Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 16.06.2015; Aktenzeichen 15 B 13.424) |
Tenor
Die Beschwerden des Beklagten und der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Juni 2015 werden zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 021 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Beschwerden haben keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Beklagte und die Beigeladene beimessen.
Rz. 2
1. Der Beklagte und die Beigeladene halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Belange des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einem privilegierten Außenbereichsvorhaben dann nicht entgegenstehen, wenn das Vorhaben auf eine zeitlich begrenzte, jedoch nicht unerhebliche Dauer angelegt ist und – so der Beklagte ergänzend – das Denkmal von hoher Bedeutung ist und während dieser Zeit spürbar in seiner Denkmalwürdigkeit beeinträchtigt wird.
Rz. 3
Die Frage geht so, wie sie gestellt ist, an dem Berufungsurteil vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Rechtssatz des Inhalts, wie ihn der Beklagte und die Beigeladene in einem Revisionsverfahren auf den Prüfstand stellen wollen, nicht aufgestellt, sondern betont, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhänge, ob sich der öffentliche Belang des Denkmalschutzes oder das Interesse eines Antragstellers an der Verwirklichung eines privilegierten Außenbereichsvorhabens durchsetzt (UA Rn. 36 f.). Die Frage hat aber einen verallgemeinerungsfähigen Kern, der sich in die Formulierung kleiden lässt, ob Belange, bei denen sicher zu erwarten ist, dass sie durch ein Vorhaben nur vorübergehend beeinträchtigt werden, ein geringeres Gewicht bei der Abwägung haben als dauerhaft beeinträchtigte Belange. Diese Frage lässt sich für den Regelfall ohne Weiteres bejahen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1983 – 4 C 17.81 – Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 199 S. 72). Die Antwort gilt nicht nur, wenn der öffentliche Belang der Verunstaltung des Landschaftsbildes in Rede steht, sondern allgemein, wie sich dem amtlichen Leitsatz 4 zum Urteil vom 18. März 1983 (a.a.O.) entnehmen lässt. In welchen Fällen ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, ist nicht grundsätzlich klärungsfähig.
Rz. 4
2. Der Beklagte wirft zusätzlich die Frage auf, ob bei der Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB auch die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach Landesrecht mit der Folge zu prüfen ist, dass Belange des Denkmalschutzes dem Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB bauplanungsrechtlich entgegenstehen, wenn eine nach Landesrecht erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden kann. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass speziell die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten öffentlichen Belange des Denkmalschutzes zwar in der Regel – positiv wie negativ – durch das Denkmalrecht der Länder konkretisiert werden, die Regelung aber dennoch keine bloße Verweisung auf Landesrecht enthält, sondern eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung formuliert, die – unbeschadet einer Konkretisierung durch Landesrecht – unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen; § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz, der im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften des Landesrechts, die nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben, eine Auffangfunktion zukommt (BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347 Rn. 21; Beschluss vom 26. Juni 2014 – 4 B 47.13 – ZfBR 2014, 773 Rn. 7). Unabhängig davon ist die Frage auch nicht entscheidungserheblich. Weil der Verwaltungsgerichtshof das nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO irrevisible Denkmalschutzrecht des Freistaats Bayern nicht geprüft hat, hat er weder entschieden, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSchG für das Abgrabungsvorhaben der Klägerin eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, noch sich zum Versagungsgrund des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG geäußert. Die Frage des Beklagten wäre daher erst entscheidungserheblich, wenn der Verwaltungsgerichtshof nach einer Zurückverweisung der Sache das Abgrabungsvorhaben unter den Begriff der Errichtung einer Anlage subsumierte und in Würdigung des Sachverhalts zu dem Ergebnis käme, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Besteht lediglich die Möglichkeit, dass die Rechtsfrage nach erneuter Befassung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich werden könnte, scheidet die Zulassung der Revision aber aus (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Dezember 1998 – 9 B 197.98 – juris Rn. 6 und vom 28. November 2005 – 4 B 66.05 – ZfBR 2006, 159). Wenn die Entscheidungserheblichkeit einer Frage offen ist, hätte eine revisionsgerichtliche Entscheidung, die die Frage klärt, den Charakter eines Rechtsgutachtens. Ein solches Gutachten zu erstellen ist jedoch nicht Aufgabe des Revisionsverfahrens.
Rz. 5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Decker
Fundstellen