Verfahrensgang
VG Gera (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen 6 K 363/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 175,21 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
1. Die Grundsatzrüge greift nicht durch. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nur dann vor, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher richterlich ungeklärten, klärungsbedürftigen abstrakten Rechtsfrage fallübergreifenden Gewichts zu erwarten ist. Die Beschwerde wirft zwei Fragen auf, bei denen diese Voraussetzungen zu verneinen sind.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob Verbindlichkeiten, die eingegangen wurden, um die Vermietung erst zu ermöglichen, im Rahmen des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 2 VermG Berücksichtigung finden müssen, wird sich in einem Revisionsverfahren von vornherein nicht stellen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die mit Verfahrensrügen nicht angegriffen sind, war das streitbefangene Grundstück zum Zeitpunkt des Eigentumsverlustes auch ohne Verbindlichkeiten, die zum Zwecke der Ermöglichung der Vermietung eingegangen wurden, bereits überschuldet. Es konnte damit von vornherein keine Überschuldung infolge der Kostenunterdeckung der Mieten eingetreten sein, was aber gerade Voraussetzung des § 1 Abs. 2 VermG ist.
Die weiterhin von der Beschwerde gestellte Frage, ob solche bei Eingehung des Mietverhältnisses begründeten Verbindlichkeiten, die auf Grund der nicht kostendeckenden Mieten in der Folgezeit nicht nennenswert verringert werden können, in die Prüfung der Kausalität zwischen Niedrigmiete und Grundstücksüberschuldung einzustellen sind, rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Denn sie kann anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres verneint werden.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem geklärt, dass der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG sich auf die Fälle bezieht, in denen der Eigentümer gerade durch die staatlich festgesetzte Niedrigmietenpolitik in eine ökonomische Zwangslage geraten ist (vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 27.92 – Buchholz 112 § 1 VermG Nr. 4; Beschluss vom 11. Oktober 1993 – BVerwG 7 B 173.93 – Buchholz 112 § 1 VermG Nr. 10). Ein Schädigungstatbestand i.S.d. § 1 Abs. 2 VermG liegt jedoch dann nicht vor, wenn jemand aus freien Stücken in der DDR ein Grundstück gekauft hat, das schon mit einem in hohem Maße reparaturbedürftigen Gebäude behaftet war (Beschluss vom 1. Oktober 1999 – BVerwG 8 B 117.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 161). In einem solchen Fall fehlt es an der in § 1 Abs. 2 VermG vorausgesetzten, von staatlicher Seite erzeugten Zwangslage, da sie gerade vom Eigentümer selbst “sehenden Auges und ohne Not” mit herbeigeführt wurde (Urteil vom 11. Februar 1999 – BVerwG 7 C 4.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 1 (S. 6)). Dasselbe gilt, wenn ein Grundstückseigentümer unter Eingehung von Verbindlichkeiten überhaupt erst ein Mietobjekt schafft und diese Maßnahme im nachhinein wirtschaftlich unvernünftig ist. Es liegt auf der Hand, dass solche Verbindlichkeiten, die erst zur Schaffung von Mietraum überhaupt eingegangen wurden, ihre Ursache nicht in der staatlichen Niedrigmietenpolitik der DDR hatten (Urteil vom 11. Februar 1999 – BVerwG 7 C 4.98 – a.a.O.). Sie scheiden deshalb bei der Prüfung der Kausalität von vornherein aus.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt erfolglos. Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Auffassung vertreten hat als das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde meint zu Unrecht, das Verwaltungsgericht Gera sei vom Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 2000 – BVerwG 8 PKH 9.00 – (Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 12) abgewichen. In dem genannten Beschluss findet sich entgegen der Darstellung der Beschwerde nicht der Rechtssatz, dass Maßnahmen, die dazu dienen, das Vermietungsobjekt überhaupt vermietbar zu machen, zu den im Rahmen der Überschuldungs- und der Kausalitätsprüfung zu berücksichtigenden Instandhaltungsmaßnahmen zählen. Vielmehr hat der Senat ausgeführt, dass Maßnahmen, die dazu dienen, dass eine leerstehende Mietwohnung überhaupt wieder vermietbar wird, grundsätzlich Instandsetzungsmaßnahmen sind. Um diese geht es aber gerade im vorliegenden Falle nicht. Zudem handelte sich im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts gerade um die Schaffung der Voraussetzungen einer erstmaligen Vermietbarkeit der früheren Schmiede und Werkstatt zum Zwecke der Umwandlung in eine Verkaufseinrichtung. Die hierzu eingegangenen Verbindlichkeiten haben aber mit den Maßnahmen, die dazu dienen, dass eine bereits existierende, wenn auch leerstehende Mietwohnung überhaupt wieder vermietbar wird, nichts zu tun. Das im vorliegenden Fall dinglich nicht gesicherte Darlehen hatte im Übrigen von vornherein keinen Bezug zu einer Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme, die § 1 Abs. 2 VermG allein im Auge hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. Hauser
Fundstellen