Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 27.07.2011; Aktenzeichen 6 K 1067/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. Juli 2011 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Rz. 1
1. Die ausdrücklich auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beschränkte Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Rz. 2
Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 13 ≪S. 14≫). Die Pflicht zur Bezeichnung des Verfahrensmangels erfordert die schlüssige Darlegung einer Verfahrensrüge (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2000 – BVerwG 9 B 549.00 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 60 S. 17 ≪S. 18 f.≫ und vom 24. März 2000 – BVerwG 9 B 530.99 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 15). Mit der Rüge, die Vorinstanz habe das materielle Recht fehlerhaft ausgelegt und/oder angewandt, kann ein Zulassungsgrund im Sinne vom § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in zulässiger Weise nicht begründet werden. Das Erfordernis der substanziierten Darlegung erstreckt sich – abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen absoluter Revisionsgründe – auf die Entscheidungserheblichkeit des angeblichen Verfahrensfehlers. Insoweit muss der Beschwerdeführer substanziiert vortragen, dass und inwiefern die angegriffene Entscheidung auf dem vermeintlichen Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. Beschlüsse vom 31. Juli 1985 – BVerwG 9 B 71.85 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 S. 7 ≪S. 8 f.≫ und vom 23. März 2005 – BVerwG 8 B 3.05 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 80 S. 96 ≪S. 98≫). Die Rüge, der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sei verletzt, weil die Vorinstanz die Ausführungen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und/oder in Erwägung gezogen hat, erfordert die substanziierte Darlegung, welches konkrete entscheidungserhebliche Vorbringen vernachlässigt worden sei (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 29. Juni 2011 – BVerwG 6 B 7.11 – juris Rn. 7). Eine angebliche Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist u.a. nur dann ausreichend bezeichnet, wenn im Einzelnen dargetan wird, welche Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig gewesene wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass auf die Erhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht durch Stellung förmlicher Beweisanträge hingewirkt worden ist oder – sollte dies nicht der Fall gewesen sein – aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Sachaufklärung dem Gericht hätte aufdrängen müssen. (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 13. Januar 2009 – BVerwG 9 B 64.08 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 18 ≪S. 20≫ und vom 5. März 2010 – BVerwG 5 B 7.10 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 94 S. 11 ≪S. 11 f.≫ m.w.N.). Im Fall einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründung des angegriffenen Urteils bedarf es zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 15 m.w.N.). An den vorstehenden Grundsätzen gemessen erweist sich die Beschwerde als unzulässig.
Rz. 3
a) Der Kläger nimmt zu A) I. Nr. 1 bis 6 seiner Beschwerdebegründung einzelne näher bezeichnete Passagen in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils zum Anlass für Erläuterungen und rechtliche Erwägungen. Darin liegt keine substanziierte und schlüssige Begründung eines konkreten Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte. Soweit in den in Rede stehenden Erwägungen zum Ausdruck gebracht wird, dass die Entscheidung der Vorinstanz sachlich fehlerhaft sei, vermag dies einen Verfahrensfehler nicht zu begründen.
Rz. 4
b) Der Kläger beanstandet zu A) I. Nr. 7 der Beschwerdebegründung, dass in dem Urteil der Vorinstanz ausgeführt werde, er habe (ursprünglich) eine Restitutionsklage nicht stellen wollen. Es ist nicht ersichtlich, warum der beanstandete Hinweis in dem Tatbestand des angegriffenen Urteils, mit dem über die klägerische Restitutionsklage befunden wird, die Annahme eines Verfahrensmangels rechtfertigen könnte.
Rz. 5
c) In der Beschwerdebegründung wird zu A) I. Nr. 8 und 9 ausgeführt, das Gericht habe es versäumt, “Beweis” zu erheben. Die insoweit erhobene Rüge der Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht genügt schon deshalb nicht den Begründungsanforderungen, weil der Kläger in diesem Zusammenhang nicht substanziiert aufzeigt, welche konkreten Beweismittel zu welchen näher zu bezeichnenden Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten und dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einen Beweisantrag oder mehrere solche Anträge gestellt hat. Er legt auch nicht substanziiert dar, dass und aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht eine Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.
Rz. 6
d) Soweit der Kläger eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs mit der Begründung rügt, er sei vom Verwaltungsgericht “mit seinen Argumenten nicht mehr (vollständig) gehört” worden (B II. Nr. 11 Buchst. a letzter Absatz der Beschwerdebegründung), ist diese Beanstandung schon deshalb nicht ausreichend begründet, weil er nicht das konkrete Vorbringen benennt, das die Vorinstanz angeblich nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen hat. Entsprechendes gilt für den Fall, dass in der Erwägung des Klägers, das Verwaltungsgericht habe “die Behandlung aller zwischen Kläger und Beklagten relevanten streitigen Fragen” nicht zugelassen (A II. Nr. 10 Buchst. b Abs. 4 der Beschwerdebegründung), eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs gesehen werden sollte.
Rz. 7
e) Der Kläger sieht eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch darin, dass in dem angegriffenen Urteil nicht zu seinem Antrag auf Rückgabe des Betriebes Stellung genommen wird (B Nr. 11 Buchst. b der Beschwerdebegründung). Diese Rüge ist schon deshalb nicht ausreichend begründet, weil nicht dargetan wird, dass der Rückgabeantrag für die hier in Rede stehende Restitutionsklage erheblich sein könnte.
Rz. 8
f) Soweit der Kläger zu A) II. Nr. 10 Buchst. a S. 6 Abs. 1 bis 5 der Beschwerdebegründung darlegt, die Bilanz vom 31. Dezember 1970 sei zu Unrecht der Entschädigungsberechnung nicht zugrunde gelegt worden, betrifft dies die Erwägung des Verwaltungsgerichts, der Restitutionsgrund des § 153 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liege (auch) deshalb nicht vor, weil die von dem Kläger insoweit in Bezug genommenen Dokumente nicht entscheidungserheblich seien. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in seinem Urteil vom 7. April 2005 (1 K 2869/01), gegen das sich die Restitutionsklage richtet, davon ausgegangen werde, dass die Entschädigungsberechnung auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen Bilanz vom 31. Dezember 1970 nicht zu beanstanden sei und dass sich die von dem Kläger zur Begründung der Restitutionsklage angeführten Dokumente auf diese Bewertung nicht auswirkten. Mit der hier in Rede stehenden Rüge beanstandet der Kläger im Kern die Unrichtigkeit der Entschädigungsberechnung. Damit kann aber ein dem angegriffenen Urteil anhaftender Verfahrensmangel nicht begründet werden.
Rz. 9
g) Der Kläger legt zu A) II. Nr. 10 Buchst. a Abs. 7 bis 9 und Nr. 10 Buchst. b der Beschwerdebegründung dar, das Schreiben der Oberfinanzdirektion Chemnitz vom 12. Oktober 2007 sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erst am 29. Juli 2011 zu den Gerichtsakten gereicht worden und die Restitutionsklage sei (auch) mit Blick auf die Zuordnung des Betriebsteils “K…” fristgerecht erhoben. Dieses Vorbringen betrifft die Erwägung in dem angefochtenen Urteil, die Restitutionsklage wahrte nicht die Notfrist des § 153 VwGO i.V.m. § 586 ZPO. Auch diese Rüge verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, ein Restitutionsgrund im Sinne vom § 153 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liege nicht vor, jeweils selbstständig tragend sowohl darauf gestützt, dass die Klagefrist nicht eingehalten worden sei, als auch darauf, dass die vom Kläger insoweit in Bezug genommenen Dokumente nicht entscheidungserheblich seien. Da hinsichtlich der zuerst genannten Erwägung aus den vorstehenden Gründen ein die Zulassung rechtfertigender Verfahrensmangel nicht ausreichend bezeichnet ist, kommt es auf die gegen die Annahme der Verfristung gerichtete Rüge nicht an.
Rz. 10
h) Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 11
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt auch § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Störmer, Dr. Häußler
Fundstellen