Entscheidungsstichwort (Thema)
Atomares Endlager. vernachlässigbare Wärmestrahlung. Planfeststellung. planerische oder gebundene Entscheidung. Standortsuche. Planungshoheit. Transportrisiko. Gebot der Schadensvorsorge. terroristischer Anschlag. wasserrechtliche Erlaubnis. wasserrechtliches Gebot der Rücksichtnahme. Trinkwasserversorgung. Zulässigkeit der Klage
Normenkette
AtG § 4 Abs. 1-2, § 7 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1-3, 5, § 9a Abs. 3 S. 1, § 9b Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2; StrlSchV § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 47 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 117 Nrn. 16-17; VwGO § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen 7 KS 154/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. Die Beigeladene zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen die atomrechtliche Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerkes Konrad als Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmestrahlung.
Das Zentrum des Gemeindegebiets der Klägerin liegt ca. 8 km nördlich des für das Endlager vorgesehenen Grubenfeldes auf dem Gebiet der Stadt Salzgitter; einige Ortsteile der Klägerin liegen innerhalb eines Umkreises von 5 km. Das Bergwerk dehnt sich unter Tage über eine Fläche von ca. 6 km(2) aus und wird durch sechs Sohlen zwischen 800 m und 1 300 m aufgeschlossen. Die einzulagernden Abfallgebinde werden durch die Bahn und durch Lkw – auch über das Gemeindegebiet der Klägerin – angeliefert. Nach Beendigung der Betriebsphase wird das Bergwerk in einen Zustand versetzt, der keiner weiteren Überwachung mehr bedarf. Die Klägerin sieht sich durch die Planfeststellung in ihrer Planungshoheit sowie in ihrem Eigentum an öffentlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge verletzt. Insbesondere habe der Planfeststellungsbeschluss nicht die Transportrisiken, die Ableitung radioaktiver Stoffe mit dem Grubenabwasser in die Aue, das Risiko terroristischer Anschläge sowie die Langzeitsicherheit bedacht.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Sie erweise sich bereits als unzulässig. Pauschale Behauptungen der Klägerin zu Eingriffen in die Planungshoheit sowie das Abstellen auf Verfahrensfehler ließen nicht auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung schließen. Dies gelte auch für etwaige Transportrisiken, die einer eigenen rechtlichen Beurteilung unterlägen und daher nicht Gegenstand der Planfeststellung seien. Zu einer eventuellen Betroffenheit gemeindlicher Einrichtungen der Daseinsvorsorge fehle ein substantiierter Vortrag. Ebenso ließen die wasserrechtlichen Erlaubnisse eine Rechtsverletzung der Klägerin nicht als möglich erscheinen. Die Klage sei zudem unbegründet. Die Planfeststellung und die wasserrechtlichen Erlaubnisse verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde führt nicht zur Zulassung der Revision.
1. Die Beschwerde hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
welche Anforderungen an die Darlegungslast für die Zulässigkeit der Klage gegen einen atomrechtlichen Planfeststellungsbeschluss zu stellen sind und
ob an die Zulässigkeit der Klage insoweit nicht ein gegenüber der Rechtsprechung zum Planungsrecht großzügigerer Maßstab anzulegen ist.
Für die Beantwortung beider Fragen bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens; sie sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Dabei ist der Beschwerde zuzugestehen, dass das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf die Möglichkeit einer rechtserheblichen Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit durch den Planfeststellungsbeschluss (§ 42 Abs. 2 VwGO) die Schranken für die Zulässigkeit der Klage deutlich überhöht angesetzt und damit im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage bereits Teile der Begründetheitsprüfung vorweggenommen hat; dies gilt insbesondere für die Anforderungen an die Darlegung einer Beeinträchtigung der Planungshoheit, für die Beeinträchtigung der Planungshoheit selbst durch Transportrisiken und für eine etwaige Verletzung von Rechten der Klägerin durch die wasserrechtlichen Erlaubnisse. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau- und Fachplanungsrecht geht demgegenüber davon aus, dass die Beachtlichkeit geltend gemachter Belange einer Gemeinde in aller Regel nicht die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels, sondern dessen Begründetheit betrifft (Beschluss vom 5. November 2002 – BVerwG 9 VR 14.02 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171; Urteil vom 7. Juni 2001 – BVerwG 4 CN 1.01 – BVerwGE 114, 301; Urteil vom 27. März 1992 – BVerwG 7 C 18.91 – Buchholz 451.22 AbfG Nr. 48; Urteil vom 30. September 1993 – BVerwG 7 A 14.93 – Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 23). Daran ändert auch nicht der Umstand, dass die Klägerin nicht Standortgemeinde des Vorhabens der Fachplanung ist. Nach ständiger Rechtsprechung (Beschluss vom 2. August 2006 – BVerwG 9 B 9.06 – NVwZ 2006, 1290 m.w.N.) kann eine Gemeinde ein Vorhaben der Fachplanung abwehren, wenn durch dieses eine hinreichend konkretisierte und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder das Vorhaben der Fachplanung wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht. Beruft sich somit eine an den Bereich des Vorhabens einer Fachplanung angrenzende Nachbargemeinde auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts, sei es wegen befürchteter Eingriffe in ihre Planungshoheit oder in ihre Rechtspositionen als Trägerin kommunaler Einrichtungen oder in ihr Selbstgestaltungsrecht, so ist die Möglichkeit einer Rechtsverletzung wegen der Ortsnähe nicht von vornherein auszuschließen (Urteil vom 9. Februar 2005 – BVerwG 9 A 62.03 – Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10). Eine Frage der Begründetheit der Klage ist es, ob eine Verletzung von Rechten der klagenden Nachbargemeinde ausscheidet, weil das angegriffene Vorhaben bereits in zu großer Entfernung liegt.
Ob sich mit einer zu Unrecht erfolgten Abweisung der Klage als unzulässig auch ein Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verbindet (vgl. Beschluss vom 21. Januar 1993 – BVerwG 4 B 206.92 – Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 188), kann dahinstehen. Denn hinsichtlich der zweiten, selbständig tragenden Begründung des Urteils – die Klage sei unbegründet – greifen geltend gemachte Zulassungsgründe nicht durch (vgl. unten 2. – 5.).
2. Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob der Plan und dessen Prüfung – entgegen der dahingehenden Weisung des Bundesumweltministers – Risiken der Transporte zur Anlage hätten behandeln müssen und gegebenenfalls aus welchen Gesichtspunkten und wie weitgehend sich das Erfordernis einer solchen Planprüfung ergibt.
Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen; sie ist zudem nach den Vorgaben des Gesetzes ohne weiteres zu verneinen. Die Beschwerde benennt keine Rechte der Klägerin, die durch den Transport radioaktiver Abfälle zum Endlager verletzt sein könnten. Sie verweist lediglich darauf, dass auf ihrem Gemeindegebiet am Bahnhof Groß-Gleidingen Schienentransporte zusammenlaufen und sie insoweit von jedem Antransport zum Endlager betroffen ist.
Der Antransport der einzulagernden radioaktiven Abfälle erfolgt somit über einen bereits vorhandenen Schienenweg; dessen wie auch immer geartete bloße Nutzung im Rahmen seiner Kapazität vermag daher die Planungshoheit der Klägerin schon im Ansatz nicht zu verletzen. Was die Klägerin mit dem Hinweis auf die in ihrem Gemeindegebiet zusammenlaufenden Schienentransporte in Wahrheit einwendet, ist die mit dem Transport radioaktiver Abfälle einher gehende potenzielle Betroffenheit anliegender Grundstücke bzw. deren Bewohner. Ständiger Rechtsprechung entspricht es jedoch (Beschluss vom 15. April 1999 – BVerwG 4 VR 18.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151; Urteil vom 9. Februar 2005, a.a.O., m.w.N.), dass die Gemeinde unter Berufung auf ihre Planungshoheit sich nicht gleichsam zur Sachwalterin privater Interessen aufschwingen kann. Mangels Betroffenheit der Klägerin in eigenen Rechten muss der Rechtmäßigkeitseinwand einer unzureichenden Vorsorge gegen Transportrisiken von vornherein außer Betracht bleiben.
Die Abarbeitung von Transportrisiken zum atomaren Endlager in einem Planfeststellungsverfahren nach § 9b Abs. 1 Satz 1 Atomgesetz (AtG) i.d.F. vom 15. Juli 1985 (BGBl I S. 1565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2002 (BGBl I S. 1351) scheidet aber auch deshalb aus, weil die Zuwegungen zu einem Endlager wie jede (kommunale) Infrastruktur auf Dauer nicht unverändert bleiben werden. Der Gesetzgeber hat daher die Bewältigung der Transportrisiken von der jeweiligen atomrechtlichen Anlagengenehmigung/Planfeststellung abgekoppelt. Dies rechtfertigt sich zusätzlich auch aus dem Umstand, dass die Transportrisiken sich nicht allein auf das Gebiet der Standortgemeinde des Endlagers oder einer Nachbargemeinde, in der Verkehrswege zusammenlaufen, beschränken, sondern für den gesamten Transportweg auszuschließen sind. Die Beförderung von Kernbrennstoff außerhalb des abgeschlossenen Geländes bedarf demzufolge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AtG und von sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) vom 20. Juli 2001 (BGBl I S. 1714) der Genehmigung. Die dabei in § 4 Abs. 2 AtG und dem § 18 Abs. 1 StrlSchV enthaltenen Genehmigungsvoraussetzungen berücksichtigen auch (entgegenstehende) öffentliche Interessen an der Wahl der Art, der Zeit und des Weges der Beförderung, wodurch insbesondere auch Belange der Anlieger erfasst werden.
3. Die Beschwerde hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob der Plan eine unter geologischen Gesichtspunkten abwägende Standortentscheidung zu enthalten hat, die die Genehmigungsbehörde auf Abwägungsfehler überprüft und
ob die Planfeststellung nach § 9b AtG eine gebundene Entscheidung ist.
Die letzte Frage lässt sich anhand des Gesetzes beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Dass § 9b AtG der Planfeststellungsbehörde keine planerische Gestaltungsfreiheit eröffnet, folgt aus § 9b Abs. 4 AtG, der ein strikt einzuhaltendes Prüfungsprogramm enthält: Gemäß § 9b Abs. 4 Satz 1 AtG kann eine atomrechtliche Planfeststellung nur erfolgen, wenn die in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 und 5 AtG genannten Voraussetzungen erfüllt sind; sie ist zu versagen, wenn die Vorgaben des § 9b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 AtG nicht eingehalten werden können. Liegen derartige Versagungsgründe nicht vor, hat die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss zu erlassen, ohne dass noch Raum wäre für eine fachplanerische Abwägung des Vorhabens mit widerstreitenden privaten oder öffentlichen Interessen (wie es im Planfeststellungsbeschluss C.II.4 geschehen ist). Die atomrechtliche Planfeststellung ist nach ihrer gesetzlichen Ausprägung somit eine gebundene Entscheidung, für die das fachplanerische Abwägungsgebot mit all seinen Auswirkungen nicht gilt (ebenso zu bergerechtlichen Planfeststellung Urteil vom 15. Dezember 2006 – BVerwG 7 C 1.06 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Damit beantwortet sich auch die erste Frage. Mangels (fach)planerischer Entscheidung umfasst das atomrechtliche Planfeststellungsverfahren keine Prüfung sich aufdrängender Alternativstandorte (vgl. hierzu Urteil vom 14. Mai 1996 – BVerwG 7 NB 3.95 – BVerwGE 101, 166). Die Standortfestlegung ist vielmehr Sache des nach § 9b Abs. 3 Satz 1 AtG verpflichteten Betreibers in Kenntnis (positiver) bergrechtlicher Erkundungen. Im atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren ist dann ohne Bindung an eine vorangegangene Betriebsplanzulassung über die Geeignetheit des gewählten Standortes zu entscheiden, somit darüber, ob für das vorgesehene Endlager die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen aus der Ablagerung radioaktiver Abfälle entstehende Schäden getroffen ist. Fehlt es hieran, darf der atomrechtliche Planfeststellungsbeschluss für ein Endlager nicht erteilt werden (§ 9b Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 4 AtG). Verletzt ein atomares Endlager am vom Betreiber gewählten Standort Dritte nicht in ihren Rechten, können diese die (gebundene) Planfeststellung nicht durch einen Hinweis auf ihres Erachtens besser geeignete Alternativstandorte in Frage stellen und zu Fall bringen (zum Baurecht Beschluss vom 26. Juni 1997 – BVerwG 4 B 97.97 – NVwZ-RR 1998, 357).
4. Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob aus § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG folgt, dass im Planfeststellungsbeschluss Vorkehrungen gegen die Gefahren terroristischer Anschläge getroffen werden müssen.
Die Klärung dieser Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht erheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob Störmaßnahmen in Gestalt terroristischer Angriffe nach dem Vorbild gelenkter Flugzeugabstürze von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (i.V.m. § 9b Abs. 4 Satz 1 AtG) erfasst werden und dem insoweit abzuarbeitenden Prüfungsprogramm zugehörig sind oder eine Zuordnung zum Restrisiko erfolgen muss. Denn abgesehen von diesen Alternativen besteht nach Ansicht des Vorgerichts ein klagbarer Anspruch eines Einzelnen schon deshalb nicht, weil die Abwehr terroristischer Einwirkungen im Sinne eines vorsorglichen Schutzes im Verantwortungsbereich des Staates liegt und es nach ständiger Rechtsprechung nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, jenseits normativer Vorgaben eigene Einschätzungen an die Stelle der Bewertung der zuständigen Organe zu setzen. Der letzteren, die Entscheidung selbständig tragenden Begründung des Oberverwaltungsgerichts, die auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht entspricht (Beschluss vom 24. August 2006 – BVerwG 7 B 33.06 – BA S. 11), widerspricht die Beschwerde zwar, ohne sie aber mit Gründen anzugreifen, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen würden. Da diesbezügliche Zulassungsgründe nicht dargelegt werden, muss die Beschwerde insoweit ohne Erfolg bleiben.
5. Die Beschwerde hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob eine wasserrechtliche Erlaubnis ohne die eigentlich vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben werden darf, wenn das atomrechtliche Verfahren, mit dem die wasserrechtliche Erlaubnis im Zusammenhang steht, nicht wesentlich geändert wurde und
ob das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot erst einsetzt, wenn eine Überschreitung der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung zu besorgen ist.
Die Klärung der ersten Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht erheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht abschließend entschieden (UA S. 29), ob der wasserrechtliche Antrag zur Benutzung des Grundwassers aus dem Jahre 1995 zusätzlich hätte ausgelegt werden müssen oder ob dieser Antrag, der ohne Änderung des Plans aus dem Jahre 1991 nur auf Grund einer neugewonnenen Rechtsauffassung nachträglich gestellt worden ist, § 4 Abs. 2 der atomrechtlichen Verfahrensverordnung (AtVfV) i.d.F. vom 3. Februar 1995 (BGBl I S. 180) zuzuordnen ist (mit der Entbehrlichkeit einer weiteren Auslegung), letzteres insbesondere auf Grund der Tatsache, dass nach Niedersächsischem Wasserrecht (§ 31 Abs. 1 Satz 1 NWG) die Planfeststellungsbehörde auch über die wasserrechtliche Erlaubnis entscheidet. Denn selbst wenn im Unterbleiben der Auslegung ein Verfahrensfehler zu sehen wäre, wäre dies nicht entscheidungserheblich, weil die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sein kann; denn das Vorgericht hat eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin durch eine nicht auszuschließende Kontamination des Tiefengrundwassers ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass dieses wegen seiner Salzhaltigkeit nicht genutzt werden kann, würde es erst nach mehreren einhunderttausend Jahren ca. 50 km nordöstlich des Standortes des Endlagers in oberflächennahe Grundwasserhorizonte gelangen. Damit werden Fragen der Langzeitsicherheit aufgeworfen, die die Klägerin nicht zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann (UA S. 29 f., S. 66). Zu dieser, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Bezug auf den gerügten Verfahrensfehler selbständig tragenden Rechtsauffassung, die in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht steht (Urteil vom 21. Mai 1997 – BVerwG 11 C 1.96 – Buchholz 451.171 § 9b AtG Nr. 1 a.E.), verhält sich die Beschwerde nicht. Da diesbezügliche Zulassungsgründe nicht dargelegt werden, muss die Beschwerde insoweit ohne Erfolg bleiben.
Die Frage nach der Reichweite des wasserrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin ihre Aufgabe, die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen, dem Wasserbeschaffungsverband Peine – eine Körperschaft des öffentlichen Rechts – übertragen. Sie wird damit durch das Vorhaben der Fachplanung nicht mehr in einer qualifizierten und individualisierten Weise betroffen (Urteil vom 15. Juli 1987 – BVerwG 4 C 56.83 – BVerwGE 78, 40 ≪ 44≫). Eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin infolge der befürchteten Befrachtung der Aue mit radioaktiven Stoffen (was den Ausfall von möglichen Uferfiltratbrunnen bewirken könnte) scheidet damit aus. Ursprünglich weitergehender Vortrag im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung von Belangen der Klägerin durch die Belastung der Aue mit Abwassern des Endlagers (relevanter Beitrag zur Strahlenexposition bei Verwendung des Wassers der Aue zu Löschzwecken oder Ausfall des Aueufers zur Freizeitnutzung oder zur Ausweisung von Biotopen) ist im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen worden.
6. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene zu 2 hat sich durch Antragstellung am Beschwerdeverfahren beteiligt und damit ein Kostenrisiko übernommen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 1 hat demgegenüber im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt, eine Erstattung deren außergerichtlicher Kosten entspricht daher nicht der Billigkeit. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Ansatz des Streitwertes folgt aus Nr. 6.3 des Streitwertkatalogs vom 7./8. Juli 2004.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Guttenberger
Fundstellen