Entscheidungsstichwort (Thema)
Atomares Endlager. vernachlässigbare Wärmestrahlung. Planfeststellung. Planrechtfertigung. planerische oder gebundene Entscheidung. Standortsuche. Planungshoheit. kommunale Einrichtungen. fiskalisches Eigentum. Transportrisiko. bergrechtliche Eignungsprüfung. Gebot der Schadensvorsorge. terroristischer Anschlag. Raumordnung und Landesplanung. Langzeitsicherheit. Nachweltschutz. Zulässigkeit der Klage
Leitsatz (amtlich)
Die atomrechtliche Planfeststellung ist eine gebundene Entscheidung ohne planerischen Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf Alternativstandorte.
Normenkette
AtG § 4 Abs. 1-2, § 7 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1-3, 5, § 9a Abs. 3 S. 1, § 9b Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2; StrlSchV § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 47 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 117 Nrn. 16-17; VwGO § 42 Abs. 2, § 86 Abs. 2, § 108 Abs. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen 7 KS 146/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. Die Beigeladene zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen die atomrechtliche Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerkes Konrad als Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmestrahlung.
Das im Stadtgebiet der Klägerin liegende Grubenfeld dehnt sich unter Tage über eine Fläche von ca. 6 km(2) aus und wird durch sechs Sohlen zwischen 800 m und 1 300 m aufgeschlossen. Die einzulagernden Abfallgebinde werden durch die Bahn oder durch LkW angeliefert. Nach Beendigung der Betriebsphase wird das Bergwerk in einen Zustand versetzt werden, der keiner weiteren Überwachung mehr bedarf. Die Klägerin sieht sich durch die Planfeststellung in ihrer Planungshoheit sowie in ihrem Eigentum an öffentlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge und an Wohngrundstücken verletzt. Insbesondere habe der Planfeststellungsbeschluss nicht die Transportrisiken, das Risiko terroristischer Anschläge sowie die Langzeitsicherheit bedacht.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Sie erweise sich bereits als unzulässig. Es reiche nicht aus, vorhandene öffentliche Einrichtungen lediglich zu benennen, es müsse die jeweilige Beeinträchtigung konkret bezeichnet werden. Dies gelte auch für eine Beeinträchtigung der Planungshoheit. Die Klägerin komme ihrer Darlegungspflicht nicht nach, wenn sie nur bestimmte Planungen aufzähle und nicht die Konfliktsituation darlege. Die Klage sei zudem unbegründet, da die Klägerin durch den Planfeststellungsbeschluss in keinen Rechten verletzt werde. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die auf sämtliche Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde führt nicht zur Zulassung der Revision.
1. Unzulässigkeit der Klage
Dem Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klägerin die Verletzung eigener (Abwehr-)Rechte nicht hinreichend dargelegt habe und die Klage sich daher als unzulässig erweise, tritt die Beschwerde mit Divergenzrügen, Grundsatzrügen und Verfahrensrügen entgegen; sie bleiben – auch in der Sache – ohne Erfolg.
1.1 Die Beschwerde rügt eine Divergenz des angegriffenen Urteils zu den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 1992 – BVerwG 7 C 18.91 – (BVerwGE 90, 96 = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 48) und vom 5. November 2002 – BVerwG 9 VR 14.02 – (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171). Eine Abweichung liegt nicht vor.
Eine die Revision eröffnende Divergenz setzt voraus, dass die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift des revisiblen Rechts widerspricht (stRspr, Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50). Die Beschwerde muss dabei die angeblich widersprechenden abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Schon hieran fehlt es. Zwar ist der Beschwerde zuzugestehen, dass das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf die Möglichkeit einer rechtserheblichen Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit durch den Planfeststellungsbeschluss (§ 42 Abs. 2 VwGO) die Schranken für die Zulässigkeit einer Klage deutlich überhöht angesetzt und damit im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage bereits Teile der Begründetheitsprüfung vorweggenommen hat (insbesondere was die Frage der tatsächlichen, von der Klägerin darzulegenden Beeinträchtigung der Planungshoheit angeht). Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau- und Fachplanungsrecht geht demgegenüber davon aus, dass die Beachtlichkeit geltend gemachter Belange einer Gemeinde in aller Regel nicht die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels, sondern dessen Begründetheit betrifft (Beschluss vom 5. November 2002 a.a.O.; Urteil vom 7. Juni 2001 – BVerwG 4 CN 1.01 – BVerwGE 114, 301 ≪305≫; Urteil vom 27. März 1992 a.a.O., insoweit nur abgedruckt in Buchholz 451.22 AbfG Nr. 48; Urteil vom 30. September 1993 – BVerwG 7 A 14.93 – Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 23). Daran ändert auch die im Atomrecht nach ständiger Rechtsprechung erforderliche Substantiierung einer materiellen Rechtsbetroffenheit als Voraussetzung der Klagebefugnis nichts. Denn dieses Erfordernis gilt lediglich für den privat betroffenen Dritten (Urteil vom 22. Dezember 1980 – BVerwG 7 C 84.78 – BVerwGE 61, 256 ≪267 f.≫); das Oberverwaltungsgericht beruft sich auf eine derartige Vorgabe des Atomrechts auch nicht. Es kann jedoch offen bleiben, ob die Klägerin insoweit nicht lediglich eine – die Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht begründende – bloße unrichtige Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze dargetan hat. Denn hinsichtlich der zweiten, das angefochtene Urteil selbständig tragenden Begründung – die Klage sei unbegründet – greifen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht durch (vgl. unten zu 2. – 10.).
Die weitere Rüge einer Divergenz gegenüber dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 1992 (a.a.O.) im Hinblick auf “unterschiedliche Zeitpunkte” für die Annahme einer “hinreichend konkreten Bauleitplanung” beruht auf einem Missverständnis der angegriffenen Entscheidung. Für konkurrierende Vorhaben der kommunalen Bauleitplanung und der Fachplanung, wozu auch die Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb eines atomaren Endlagers gemäß § 9b Atomgesetz i.d.F. vom 15. Juli 1985 (BGBl I S. 1565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2002 (BGBl I S. 1351) zählt, kommt dem Prioritätsgrundsatz erhebliche Bedeutung zu, und zwar in dem Sinne, dass die zuerst hinreichend konkretisierte und verfestigte Planung Rücksichtnahme durch eine später hinzutretende, konkurrierende Planung einfordern kann (stRspr, Beschluss vom 5. November 2002, a.a.O., m.w.N.). Erfolgte die Auslegung der Pläne zur Errichtung und zum Betrieb des atomaren Endlagers in der Schachtanlage Konrad im Mai 1991, so markiert dies den Zeitpunkt der hinreichenden Konkretisierung und Verfestigung der Planung für dieses Vorhaben. Für spätere, neue Planungen der Klägerin – aber auch für Umplanungen bereits bestehender Bauleitpläne – hat dies einen Anpassungsbedarf im Sinne einer ausreichenden Rücksichtnahme zur Folge. Dasselbe gilt, falls die Fachplanung auf eine bereits hinreichend bestimmte Bauleitplanung trifft, wobei vorliegend aber frühere Planungen der Klägerin bereits erhebliche Einschränkungen durch den Betrieb des Bergwerkes Konrad hinnehmen mussten, was als Vorbelastung fortgilt. Dieses durch höchstrichterliche Rechtsprechung geprägte Verständnis der Rechtslage liegt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde. Es stellte – entgegen der Beschwerde – bezüglich einer hinreichend konkretisierten und verfestigten Planung insbesondere nicht auf den Zeitpunkt der Planfeststellung im Jahre 2002 ab; von einem Verstoß gegen Denkgesetze seitens des Oberverwaltungsgerichts kann keine Rede sein.
Weiteres, eine Divergenz des angegriffenen Urteils begründendes Vorbringen in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage im Zusammenhang mit im Nahbereich des Vorhabens gelegenen öffentlichen Einrichtungen (Friedhöfe, Kinderspielplätze, Kläranlage etc.; vgl. Schriftsatz vom 19. Dezember 2002) und sonstigem fiskalischen Vermögen (Wohnanlagen) der Klägerin ist nicht den gesetzlichen Vorgaben (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) entsprechend dargetan. Zwar ist auch von einer Beeinträchtigung der Planungshoheit durch Vorhaben der Fachplanung auszugehen, wenn kommunale Einrichtungen der Daseinsvorsorge hiervon erheblich betroffen werden (Urteil vom 7. Juni 2001 a.a.O; Urteil vom 26. Februar 1999 – BVerwG 4 A 47.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 148). Doch kommt die Klägerin ihrer Darlegungspflicht in Bezug auf Konfliktfälle zwischen einem atomaren Endlager und vorhandenen Straßen oder Kläranlagen nicht nach, was allein auf die jeweilige Einrichtung bezogen auch in Anbetracht der Vorbelastung nicht unmittelbar auf der Hand liegt. In Wahrheit führt die Klägerin mit dem Betrieb des atomaren Endlagers verbundene Belange der Nutzer und der Beschäftigten der öffentlichen Einrichtungen bzw. der Mieter ihrer Wohnanlagen ins Feld. Wollte man in Bezug auf ihre einfachrechtlich geschützte Eigentümerposition der Klägerin dies dennoch als wehrfähigen Belang zugestehen, müsste sie als Betreiberin der öffentlichen Einrichtungen und Eigentümerin der Wohnanlagen zur Begründung der Zulässigkeit der Klage im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO substantiiert vortragen, dass Nutzer und Bewohner ihrer Anlagen im Betrieb des der Strahlenschutzverordnung unterfallenden Endlagers (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c der Strahlenschutzverordnung – StrlSchV – vom 20. Juli 2001, BGBl I S. 1714) einer Strahlenexposition ausgesetzt sind, die die Dosisgrenzwerte des § 47 StrlSchV (zuvor: § 45 StrlSchV 1989) im Normalbetrieb und des § 49 StrlSchV (zuvor: § 28 Abs. 3 StrlSchV 1989) im Störfallbetrieb – jeweils in Verbindung mit den Übergangsregelungen des § 117 Abs. 16 und 17 StrlSchV – überschreitet (stRspr, Beschluss vom 5. August 1993 – BVerwG 7 B 112.93 – Buchholz 451.171 AtG Nr. 44 m.w.N.). Nur mit einem derartigen Szenarium wäre ggf. ein Eingriff in das Eigentum verbunden. Hierfür fehlt aber jedes Vorbringen. Über diese Unzulänglichkeiten der Darlegungen zur Begründung der Divergenzrüge hinaus unterbleibt auch die Benennung der höchstrichterlichen Entscheidungen, von denen das Oberverwaltungsgericht mit seinen Ausführungen zur Unzulässigkeit der Klage in Bezug auf kommunale Einrichtungen und fiskalisches Eigentum abgewichen sein sollte.
1.2 Die Beschwerde möchte die Frage als rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob bei einem Vorhaben, dessen Verwaltungsverfahren 20 Jahre dauert und bei dem zwischen der Anhörung im Planfeststellungsverfahren und dem Planfeststellungsbeschluss mehr als 10 Jahre liegen, eine (weitere) Verfestigung des planerischen Willens der Gebietsgemeinde a priori aus der Betrachtung wehrfähiger Rechte der Gemeinde gemäß ihrer Planungshoheit ausgeschlossen ist, wobei nur “in der Regel” die Auslegung der Planunterlagen den Zeitpunkt einer hinreichenden Verfestigung markiert.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision jedenfalls deshalb nicht, weil in einem Revisionsverfahren keine Antwort zu erwarten wäre, die über den Einzelfall hinausweist und die der Sache grundsätzliche Bedeutung verleihen könnte. Die Klägerin verfehlt mit ihrer Fragestellung erneut den oben unter 1.1 beschriebenen Ansatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung: Entweder bestand im Mai 1991 bereits eine hinreichend bestimmte und damit wehrfähige gemeindliche Bauleitplanung, die durch die Fachplanung nicht einfach übergangen werden konnte – die Klägerin trägt diesbezüglich aber keine konkreten Planungen vor, sie beruft sich darauf, dass alte Planungen “gefährdet” und neue Planungen “in Frage gestellt” sind (Schriftsatz vom 19. Dezember 2002, S. 17/18) –, oder eine derartige Planung war noch nicht hinreichend konkretisiert und verfestigt mit der Folge, dass bei zwischenzeitlich verfestigter Fachplanung der Gemeinde keine gegen das Vorhaben selbst gerichtete, wehrfähige Rechtsposition mehr erwachsen konnte (sie ggf. nur beanspruchen kann, dass städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbaut werden, Beschluss vom 2. August 2006 – BVerwG 9 B 9.06 – NVwZ 2006, 1290). Hierauf und auf die Dauer des Planfeststellungsverfahrens von 10 Jahren bezogen wird zudem ein Einzelfall beschrieben, der keine verallgemeinerungsfähigen Rechtsfragen aufwirft und daher die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.
Keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen auch die Fragen,
ob einer klagenden Gebietsgemeinde ein wehrfähiges Abwehrrecht bereits deshalb abgesprochen werden kann, weil sich die hinreichend konkrete Planungshoheit der Gemeinde aufgrund von Aufstellungsbeschlüssen für Bauleitpläne vor dem Stichtag zu einer rechtsverbindlichen Bauleitplanung verfestigt hat, und
ob Bauleitplanungen, die nach dem Stichtag erst begonnen wurden, von vornherein nicht als wehrfähige Abwehrrechte der Gemeinde geltend gemacht werden können, wenn zwischen dem Stichtag und dem Planfeststellungsbeschluss ein langer Zeitraum (hier mehr als 10 Jahre) liegt.
Die erste Frage ist nach den Vorgaben der Rechtsprechung in sich widersprüchlich. Liegt eine hinreichend konkretisierte und verfestigte gemeindliche Bauleitplanung vor, kann ihr die Wehrfähigkeit nicht abgesprochen werden. Wollte die Beschwerde hiermit möglicherweise geklärt wissen, ob bereits mit dem Aufstellungsbeschluss für einen Bauleitplan (und nicht erst mit der Planauslegung) die hinreichende Konkretisierung und Verfestigung der Planung eintritt (offen gelassen in Urteil vom 27. August 1997 – BVerwG 11 A 18.96 – Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 24), würde sich diese Frage im Revisionsverfahren nicht stellen. Das Vorgericht hat keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen, eine hierauf bezogene Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
Die zweite Fragestellung bezieht sich – wie die schon eingangs unter 1.2 erhobene Grundsatzrüge – auf die lange Dauer des Planfeststellungsverfahrens und beschreibt damit wiederum einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall.
Keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf schließlich die weitere Frage,
ob fiskalisches Eigentum einer Gemeinde insbesondere an vermieteten Wohnhäusern in unmittelbarer Nähe eines atomaren Endlagers durch das Risiko geltend gemachter Störfälle und Unfälle beim Betrieb und nach Betrieb des Vorhabens verletzt werden kann.
Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der zum selben Problemkreis erhobenen Divergenzrüge kann verwiesen werden.
1.3 Die Revision ist auch nicht wegen der insoweit geltend gemachten Verfahrensverstöße zuzulassen.
Das Oberverwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO). Ihm musste sich anhand des Vortrags der Klägerin (in ihrem Schriftsatz vom 19. Dezember 2002 S. 14 ff.) insbesondere nicht die Klärung der Frage aufdrängen, ob die “Planungen jedenfalls im Wesentlichen baulich realisiert worden sind”, und es musste hierfür nicht die für die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erschienenen städtischen Bediensteten vernehmen. Der Vortrag der Klägerin geht von über 300 Bebauungsplänen in ihren 31 Ortsteilen aus, die zum Teil bereits vor 1991 rechtskräftig geworden sind, andere erst danach wie der (offensichtlich bedeutsame) Bebauungsplan für das Güterverkehrszentrum im Ortsteil Salzgitter-Bettingen im Jahre 1999. Zu hinreichend konkretisierten und verfestigten Planungen etwa für die Erweiterung des Volkswagenwerkes in diesem Ortsteil im Zeitpunkt der Auslegung der Pläne für das atomare Endlager im Jahre 1991 erfolgte kein Vortrag, wie auch nicht zu den planerischen Grundlagen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans für das Volkswagenwerk aus dem Jahre 1978. Damit ist – wie oben schon angesprochen – von folgendem auszugehen: Sind derartige Planungen bereits vor 1991 rechtskräftig geworden mit der Folge einer abgeschlossenen Bauleitplanung, kann die Planungshoheit der Klägerin im Regelfall durch das nunmehrige Vorhaben der Fachplanung nicht beeinträchtigt oder verletzt werden; kommt es ausnahmsweise durch das Vorhaben der Fachplanung zu einer nachhaltigen Störung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung, kann hierdurch zwar die Planungshoheit berührt sein (Urteil vom 17. März 2005 – BVerwG 4 A 18.04 – BVerwGE 123, 152 ≪157 f.≫; Beschluss vom 2. August 2006, a.a.O.). Wiederum wäre die Klägerin hinsichtlich ihrer (vor 1991 verfolgten) Planvorstellungen und der Konfliktpotentiale aber darlegungspflichtig; dieser Pflicht hat sie nicht genügt. Was nach 1991 rechtskräftig abgeschlossene Planungen betrifft, sah sich die Klägerin trotz des bekannten Vorhabens zur Errichtung und zum Betrieb eines atomaren Endlagers in ihrer Planungshoheit nicht beeinträchtigt bzw. konnte auf das Vorhaben der Fachplanung mit ihren Planungen Rücksicht nehmen. Weiterer Aufklärungsbedarf ist nicht ersichtlich. Wenn das Oberverwaltungsgericht in den Urteilsgründen davon ausgeht, dass vor 1991 abgeschlossene Planungen im Wesentlichen baulich realisiert worden sind, handelt es sich letztlich um eine Vermutung vor dem Hintergrund, dass rechtskräftig abgeschlossene Bauleitplanungen auf ihre Umsetzung angelegt sind und die Abwehr evtl. aus dem Betrieb des Endlagers herrührender Einwirkungen auf die Umgebungsgrundstücke nicht Sache des Planungsträgers, sondern der Eigentümer der davon betroffenen Grundstücke ist (stRspr, Beschluss vom 5. Dezember 1996 – BVerwG 11 VR 8.96 – NVwZ-RR 1997, 339). Ein Aufklärungsbedarf dahingehend, wie viele Grundstücke innerhalb eines Baugebiets der vorgegebenen baulichen Nutzung bereits zugeführt worden sind, besteht angesichts des fehlenden Bezugs zur Planungshoheit nicht.
Das Oberverwaltungsgericht hat der Klägerin diesbezüglich auch nicht das rechtliche Gehör versagt (§ 108 Abs. 2 VwGO), insbesondere hat es im Zusammenhang mit einer Verletzung der Planungshoheit einen entscheidungserheblichen Sachvortrag nicht übergangen.
2. Unbegrenzte Zulassung der Endlagerung
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob die gesetzliche Ermächtigung zur Errichtung von Anlagen zur Sicherung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle auch ein Vorhaben umfasst, dessen Betrieb unbegrenzt zugelassen wird.
Die Beantwortung dieser Frage bedarf nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens; sie ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Gemäß § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG hat der Bund Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten. Für eine Anlage, die der Ablagerung von Abfällen dienen soll, bemisst sich die Laufzeit nach der Verfüllungskapazität bzw. nach dem Ende des Verwendungszweckes. Dem Gesetz kann nicht entnommen werden, dass die Betriebsdauer eines atomaren Endlagers in dem Sinne beschränkt werden müsste, dass die Einlagerungen radioaktiver Abfälle und die damit einhergehenden Belastungen auf mehrere Endlager zu verteilen sind. Grundsätzlich ist eine Ablagerungsstätte von Abfällen auf die Dauer der Gesamtverfüllung angelegt, was auch für den Bestand des oberirdischen, den Einlagerungsvorgang gewährleistenden und damit unverzichtbaren Teils der Anlage gilt.
3. Atomrechtliche Planfeststellung als gebundene Entscheidung
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob die atomrechtliche Planfeststellung für ein Bundesendlager entsprechend dem § 7 AtG und dem Bergrecht einen einfachen Genehmigungstatbestand in gebundener Verwaltung regelt oder einen fachplanerischen Gehalt unter Einschluss des Abwägungsgebots hat.
Diese Frage lässt sich anhand des Gesetzes beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Dass § 9b AtG der Planfeststellungsbehörde keine planerische Gestaltungsfreiheit eröffnet, folgt aus § 9b Abs. 4 AtG, der ein strikt einzuhaltendes Prüfprogramm enthält: Gemäß § 9b Abs. 4 Satz 1 AtG kann eine atomrechtliche Planfeststellung nur erfolgen, wenn die in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 und 5 AtG genannten Voraussetzungen erfüllt sind, und sie ist gleichermaßen zu versagen, wenn die Vorgaben des § 9b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 AtG nicht eingehalten werden können. Liegen derartige Versagungsgründe nicht vor, hat die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss zu erlassen, ohne dass noch Raum wäre für eine fachplanerische Abwägung des Vorhabens mit widerstreitenden privaten oder öffentlichen Interessen (wie es im Planfeststellungsbeschluss unter C.II.4 geschehen ist). Die atomrechtliche Planfeststellung ist nach ihrer gesetzlichen Ausprägung somit eine gebundene Entscheidung, für die das fachplanerische Abwägungsgebot mit all seinen Auswirkungen nicht gilt (ebenso zur bergrechtlichen Planfeststellung Urteil vom 15. Dezember 2006 – BVerwG 7 C 1.06 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die zu denselben Rechtfragen erhobenen Divergenzrügen bleiben schon deshalb ohne Erfolg, weil zum einen die Beschwerde keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz widersprochen hat, und zum anderen die von der Beschwerde benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 13. Dezember 1991 – BVerwG 7 C 25.90 – BVerwGE 89, 246 und Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 4 C 14.94 – BVerwGE 100, 1) einen anderen Rechtskreis betreffen und damit kein Widerspruch in Ansehung derselben Rechtsvorschrift vorliegt.
4. Planfeststellung und bergrechtliche Eignungsprüfung
Die Beschwerde hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob – und gegebenenfalls in welchem Umfang – die bergrechtliche Erkundung eines unterirdischen Standortes für ein atomares Endlager bereits eine Standortfestlegung für dieses Lager mit Bindungswirkung für das Planfeststellungsverfahren nach § 9b AtG enthält und
in welchem Umfang die in der Planfeststellung beinhaltete Standortentscheidung einer gerichtlichen Überprüfung der klagenden Gebietsgemeinde insbesondere hinsichtlich des Vorsorgegrundsatzes (§ 9b Abs. 4 Satz 1 i.V.m § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG) unterliegt.
Beide Fragen lassen sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Die Verneinung der ersten Frage ergibt sich schon aus der von der Beschwerde benannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. März 1990 – BVerwG 7 C 23.89 – (BVerwGE 85, 54 ≪58≫). Das Bundesverwaltungsgericht hat dort ausgeführt, dass mit einer positiven bergrechtlichen Erkundung sich nicht bereits eine Standortfestlegung verbindet, was vielmehr Sache des nach § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG verpflichteten Betreibers in Kenntnis der Ergebnisse der durchgeführten Eignungserkundungen ist. Die Antwort auf die zweite Frage folgt bereits aus den dort genannten Gesetzesbestimmungen: Im atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren ist ohne Bindung an eine vorangegangene Betriebsplanzulassung über die Geeignetheit des gewählten Standortes zu entscheiden, somit darüber, ob für das vorgesehene Endlager die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen aus der Ablagerung radioaktiver Abfälle entstehende Schäden getroffen ist. Fehlt es hieran, muss die atomrechtliche Planfeststellung für ein Endlager – und zwar sowohl für seine oberirdischen wie auch für seine unterirdischen Bestandteile – ausscheiden (§ 9b Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG). Von dieser gebotenen Schadensvorsorge sind auch öffentliche Einrichtungen der Klägerin (wie Kindergärten) mit den dortigen Nutzern erfasst.
Die von der Klägerin zu der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Divergenzrüge führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechend schließt das Oberverwaltungsgericht zum einen eine Bindungswirkung durch das vorausgegangene bergrechtliche Erkundungsverfahren aus und stellt zum anderen darauf ab, dass die Geeignetheit des Standortes unmittelbarer Prüfungsgegenstand des Planfeststellungsverfahrens für das Endlager bleibt. Dessen Geeignetheit scheidet aus, wenn die Vorgaben des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG an diesem Standort nicht eingehalten werden können.
5. Planrechtfertigung
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob sich der Prüfungsanspruch einer Gemeinde gegenüber einem auf ihrem Gebiet zugelassenen atomaren Endlager (bzw. einer anderen raumbedeutsamen Großanlage) auf die Planrechtfertigung des Vorhabens erstreckt.
Diese Frage – insbesondere auch mit ihrem Klammerzusatz – würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die früher umstrittene Frage, ob Gemeinden im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss eine Überprüfung der Planrechtfertigung, also der Erforderlichkeit des Vorhabens im Sinne von “vernünftigerweise geboten” beanspruchen können, ist zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1001.04 – juris Rn. 221 f. unter Bejahung dieser Frage). Allein hierauf kommt es aber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht an, das zusätzlich davon ausgeht, dass § 9b Abs. 3 Satz 1 AtG eine gesetzliche Bedarfsfeststellung enthält. Ähnlich wie die Ausbaugesetze für Fernstraßen und Schienenwege (vgl. etwa § 1 Abs. 2 Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005, BGBl I S. 201) in Bezug auf verkehrliche Infrastrukturmaßnahmen (Urteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 12.99 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 161; Urteil vom 30. Dezember 1996 – BVerwG 11 VR 25.95 – NVwZ-RR 1997, 525) bestimmt der Bundesgesetzgeber in § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG mit bindender Wirkung auch für die Verwaltungsgerichte die so genannte Planrechtfertigung für das atomare Endlager. Diese zusätzliche, selbsttragende Begründung, mit der das Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Prüfung der Planrechtfertigung verneint, hat die Beschwerde nicht zum Gegenstand ihres Vorbringens gemacht, so dass bezüglich dieser Frage die Zulassung der Revision ausscheidet.
Die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage der Überdimensionierung des Endlagers betrifft nicht die Planrechtfertigung. In fachplanerischen Entscheidungen ist dies im Regelfall eine der Abwägungskontrolle unterliegende Frage (Urteil vom 20. April 2005 – BVerwG 4 C 18.03 – BVerwGE 123, 261 ≪277≫). Bei einer gebundenen Planfeststellung stellt sich insoweit lediglich die Frage nach der Rechtsverletzung Dritter infolge einer Überdimensionierung der Anlage; hierfür trägt die Beschwerde jedoch nichts vor.
Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung Divergenzrügen erhebt, handelt es sich in Auslegung dieses Vorbringens um Verfahrensrügen bezogen auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der ungenügenden Aufklärung des Sachverhalts. Derartige Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, der die Planrechtfertigung wegen fehlenden Bedarfs in Frage stellte, als rechtlich unerheblich abgelehnt und entsprechend begründet. Nach der dem Urteil zugrunde liegenden materiellrechtlichen Sicht des Oberverwaltungsgerichts, das die Klägerin bezüglich der Planrechtfertigung nicht für rügebefugt erachtet, ist dies nicht zu beanstanden. Zwar hält die Klägerin diese Rechtsauffassung für unzutreffend. Dies ändert aber nichts daran, dass es aus der Sicht des Oberverwaltungsgerichts keinen weiteren Aufklärungsbedarf mehr gab. Es kann auch keine Rede davon sein, dass das Gericht das Vorbringen der Klägerin nicht in Erwägung gezogen hätte.
6. Transportrisiko
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob das Risiko radioaktiver Transporte durch das Gebiet der Gebietsgemeinde während der Betriebsphase von ca. 80 Jahren in einem atomrechtlichen Planfeststellungsbeschluss nach § 9b Abs. 3 AtG zu prüfen war.
Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen; sie ist nach den Vorgaben des Gesetzes zudem ohne weiteres zu verneinen. Die Beschwerde benennt erneut keine Rechte der Klägerin, die durch den Transport radioaktiver Stoffe zum Endlager verletzt sein könnten. Allein eine Verletzung der Planungshoheit käme in Frage.
Der Transport der einzulagernden radioaktiven Abfälle erfolgt über bereits vorhandene Straßen und Schienenwege; die nunmehrige, wie auch immer geartete bloße Nutzung dieser Verkehrsanlagen vermag die Planungshoheit der Klägerin schon im Ansatz nicht zu verletzen. Was die Klägerin mit den Hinweisen auf rechtsverbindliche Bauleitplanungen aus den Jahren 1978, 1984 und 1999 in Wahrheit einwendet, ist die mit dem Transport radioaktiver Abfälle einhergehende potentielle Betroffenheit anliegender Grundstücke bzw. deren Bewohner. Ständiger Rechtsprechung entspricht es jedoch (Beschluss vom 15. April 1999 – BVerwG 4 VR 18.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151; Urteil vom 9. Februar 2005 – BVerwG 9 A 62.03 – Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10 m.w.N.), dass die Gemeinde unter Berufung auf ihre Planungshoheit sich nicht gleichsam zur Sachwalterin privater Interessen aufschwingen kann. Mangels Betroffenheit in eigenen Rechten muss der Rechtmäßigkeitseinwand einer unzureichenden Vorsorge gegen Transportrisiken von vornherein außer Betracht bleiben.
Eine Abarbeitung der Transportrisiken zum Endlager im Planfeststellungsverfahren nach § 9b Abs. 1 Satz 1 AtG scheidet aber auch deshalb aus, weil die Zuwegungen zu einem Endlager wie jede kommunale Infrastruktur auf Dauer nicht unverändert bleiben werden. Der Gesetzgeber hat daher die Bewältigung der Transportrisiken von der jeweiligen atomrechtlichen Anlagegenehmigung/Planfeststellung abgekoppelt. Dies rechtfertigt sich zusätzlich auch aus dem Umstand, dass die Transportrisiken sich nicht allein auf das Gebiet der Standortgemeinde des Endlagers beschränken, sondern für den gesamten Transportweg auszuschließen sind. Die Beförderung von Kernbrennstoffen außerhalb des abgeschlossenen Geländes bedarf demzufolge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AtG und von sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrlSchV der Genehmigung. Die dabei in § 4 Abs. 2 AtG und in § 18 Abs. 1 StrlSchV enthaltenen Genehmigungsvoraussetzungen berücksichtigen auch (entgegenstehende) öffentliche Interessen an der Wahl der Art, der Zeit und des Weges der Beförderung, wodurch insbesondere auch Belange der Anlieger erfasst werden. Nach den tatsächlichen, mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts findet ein Rückstau von Transporteinheiten außerhalb des Geländes des Endlagers (wegen der vorhandenen Pufferkapazitäten im Lager und des gestaffelten Abrufens der Transporte) nicht statt. Fragen nach einer erhöhten Strahlenexposition durch steckengebliebene Anlieferungen würden sich daher in einem Revisionsverfahren nicht stellen.
Die auf § 86 Abs. 2 VwGO gestützte Verfahrensrüge greift nicht durch. Das Oberverwaltungsgericht hat die Ablehnung des auf das Transportrisiko bezogenen Beweisantrags in ausreichendem Maße begründet. Der Klägerin waren aus der Erörterung des Themas “Transport” in der mündlichen Verhandlung die gegensätzlichen Rechtsauffassungen bekannt. Mit der Ablehnung des Beweisantrags als “rechtlich unerheblich” und der weiteren Begründung, dass “Transportfragen nicht Gegenstand des Prüfungsprogramms sind”, hat das Gericht in ausreichendem Maße seiner Begründungspflicht Genüge getan.
7. Raumordnung
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob (und unter welchen Voraussetzungen) eine klagende Gebietsgemeinde gegenüber einer überörtlichen Fachplanung Drittschutz aus raumordnungsrechtlichen Festlegungen herleiten kann.
Diese Frage könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, da es an der hinreichenden Bezeichnung konkreter raumordnerischer Festlegungen fehlt, aus denen die Klägerin Ansprüche herleiten könnte. In ihrem Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 verweist die Klägerin lediglich auf Ziele des Raumordnungsprogramms Niedersachsen aus 2002 bzw. aus 1994, die der “allgemeinen Entwicklung” des Landes dienen. Hinsichtlich des regionalen Raumordnungsprogramms für den Großraum Braunschweig aus 1995 lässt die Klägerin offen, ob die dort genannten Schwerpunktaufgaben als Ziele oder lediglich als Grundsätze ausgebildet sind. Doch stellen abgesehen davon landesplanerische oder regionalplanerische Festlegungen mit Bezug auf die Sicherung von Wohn- und Arbeitsstätten öffentliche Belange dar, aus denen Dritte – und auch Gemeinden – keine Rechte herleiten können. Konkrete Ziele, die das atomare Endlager zum Gegenstand haben und gegebenenfalls Schutzmaßnahmen einfordern, enthalten offensichtlich weder das Landesraumordnungsprogramm noch das regionale Raumordnungsprogramm. Die Klägerin konnte derartige, ihrem Schutz dienende Ziele auch nicht benennen, was seinen Grund wohl in dem zeitlichen Vorrang der atomrechtlichen Fachplanung hat, auf die spätere Landes- und Regionalplanungen Rücksicht zu nehmen haben.
Entgegen der Beschwerde verhält sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts inhaltlich zum Vorbringen der Klägerin in Bezug auf Ziele und Grundsätze des Landesraumordnungsprogramms und des regionalen Raumordnungsprogramms. Es verneint ein generelles Abwehrrecht der Gemeinde im Zusammenhang mit negativen Einwirkungen auf die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie auf den Imagefaktor in Folge des Betriebs des atomaren Endlagers. Nachdem seitens der Klägerin aber kein substantiierter Vortrag zu einer Verletzung eigener Rechte wegen eines Verstoßes des Vorhabens gegen Ziele und Grundsätze der Raumordnung erfolgt und hierfür auch nichts ersichtlich war, musste das Gericht auf den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin in den Entscheidungsgründen nicht ausführlich eingehen. Ein Verfahrensfehler wegen Verstoßes gegen das rechtliche Gehör ist hiermit nicht verbunden.
8. Risiko terroristischer Anschläge
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob das (seit dem 11. September 2001 erhöhte) Risiko terroristischer Anschläge zum Prüfprogramm der atomrechtlichen Planfeststellung für ein Endlager gehört und ob ein terroristischer Anschlag nach dem 11. September 2001 noch dem Restrisiko zuzurechnen ist.
Die Klärung dieser Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht erheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob gezielte Flugzeugabstürze in der Art eines terroristischen Angriffes vom § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (i.V.m. § 9b Abs. 4 Satz 1 AtG) erfasst werden und dem insoweit abzuarbeitenden Prüfungsprogramm zugehörig sind oder eine Zuordnung zum Restrisiko erfolgen muss. Denn abgesehen von diesen Alternativen besteht nach Ansicht des Vorgerichts ein individualisierter klagbarer Anspruch eines Einzelnen schon deshalb nicht, weil die Abwehr terroristischer Einwirkungen im Sinne eines vorsorgenden Schutzes im Verantwortungsbereich des Staates liegt und es nach ständiger Rechtsprechung nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, jenseits normativer Vorgaben eigene Einschätzungen an die Stelle der Bewertung der zuständigen Organe zu setzen. Zur letzteren, die Entscheidung selbstständig tragenden Begründung des Oberverwaltungsgerichts, verhält sich die Beschwerde nicht. Da diesbezüglich Zulassungsgründe nicht dargelegt werden, muss die Beschwerde insoweit ohne Erfolg bleiben.
Dies gilt auch für die erhobenen Verfahrensrügen. Vor dem Hintergrund der vorstehend aufgezeigten Rechtsauffassung ergab sich für das Oberverwaltungsgericht kein weiterer Aufklärungsbedarf hinsichtlich der richtigen Lastannahme bei Terrorangriffen. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Das Gericht hat die Beweisanträge der Klägerin zur Risikowahrscheinlichkeit terroristischer Anschläge und zu dem damit verbundenen Freiwerden ionisierender Strahlung in schlüssiger Weise abgelehnt. In Wirklichkeit wendet sich die Klägerin gegen die in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrags zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung des Gerichts, was eine Verfahrensrüge nicht begründet.
9. Störfall- und Unfallrisiken während der Betriebsphase
Die Beschwerde hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, ob
Defizite der Ermittlung und Bewertung zur Rechtswidrigkeit einer atomrechtlichen Genehmigung führen, wenn diese auf den Defiziten beruht und
die Störfall-Leitlinie für Kernkraftwerke mit Druckwasserreaktoren auf atomare Endlager zu übertragen ist, ohne deren Besonderheiten im Einzelnen zu berücksichtigen.
Die erste (richtig wohl ohne den letzten Halbsatz gestellte) Frage ist ohne weiteres zu bejahen; sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Für das atomrechtliche Planfeststellungsverfahren verweist § 9b Abs. 4 Satz 1 AtG auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Nach dem in dieser Vorschrift niedergelegten Grundsatz bestmöglicher Gefahrenabwehr und Risikovorsorge (BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1979 – 1BvR 385/77 – BVerfGE 53, 30 ≪38 f.≫; Urteil vom 19. Dezember 1985 – BVerwG 7 C 65.82 – BVerwGE 72, 300 ≪316≫) müssen aus dem Betrieb einer dem Atomgesetz unterfallenden Anlage herrührende Gefahren und Risiken “praktisch ausgeschlossen” sein. Damit verbindet sich, dass bei behördlichen Ermittlungsdefiziten im Sinne nicht ausreichend ermittelter Daten zur Anlage die angegriffene atomrechtliche Genehmigung aufzuheben ist (Urteil vom 22. Oktober 1987 – BVerwG 7 C 4.85 – BVerwGE 78, 177 ≪180≫; Urteil vom 9. September 1988 – BVerwG 7 C 3.86 – BVerwGE 80, 207 ≪221 f.≫) Das im Wesentlichen hierauf beschränkte gerichtliche Prüfungsprogramm (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 a.a.O. S. 317) gilt ebenso für die Anfechtung einer atomrechtlichen Planfeststellung.
Auch die Beantwortung der zweiten Frage bedarf keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie würde sich so gar nicht stellen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat keineswegs eine unbesehene Übertragung der Störfall-Leitlinien für Kernkraftwerke mit Druckwasserreaktoren auf die Risikoabschätzung für das streitgegenständliche atomare Endlager gebilligt, sondern nur die dort beschriebenen Vorgehensweisen (mit der Betrachtung von Störfällen in zwei Klassifizierungen) bei der Bewertung von 79 Ereignissen bezogen auf Störfälle bei einem Betrieb des Endlagers für zutreffend erachtet. Das heißt, die Störfallanalysen werden insoweit nur in Anlehnung an die Vorgaben der Störfall-Leitlinien, aber unter Annahme konkreter Szenarien eines gestörten Endlagerbetriebs erstellt. Damit entspricht aber die Vorgehensweise bei Erstellung der Störfallanalyse der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage. Ein darüber hinausgehendes Klärungsbedürfnis würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen.
Der im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1985 (a.a.O.) erhobenen Abweichungsrüge mangelt es wiederum bereits an der Benennung eines inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatzes, mit dem das Oberverwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde legt vielmehr lediglich dar, dass sich das Vorgericht mit den von der Klägerin vorgebrachten Defiziten der Störfallanalyse nicht in ausreichendem Maße auseinandergesetzt hat. Damit kann aber die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht erreicht werden.
Gleiches gilt für die von der Klägerin insoweit erhobenen Verfahrensrügen. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung, soweit es um den Einwand der unzureichenden Vorsorge gegen Störfälle geht, mehrfach begründet. Es hat zum einen die Störfallanalyse in der Sache geprüft und zum anderen ein diesbezügliches Rügerecht der Klägerin verneint (UA S. 61 f.). Letzteres wird von der Beschwerde nicht zum Gegenstand ihres Vorbringens gemacht. Da aber bereits das festgestellte Fehlen eines Rügerechts die angegriffene Entscheidung trägt, bestand für das Oberverwaltungsgericht keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung betreffend eine möglicherweise defizitäre Störfallanalyse. Revisionseröffnend ist schließlich auch nicht die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Nicht jedes Vorbringen muss das Tatsachengericht in den Entscheidungsgründen abhandeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Urteil auch auf andere tragende Erwägungen abstellt.
10. Langzeitsicherheit
Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
inwieweit eine Gemeinde, auf deren Gebiet ein atomares Endlager errichtet und betrieben werden soll, eine gerichtliche Überprüfung der Langzeitsicherheit dieses Endlagers verlangen kann.
Diese Frage ist ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens bereits anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beantworten. Die Langzeitsicherheit hat den Schutz künftiger Generationen in den Blick zu nehmen. Dies fordert im Planfeststellungsbeschluss für ein atomares Endlager den Nachweis, dass der wartungsfreie Verbleib der eingelagerten radioaktiven Abfälle auf Dauer gefahrlos ist. Nicht verbunden ist hiermit aber ein Klagerecht eines drittbetroffenen Bürgers, denn zu dessen Schutz reicht es bereits aus, dass das Endlager ohne seine Gefährdung betrieben werden kann (Urteil vom 21. Mai 1997 – BVerwG 11 C 1.96 – Buchholz 451.171 § 9b AtG Nr. 1 a.E.). Doch kann auch die Klägerin mit ihren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Rechten die Langzeitsicherheit eines Endlagers im Sinne eines Nachweltschutzes nicht gleichsam “einklagen”. Denn die Unwägbarkeiten derartiger Betrachtungen unterfallen allein dem Schutzgebot des Art. 20a GG, der dem Staat die Verantwortung für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen überträgt. Art. 20a GG ist als objektiv-rechtlich wirkende Staatszielbestimmung ausgestaltet, ohne selbst subjektiv-rechtliche Anspruchstatbestände auszubilden (Beschluss vom 19. Dezember 1997 – BVerwG 8 B 234.97 – Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 142; Beschluss vom 13. April 1995 – BVerwG 4 B 70.95 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 309). Art. 20a GG schließt somit an den Grundsatz bestmöglicher Gefahrenabwehr und Risikovorsorge aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG an, ohne aber Abwehrrechte einer Gemeinde gegen das Vorhaben der atomaren Fachplanung zu begründen.
Die behauptete Divergenz zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1985 (a.a.O.) liegt auch hinsichtlich der Langzeitsicherheit des Endlagers nicht vor. Wiederum genügt die Beschwerde bereits nicht den Darlegungsanforderungen. Auf das hierzu unter 9. Ausgeführte kann verwiesen werden. Zudem hat das Oberverwaltungsgericht in der Sache keine Ermittlungs- oder Bewertungsdefizite in Bezug auf die Langzeitsicherheit festgestellt, die die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bedingt hätten.
Ebenso nötigen nicht die im Zusammenhang mit Fragen der Langzeitsicherheit erhobenen Verfahrensrügen zur Zulassung der Revision. Eine weitere Sachaufklärung zu Fragen des Langzeitrisikos musste sich dem Oberverwaltungsgericht schon deshalb nicht aufdrängen, weil nach seiner materiellrechtlichen Auffassung die Klägerin diesbezüglich nicht rügebefugt ist. Auf weitere damit zusammenhängende Fragen konnte es aus der Sicht des Vorgerichtes daher nicht ankommen. Hieran schließt auch die Begründung der Ablehnung des auf die Langzeitsicherheit zielenden Beweisantrages in der mündlichen Verhandlung an, die insbesondere auch deshalb nicht gegen das Begründungsgebot (§ 86 Abs. 2 VwGO) verstoßen hat, weil ausweislich der Sitzungsniederschrift (Niederschrift vom 2. März 2006 Seite 5 ff.) das Problem der Langzeitsicherheit Gegenstand ausführlicher Erörterungen war und die Beteiligten aus vorbereitenden Schriftsätzen hinreichend Kenntnis hatten von den gegensätzlichen Rechtspositionen. Auch der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör wurde in diesem Zusammenhang nicht verletzt. Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachvortrag und die Beweisanträge der Klägerin in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen. Nach der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts war es auch nicht erforderlich, auf sämtliches Vorbringen der Klägerin zur Langzeitsicherheit in den Entscheidungsgründen einzugehen und auf deren Vortrag in gleichem Umfang zu erwidern.
11. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene zu 2 hat sich durch Antragstellung am Beschwerdeverfahren beteiligt und damit ein Kostenrisiko übernommen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 1 hat demgegenüber im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt, eine Erstattung deren außergerichtlicher Kosten entspricht daher nicht der Billigkeit. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Ansatz des Streitwertes folgt aus Nr. 6.3 des Streitwertkatalogs vom 7./8. Juli 2004.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Guttenberger
Fundstellen