Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 10.05.2022; Aktenzeichen OVG 81 D 1.21) |
VG Potsdam (Urteil vom 08.12.2020; Aktenzeichen 17 K 2055/18.OL) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Mai 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Rz. 1
1. Die Beklagte wendet sich gegen die Aberkennung ihres Ruhegehalts.
Rz. 2
Die 1971 geborene Beklagte, Volljuristin, war im Zeitraum von Dezember 2003 bis Dezember 2019 hauptamtliche Bürgermeisterin der Stadt... Sie war als Beamtin auf Zeit zuletzt in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 LBesO eingewiesen.
Rz. 3
Im September 2012 leitete die Klägerin, vertreten durch die Erste Beigeordnete, ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte mit folgenden Vorwürfen ein: verzögerte und falsche Berichterstattung gegenüber dem Petitionsausschuss des Landtages, Missachtung des Hausrechts und eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung, Abschluss eines Grundstückgeschäftes ohne Zustimmung des Hauptausschusses sowie Vergabe von Bauleistungen ohne Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung und des Hauptausschusses. Der Ermittlungsführer dehnte das Disziplinarverfahren wiederholt auf zahlreiche weitere Verstöße aus, etwa die Verletzung von Ausschreibungspflichten, von Entscheidungszuständigkeiten und Verfahrensregeln, von Akteneinsichts- und Auskunftsrechten, des Verbreitens unzutreffender Angaben über Dritte sowie die verbotene Mitteilung über ein Gerichtsverfahren. Die Landrätin genehmigte die Verfügungen über die Ausdehnungen des Disziplinarverfahrens im Mai und Juli 2017. Auf die im Juni 2018 erhobene Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht die monatlichen Ruhegehaltsbezüge der Beklagten für die Dauer von 18 Monaten um ein Zehntel gekürzt. Im Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und das Ruhegehalt der Beklagten aberkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe in sechs Fällen gegen die in der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vorgesehene Ausschreibungspflicht verstoßen, wobei sich die Auftragssummen zwischen 150 000 € und einer Million € bewegten, sowie in zwei weiteren Fällen ihre kommunalrechtliche Ausschreibungspflicht verletzt, wobei sich die Auftragssummen auf 150 000 € bis 200 000 € beliefen; dabei habe sie zum Teil auch innergemeindliche Organkompetenzen verletzt und gegen das kommunalrechtliche Vier-Augen-Prinzip verstoßen. Darüber hinaus habe sie sich wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverfahren strafbar gemacht, habe das Hausrecht eines Ausschussvorsitzenden missachtet und ihre Auskunfts- und Unterstützungspflichten gegenüber dem Petitionsausschuss des Landtages und gegenüber dem Landesdatenschutzbeauftragten in zwei Fällen verletzt. Die Beklagte habe durch die Verletzung der Pflicht zur Gesetzestreue und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen, das die Aberkennung des Ruhegehalts erfordere. Es gebe keine entlastenden Gründe, die es rechtfertigten, von der Höchstmaßnahme abzurücken.
Rz. 4
2. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 70 Landesdisziplinargesetz des Landes Brandenburg - LDG BB - i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 70 LDG BB i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde der Beklagten ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Rz. 5
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4; vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Rz. 6
aa) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung in der aus zwei Teilfragen bestehenden Rechtsfrage,
ob "ein Ermittlungsführer nach Einleitung des Disziplinarverfahrens berechtigt [ist], das Disziplinarverfahren selbständig und ohne Zustimmung des Dienstherrn auf weitere Sachverhalte auszudehnen und Ermittlungen hierzu anzustellen bzw. [ob] vom Ermittlungsführer unzulässig selbständig veranlasste Erweiterungen und Ausdehnungen des Disziplinarverfahrens durch spätere Genehmigungen des Dienstherrn geheilt [werden]".
Rz. 7
Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würden.
Rz. 8
In Bezug auf die erste Teilfrage hat das Berufungsgericht bindend festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO), dass die Landrätin die Vermerke des Ermittlungsführers über die Ausdehnungen im behördlichen Disziplinarverfahren am 24. Mai und am 24. Juli 2017 genehmigt hat. Deshalb hat es zu Recht dahinstehen lassen, ob der Ermittlungsführer befugt war, das behördliche Disziplinarverfahren selbst auszudehnen. Denn maßgebend ist nach der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 2 B 66.16 - Buchholz 235.1 § 19 BDG Nr. 1 Rn. 8 f.), dass der Dienstvorgesetzte die Verantwortung für die Ausdehnung des behördlichen Disziplinarverfahrens übernommen hat. In welcher Form dies zu geschehen hat, ist im Landesdisziplinargesetz des Landes Brandenburg - ebenso wie im Bundesdisziplinargesetz - nicht vorgegeben. § 20 Abs. 1 Satz 2 LDG BB lässt - ebenso wie § 19 Abs. 1 Satz 2 BDG - vielmehr einen formlosen Aktenvermerk genügen. Es reicht daher aus, wenn der Dienstvorgesetzte sich den Inhalt des Aktenvermerks durch Unterschrift oder Paraphe zu eigen macht; ein ausdrücklicher Genehmigungsvermerk des Dienstvorgesetzten genügt folglich erst recht. Damit ist ein etwaiger Mangel der Ausdehnungsverfügung beseitigt.
Rz. 9
Auch die zweite Teilfrage, ob die Genehmigung des Dienstvorgesetzten einen Mangel der Ausdehnungsverfügung ex tunc oder nur ex nunc beseitigt, würde sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn die Beschwerde geht bei dieser Teilfrage von der Prämisse aus, dass die bis zur späteren Genehmigung der Ausdehnungen des behördlichen Disziplinarverfahrens durchgeführten Ermittlungen einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Davon ist aber nicht auszugehen. Ein gesetzlich angeordnetes Verwertungsverbot für Beweiserhebungen auf der Grundlage einer unwirksamen Ausdehnungsverfügung enthält das Landesdisziplinarrecht - wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen - nicht. Dem Wortlaut der Vorschrift des § 20 LDG BB lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Verwertung rechtsfehlerhaft durchgeführter Ermittlungen oder rechtsfehlerhaft erhobener oder erlangter Informationen nicht oder nur eingeschränkt zulässig ist. Das Landesdisziplinargesetz enthält auch an anderer Stelle keine allgemeine Regelung zu der Frage, welche Rechtsfolge eine rechtswidrige Erhebung oder Verwendung von Beweisergebnissen nach sich zieht; ausdrücklich angeordnet ist in § 21 Abs. 3 LDG BB nur das absolute Verwertungsverbot im Fall unterbliebener oder unrichtiger Belehrung des Beamten nach Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens. Es existiert auch kein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 2 BvR 1520/04 - NVwZ 2005, 1175).
Rz. 10
Soweit die Beschwerde möglicherweise der Sache nach geltend machen will, das Berufungsgericht habe im konkreten Fall gegen Beweisverwertungsgrundsätze verstoßen, weil nach Sachlage sowie Art und Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen - dem Schutz der Beklagten (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) einerseits und dem dienstlichen Interesse an der disziplinaren Verfolgung andererseits - die Verwertung der bis zur Genehmigung der Ausdehnungsverfügung erhobenen Daten und erlangten Ermittlungsergebnisse ausgeschlossen sei (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 2008 - 2 BvR 784/08 - NJW 2008, 3053 ≪3054≫ und vom 20. September 2018 - 2 BvR 708/18 - NJW 2018, 3571 Rn. 40; BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 181/98 - BGHSt 44, 243 ≪248 f.≫ zum Strafverfahren), hätte dies mit einer entsprechend begründeten Verfahrensrüge nach § 70 LDG BB i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden müssen. Daran fehlt es.
Rz. 11
bb) Der von der Beschwerde weiter aufgeworfenen Frage,
ob "eine wirksame, mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und der Schutzfunktion vereinbarende Einleitung und Ausdehnung eines Disziplinarverfahrens [vorliegt], wenn in dem Vermerk über die Einleitung und Ausdehnung des Disziplinarverfahrens das einem Beamten zur Last gelegte Dienstvergehen nur allgemein in Konturen beschrieben wird, ohne dass der Vorwurf aus sich heraus verständlich ist und keine präzisen Angaben zu Gegenstand, Zeit, Ort und konkrete Begehungsweise gemacht werden",
ist keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung beizumessen.
Rz. 12
Die Ausführungen der Beschwerdebegründung zu dieser Rechtsfrage beschränken sich auf eine in der Art eines zulassungsfreien Rechtsmittels vorgebrachte Kritik an dem Berufungsurteil, mit der die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden kann. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats im Sinne des Berufungsurteils geklärt, dass für die Aktenkundigkeit der Ausdehnung des behördlichen Disziplinarverfahrens keine anderen Anforderungen gelten als für den Einleitungsvermerk. Der Beamte darf durch die nachträgliche Ausdehnung des Disziplinarverfahrens nicht schlechter gestellt werden, als er im Fall der gleichzeitigen Anschuldigung stünde. Aus den Akten muss daher hervorgehen, wann der Dienstvorgesetzte seine Entscheidung getroffen hat, dass er die Verantwortung für die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens übernommen hat und auf welche Sachverhalte sich die Anschuldigung nach Zeit, Ort und Geschehen bezieht (BVerwG, Beschlüsse vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 7 und vom 27. Oktober 2016 - 2 B 66.16 - Buchholz 235.1 § 19 BDG Nr. 1 Rn. 8). Ob ein Aktenvermerk über die Ausdehnung des behördlichen Disziplinarverfahrens diesen Anforderungen an seine inhaltliche Bestimmtheit entspricht, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.
Rz. 13
cc) Schließlich bedarf die aus mehreren Teilfragen bestehende Rechtsfrage,
ob "es mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar [ist], wenn im Disziplinarverfahren auf die Höchststrafe erkannt wird, obgleich weder ein Straftatbestand erfüllt ist noch im Vorfeld vom Dienstherrn Maßnahmen ergriffen wurden, um streitige Rechtsfragen zu klären oder den Beamten im Hinblick auf den befürchteten Ansehensverlust mit einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zu belegen oder eine Suspendierung zu veranlassen",
ungeachtet der auch insoweit bestehenden Begründungsdefizite der Beschwerde keiner revisionsgerichtlichen Klärung.
Rz. 14
Die allgemeinen Grundsätze, denen eine disziplinare Maßnahmebemessung genügen muss, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Sinne des Berufungsurteils hinreichend geklärt: Nach den im Wesentlichen inhaltsgleichen gesetzlichen Vorschriften des Bundes (§ 13 BDG) und aller Länder - hier § 13 LDG BB - ist eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen nach der Schwere des Dienstvergehens, unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beamten und danach zu bemessen, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Der Inhalt dieser Begriffe ist, soweit er einer rechtsgrundsätzlichen Maßstabbildung zugänglich ist, vom Bundesverwaltungsgericht konkretisiert worden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 ≪258 ff.≫, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 13 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 13 ff.). Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dabei steht für die möglichen Verstöße gegen die Pflichtentatbestände - sei es wie hier nach §§ 33 ff. BeamtStG oder nach §§ 60 ff. BBG - grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Wenn nach diesen Maßgaben der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er noch als im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Diese Regelung in § 13 Abs. 2 LDG BB gilt vorliegend - wie aus § 87 Abs. 3 Satz 1 LDG BB folgt - auch für kommunale Wahlbeamte.
Rz. 15
Bezogen auf die erste Teilfrage ist ausgehend von diesen Grundsätzen in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass ein endgültiger Vertrauensverlust bei einem - wie hier streitgegenständlichen - innerdienstlichen Dienstvergehen auch dann eingetreten sein kann, wenn es keinen Straftatbestand erfüllt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 11. Januar 2007 - 1 D 16.05 - juris Rn. 59 und vom 12. November 2020 - 2 C 6.19 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 81 Rn. 21, 33 sowie Beschluss vom 28. August 2018 - 2 B 4.18 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 59 Rn. 20). Die Strafbarkeit des Verhaltens ist wegen der unterschiedlichen Zwecksetzung von Strafrecht und Disziplinarrecht nicht Voraussetzung für die disziplinare Ahndung (BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 34 und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 40). Während das Strafrecht vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt ist, ist Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2018 - 2 B 33.18 - juris Rn. 6).
Rz. 16
Ferner ist in Bezug auf die weitere Teilfrage in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass der Entscheidung des Dienstherrn, den Beamten nach dem Aufdecken seines Fehlverhaltens unverändert oder anderweitig weiter zu beschäftigen, für die von den Gerichten zu treffende Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme grundsätzlich keine Bedeutung zukommt. Die Entscheidung des Dienstherrn über die weitere Verwendung eines Beamten ist bemessungsneutral. Dies folgt daraus, dass es nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG BB ebenso wie nach der entsprechenden Regelung im Disziplinarrecht des Bundes und der Länder mit Ausnahme des Landes Baden-Württemberg bei einer Disziplinarklage Sache der Verwaltungsgerichte ist, die angemessene Disziplinarmaßnahme zu bestimmen, ohne an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Zudem kann die Entscheidung des Dienstherrn, den Beamten weiter zu beschäftigen, die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten oder ihn zu suspendieren, auf Umständen beruhen, die für die vom Gericht zu bestimmende Disziplinarmaßnahme - hier im Sinne vom § 5 LDG BB - nicht von Bedeutung sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 148, 98 Rn. 42 f. m. w. N.; Beschluss vom 27. Mai 2015 - 2 B 16.15 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 32 Rn. 8).
Rz. 17
Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die Beschwerde irrig davon ausgeht, ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte könne dauerhaft ausgesprochen werden. Gemäß § 39 Satz 2 BeamtStG erlischt das Verbot, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist.
Rz. 18
Ohne Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist weiter, ob in Konstellationen der vorliegenden Art die Kommunalaufsicht gegen rechtswidrige Maßnahmen der Selbstverwaltungsorgane eingeschritten ist. Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist allein das persönliche Fehlverhalten des kommunalen Wahlbeamten.
Rz. 19
b) Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Rz. 20
Eine Divergenzrüge ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n. F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14).
Rz. 21
Eine solche Rechtssatzdivergenz zeigt die Beschwerde nicht auf. Die Behauptung einer bloßen Abweichung im Einzelfall genügt den Anforderungen einer Divergenzrüge aber nicht. Im Übrigen gibt es die von der Beschwerde bezeichnete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht.
Rz. 22
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG BB i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren gemäß § 79 Abs. 1 LDG BB Festgebühren in entsprechender Anwendung des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu § 78 des Bundesdisziplinargesetzes erhoben werden.
Fundstellen
Dokument-Index HI15741456 |