Verfahrensgang
VG Potsdam (Aktenzeichen 6 K 3165/96) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20. Oktober 1999 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe
1. Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgend gelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Damit entfällt auch die beantragte Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im Sinne des § 121 ZPO.
2. Die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung der Revision liegen nicht vor.
a) Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde stellt die Fragen, „unter welchen Voraussetzungen eine einen Rückübertragungsanspruch begründende Täuschungslage nach dem 23. November 1989 angenommen werden kann” und, „ob das Veräußerungsverlangen bei Gebäudeeigentum, das aufgrund eines dinglichen Nutzungsrechts erworben wurde, nur dann einen Rückübertragungsanspruch ausschließt, wenn zwar möglicherweise keine generelle Nichtdurchsetzung des Nutzungsrechtsentzugs festgestellt werden kann, Intention des Verlangens aber nicht die Verhinderung eines regelwidrigen Zustandes (durch Verhinderung des Auseinanderfallens von persönlicher Nutzung und Gebäudeeigentum) war, sondern die Verhinderung der Rechtsinhaberschaft Ausgereister”.
Zum einen entspricht das bloße Aufwerfen von Fragen, die sich anlässlich eines Rechtsstreits stellen, schon nicht den Begründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO. Eine zulässige Beschwerdebegründung gerade auch bezüglich der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert, dass sie gewissen Mindestanforderungen hinsichtlich ihrer Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit genügt. Sie muss eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt enthalten, der sie unterzeichnet hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328). Die Beschwerde hat die von ihr aufgeworfenen Fragen mit keinem Argument untermauert, sondern nur die schlichte Behauptung aufgestellt, dass „diese Fragen – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschieden, aber von über den Einzelfall und die Tatsachenfragen hinausgehender Bedeutung” seien. Die sich aufdrängende Auseinandersetzung mit den einschlägigen Urteilen vom 29. Februar 1996 – BVerwG 7 C 59.94 – (BVerwGE 100, 310 ff.) und vom 16. Juli 1998 – BVerwG 7 C 36.97 – (BVerwGE 107, 156 ff.) findet nicht statt.
Zum andern würden sich die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil es an entsprechenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz fehlt. Hat nämlich das vorinstanzliche Gericht Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen können, nicht festgestellt, so kann die Revision im Hinblick auf diese Fragen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Feststellungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass eine „Rechtsinhaberschaft Ausgereister” verhindert werden soll, liegen nicht vor.
b) Auch der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet aus. Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer die Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Rechtsauffassung vertreten hat als das Bundesverwaltungsgericht. Eine derartige Abweichung liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil hat vielmehr vollständig die in dem von der Beschwerde angeführten Urteil vom 16. Juli 1998 – BVerwG 7 C 36.97 – (BVerwGE 107, 156 ff.) enthaltenen Rechtssätze seiner eigenen Entscheidung zugrunde gelegt. Danach ist für die Annahme des Schädigungstatbestandes der unlauteren Machenschaften bei ausreisewilligen Grundstückseigentümern dann eine andere Beurteilung angezeigt, wenn das staatliche Veräußerungsverlangen ein Eigenheim betraf, das unter Inanspruchnahme eines Nutzungsrechts auf einem volkseigenen Grundstück errichtet war. „Da nämlich in diesen Fällen das Gebäudeeigentum mit der gesetzlichen Pflicht zur persönlichen Nutzung des volkseigenen Grundstücks verbunden war (§ 288 Abs. 1 DDR-ZGB) und der Ausreisewillige dieser Pflicht mit seiner ständigen Ausreise aus der DDR nicht nachkommen konnte, war das Verlangen nach Veräußerung des Eigenheims nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG unlauter, sondern entsprach der Rechtsordnung der DDR” (Urteil vom 16. Juli 1998, a.a.O., S. 160). In derselben Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht auch entschieden, dass diese gesetzliche Zweckbindung des Gebäudeeigentums auch nach Öffnung der Grenzen der DDR am 9. November 1989 Bestand behielt, da selbst das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl DDR I S. 157), das erstmals den Eigentümern von Eigenheimen den zusätzlichen Erwerb des volkseigenen Grundstücks gestattete, an der für den Erwerber von volkseigenen Eigenheimen geltenden Pflicht zur persönlichen Wohnnutzung festhielt (Urteil vom 16. Juli 1998, a.a.O., S. 162).
Zu Unrecht sieht die Beschwerde ferner eine Abweichung darin, dass es das Verwaltungsgericht für unerheblich gehalten hat, ob die an sich bestehende gesetzliche Pflicht des Gebäudeeigentümers zur persönlichen Nutzung des Grundstücks in der DDR generell nicht durchgesetzt wurde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dem zitierten Urteil vom 16. Juli 1998 (a.a.O., S. 161) die Bewertung des staatlichen Veräußerungsverlangens als rechtens in derartigen Fällen (nur) durch die Feststellung für widerlegbar gehalten, dass die dem DDR-Recht entsprechende Pflicht des Gebäudeeigentümers zur persönlichen Nutzung des Grundstücks generell nicht durchgesetzt wurde und der Eigentumsverlust für den Fall der Aufgabe der persönlichen Nutzung mithin nur auf dem Papier stand. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber für eine derartige von der Rechtslage abweichende Rechtswirklichkeit „keine Anhaltspunkte” gesehen (a.a.O., S. 161). Da auch der Kläger keine substantiierten Tatsachen für eine solche generelle Praxis behauptet und im Verhandlungstermin keinen entsprechenden substantiierten Beweisantrag gestellt hatte, weicht das angefochtene Urteil jedenfalls nicht entscheidungserheblich von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab.
Eine Divergenz liegt auch nicht darin, dass sich das Verwaltungsgericht ausdrücklich nur mit der seiner Ansicht nach fehlenden Nötigungslage befasst hat (UA S. 7). Darin liegt ersichtlich nicht der von der Beschwerde als Abweichung gerügte abstrakte Rechtssatz, in derartigen Fällen komme eine Täuschung als unlautere Machenschaft nicht in Betracht. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht hierfür offenkundig keine hinreichend konkretisierten Anhaltspunkte gesehen; der Kläger hat sich selbst nur beiläufig und unsubstantiiert hierauf bezogen (vgl. Klagebegründung vom 2. Februar 1998, S. 3).
c) Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde auch auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Soweit die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend erforscht, weil es keine Ermittlungen dazu angestellt habe, „dass das Veräußerungsverlangen nicht der Wahrung der angeblichen Rechtsordnung und Verhinderung eines regelwidrigen Zustandes diente und dass es keine Nutzungsrechtsentziehungen in Ausreisefällen Ende 1989 mehr gab”, so kann die Beschwerde damit nicht durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Es oblag zudem dem anwaltlich vertretenen Kläger, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einen entsprechenden förmlichen Beweisantrag zu stellen, was aber ausweislich der Sitzungsniederschrift unterblieben ist. Angesichts der oben beschriebenen Fortentwicklung der Rechtslage durch das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990, das an der für Bewerber von volkseigenen Eigenheimen geltenden Pflicht zur persönlichen Wohnnutzung festhielt, mussten sich für das Verwaltungsgericht auch keinerlei Anhaltspunkte aufdrängen, die Ermittlungen zur generellen Nichtdurchsetzung des Nutzungsrechtsentzugs im Zeitraum nach der Maueröffnung durch die DDR-Behörden von Amts wegen hätten auslösen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer
Fundstellen