Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalfragebogen. Begriff der –. Weitergabe bereits bekannter Daten an eine andere Dienststelle. Überwachungsrecht des Personalrats
Normenkette
LPersVG Rheinland-Pfalz § 77 Abs. 1 Nr. 16; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 8
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz-Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 8. Juni 1982 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Im Auftrag des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz überprüfte das Staatliche Rechnungsamt Neustadt an der Weinstraße im Jahre 1981 die Beschäftigung von Lohnempfängern bei den Landesbehörden. Es bat daher mit Schreiben vom 12. Oktober 1981 den Beteiligten, den Leiter der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz, für die dort beschäftigten Arbeiter der Lohngruppen IV bis IX MTL II Angaben nach einem beigefügten Erhebungsbogen zu machen. Dieser Erhebungsbogen sah u.a. Angaben zur Person des Lohnempfängers (Name, Lohngruppe, Zulagen, erlernter Handwerksberuf sowie hierfür abgelegte Prüfungen) vor und sollte vom Amtsleiter unterschrieben werden. Die Erhebungsbogen wurden vom Personalsachbearbeiter anhand der Personalakten ausgefüllt und mit Schreiben vom 18. Dezember 1981 dem Staatlichen Rechnungsamt zurückgegeben. Eine Befragung der einzelnen Mitarbeiter fand nicht statt.
Der Antragsteller, der Allgemeine Personalrat bei der Direktion der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz, war der Ansicht, daß die Erhebungsbogen personenbezogene Fragen enthielten und daher als Personalfragebögen im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes des § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG anzusehen seien. Der Beteiligte lehnte es jedoch ab, den Antragsteller zu beteiligen. Der Antragsteller leitete daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein mit dem Antrag,
festzustellen, daß die Verwendung der mit Schreiben vom 12. Oktober 1981 dem Beteiligten übersandten Erhebungsbogen, einschließlich der Rücksendung dieser Erhebungsbogen, seiner Mitbestimmung unterlegen habe.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die von dem Antragsteller gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Erwägungen:
Die Verwendung und Rücksendung der Erhebungsbögen über die Beschäftigung von Lohnempfängern habe nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterlegen. Die Erhebungsbögen enthielten zwar neben rein sachbezogenen Fragen nach Inhalt und Umfang der ausgeübten Tätigkeit auch personenbezogene Fragen nach der Person und der Ausbildung der Beschäftigten. Dennoch seien die Erhebungsbögen keine Personalfragebögen im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG. Dies folge aus dem Sinn und Zweck des der Personal Vertretung in diesem Zusammenhang eingeräumten Mitbestimmungsrechts, nämlich zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter darüber zu wachen, daß die Dienststelle nur die für ihren Aufgabenbereich objektiv notwendigen Angaben erfragt. Die Personal Vertretung solle die Möglichkeit haben, zu verhindern, daß die Dienststelle sich mittels Fragebogen von Bewerbern oder bereits tätigen Beschäftigten ungerechtfertigt Kenntnisse über deren persönliche Verhältnisse verschaffe.
Ein Fragebogen falle demnach nur dann unter § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG, wenn er der Ermittlung von Angaben über die Person eines Mitarbeiters diene, die der Dienststelle bislang noch nicht bekannt seien, während die Verwertung schon vorhandener persönlicher Daten der Mitarbeiter nicht mitbestimmungspflichtig sei. Daher sei auch eine Datensammlung, die die Dienststelle aufgrund vorhandener Angaben oder eigener Ermittlungen zusammenstelle, nicht als Fragebogen in dem hier maßgeblichen Sinn anzusehen. Für derartige Maßnahmen bestünden im Interesse der Betroffenen besondere Vorschriften wie etwa die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, über deren Einhaltung zu wachen indessen nicht Aufgabe der Personal Vertretung sei. Das Verwaltungsgericht habe bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß auch die Weitergabe von Personalakten oder die Gestattung der Einsicht in diese kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand sei.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt mit der er seinen Feststellungsantrag weiter verfolgt.
Der Antragsteller macht weiterhin geltend, daß er bei der Verwendung und Rücksendung der dem Beteiligten mit Schreiben vom 12. Oktober 1981 übersandten Erhebungsbögen hätte beteiligt werden müssen. Der Mitbestimmungstatbestand des § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG sei auch dann anwendbar, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu dem Zweck zusammengestellt würden, um sie einer anderen Dienststelle weiterzugeben. Dieses Beteiligungsrecht des Personalrats sei durch die Vorschriften des Datenschutzgesetzes nicht hinfällig geworden. Auch bei der Verwendung der in den Personalakten enthaltenen Angaben sei die Dienststelle verpflichtet, anderen Behörden nur solche Auskünfte zu erteilen, die diese zur sachgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigerweise benötigten.
Der Beteiligte hält die Rechtsbeschwerde für nicht begründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Beteiligte war nicht verpflichtet, den Antragsteller an der Verwendung und Rücksendung der vom Staatlichen Rechnungsamt mit Schreiben vom 12. Oktober 1981 übersandten Erhebungsbögen zu beteiligen.
Als Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Personalrats kommt lediglich die Vorschrift des § 77 Abs. 1 Nr. 16 des Personalvertretungsgesetzes für Rheinland-Pfalz vom 5. Juli 1977 (GVBl. S. 213) – LPersVG – in Betracht, wonach der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen bei der „Ausgestaltung von Personalfragebogen” mitzubestimmen hat. Ein Personalfragebogen im Sinne dieser Vorschrift ist, wie das Bundesverwaltungsgericht zu der vergleichbaren Regelung des § 75 Abs. 3 Nr. 8 BPersVG entschieden hat (vgl. Beschluß vom 15. Februar 1980 – BVerwG 6 P 80.78 – ≪Buchholz 238. 3 A § 75 BPersVG Nr. 15 = PersV 1981, 294≫), ein Erhebungsbogen, der Fragen nach der Person, den persönlichen Verhältnissen, dem beruflichen Werdegang, den fachlichen Kenntnissen und sonstigen Fähigkeiten eines Bewerbers oder Beschäftigten enthält. Er ist also seiner Natur nach personenbezogen und vorzugsweise ein Mittel, die Eignung eines Bewerbers oder Beschäftigten für bestimmte Aufgaben festzustellen. Es liegt gerade innerhalb des mit einem Personalfragebogen verfolgten Zwecks, daß er sich an den Beschäftigten selbst richtet, um von ihm (ergänzende) Auskunft über seine Person und seine Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu erhalten. Im Gegensatz dazu bezieht sich eine durch Erhebungsbogen eingeholte Arbeitsplatzbeschreibung nur auf Inhalt, Umfang und Bedeutung der auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu verrichtenden Tätigkeiten ohne Rücksicht auf den jeweiligen Inhaber des Arbeitsplatzes. An dieser durchweg zur tariflichen Eingruppierung vorgenommenen Arbeitsplatzbeschreibung besteht kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats (vgl. Beschlüsse vom 15. Februar 1980 – BVerwG 6 P 80.78 – a.a.O. und vom 6. Februar 1979 – BVerwG 6 P 20.78 – ≪DVBl. 1979, 469≫).
Der von dem Beteiligten verwendete Erhebungsbogen enthält zwar insoweit personenbezogene Fragen, als der Name der betroffenen Lohnempfänger, ihre Lohngruppe, die ihnen gezahlten Zulagen, ein etwa erlernter Handwerksberuf und hierfür abgelegte Prüfungen angegeben werden sollten. Dennoch handelte es sich bei dem Erhebungsbogen um keinen Personalfragebogen im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG. Denn Sinn und Zweck des dem Personalrat in dieser Vorschrift eingeräumten Mitbestimmungsrechts ist es, zu verhindern, daß der Beschäftigte Fragen des Arbeitgebers beantworten muß, die erkennbar in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis stehen. Die Fragen sollen auf die Gegenstände und den Umfang beschränkt bleiben, für die ein berechtigtes Auskunftbedürfnis des Arbeitgebers besteht (vgl. die Begründung zum Entwurf des BetrVG, BTDrucks. VI/1786 S. 50). Die – formularmäßige – Erhebung von personenbezogenen Daten der Beschäftigten fällt demnach nur dann unter den Mitbestimmungstatbestand des § 77 Abs. 1 Nr. 16 LPersVG, wenn der Arbeitgeber dadurch Erkenntnisse über die Beschäftigten gewinnt, die ihm noch nicht bekannt sind. Die Verwendung von Daten, die der Arbeitgeber bereits aufgrund von Erhebungsbögen zusammengetragen hat, an deren Ausgestaltung der Personalrat beteiligt war, läuft dem Schutzzweck der Vorschrift nicht entgegen (vgl. Lorenzen/Eckstein, BPersVG § 75 RdNr. 164 a).
Der Antragsteller war auch nicht deshalb an der Verwendung der Erhebungsbögen zu beteiligen, weil die Beantwortung der Fragen persönliche Belange der Beschäftigten berühren konnte. Dem Auskunftsersuchen des Staatlichen Rechnungsamtes ist zu entnehmen, daß es im Auftrag des Rechnungshofes die Beschäftigung von Lohnempfängern bei den Landesbehörden prüfen sollte. Zweck der von dem Beteiligten auszufüllenden Erhebungsbögen war es demnach, die Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter zu den jeweiligen Lohngruppen und damit die Richtigkeit ihrer Eingruppierung zu überprüfen. Es war daher damit zu rechnen, daß das Staatliche Rechnungsamt aufgrund des Ergebnisses dieser Prüfung an den Beteiligten herantreten würde, um fehlerhafte Eingruppierungen zu ändern. Dies allein führt jedoch nicht zu einem Mitbestimmungsrecht des Personalrats. Die betroffenen Beschäftigten waren dadurch hinreichend geschützt, daß etwaige von dem Beteiligten getroffene Maßnahmen, wie die Höher- oder Rückgruppierung eines Beschäftigten der Zustimmung des Personalrats bedurften (vgl. § 80 Abs. 1 Buchst. b Nr. 2 LPersVG).
Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, daß die Übermittlung der personenbezogenen Daten der Beschäftigten an das Staatliche Rechnungsamt auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes relevant sein konnte. Der Personalrat hat zwar nach § 68 Abs. 1 Buchst. b LPersVG die allgemeine Aufgabe, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Mitarbeiter geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Dienst Vereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt werden. Dieses Überwachungsrecht des Personalrats erstreckt sich auch auf die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes vom 27. Januar 1977 (BGBl. I S. 201) und des Datenschutzgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz vom 21. Dezember 1978 (GVBl. S. 749). Denn die Datenschutzgesetze schützen auch die auf die Beschäftigten bezogenen persönlichen Daten, die bei der einzelnen Dienststelle gespeichert sind oder dort anderweitig verarbeitet werden. Sie sind Rechtsvorschriften „zugunsten der Mitarbeiter”, auch wenn sie nicht speziell dazu bestimmt sind, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor Mißbrauch personenbezogener Daten zu schützen (vgl. Grabendorff/Windscheid/Ilbertz, BPersVG 5. Auflage § 68 Anm. 9; Lorenzen, PersV 1979, 305 ≪309≫; Wolber, PersV 1980, 177 ≪178≫). Das allgemeine Überwachungsrecht des Personalrats führt jedoch nicht zu einer Erweiterung des Katalogs der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten; es weist ihm keine neuen Beteiligungsrechte zu. Das Überwachungsrecht des Personalrats gibt ihm lediglich die Befugnis, bei dem Dienststellenleiter auf die Beachtung der begünstigenden Vorschrift hinzuwirken. Im vorliegenden Fall hätte der Antragsteller daher, wenn er der Ansicht war, daß die in dem Erhebungsbogen des Staatlichen Rechnungsamtes enthaltenen Fragen den Datenschutz der Beschäftigten beeinträchtigten, den Beteiligten auf die sich daraus ergebenden rechtlichen Bedenken hinweisen und in diesem Zusammenhang gegebenenfalls über die Stufenvertretung die übergeordnete Dienststelle einschalten können.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst
Fundstellen