Leitsatz (amtlich)

1. Unterbleibt die beantragte Anhörung der Personalvertretung des Soldaten vor der Ablehnung eines begehrten Dienstpostenwechsels, ist die Ermessensentscheidung zwar nicht unwirksam, aber regelmäßig rechtswidrig.

2. Eine Rechtswidrigkeit liegt dann nicht vor, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, daß auch eine rechtzeitige Anhörung der Personalvertretung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflußt hätte.

 

Normenkette

SBG §§ 23, 49 Abs. 1-2, § 52 Abs. 1; BPersVG § 38 Abs. 2; VwVfG § 46

 

Tatbestand

Der Antragsteller gehört als Stabsoffizier einer personalratsfähigen Dienststelle der Bundeswehr (Materialamt ≪MatA≫) an. Er hält die Ablehnung eines beantragten Wechsels auf einen höherwertigen Dienstposten unter anderem auch deshalb für rechtswidrig, weil vor der Entscheidung nicht der Personalrat – Gruppe Soldaten –, sondern nur der Angehörige des Personalrats antragsgemäß angehört worden war, der in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinarordnung oder Wehrbeschwerdeordnung die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere des MatA wahrzunehmen hatte.

Der Senat hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, daß die Personalvertretung vor der Ablehnung seines Antrags auf Versetzung auf den begehrten höherwertigen Dienstposten nicht ordnungsgemäß angehört worden sei.

Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 SBG in der seit 28. Februar 1997 gültigen Fassung (BGBl I S. 298 f.) soll die Vertrauensperson bei der Ablehnung eines Antrags auf Dienstpostenwechsel angehört werden; gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 SBG ist das Ergebnis der Anhörung in die Personalentscheidung einzubeziehen. Da das MatA eine personalratsfähige Dienststelle ist, hätte im vorliegenden Fall gemäß § 49 Abs. 2 Satz 3 SBG i.V.m. § 38 Abs. 2 BPersVG, § 52 SBG die Gruppe der Soldaten des örtlichen Personalrats durch den Dienststellenleiter angehört werden müssen. Diesem Erfordernis genügte die am 3. Juni 1997 vor der Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) erfolgte Anhörung der „amtierenden Vertrauensperson der Offiziere” durch den Stellvertreter des Leiters und Chef des Stabes des MatA nicht. Die Anhörung der Gruppe der Soldaten im Personalrat des MatA am 17. Oktober 1997 durch dessen Leiter erfolgte erst nach Abschluß des Vorverfahrens, d.h. nach der Vorlage der Sache an den Senat.

Der Gesetzgeber hat im Soldatenbeteiligungsgesetz für eine der in § 23 Abs. 1 SBG angeführten Personalmaßnahmen oder deren Ablehnung, die ohne Anhörung der Vertrauensperson/Personalvertretung erfolgt ist, keine materiell-rechtlichen Rechtsfolgen festgelegt. Der Senat hat bereits entschieden, daß bei einem Unterbleiben der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 25 Abs. 2 SchwbG eine schon vollzogene bzw. durchgeführte Entscheidung wirksam bleibt (Beschluß vom 15. Februar 1990 – BVerwG 1 WB 36.88 – ≪BVerwGE 86, 244 = NZWehrr 1990, 252≫). Aus den gleichen Erwägungen muß dies auch für den Fall gelten, daß die Anhörung der Vertrauensperson/Personalvertretung gemäß § 23 Abs. 1 SBG unterlassen worden ist. Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, daß die vollzogene Personalmaßnahme oder deren Ablehnung auch in jedem Fall rechtmäßig sein müßte. Soweit der zuständige Vorgesetzte die Personalmaßnahme oder deren Ablehnung nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen hat, leidet diese vielmehr an einem Ermessensfehler, da der Vorgesetzte entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Ergebnis der Anhörung nicht in seine Ermessenserwägungen einbeziehen konnte (vgl. Beschluß vom 15. Februar 1990 – BVerwG 1 WB 36.88 – ≪a.a.O.≫).

Ausnahmsweise kann aber die Unterlassung der Einbeziehung des Ergebnisses der Anhörung der Vertrauensperson/Personalvertretung in die Ermessenserwägungen die Personalentscheidung oder deren Ablehnung dann nicht rechtsfehlerhaft machen, wenn ausgeschlossen werden kann, daß sie diese in Anwendung des in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zugunsten des Betroffenen hätte beeinflussen können, wobei die Entscheidung darüber, ob ein an sich gegebener Ermessensfehler als rechtlich unerheblich angesehen werden kann, die mit der Überprüfung der Ermessensentscheidung befaßten Gerichte zu treffen haben (vgl. Beschluß vom 15. Februar 1990 – BVerwG 1 WB 36.88 – ≪a.a.O.≫).

Im vorliegenden Fall hat der Angehörige des Personalrats, der gemäß § 52 Abs. 2 SBG in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinarordnung oder der Wehrbeschwerdeordnung die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere des MatA wahrzunehmen hatte, vor der Entscheidung des BMVg über den Antrag des Antragstellers dem nächsten Disziplinarvorgesetzten gegenüber erklärt, daß trotz Unkenntnis der Beurteilungsbilder beider Offiziere es aus seiner Sicht als langjähriger Angehöriger des MatA keine andere Entscheidung (als die Auswahl des Konkurrenten des Antragstellers) geben könne, weil gerade auf dem spezifischen Feld, auf dem die Gruppe I A tätig sei, breite Fachkompetenz unabdingbar und von hervorragender Bedeutung sei. Die Gruppe der Soldaten im Personalrat des MatA ist in ihrer Sitzung am 17. Oktober 1997 dieser Stellungnahme gefolgt und hat der getroffenen Maßnahme nachträglich ihre Zustimmung erteilt. Bei dieser Sachlage kann eine positive Beeinflussung der Personalentscheidung des BMVg zugunsten des Antragstellers durch die Personalvertretung ausgeschlossen werden. Ein Ermessensfehler liegt deshalb insoweit nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es schließlich unerheblich, ob der Gruppe der Soldaten im Personalrat ausreichend Zeit zur Stellungnahme eingeräumt und ob eine förmliche Niederschrift gefertigt worden ist. Wenn sich der Personalrat insoweit in seinen Rechten beeinträchtigt gefühlt hätte, wäre es seine Sache gewesen, dies entsprechend zu rügen oder keine Stellungnahme abzugeben. Jedenfalls kann der Antragsteller daraus keine Rechte für sich herleiten.

 

Fundstellen

NZWehrr 1998, 248

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