Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatzmitglied, Begriff des – eines Personalrats. Versetzungsschutz eines –. Versetzungsschutz, Ersatzmitglied eines Personalrats genießt nur eingeschränkten –
Normenkette
BPersVG § 47 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 22.08.1983; Aktenzeichen CB 11/82) |
VG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.03.1982; Aktenzeichen PVB 12/81) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 22. August 1983 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kommandeur des Verteidigungskreiskommandos 324, der Beteiligte zu 1), unterrichtete den beim Verteidigungskreiskommando 324 gebildeten Personalrat, den Antragsteller, im Juni 1981 davon, daß er den Zivilkraftfahrer K. zur Versetzung vorgeschlagen habe, und bat um die Zustimmung des Antragstellers zu der beabsichtigten Maßnahme. Diese verweigerte der Antragsteller mit der Begründung, K. genieße als Ersatzmitglied des Antragstellers den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG, zumal er im Jahre 1981 verschiedentlich vertretungsweise an Sitzungen des Personalrats teilgenommen und das Personalratsmitglied St. vertreten habe.
Die Wehrbereichsverwaltung III, der der Beteiligte zu 1) die Angelegenheit zur Entscheidung vorgelegt hatte, vertrat die Auffassung, weder könne K. als Ersatzmitglied des Antragstellers die Schutzbestimmung des § 47 Abs. 2 BPersVG für sich in Anspruch nehmen, noch lägen Gründe im Sinne des § 77 Abs. 2 BPersVG vor, die seiner Versetzung entgegenständen. Entsprechend einer Weisung der Wehrbereichsverwaltung versetzte der Leiter der Standortverwaltung W., der Beteiligte zu 2), den K. sodann auf Vorschlag des Beteiligten zu 1) mit Wirkung vom 1. Oktober 1981 an das Kreiswehrersatzamt S..
Der Antragsteller leitete daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein und beantragte,
festzustellen, daß die trotz der nicht erteilten Zustimmung ausgesprochene Versetzung des Kraftfahrers K. gegen § 47 Abs. 2 BPersVG verstößt.
Noch während des erstinstanzlichen Verfahrens wurde die Versetzung des K. aufgehoben.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die trotz der Erledigung der Hauptsache im vorliegenden Fall noch klärungsbedürftige Frage, ob ein Ersatzmitglied eines Personalrats den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG genieße, sei zu verneinen. Die Vorschrift erfasse grundsätzlich nur die Mitglieder des Personalrats, regelmäßig jedoch nicht dessen Ersatzmitglieder; denn sie bezwecke nicht den Schutz der Person, sondern den des Amtes. Ausnahmsweise sei § 47 Abs. 2 BPersVG allerdings auf ein Ersatzmitglied anzuwenden, wenn dieses wegen Ausscheidens oder zeitweiliger Verhinderung eines ordentlichen Mitgliedes endgültig in den Personalrat nachgerückt sei oder das Personalratsamt vorübergehend wahrnehme. Solange ein Vertretungsfall nicht eingetreten oder eine vorübergehende Vertretung beendet sei, greife § 47 Abs. 2 BPersVG nicht zugunsten eines Ersatzmitgliedes einer Personalvertretung ein. K. habe sich deswegen nicht auf diese Vorschrift berufen können, weil er im Zeitpunkt seiner Versetzung weder endgültig in den Personalrat nachgerückt gewesen sei noch seinerzeit ein Personalratsmitglied fortdauernd vertreten habe. Der Auffassung des Antragstellers, der Versetzungsschutz des § 47 Abs. 2 BPersVG müsse für Ersatzmitglieder des Personalrats auch in denjenigen Zeiten gelten, in denen sie nicht im Personalrat mitwirkten, weil die Regelung die Entscheidungsfreiheit der Personalratsmitglieder stärken und sie davor bewahren solle, aus Furcht vor möglichen Repressalien sachwidrige Entscheidungen zu treffen, sei nicht zu folgen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegenden Auslegung des § 47 Abs. 2 BPersVG entgegentritt. Er meint, die Schutzwirkung der Vorschrift müsse sich auch auf Ersatzmitglieder des Personalrats erstrecken, weil sie dem Zweck diene, die Funktionsfähigkeit des Personalrats zu sichern. Dieser Zweck werde nicht erfüllt, wenn die Ersatzmitglieder einer Personalvertretung nicht gegen ihre Versetzung geschützt seien. Vielmehr könne das zur Funktionsunfähigkeit des Personalrats führen, wenn ausfallende Mitglieder nicht ersetzt werden könnten, weil die Ersatzmitglieder nicht mehr der Dienststelle angehörten.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 22. August 1983 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Düsseldorf – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 18. März 1982 aufzuheben und festzustellen, daß die ohne Zustimmung des Personalrats vorgenommene Versetzung des Kraftfahrers K. gegen § 47 Abs. 2 BPersVG verstoßen hat.
Die Beteiligten treten der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigen den angefochtenen Beschluß.
Der Oberbundesanwalt vertritt die Auffassung, Ersatzmitglieder von Personalvertretungen seien vor ihrem Eintritt in die Personalvertretung nicht deren Mitglieder im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG und hätten keine andere Rechtsstellung als die übrigen Beschäftigten. Auch ein Ersatzmitglied, das nur vorübergehend ein zeitweilig verhindertes Mitglied der Personalvertretung vertrete, werde dadurch nicht zum Mitglied der Personalvertretung; dies bleibe vielmehr der Vertretene. Anderenfalls übersteige die Zahl der Personalratsmitglieder im Vertretungsfall das gesetzlich festgelegte Maß. Es sei daher zweifelhaft, ob ein Ersatzmitglied für die Dauer der vorübergehenden Wahrnehmung der Aufgaben eines Mitgliedes der Personalvertretung den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG erlange.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Die im Jahre 1981 vorgenommene Versetzung des Zivilkraftfahrers K. an das Kreiswehrersatzamt S. setzte die Zustimmung des Antragstellers gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG nicht voraus.
Die streitige Maßnahme durfte ohne die Zustimmung des Antragstellers erfolgen, weil K. im Zeitpunkt seiner Versetzung nicht den Schutz des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG für sich in Anspruch nehmen konnte und Gründe im Sinne des § 77 Abs. 2 BPersVG, die seiner Versetzung entgegengestanden hätten, weder ersichtlich noch geltend gemacht worden sind. Den Versetzungsschutz des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG genoß K. seinerzeit nicht, weil er nicht Mitglied des Antragstellers war.
Schon nach ihrem Wortlaut und ihrer gesetzessystematischen Stellung in dem mit „Rechtsstellung der Personalratsmitglieder” überschriebenen Vierten Abschnitt des Zweiten Kapitels des Bundespersonalvertretungsgesetzes bezieht sich diese Vorschrift nur auf Mitglieder des Personalrats (Beschlüsse vom 18. Oktober 1977 – BVerwG 7 P 14.75 – ≪Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 1≫ und vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 37.79 – ≪Buchholz a.a.O. Nr. 3≫). Sie soll, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Beschluß vom 18. Oktober 1977 – BVerwG 7 P 14.75 – (a.a.O.) dargelegt hat, die ungestörte Ausübung des Personalratsamtes sicherstellen und den Mitgliedern des Personalrats die für ihre Arbeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen geben, welche sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Personalratsamtes hindern können. Daß der amtierende Personalrat dadurch vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen in seiner Zusammensetzung geschützt wird, die der Dienstherr oder Arbeitgeber anderenfalls gegen den Willen der Personalratsmitglieder durchsetzen könnte, ist lediglich eine mittelbare Folge des durch die Vorschrift begründeten Schutzes. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, die Vorschrift solle die Funktionsfähigkeit des Personalrats auch für den hypothetischen Fall des Ausscheidens sämtlicher gewählten Mitglieder sicherstellen und müsse deswegen auch auf Ersatzmitglieder angewendet werden, ist schon deswegen verfehlt.
Den Schutz des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG genießen nach alledem nur die Mitglieder des Personalrats. Dazu zählen zwar auch dessen Ersatzmitglieder. Der Zivilkraftfahrer K. war jedoch in dem hier maßgebenden Zeitpunkt nicht Ersatzmitglied des Antragstellers. Dessen gegenteilige Auffassung beruht auf einem unrichtigen Gebrauch des Begriffes „Ersatzmitglied”, der allerdings auch im Schrifttum verbreitet ist und dem sich auch die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren angeschlossen haben. Folgende Klarstellung ist deswegen zunächst geboten:
Als „Ersatzmitglied”bezeichnet § 31 Abs. 1 Sätze 1, 2 BPersVG ein Mitglied des Personalrats, das nicht gewählt worden ist, sondern lediglich ein gewähltes Personalratsmitglied nach dessen Ausscheiden oder bei dessen Verhinderung im Personalrat ersetzt dieses „Ersatzmitglied” ist nach Maßgabe des Absatzes 2 der Vorschrift aus den nicht gewählten Beschäftigten der Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Personalratsmitglied angehört. Das bedeutet, daß ein solcher Beschäftigter „Ersatzmitglied” des Personalrats erst in dem Zeitpunkt wird, zu dem er für ein gewähltes Mitglied in den Personalrat eintritt, und nur so lange bleibt, wie das gewählte Personalratsmitglied, das er ersetzt, nicht imstande ist, sein Personalratsamt wieder selbst auszuüben. Mit dem Enden seiner so zu verstehenden Ersatzmitgliedschaft verliert der Betreffende auch die Stellung eines „Ersatzmitgliedes” des Personalrats wieder. Er tritt in den Stand eines auf einer Wahlvorschlagsliste aufgeführten, aber nicht gewählten Beschäftigten zurück, der lediglich die – je nach seinem Listenplatz auf der Wahlvorschlagsliste größere oder geringere – Chance hat, im Falle der (erneuten) Verhinderung oder des Ausscheidens von gewählten Personalratsmitgliedern (wiederum) als Ersatzmitglied in den Personalrat einzutreten. Den auf Wahlvorschlagslisten aufgeführten, nicht gewählten Beschäftigten aber gibt das Personalvertretungsrecht keinen stärkeren Schutz gegen ihnen nicht genehme Personalmaßnahmen der Dienststelle als anderen Beschäftigten. Das galt auch für den Zivilkraftfahrer K., der im Zeitpunkt seiner Versetzung nicht als Ersatzmitglied des Antragstellers amtierte.
Daraus ergibt sich zugleich, daß der vorliegende Fall keinen unmittelbaren Anlaß bietet, auf die vom Oberbundesanwalt geäußerten Zweifel daran einzugehen, daß ein Ersatzmitglied, welches für ein lediglich zeitweise verhindertes gewähltes Mitglied in den Personalrat eingetreten ist, überhaupt den Schutz des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG für sich in Anspruch nehmen kann. Gleichwohl hält es der Senat im Interesse der Rechtssicherheit für geboten, sich dazu zu äußern:
Zutreffend weist der Oberbundesanwalt darauf hin, daß ein Ersatzmitglied, welches nur vorübergehend in den Personalrat eintritt, um als Stellvertreter eines zeitweilig verhinderten gewählten Mitgliedes dessen Rechte und Pflichten im Personalrat wahrzunehmen, für die Dauer seiner vorübergehenden Ersatzmitgliedschaft nicht unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt die vollen Rechte eines Personalratsmitgliedes erlangt, sondern nur eine abgeleitete Rechtsstellung einnimmt (Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 4.78 – ≪ZBR 1980, 153 = PersV 1980, 237≫). Der Senat hat in diesem Beschluß aber zugleich dargelegt, daß ein solches Ersatzmitglied die Rechtsstellung eines Personalratsmitgliedes insoweit hat, als es die Funktionen eines verhinderten mitgewählten Mitgliedes wahrnimmt, und daß es in diesem Rahmen selbständig und weisungsungebunden zu handeln hat. Damit hat es eine Stellung und nimmt Aufgaben wahr, die es erfordern, ein solches Ersatzmitglied ebenso wie ein gewähltes Personalratsmitglied und ein Ersatzmitglied, das für ein ausgeschiedenes Personalratsmitglied endgültig nachgerückt ist, gegen Personalmaßnahmen der Dienststelle zu schützen, die es an der Ausübung seines Personalratsamtes hindern oder seine Unabhängigkeit in diesem Amt beeinträchtigen können. Nach dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Schutzvorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG muß sich der dort geregelte Versetzungsschutz daher für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Personalrat auch auf Ersatzmitglieder erstrecken, die ihr Personalratsamt gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG nur vorübergehend wahrnehmen, weil sie ein zeitweilig verhindertes gewähltes Personalratsmitglied vertreten.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen