Verfahrensgang
VG Greifswald (Urteil vom 22.11.2006; Aktenzeichen 2 A 601/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 22. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 70 233,10 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.
Dabei kann es dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung den Voraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Die Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫ m.w.N.). Allein der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssätze nicht oder unzutreffend angewandt, kann die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht begründen (Beschluss vom 1. September 1997 a.a.O.).
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 – BVerwG 7 C 11.04 – (Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 43) ab. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung als gemeinsamen Zweck der in § 5 Abs. 1 VermG geregelten Ausschlusstatbestände festgestellt, bestimmte rechtliche oder tatsächliche Veränderungen der Nutzungsart oder der Zweckbestimmung eines entzogenen Grundstücks oder Gebäudes nicht dadurch in Frage zu stellen, dass die früheren Eigentumsverhältnisse wieder begründet werden (vgl. bereits Urteil vom 1. Dezember 1995 – BVerwG 7 C 27.94 – BVerwGE 100, 77 ≪80≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 6). Da der Gesetzgeber regelmäßig bereits in dem Eigentumswechsel selbst eine Gefährdung der geschützten Nutzung gesehen habe (Urteile vom 13. November 2003 – BVerwG 7 C 12.03 – Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 40 und vom 27. Februar 2002 – BVerwG 8 C 1.01 – BVerwGE 116, 67 ≪70≫ = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 34), seien die Restitutionsausschlussgründe des § 5 Abs. 1 VermG nur anwendbar, wenn das Eigentum der Rechtstitel für die gegenwärtige Nutzung oder Zweckbestimmung des Grundstücks ist, deren Erhalt die Ausschlusstatbestände schützen wollen (Urteil vom 14. April 2005 – BVerwG 7 C 11.04 – a.a.O. m.w.N.). Die geänderte Nutzung oder die geänderte Zweckbestimmung eines Grundstücks werde auch abstrakt nur dann durch einen Wechsel im Eigentum gefährdet, wenn der gegenwärtige Nutzer diese Änderungen aus Eigentum vorgenommen habe und sie auf seinem Eigentum beruhen.
Von diesen Rechtssätzen ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen. Zwar ist die Beigeladene, die die geänderte Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks durch die Bebauung mit einem kommunalen Mehrzweckgebäude und die Umwandlung in einen Sportplatz durchführte, nach dem feststehenden Sachverhalt nie Rechtsträger für dieses Grundstück gewesen. Darauf kommt es aber nicht an. Die Beschwerde geht zu Unrecht davon aus, dass, wenn das Eigentum der Rechtstitel für die Nutzungsänderung sein müsse, damit beim Vorliegen von Volkseigentum nur die Rechtsträgerschaft am Grundstück gemeint sein könne.
Da das Grundstück in Volkseigentum überführt war, war nach dem Recht der DDR alleiniger Eigentümer des Grundstücks der sozialistische Staat (vgl. Rohde ≪Hrsg.≫, Bodenrecht, Lehrbuch, Berlin 1976, S. 256). Volkseigene Grundstücke waren grundsätzlich durch volkseigene Betriebe und staatliche Einrichtungen zu bewirtschaften. Um für diese die notwendigen Rechte und Pflichten zur Erreichung einer höchstmöglichen gesellschaftlichen Effektivität der Bodennutzung zu begründen, wurden sie zu Rechtsträgern bestellt (Bodenrecht, a.a.O.). Die Rechtsträgerschaft bedeutete damit die Zuweisung der Verantwortung für die Bewirtschaftung bestimmter Grundstücke (Bodenrecht, a.a.O. S. 257). Die sich aus der Rechtsträgerschaft ergebenden konkreten Rechte und Pflichten konnten durchaus den unterschiedlichen Aufgaben entsprechend differenziert und verschieden ausgestaltet sein (Bodenrecht, a.a.O. S. 259).
Daraus ergibt sich, dass die Rechtsträgerschaft bei volkseigenen Grundstücken nicht an die Stelle des Eigentümers getreten ist. Vielmehr konnte die Beigeladene auch ohne formell als Rechtsträger bestimmt zu sein, das im staatlichen Eigentum stehende Grundstück nutzen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten übernehmen. Dass die Beigeladene keine schuldrechtliche Vereinbarung mit dem eingetragenen Rechtsträger, der LPG Rastow, hatte und deshalb nicht aus abgeleitetem Recht handelte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dass sie faktisch die Aufgaben des Rechtsträgers seit dem Grundstückstausch mit der LPG für das streitgegenständliche Grundstück wahrgenommen hatte, ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat. Da die Beigeladene auch Rechtsträger hätte sein können (vgl. § 2 Abs. 1 Buchst. b der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 7. Juli 1969 – GBl DDR II S. 433) und die Rechte und Pflichten eines Rechtsträgers ausgeübt hat, kommt es mit Blick auf § 5 VermG auf die fehlende formgerechte Übertragung der Rechtsträgerschaft nicht an. Die Beigeladene hat die – unstreitig mit erheblichem baulichen Aufwand und im öffentlichen Interesse erfolgte – Nutzungsänderung aus eigenem Recht, nämlich in Ausübung der Rechte und Pflichten für das Volkseigentum durchgeführt.
Entscheidungsgründe
2. Soweit die Beschwerde hinsichtlich der als Sportplatz genutzten Fläche des streitgegenständlichen Grundstücks die fehlerhafte Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. b VermG durch das Verwaltungsgericht wegen der Auslegung des Begriffs des Gemeingebrauchs rügt, lässt sie keinen Revisionszulassungsgrund erkennen. Vielmehr stellt sie nur ihre Auffassung des Rechtsbegriffs der des Verwaltungsgerichts gegenüber. Damit kann die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht erreicht werden (Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – a.a.O.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. von Heimburg
Fundstellen