Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwilliger Polizeidienst. Polizeidienstfähigkeit. ärztliche Untersuchung. Untersuchungsanordnung. ärztliche Begutachtung. ärztliche Schweigepflicht. Entbindung. Aktenbeiziehung. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. psychischer Gesundheitszustand. gesetzliches Verwertungsverbot. Beweisregel. Beweisvereitelung.
Leitsatz (amtlich)
Die gerichtliche Anordnung, einen Arzt zu Beweiszwecken von der Schweigepflicht zu entbinden und sich mit der Beiziehung einer früheren ärztlichen Begutachtung einverstanden zu erklären, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Das gilt insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Die früheren Erkenntnisse müssen nach ärztlicher Auffassung für die neue Begutachtung zwingend erforderlich sein. Die Verweigerung einer unverhältnismäßig weitgehenden Schweigepflichtentbindung und einer ebensolchen Aktenbeiziehung darf nicht zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO genommen werden.
Normenkette
LBG BW 1996 § 57a Abs. 2 S. 2; LBG BW 2011 § 84 Abs. 3; FPolDG BW § 8 Abs. 1 S. 1; VwGO § 98; ZPO § 444
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 19.06.2012; Aktenzeichen VGH 4 S 1723/10) |
VG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 08.10.2009; Aktenzeichen VG 6 K 2381/08) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs BadenWürttemberg vom 19. Juni 2012 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt zwar nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO. Jedoch liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, weil ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) vorliegt und das Berufungsurteil auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.
Der 1973 geborene Kläger, ein im Jahr 2009 wegen Dienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzter Berufsschullehrer, wurde im Jahr 1996 in den Freiwilligen Polizeidienst des beklagten Landes aufgenommen. Im Jahr 2008 entließ ihn der Beklagte aus diesem Dienst und stützte sich dabei auf die Feststellungen des Amtsarztes im Zurruhesetzungsverfahren. Die hiergegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Im Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt: Die Annahme des Beklagten, dass der Kläger den gesundheitlichen Anforderungen des Freiwilligen Polizeidienstes nicht (mehr) gewachsen sei, sei gerechtfertigt. Diese Anforderungen entsprächen denjenigen, die an Polizeibeamte zu stellen seien (Polizeidienstfähigkeit). Zwar sei die Verwendung des amtsärztlichen Gutachtens, auf das die Versetzung des Klägers in den Ruhestand gestützt sei, gesetzlich ausgeschlossen. Doch sei der Kläger als polizeidienstunfähig zu behandeln, weil er die Sachaufklärung bewusst verhindert habe. Er habe sich geweigert, seine früheren Ärzte und Therapeuten von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, und es abgelehnt, dass deren Unterlagen von dem gerichtlich zu bestellenden Sachverständigen beigezogen werden. Ohne diese früheren Erkenntnisse sei die Erstellung eines neuen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Erlass des Widerspruchsbescheides im Jahr 2008, nicht möglich.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Dies setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft und darlegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass diese Rechtsfrage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 7 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫ und vom 24. Januar 2011 – BVerwG 2 B 2.11 – NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
Hiernach rechtfertigen die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen (Beschwerdebegründung S. 27 f.) nicht die Zulassung der Revision. Die erste Frage, ob eine gerichtliche Anordnung, einen Arzt von seiner Schweigepflicht in Bezug auf ein Gutachten zu entbinden, zulässig ist, obwohl der Verwertung dieses Gutachtens ein gesetzliches Verbot entgegensteht, kann – soweit im vorliegenden Fall entscheidungserheblich – aufgrund vorhandener Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden (siehe dazu unter 3.). Mit den weiteren Fragen wirft die Beschwerde, wie sich schon aus den Formulierungen der Fragen und der Bezugnahme auf eine wörtlich wiedergegebene Erklärung des Klägers ergibt, keine verallgemeinerungsfähigen Rechtsfragen auf, sondern wendet sich gegen die fallbezogene Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs. Damit kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden.
2. Die Beschwerde führt auch nicht zur Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Eine solche ist nur dann i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14).
Hier fehlt es bereits an der Gegenüberstellung solcher Rechtssätze. Außerdem sind die von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung anderer Rechtsnormen ergangen, nämlich zum Fahrerlaubnis- bzw. Musterungsrecht.
3. Allerdings rügt die Beschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen hat. Es hätte den Nachweis der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers daher nicht in Anwendung der Beweisregel der § 125 Abs. 1 Satz 1, § 98 VwGO i.V.m. § 444 ZPO als erbracht ansehen dürfen.
a) Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 – BVerwG 2 C 12.11 – BVerwGE 147, 244 Rn. 11; Beschlüsse vom 24. Mai 2006 – BVerwG 1 B 118.05 – Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16 Rn. 3 und vom 21. Februar 2014 – BVerwG 2 B 24.12 – IÖD 2014, 100 ≪juris Rn. 10≫).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Freiwilligen Polizeidienst (FPolDG BW) vom 12. April 1985 (GBl. BW S. 129) werden Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes von der Aufstellungsbehörde (u.a.) entlassen, wenn sie den gesundheitlichen Anforderungen des Freiwilligen Polizeidienstes nicht (mehr) gewachsen sind. Hierbei handelt es sich um Landesrecht, dessen Auslegung und Anwendung nicht der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Daher hat das Berufungsgericht für den Senat bindend angenommen, an freiwillig Polizeidienst Leistende seien dieselben gesundheitlichen Anforderungen zu stellen wie an Polizeibeamte. Sie müssten mithin polizeidienstfähig sein. Die Beurteilung der (fehlenden) Polizeidienstfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (vgl. die Urteile vom 30. Mai 2013 – BVerwG 2 C 68.11 – BVerwGE 146, 347 Rn. 38 und ≪generell zur gesundheitlichen Eignung≫ vom 30. Oktober 2013 – BVerwG 2 C 16.12 – NVwZ 2014, 372 Rn. 20). Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der fehlenden Polizeidienstfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Gericht zu klären, ob der betroffene Polizeifreiwillige zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war.
Wie bei einer von der Behörde erlassenen ärztlichen Untersuchungsanordnung setzt auch eine gerichtlich angeordnete Beweiserhebung dieses Inhalts deren Rechtmäßigkeit voraus. In beiden Fällen muss die Anordnung hinsichtlich Gegenstand und Umfang bestimmten – aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden – formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen, die das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach beschrieben hat (Urteile vom 26. April 2012 – BVerwG 2 C 17.10 – Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 16 f. und vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 18 ff.; Beschluss vom 21. Februar 2014 – a.a.O. ≪juris Rn. 9 ff.≫).
Die Anforderungen gelten auch für eine (im Rahmen einer solchen Beweiserhebung ergehende) gerichtliche Anordnung, mit der dem Betroffenen aufgegeben wird, zur Erstellung eines ärztlichen Gutachtens ihn vormals behandelnde Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden und sein Einverständnis mit der Beiziehung deren früherer Begutachtungen zu erteilen (Beschluss vom 21. Februar 2014 a.a.O.). Die strikte Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist verfassungsrechtlich geboten, weil Angaben eines Arztes über Anamnese, Diagnose und therapeutische Maßnahmen an dem Schutz teilnehmen, den das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dem Einzelnen vor dem Zugriff der öffentlichen Gewalt gewährt. Dieses Grundrecht schützt vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 – 1 BvR 689/92 – BVerfGE 89, 69 ≪82≫ und Kammerbeschluss vom 6. Juni 2006 – 2 BvR 1349/05 – BVerfGK 8, 183 ≪190 f.≫, jeweils m.w.N.). In diesen grundrechtlichen Schutzbereich wird eingegriffen, wenn der Betroffene zu einer unverhältnismäßigen, weil zu weit gehenden Schweigepflichtentbindung verpflichtet wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Juli 2013 – 1 BvR 3167/08 – NJW 2013, 3086 Rn. 18 ff., 22). Diese Grundrechtsbetroffenheit ist insbesondere bei Untersuchungen auf psychische Erkrankungen gegeben (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 22).
Die Folgen, wenn sich ein Angehöriger des Freiwilligen Polizeidienstes einer rechtmäßig angeordneten ärztlichen Untersuchung zur Feststellung seines gesundheitlichen Zustandes verweigert, sind nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt (siehe dagegen § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW 1996; § 53 Abs. 1 Satz 2 LBG BW 2011; dazu Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 14). Daher kann die rechtsgrundlose Verweigerung einer solchen Untersuchung und einer darauf bezogenen Schweigepflichtentbindung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden. Insbesondere kann auf die fehlende Dienstfähigkeit geschlossen werden, wenn der Betroffene durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich hierfür ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten (Urteile vom 27. Juni 1991 – BVerwG 2 C 40.89 – Buchholz 239.1 § 60 BeamtVG Nr. 1 S. 5, vom 18. September 1997 – BVerwG 2 C 33.96 – Buchholz 237.5 § 51 HeLBG Nr. 2 S. 3 und vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 12).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die im Streitfall ergangene Beweisanordnung rechtswidrig, weil sie dem Kläger eine unverhältnismäßig weitgehende Entbindung von der Schweigepflicht und ein ebensolches Einverständnis zur Aktenbeiziehung abverlangt. Dass der Kläger dazu nicht bereit war, sondern nur zu einer eingeschränkten Entbindungserklärung, durfte das Berufungsgericht nicht zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO nehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 1. März 2012 dem Kläger aufgegeben, sämtliche Ärzte und Therapeuten, die ihn in der Vergangenheit behandelt und/oder untersucht haben, von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden; des Weiteren solle er sich damit einverstanden erklären, dass die Akten des Gesundheitsamtes K. und der Kliniken Sch. K. beigezogen werden. Schließlich solle der Kläger sein Einverständnis erklären, dass vom Berufungsgericht ggf. zu beauftragende Sachverständige Unterlagen von Ärzten und Therapeuten, die den Kläger in der Vergangenheit behandelt und/oder untersucht haben, beiziehen und bei diesen Erkundigungen einholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese umfassende Schweigepflichtentbindung und Einverständniserklärung zur Aktenbeiziehung zur „Voraussetzung für eine Beauftragung des Sachverständigen” erklärt. Ohne Kenntnis der bereits vorliegenden Befunde sei es einem Sachverständigen „schlechterdings nicht möglich”, die Polizeidienstfähigkeit des Klägers zum hier maßgeblichen, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt (Oktober 2008) zu beurteilen.
Diese Erwägungen sind nicht geeignet, die hier in Rede stehende umfassende gerichtliche Aufforderung zur Schweigepflichtentbindung und Erteilung des Einverständnisses zur Aktenbeiziehung zu tragen: Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof über die erforderliche medizinische Sachkunde verfügt hätte, um beurteilen zu können, dass eine Begutachtung des Klägers andernfalls „schlechterdings nicht möglich” gewesen wäre. Ob die früheren Erkenntnisse im vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Umfang für die neue Begutachtung zwingend erforderlich waren, ist zunächst eine medizinische Frage. Daher hätte es einer dahingehenden ärztlichen Aussage bedurft; erst dann wäre es Sache des Gerichts gewesen, daraus ggf. prozessuale Konsequenzen zu ziehen. Zum anderen – und vor allem – hat der Kläger sich der ihm obliegenden Mitwirkung im Rahmen der Feststellung seiner Polizeidienstfähigkeit keineswegs gänzlich verschlossen. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof zutreffend anführt, hat der Kläger auf seine weiterhin bestehende Bereitschaft verwiesen, sich einer vom Beklagten in Auftrag gegebenen ärztlichen Untersuchung mit der erwähnten Zielsetzung zu unterziehen, und erklärt, er werde für die bei dem genannten Klinikum geführten ärztlichen Informationen eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht mit der Maßgabe aussprechen, dass Auskünfte ausschließlich durch die damalige Stationsärztin und/oder den ärztlichen Leiter erteilt werden, und zwar auf eine konkrete Anfrage zur Frage seiner Polizeidiensttauglichkeit und ohne Übermittlung von Akten bzw. Aktenauszügen.
Die in diesem eingeschränkten Einverständnis liegende Zurückhaltung des Klägers, gesundheitliche Erkenntnisse zu seiner Person aus dem psychischen Bereich nur unter engen Voraussetzungen Dritten zugänglich zu machen, ist – wie auch der Verwaltungsgerichtshof im Ausgangspunkt zu Recht hervorhebt – rechtlich geschützt, weil das Gutachten, das in dem vorangegangenen Zurruhesetzungsverfahren des Klägers als Berufsschullehrer erstellt worden war, dem spezialgesetzlichen Verwertungsverbot gemäß § 57a Abs. 2 Satz 2 LBG BW 1996 unterlag. Danach durfte das damalige Gutachten nur für die Prüfung verwandt werden, ob der Kläger als Berufsschullehrer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen war (vgl. nunmehr § 84 Abs. 3 LBG BW 2011). Gleichwohl war dieses Gutachten – wie auch der Verwaltungsgerichtshof zutreffend beanstandet – unter Verstoß gegen dieses Verwertungsverbot vom Beklagten zum Anlass und zur Grundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Freiwilligen Polizeihilfsdienst gemacht worden.
Bei dieser Sachlage war die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs an den Kläger zur Abgabe der oben wiedergegebenen umfassenden Schweigepflichtentbindung und Einverständniserklärung zur Aktenbeiziehung zu weitgehend. Ihre Verweigerung durfte nicht – quasi vor der Zeit – zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO genommen werden.
Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Verfahrensweise hätte beispielsweise dahin gehen können, den in Aussicht genommenen Sachverständigen zunächst mit einer Begutachtung auf der Grundlage derjenigen Erkenntnisse zu beauftragen, mit deren Verwertung der Kläger einverstanden war. Dieses Einverständnis umfasste immerhin Auskünfte der damaligen Stationsärztin und des ärztlichen Leiters der Klinik, also unmittelbarer Erkenntnis- und Auskunftspersonen betreffend die frühere Begutachtung. Daher lag es nahe, den Sachverständigen zunächst mit einer Begutachtung auf dieser Grundlage zu beauftragen. Erst wenn der Sachverständige sich – nach Auswertung der vom Einverständnis des Klägers getragenen und mit dessen Mitwirkung gewonnenen Erkenntnisse – außerstande erklären sollte, auf dieser Grundlage eine hinreichend zuverlässige Antwort auf die Beweisfrage geben zu können, würden sich ggf. weitergehende Fragen zur Bedeutung des erwähnten spezialgesetzlichen Verwertungsverbots betreffend das Gutachten aus dem Zurruhesetzungsverfahren und zur Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO stellen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG und § 47 Abs. 1 und Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Domgörgen, Dr. Heitz, Dollinger
Fundstellen
JZ 2014, 449 |
IÖD 2014, 172 |
R&P 2015, 42 |