserheblich stellen könnte (vgl. ferner den auf eine entsprechende Rüge der Prozessbevollmächtigten des Klägers ergangenen Beschluss vom 13. Dezember 2002 – BVerwG 1 B 96.02 –). In dem zuletzt zitierten Beschluss hat der Senat auch ausgeführt, dass die gleichzeitig erhobene Divergenzrüge – nicht nur wegen der hier weder dargelegten noch erkennbaren Erheblichkeit des angesprochenen Rechtssatzes für das angegriffene Urteil – unzulässig ist; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.
Hinsichtlich der Ablehnung von drei in der Berufungsverhandlung unbedingt gestellten Beweisanträgen macht die Beschwerde geltend (Beschwerdebegründung S. 2/3), die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben ausweislich der Verhandlungsniederschrift auf die (wiedergegebene) Ablehnungsbegründung hin erklärt, sie sehen die gestellten Beweisanträge hauptsächlich vor dem Hintergrund einer Verschlechterung der Menschenrechtslage seit den Studentendemonstrationen im April 2001 in Addis Abeba, wobei es zu zahlreichen Verhaftungen gekommen sei und nach offiziellen Angaben 31, nach inoffiziellen Angaben 41 Menschen getötet worden seien. Auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15. August 2001 spreche von einer Verschlechterung der Menschenrechtslage. Die den „Bevollmächtigten des Klägers bekannten Auskünfte zu den gestellten Beweisfragen stammten sämtlich aus der Zeit vor” den in Bezug genommenen Vorfällen. Die Ablehnung der Beweisanträge habe das rechtliche Gehör verletzt, „da bei Stattgabe der Beweisanträge die Sachverständigengutachten und Auskünfte möglicherweise ergeben hätten, dass aufgrund der verschärften Menschenrechtslage in Äthiopien nach den Studentenunruhen vom April 2001 sowohl eine Tätigkeit in der Jugendorganisation während der Mengistu-Regierung als auch Aktivitäten für das Unterstützungskomitee der EPRP in der Bundesrepublik Deutschland zu einer erhöhten Rückkehrgefährdung des Klägers in Äthiopien” führen würden, was ebenso „für eine Gesamtschau aller Gefährdungsmomente” gelte. Das Berufungsgericht wäre „in diesem Fall möglicherweise zu der Auffassung gelangt”, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG drohe oder mindestens Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 EMRK zustünden.
Mit diesem Vortrag wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde scheint zunächst zu verkennen, dass eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Ablehnung eines Beweisantrags nicht schon dann in Betracht kommt, wenn ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird, sondern nur dann, wenn die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. etwa BVerfGE 50, 32 ≪35 f.≫; 65, 305 ≪307≫; 69, 145 ≪148≫ und zuletzt etwa Kammer-Beschluss vom 12. März 1999 – 2 BvR 206.98 – NVwZ 1999, Beilage Nr. 6, 51). Die Beschwerde zeigt nicht ansatzweise auf, inwiefern die – aus der Verhandlungsniederschrift zitierte – Ablehnungsbegründung des Berufungsgerichts prozessrechtlich unzulässig sein soll. Sie führt hierzu lediglich die zu Protokoll gegebene Gegenerklärung an, ohne wiederum näher auf deren Inhalt und eine sich daraus etwa ergebende prozessrechtliche Unzulässigkeit der Ablehnung einzugehen. Außerdem teilt sie nicht mit, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers – wie in der Niederschrift über die Berufungsverhandlung zwischen der in der Beschwerdeschrift zitierten Ablehnungsbegründung und der ebenfalls zitierten Gegenerklärung des Prozessbevollmächtigten protokolliert – „erklärt” hat, „er verzichte auf eine Benennung der Auskünfte und Stellungnahmen, auf die der Senat seine zuvor ≪bei der Ablehnung des Beweisantrags≫ genannte Sachkunde stütze”. Abgesehen von der Frage, ob sich der Kläger nach dieser Erklärung überhaupt noch auf die andeutungsweise geltend gemachte Heranziehung veralteten Erkenntnismaterials zur Darlegung der Sachkunde des Gerichts berufen könnte, hätte die Beschwerde unter diesen Umständen mindestens darlegen müssen, dass das Gericht selbst sich auf veraltetes Erkenntnismaterial gestützt hat, anstatt lediglich – wie in der protokollierten Erklärung der Prozessbevollmächtigten vor dem Berufungsgericht – darauf hinzuweisen, dass die den Bevollmächtigten des Klägers bekannten Auskünfte zu den gestellten Beweisfragen aus der Zeit vor Mitte April 2001 stammten. Das wäre im Übrigen auch deshalb erforderlich gewesen, weil die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachte Erkenntnismittelliste „Äthiopien – AAPO – Amhare” (vgl. Bl. 175 ff. und Verhandlungsniederschrift Bl. 183 ff., 184 d.A.) mehrere neuere Erkenntnisquellen auflistet. Ob ein Gehörsverstoß vorliegt, ist danach nicht schlüssig vorgetragen. Der Beschwerde lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich dem Berufungsgericht – im Sinne einer etwa noch denkbaren Aufklärungsrüge – eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der behaupteten Verschlechterung der Menschenrechtslage hätte aufdrängen müssen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Hund, Beck
Fundstellen