Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 08.11.2007; Aktenzeichen 12 B 29.06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 16. Juli 2008 (BVerwG 6 PKH 8.08) wird verworfen.
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. November 2007 wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. November 2007 wird verworfen.
Der Antrag des Klägers vom 24. Juli 2008 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist erledigt.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 8. November 2007 die Berufung des Klägers gegen das seine Klage auf Neubewertung einer Prüfungsleistung abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Juli 2003 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. Dezember 2007 zugestellt worden. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2007, eingegangen am 19. Dezember 2007, ohne Begründung Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und diese Beschwerdeeinlegung mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2007, eingegangen am 21. Dezember 2007, neu gefasst.
Mit am 11. Februar 2008 per Fax eingegangenem, nicht unterschriebenen Schriftsatz vom selben Tag hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers “um eine stillschweigende Fristverlängerung bis einschließlich zum 11. März 2008” gebeten und zur Begründung auf “zu hohe Arbeitsbelastung” hingewiesen. Am 12. Februar 2008 ist dieser Schriftsatz erneut, nunmehr unterschrieben, als Fax bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen. Nach vergeblichem Versuch des Berichterstatters des Oberverwaltungsgerichts, die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten telefonisch zu erreichen, hat dieser ihr am 13. Februar 2008 per Fax mitgeteilt, dass die Beschwerdebegründungsfrist nicht verlängert werden könne. Ebenfalls am 13. Februar 2008 ist bei dem Oberverwaltungsgericht per Fax ein Schriftsatz eingegangen, auf dessen Deckblatt der Briefkopf der Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie eine Benennung des Verfahrens enthalten sind. Daran schließen sich 15 Seiten einer offensichtlich vom Kläger persönlich verfassten Beschwerdebegründung an. Den Abschluss bildet ein mit einer die Prozessbevollmächtigte des Klägers benennenden Titelzeile und ihrer Unterschrift versehenes Blatt.
Am 11. März 2008 hat der Kläger Prozesskostenhilfe zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags und zur Einreichung einer Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Mit Schriftsatz vom 14. März 2008, eingegangen am 17. März 2008, hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers wie folgt Stellung genommen:
“Versehentlich wurde vonseiten des Büros der Unterzeichnenden in Unkenntnis der gesetzlichen Regelung des § 133 VwGO wegen Krankheit der Unterzeichnenden ein Schreiben auf Fristverlängerung vorbereitet und der Unterzeichnenden nach Hause gebracht.
Da die Unterzeichnende selbst an einem fiebrigen Infekt erkrankt war, ging der Antrag auf Fristverlängerung mit einer unkorrekten Begründung an das erkennende Gericht.
Eine Arbeitsüberlastung der Unterzeichnenden war zwar vorhanden, diese resultierte jedoch aus dem grippalen Infekt der Unterzeichnenden.
Die Unterzeichnende hat daraufhin ihre Rechtsanwaltsfachangestellte veranlasst, Entwürfe zu der Beschwerdebegründung sofort nach Zugang der Ablehnung der Fristverlängerung am 13. Februar 2008 per Fax an das erkennende Gericht zu senden, um ihren diesbezüglichen Pflichten nachzukommen.
Sollte dennoch die Beschwerdebegründungsfrist als nicht rechtzeitig eingehalten angesehen werden, wird beantragt, der Unterzeichnenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Blick auf die oben näher bezeichneten Gründe zu gewähren.”
Mit Schriftsatz vom 24. April 2008 hat die Prozessbevollmächtigte zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde “auf den aus Gründen der Fristwahrung übersandten Entwurf” verwiesen und ergänzende Ausführungen gemacht.
Auf den persönlich gestellten Antrag des Klägers vom 11. März 2008 hat der Senat dem Kläger mit Beschluss vom 9. Juni 2008, bei der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23. Juni 2008 eingegangen, für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Nach Vorlage des Antrags der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1. Juli 2008 auf “Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts” hat der Senat dem Kläger mit Beschluss vom 16. Juli 2008 seine Prozessbevollmächtigte beigeordnet.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 22. Juli 2008 persönlich gegen den Beschluss vom 16. Juli 2008 “Beschwerde” eingelegt und mit Schreiben vom 24. Juli 2008 erneut Prozesskostenhilfe beantragt.
Seine Prozessbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008, der am selben Tag als Fax bei dem Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist, den Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision begründet und dabei auf ihren Schriftsatz vom 24. April 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
1. Die “Beschwerde” gegen den Beschluss des Senats vom 16. Juli 2008 ist unzulässig und daher zu verwerfen, weil Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit der Beschwerde angefochten werden können.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. November 2007 hat keinen Erfolg.
Gemäß § 133 Abs. 1 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Nach § 133 Abs. 3 VwGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Eine Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen und kommt daher nicht in Betracht (Beschluss vom 15. November 2001 – BVerwG 6 B 65.01 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 64). Die Beschwerdebegründungsfrist ist am 11. Februar 2008 abgelaufen. Die – nicht von der Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Grund eigener Sichtung des Streitstoffes verfasste und daher ohnehin den sich aus § 67 Abs. 4 VwGO ergebenden Anforderungen nicht genügende – Beschwerdebegründung ist erst danach eingegangen.
Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Begründungsfrist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, bleibt ohne Erfolg. Gemäß § 60 Abs. 2 VwGO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen.
Der Kläger hat innerhalb der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Auch ein von einem anwaltlich vertretenen Kläger persönlich gestellter Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Wiedereinsetzungsgesuch ist zu beachten und kann nach Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Wiedereinsetzung in die versäumte Frist führen, wenn Wiedereinsetzungsgründe vorliegen und glaubhaft gemacht werden und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt wird (vgl. Beschluss vom 23. Juli 2003 – BVerwG 1 B 386.02 – Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 39 S. 3). Mit der Gewährung der Prozesskostenhilfe war der Kläger in die Lage versetzt worden, das Wiedereinsetzungsgesuch und die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen. Dabei sind mit Blick auf § 67 Abs. 4 VwGO allein die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers dargelegten Umstände maßgeblich. Die dem Kläger beigeordnete Rechtsanwältin war und ist trotz zwischenzeitlicher Mandatsniederlegung bevollmächtigt. Gemäß § 173 VwGO, § 87 Abs. 1 ZPO bleibt die Vollmacht der Prozessbevollmächtigten des Klägers bestehen (Urteil vom 26. Januar 1968 – BVerwG 3 C 83.76 – BVerwGE 55, 193 = Buchholz 303 § 87 ZPO Nr. 1 S. 1).
Die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist ist nicht ohne Verschulden eingetreten. Verschuldet im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO ist ein Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt hat walten lassen, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten ist (Urteil vom 8. März 1983 – BVerwG 1 C 34.80 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 129 S. 22). Der Kläger muss sich ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO, wonach das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleichsteht, ist auch im Verwaltungsstreitverfahren anzuwenden (Beschluss vom 24. August 1995 – BVerwG 3 B 37.95 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 202 S. 24).
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit dem innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 9. Juni 2008 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz vom 23. Juli 2008 anwaltlich versichert, am 11. Februar 2008, dem Tag des Ablaufs der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, und an dem vorangegangenen Wochenende an einem fiebrigen Infekt erkrankt gewesen zu sein. Sie hat ferner ausgeführt, ihre Kinder hätten in der davor liegenden Kalenderwoche an einer fieberhaften Magen-Darm-Erkrankung gelitten. Mit diesem Vorbringen wird ein Verschulden an der Versäumung der immerhin zwei Monate langen Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht hinreichend ausgeräumt. Die Prozessbevollmächtigte legt nicht dar, wann sie sich erstmals den Vorgang zum Zwecke der Fertigung der Beschwerdebegründung hat vorlegen lassen, welche Vorfrist und welche Frist notiert waren. Schon deshalb ist nicht dargetan, dass die gebotene und zumutbare Sorgfalt gewaltet hat. Die Prozessbevollmächtigte führt auch nicht näher aus, dass und warum sie in der Woche vor dem 11. Februar 2008 fortdauernd ihre Kinder betreuen musste. Es wird nicht mitgeteilt, welches Alter die Kinder haben und welche sonstigen Angehörigen am Ort waren. Die Prozessbevollmächtigte legt nicht einmal dar, dass sie in der Woche vor dem 11. Februar 2008 nicht in ihrer Kanzlei war und welche sonstigen, insbesondere fristgebundenen Aufgaben sie zu erledigen hatte. Daher lässt sich nicht erkennen, dass die Erkrankung der Kinder überhaupt Auswirkungen auf die Versäumung der Begründungsfrist hatte.
Selbst wenn allein auf den krankheitsbedingten Ausfall der Prozessbevollmächtigten am Tag des Fristablaufs abgestellt wird, ist die Frist nicht ohne Verschulden versäumt worden. Eine plötzliche Erkrankung kann zwar als unverschuldeter Hinderungsgrund anzusehen sein. Dann muss aber berücksichtigt werden, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht dargetan hat, organisatorische Vorkehrungen für einen derartigen Fall getroffen zu haben. Ein Einzelanwalt ist verpflichtet, ihm zumutbare Maßnahmen, zum Beispiel eine Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen, zu ergreifen, die sicherstellen, dass bei einem unerwarteten Ausfall etwa infolge Erkrankung oder Unfalls unaufschiebbare Prozesshandlungen vorgenommen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 1994 – XII ZB 175/93 – VersR 1994, 1207 m.w.N.). Dafür ist nichts ersichtlich.
3. Ungeachtet der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist, die zur Verwerfung der Beschwerde als unzulässig führt, ist die Beschwerde auch deshalb ohne Erfolg, weil Revisionszulassungsgründe nicht dargelegt worden sind. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde vorgebrachten Erwägungen genügen diesen Anforderungen nicht.
aa) Der Kläger macht geltend, “das erkennende Gericht (habe) abschließend festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen von einem unfairen Verfahren im Sinne des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK auszugehen ist”. Mit diesen Ausführungen werden eine klärungsfähige Rechtsfrage und deren Erheblichkeit für ein Revisionsverfahren auch nicht ansatzweise aufgezeigt.
bb) Außerdem, so meint der Kläger, müsse geklärt werden, “ob in Fällen, in denen ein Gericht – wie hier in der mündlichen Verhandlung vom 08. November 2007 – geschehen, ein unfaires Verfahren feststellt, grundsätzlich zu prüfen hat, ob Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK Anwendung findet oder ob etwa das Verfahren nach Artikel 100 Abs. 2 GG ausgesetzt werden muss, zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts”. Auch dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, welche Frage des revisiblen Rechts in einem Revisionsverfahren geklärt werden müsste und könnte. Überdies kann eine Aussetzung nach Art. 100 Abs. 2 GG nur dann in Betracht kommen, wenn zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbare Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Art. 25 GG). Das setzt u.a. voraus, dass Zweifel bezüglich der Existenz, des Rechtscharakters, der Tragweite und der Bindungskraft einer “allgemeinen Regel” des Völkerrechts bestehen, also nicht des Völkervertragsrechts, zu dem die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gehört (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Dezember 2000 – 2 BvR 1290/99 – EuGRZ 2001, 76 = juris Rn. 12 m.w.N.). Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass neben dem von dem Kläger angeführten Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK eine allgemeine Regel des Völkerrechts desselben Inhalts anzuwenden gewesen wäre.
cc) Der Kläger hält weiter für klärungsbedürftig, ob das Oberverwaltungsgericht von einer Entscheidung eines obersten Bundesgerichts abgewichen ist. Unter welchen Voraussetzungen eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vorliegt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift liegt danach nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellt hat. Dabei müssen die Rechtssätze sich grundsätzlich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat.
b) Die von dem Kläger geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Er führt aus, der Bundesgerichtshof habe “aufgrund außergewöhnlicher und beispielloser Verzögerung ein Zurückverweisungsverbot angenommen, das Verfahren abgebrochen und durch Urteil eingestellt”. Dazu führt der Kläger “BGHSt 35, 137” an. Der Bundesgerichtshof hat sich in dem angeführten Urteil mit den Folgen “willkürlicher und schwerwiegender Verletzung des Beschleunigungsgebots bei der Zuleitung der Akten gemäß § 347 StPO vom Landgericht an den Bundesgerichtshof” befasst. Es ist nicht erkennbar, dass das angefochtene Urteil, das auf der Grundlage der Verwaltungsgerichtsordnung ergangen ist, von dieser Entscheidung abweichen könnte. Einander widersprechende Rechtssätze hat der Kläger auch nicht angeführt.
c) Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in Bezug auf die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt.
aa) Der Kläger macht geltend (Schriftsatz vom 24. April 2008), das Oberverwaltungsgericht hätte keine Beweisaufnahme durchführen dürfen, ohne zuvor das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht anzurufen zur Klärung, ob Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK anzuwenden sei. Damit ist ein Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Wie ausgeführt, greift Art. 100 Abs. 2 GG nicht ein, wenn die Anwendung von Völkervertragsrecht in Rede steht.
bb) Der Kläger macht weiter geltend (Schriftsatz vom 24. April 2008), ihm sei eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Prof. Dr. G… zur Bewertung seiner Prüfungsleistungen infolge der langen Verfahrensdauer nicht möglich gewesen. Deshalb hätte eine Beweisaufnahme nicht stattfinden dürfen. Auch mit diesem Vorbringen kann ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt werden. Das Oberverwaltungsgericht musste vielmehr den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln (§ 108 Abs. 1 VwGO). Dabei musste es, wenn es sich nicht in der Lage sah, Richtigkeit oder Fehler der Bewertung einer Prüfungsleistung aus eigener Sachkunde zu bewerten, die Hilfe von Sachverständigen in Anspruch nehmen. Der Sachverständige begutachtet nämlich als Gehilfe des Richters einen grundsätzlich vom Gericht festzustellenden Sachverhalt auf Grund seiner besonderen Sachkunde auf einem Fachgebiet. Aufgabe des Sachverständigen ist es, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung, dem Gericht besondere Erfahrungssätze oder Kenntnisse des jeweiligen Fachgebietes zu vermitteln und/oder auf Grund von besonderen Erfahrungssätzen oder Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen (Urteil vom 6. Februar 1985 – BVerwG 8 C 15.84 – BVerwGE 71, 38 ≪41≫ = Buchholz 303 § 414 ZPO Nr. 1 S. 3). Ob ein Verfahrensbeteiligter sich in der Lage sieht, zu den Ausführungen eines Sachverständigen Stellung zu nehmen, ist für die Beweiserhebung ohne Bedeutung. Es ist Aufgabe des Gerichts, ein Sachverständigengutachten zu verstehen und zu würdigen. Bei einem anderen Verständnis, wie es offenbar dem Kläger vorschwebt, könnte das Gericht gar nicht zu einer Entscheidung kommen, wenn eine Partei sich nicht in der Lage sieht, zu einem Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen.
cc) Der Kläger wirft dem Berufungsgericht vor, es habe trotz des Umstandes, dass er sich mit dem Gutachten des Prof. Dr. G… nicht habe auseinandersetzen können, keine ausführlichen “Sachverhaltserörterungen” vorgenommen. Das sei ein Verstoß gegen das Gebot der Amtsermittlung. Auch dieses Vorbringen führt nicht auf einen Verfahrensmangel. Die Darlegung des Verfahrensmangels ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Erklärung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger trägt auch nicht ansatzweise vor, welche “Erörterungen” das Oberverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung hätte vornehmen müssen. Der Sachverständige hatte unter dem 11. Juni 2007 ein 15 Seiten umfassendes Gutachten vorgelegt. Die Beklagte hatte dieses Gutachten als “gewissenhaft erstellt und nicht zu beanstanden” bezeichnet. Der Kläger hatte sich außer Stande gesehen, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen. Wenn das Gericht die Ausführungen des Gutachters nachvollziehen und seiner Entscheidung zugrunde legen konnte, bestand kein Anlass für weitere “Sachverhaltserörterungen”, auf die der Kläger ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung auch nicht hingewirkt hat.
dd) Der Kläger rügt, die Einsetzung des Gutachters Prof. Dr. G… sei rechtsfehlerhaft gewesen, weil der Gutachter nicht die erforderlichen praktischen Fähigkeiten und Erfahrungen besessen habe. Auch damit wird ein Verfahrensmangel nicht dargelegt. Nach § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1 ZPO wählt das Gericht den zu ernennenden Sachverständigen nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Maßgebend ist die für die Erfüllung der Aufgaben des Sachverständigen vorausgesetzte Eignung (vgl. Urteil vom 29. November 1991 – BVerwG 8 C 11.90 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 40 S. 15). Das Oberverwaltungsgericht hat sich von der Eignung des Sachverständigen überzeugt. Es hat nachvollziehbar dargelegt, warum es den Sachverständigen trotz der Einwände des Klägers für kompetent gehalten hat. Die Beschwerde legt nicht dar, in welchen Punkten dem Sachverständigen wegen mangelnder Kompentenz in Fragen der Fachpraxis Fehler unterlaufen sein könnten.
d) Soweit in dem Schriftsatz vom 24. April 2008 zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf den “Entwurf” der Begründung vom 13. Februar 2008 verwiesen wird, kann daraus im Hinblick auf § 67 Abs. 4 VwGO ein Revisionszulassungsgrund nicht abgeleitet werden. Dieser “Entwurf” besteht aus persönlichen Ausführungen des Klägers, die dem Gericht ohne eigenverantwortliche Prüfung der Prozessbevollmächtigten zugeleitet worden sind.
4. Mit dieser Entscheidung ist der erneute Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe, mit dem er die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts erstrebt hat, gegenstandslos. Abgesehen davon hätte dem Antrag nicht stattgegeben werden können. Die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Senatsbeschluss vom 16. Juli 2008 war sachgerecht, weil deren Vollmacht – wie dargelegt trotz der vorangegangenen Mandatsniederlegung fortbestand und weil sie zudem am besten in der Lage war, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen. Einen anderen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt seiner Wahl, der möglicherweise anstelle der Prozessbevollmächtigten hätte beigeordnet werden müssen, hatte der Kläger nicht benannt, sondern mit Schriftsatz vom 8. Juli 2008 um die Beiordnung eines vom Gericht bestimmten Rechtsanwalts gebeten.
5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich
Fundstellen