Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhung der Pflichtstunden für Lehrer als mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung. Regelfall einer Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung nicht nur bei ausdrücklicher, sondern auch bei sinngemäßer Erklärung des Dienstherrn, die Arbeitsleistung heben zu wollen. bei Regelfall einer Maßnahme der Hebung der Arbeitsleistung entfällt die Prüfung, ob Mehrarbeit in einem Bereich durch Minderarbeit in einem anderen kompensierbar ist. Bedeutung der Erhöhung der Pflichtstunden von Lehrern zum Zwecke der Einsparung von Planstellen. Angleichung der Pflichtstunden der Realschullehrer an die anderer Länder. Mitbestimmung im Regelfall einer Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung
Leitsatz (amtlich)
Wird die Pflichtstundenzahl für Realschullehrer in einem Bundesland von 25 auf 26 Stunden erhöht, um so die Zahl der Lehrer aus finanzwirtschaftlichen Gründen zu reduzieren und die Pflichtstundenzahl der in anderen Ländern anzugleichen, so wird damit grundsätzlich zugleich auf eine als Hebung der Arbeitsleistung mitbestimmungspflichtige Mehrarbeit der verbleibenden Lehrkräfte abgezielt, es sei denn, daß anderweitige Entlastungen konkret angegeben sind. Ein stillschweigendes Vertrauen darauf, daß betroffene Lehrer unter Ausnutzung ihrer pädagogischen Gestaltungsfreiheit sich möglicherweise weniger gründlich auf den Unterricht vorbereiten werden, ersetzt diese Angabe nicht.
Normenkette
EV Anl. I Kap. XIX Sachg. A Abschn. III Nr. 15c; BPersVG § 76 Abs. 2 Nr. 5, § 104 S. 3
Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Entscheidung vom 14.11.1996; Aktenzeichen 6 A 78/95. PVL) |
VG Potsdam (Entscheidung vom 22.02.1995; Aktenzeichen 11 K 728/93. PVL) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 14. November 1996 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Realschullehrer mitbestimmungspflichtig ist.
Der Antragsteller ist der bei dem beteiligten Ministerium gebildete Hauptpersonalrat. Mit Schreiben vom 4. Juni 1993 legte der Beteiligte dem Antragsteller die „Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Verwaltungsvorschriften über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft des Landes Brandenburg (VV-Arbeitszeit Lehrkräfte) vom 25. Februar 1993” zur Mitwirkung vor. Mit dieser Änderung, deren Inkrafttreten zum 1. August 1993, dem Beginn des Schuljahres 1993/1994 vorgesehen war, sollte die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden für Lehrkräfte an Realschulen von bis dahin 25 auf 26 Stunden erhöht werden. Die vorgesehene Gesamtarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche blieb unangetastet. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl war ein Ergebnis der Haushaltsberatungen. Folge dieser Entscheidung war, daß der Finanzminister mit Beginn des Schuljahres 1993/94 eine haushaltswirtschaftliche Sperre für 50 Lehrerstellen verfügte.
Der Antragsteller hielt die Angelegenheit nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG als Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung für mitbestimmungspflichtig. Der Beteiligte widersprach dem mit Schreiben vom 18. Juni 1993, in dem er ausführte, daß es sich bei der Erhöhung der Pflichtstundenzahl lediglich um eine Umverteilung der Bestandteile der abverlangten Arbeitsleistung handele, da allein der Anteil der Pflichtstunden im Verhältnis zum Anteil der auf die sonstige pädagogische Aufgabenerfüllung entfallenden Stunden bei gleichbleibender Gesamtarbeitszeit erhöht werde. Mit Rundschreiben Nr. 68/93 vom 8. Juli 1993 setzte der Beteiligte die Verwaltungsvorschriften mit Wirkung zum 1. August 1993 in Kraft.
Hierauf leitete der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein und beantragte die Feststellung, daß die Änderung der „VV-Arbeitszeit Lehrkräfte” vom 4. Juni 1993 der eingeschränkten Mitbestimmung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG analog unterlegen habe. Dem entsprach das Verwaltungsgericht Potsdam mit Beschluß vom 22. Februar 1995.
Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte Beschwerde eingelegt, die das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 14. November 1996 (PersR 1997, 215) mit im wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen hat: Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Realschullehrer sei eine „Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung”. Eine normative, die Mitbestimmung ausschließende Regelung, bestehe nicht. Zwar möge die Maßnahme als solche nicht die Hebung der Arbeitsleistung zum unmittelbaren Ziel und Zweck gehabt haben, weil sie erklärtermaßen dazu bestimmt gewesen sei, die Pflichtstundenzahl der durchschnittlichen Unterrichtsverpflichtung derjenigen der Lehrkräfte an Realschulen in anderen Bundesländern anzugleichen und hierdurch unmittelbar nur ein Teil der Arbeitszeit der Lehrkräfte betroffen sei. Die Maßnahme habe jedoch zwangsläufig und unausweichlich eine Hebung der Arbeitsleistung der betroffenen Lehrkräfte im ganzen zur Folge gehabt. Die Mehrleistung von einer Unterrichtsstunde pro Woche habe zur Folge, daß der zusätzliche Unterricht, der bereits für sich genommen die Lehrkräfte in besonderer Weise fordere und körperlichen sowie geistig-psychischen Belastungen aussetze, vor- und nachbereitet werden müsse. Für die gestiegenen unterrichtsbegleitenden Aufgaben stehe den Lehrkräften wiederum weniger Zeit zur Verfügung. Sie müßten diese Arbeiten intensivieren und effektivieren, um sie in der gleichen Zeit erledigen zu können. Dies zwinge dazu, in derselben Arbeitszeit ein „Mehr” an Arbeit zu leisten. Die erhöhte Arbeitsbelastung könne auch nicht durch Entlastung in anderen Bereichen ausgeglichen werden, so daß die Mehrbelastung im Sinne einer Hebung der Arbeitsleistung „unausweichlich” sei. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß den Lehrkräften bei der Erfüllung ihrer unterrichtsbegleitenden und sonstigen Aufgaben wesentliche Entlastungsmöglichkeiten eingeräumt seien, die ihnen einen Ausgleich ihrer Mehrbelastung gestatteten, seien nicht erkennbar. Es sei auch nicht feststellbar, daß die Lehrkräfte bei der Erhöhung der Pflichtstundenzahl tatsächlich über einen Gestaltungsspielraum verfügten, um ihre Mehrbelastung auszugleichen. Von einer bloßen „Umverteilung” der den Lehrkräften abverlangten Bestandteile der Arbeitsleistung könne nicht gesprochen werden, da damit die qualitativen Belastungen verkannt würden, denen die Lehrkräfte ausgesetzt seien. Die Pflichtstundenregelung lege denjenigen Teil der Arbeitszeit fest, der exakt meßbar sei, während die Arbeitszeit im übrigen entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen etc. nicht im einzelnen in meßbarer und überprüfbarer Form bestimmt sei, sondern nur grob pauschalierend geschätzt werden könne. Die inhaltlichen und pädagogischen Anforderungen an den Unterricht seien jedoch bei der Erhöhung der Pflichtstundenzahl unverändert geblieben, jedenfalls gebe es keine Anhaltspunkte für eine Minderung der Anforderungen an die Erfüllung der sonstigen Aufgaben. Mit der Pflichtstundenerhöhung sei deshalb eine „Verdichtung” der insgesamt in der Arbeitszeit zu leistenden Arbeit verbunden.
Der Beteiligte hat gegen diesen Beschluß die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus:
Das Beschwerdegericht gehe zu Unrecht davon aus, daß die Erhöhung der Pflichtstundenzahl auf 26 Stunden zwangsläufig und unausweichlich zu einer Steigerung der Arbeitsbelastung der betroffenen Lehrkräfte führe. Die insoweit aufgestellte Prämisse, daß die Lehrkräfte gleichermaßen durch die in Frage stehende Verwaltungsvorschrift gezwungen wären, ihre bereits bislang bestehenden Aufgaben auch in Zukunft mit gleicher Intensität zu erfüllen, sei falsch. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei nämlich davon auszugehen, daß Lehrern ein Gestaltungsspielraum zukomme, wie sie Mehrbelastungen im Rahmen ihrer außerunterrichtlichen Tätigkeit ausgleichen könnten. Die Lehrkräfte seien vorliegend nicht zu einer rationelleren Arbeitsweise verpflichtet, sondern ihnen sei stillschweigend anheimgegeben worden, innerhalb des bestehenden Gestaltungsspielraums andere Prioritäten zu setzen.
Der Rechtsbeschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 14. November 1996 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Potsdam – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 22. Februar 1995 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Beschluß.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er hält den Beschluß des Beschwerdegerichts im Ergebnis und in seiner tragenden Begründung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Erhöhung der von den Lehrkräften an Realschulen wöchentlich zu erteilenden Pflichtstunden von 25 auf 26 Unterrichtsstunden bei gleichbleibender Arbeitszeit eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung ist, wenn und soweit die inhaltlichen und pädagogischen Anforderungen an den Unterricht unverändert bleiben.
1. Der Antrag auf Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis in Form des Feststellungsinteresses ist gegeben, obwohl der Beteiligte die Heraufsetzung der Pflichtstundenzahl für Realschullehrer bereits zum 1. August 1993 in Kraft gesetzt hatte. Da die Änderung der Arbeitszeit für die Lehrkräfte nicht außer Kraft getreten ist und somit nach wie vor Gültigkeit beansprucht, hat sich die mitbestimmungspflichtige Maßnahme nicht durch Vollzug in einer Weise erledigt, daß sie sich nicht mehr in Folge eines nachzuholenden Mitbestimmungsverfahrens rückgängig machen oder jedenfalls abändern ließe.
2. Der Antrag des Antragstellers ist auch begründet. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Änderung der „Verwaltungsvorschriften über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft des Landes Brandenburg (VV-Arbeitszeit Lehrkräfte)” vom 25. Februar 1993 (ABl Ministerium für Bildung, Jugend u. Sport 1993 S. 39) durch die Verwaltungsvorschrift vom 4. Juni 1993 eine in entsprechender Anwendung des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG (vgl. Anlage I Kapitel XIX Sachg. A Abschn. III Nr. 15 c des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 – BGBl II S. 889) mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung darstellt. Eine normative, die Mitbestimmung bei der Festlegung der Pflichtstundenzahl ausschließende Regelung in Form eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung besteht nicht. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthielt weder das im Zeitpunkt der Änderung der Verwaltungsvorschriften geltende Erste Schulreformgesetz für das Land Brandenburg, das zum 1. August 1996 außer Kraft getreten ist, eine derartige Regelung, noch findet sich eine solche in dem seitdem geltenden Schulgesetz für das Land Brandenburg. Mit dem Inkrafttreten des Personalvertretungsgesetzes für das Land Brandenburg vom 15. September 1993 (GVBl I S. 358) am 17. September 1993 wird sich künftig die Mitbestimmung nach § 65 Nr. 5 des Landespersonalvertretungsgesetzes richten, nach dem „allgemeine Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung” ebenso wie nach der inhaltsgleichen Norm des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG mitbestimmungspflichtig sind. Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats fallen unter den Mitbestimmungstatbestand des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG (Hebung der Arbeitsleistung) Maßnahmen, die darauf abzielen, die Effektivität der Arbeit in der vorgegebenen Zeit qualitativ und/oder quantitativ zu fördern, d.h., die Güte und/oder Menge der zu leistenden Arbeit zu steigern (vgl. Beschluß vom 23. Januar 1996 – BVerwG 6 P 54.93 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 35 m.w.N. zur stRspr sowie zuletzt Beschluß vom 13. Juni 1997 – BVerwG 6 P 1.95 – Buchholz a.a.O. Nr. 36 = PersR 1997, 451). Entscheidend ist, ob die beabsichtigte Maßnahme darauf angelegt ist, auf einem oder mehreren Arbeitsplätzen einen höheren mengenmäßigen Arbeitsertrag zu erzielen oder die Qualität des Arbeitsprodukts zu verbessern. Dabei ist als Hebung der Arbeitsleistung nicht die Steigerung der Menge oder Qualität des Arbeitsertrages anzusehen, sondern vielmehr die erhöhte Inanspruchnahme des oder der betroffenen Beschäftigten, zu der solche Maßnahmen typischerweise führen (vgl. Beschluß vom 30. August 1985 – BVerwG 6 P 20.83 – BVerwGE 72, 94, 102). Diese mag in gesteigerten körperlichen Anforderungen oder in einer vermehrten geistigpsychischen Belastung als Folge eines schnelleren Arbeitstaktes oder eines geänderten Arbeitsablaufs bestehen. Denn der Begriff „Arbeitsleistung” bezeichnet weder die Menge der während der festgelegten Arbeitszeit geleisteten Arbeit noch ihren sachlichen Ertrag, das Arbeitsprodukt. Er meint vielmehr den körperlichen Einsatz und den geistigen Aufwand, den der Beschäftigte erbringen muß, um das ihm abverlangte Arbeitsergebnis in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu erzielen (vgl. Beschluß vom 30. August 1985 – BVerwG 6 P 20.83 – a.a.O.). Der Zweck des Tatbestandes besteht darin, den oder die betroffenen Beschäftigten vor einer unnötigen oder unzumutbaren Belastung zu bewahren (zuletzt Beschluß vom 13. Juni 1997 – BVerwG 6 P 1.95 – a.a.O., S. 14). Für diesen Regelfall des Mitbestimmungstatbestandes „Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung” kommt es mithin nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf die Zielgerichtetheit der Maßnahme an. Nicht hingegen ist erforderlich, daß sich die wöchentliche oder tägliche Arbeitszeit erhöht. Kommt es dem Arbeitgeber auf eine Hebung der Arbeitsleistung an und soll dabei die Qualität der Arbeit unverändert bleiben, so ist es unerheblich, ob die Beschäftigten die möglicherweise nur in einem Teilbereich ihrer Arbeit erhöhte Inanspruchnahme durch eine Minderarbeit in einem anderen Bereich kompensieren können.
b) Nur ausnahmsweise erfaßt die Mitbestimmung auch an sich nicht auf Hebung der Arbeitsleistung „abzielende” Maßnahmen, d.h. solche, bei denen eine derartige Zielrichtung mangels entsprechender Absichtserklärung nicht ohne weiteres feststellbar ist. Der Mitbestimmungstatbestand liegt nach der Rechtsprechung des Senats nämlich auch dann vor, wenn unbeschadet sonstiger Absichten die Hebung zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich (mittelbar) damit verbunden ist, das Arbeitsergebnis zu erhöhen, etwa, weil bestimmte Tätigkeiten in unverminderter Menge und Güte in verringerter minutengenauer Zeit verrichtet werden müssen. Ebenso ist dies dann anzunehmen, wenn Tätigkeiten in größerer Zahl bei unverminderter Güte in gleichbleibender, exakt festgelegter Zeit verrichtet werden müssen. Die Zwangsläufigkeit der erhöhten Inanspruchnahme allein reicht indessen in beiden Fällen für die Annahme einer Maßnahme „zur” Hebung der Arbeitsleistung nicht aus. Wesentlich für den Schluß von den objektiven Gegebenheiten auf den Zweck der Hebung ist die Unausweichlichkeit der mit der zwangsläufigen Beschleunigung oder Vermehrung der zu verrichtenden Tätigkeiten verbundenen erhöhten Arbeitsbelastung im ganzen (vgl. zu allem Beschluß vom 17. Mai 1995 – BVerwG 6 P 47.93 – Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 8, S. 9 m.w.N. zur stRspr). Von einer solchen Unausweichlichkeit ist dann nicht auszugehen, wenn eine Kompensation an anderer Stelle etwa in der Weise in Betracht kommt, daß eine Verringerung anderer Tätigkeiten oder eine Verminderung der Arbeitsgüte anheimgestellt wird (vgl. Beschluß vom 17. Mai 1995 – BVerwG 6 P 47.93 – a.a.O.; zusammenfassend Beschluß vom 11. November 1993 – BVerwG 6 PB 4.93 – Buchholz 251.3 § 63 BrPersVG Nr. 1). Somit kommt es nur und ausschließlich in derartigen Ausnahmefällen darauf an, ob den Bediensteten eine Kompensation bei anderen Verrichtungen anheimgestellt ist, so daß der erforderliche zwangsläufige Effekt für die Beschäftigten nicht „unausweichlich” mit der Maßnahme verbunden ist. Hier bedarf es solcher Hilfsüberlegungen nicht, weil sich die Finalität der Maßnahme aus sich heraus feststellen läßt.
3. Die vom Beteiligten vorgenommene Änderung der „VV-Arbeitszeit Lehrkräfte”, mit der die Pflichtstundenzahl von 25 auf 26 Wochenstunden erhöht und damit die für Lehrer geltende durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit konkretisiert wurde (vgl. Beschluß vom 29. Januar 1992 – BVerwG 2 B 5.92 – ZBR 1992, 154), zielt fraglos darauf ab, das Arbeitsergebnis im Kernbereich der Tätigkeit der Lehrer zu erhöhen. Es liegt deshalb der mitbestimmungspflichtige Regelfall einer Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung vor (§ 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG). Es geht um eine „Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung”, deren Kennzeichen die arbeitszeitabhängige Leistungsverdichtung ist (vgl. Beschluß vom 23. Januar 1996 – BVerwG 6 P 54.93 – a.a.O., S. 8 f.). Das Beschwerdegericht hat die Frage, ob die Maßnahme schon erklärtermaßen darauf abzielt, das Arbeitsergebnis zu erhöhen, letztlich offengelassen. Darauf kommt es nicht an. Denn seine Feststellungen reichen aus, um zu dem Schluß einer auf die Hebung der Arbeitsleistung abzielenden Maßnahme zu gelangen.
Eine Maßnahme zielt nicht nur dann erklärtermaßen und unmittelbar auf eine Hebung der Arbeitsleistung ab, wenn der Dienstherr unzweideutig erklärt, daß er bei insgesamt gleichbleibender vorgeschriebener Wochenstundenzahl – beispielsweise – einen schnelleren Arbeitstakt oder einen höheren mengenmäßigen Ertrag erwarte. Vielmehr genügt es, wenn er dies sinngemäß unter Einbeziehung aller Umstände zum Ausdruck bringt. Dies ist hier geschehen. Der Beteiligte hat unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die betroffenen Lehrkräfte innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit, nämlich der ungeachtet der Pflichtstundenzahlerhöhung für sie weiterhin maßgeblichen Gesamtarbeitszeit von 40 Wochenstunden, eine höhere Arbeitsmenge leisten sollen: Die Maßnahme war erklärtermaßen dazu bestimmt, die Pflichtstundenzahl der durchschnittlichen Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte an diejenigen der Realschulen in den anderen alten und neuen Bundesländern anzugleichen. Der Beteiligte erläuterte sie ausdrücklich mit dieser Begründung in seinem u.a. an alle staatlichen Schulämter und an den Hauptpersonalrat gerichteten Rundschreiben Nr. 68/93 vom 8. Juli 1993. Ergänzend führte er in einem vom 25. Juni 1993 datierenden Schreiben an die betroffenen Lehrkräfte aus, daß die Kultusminister enormem Druck ausgesetzt seien, angesichts der Löcher in den öffentlichen Kassen Einsparungen vorzunehmen und diese durch die Erhöhung von Arbeitszeiten zu erreichen. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, daß in vielen Bundesländern die Pflichtstundenzahl in der Realschule über 26, zum Teil sogar über 27 Stunden liege; vor dem Hintergrund dieser Tatsachen habe er sich den Argumenten auf der Finanzseite nur schwer widersetzen können. Diese Begründung ergibt deutlich und unzweifelhaft, daß der unmittelbar beabsichtigte Zweck der Maßnahme die Hebung der Arbeitsleistung der vorhandenen Lehrer war, um – letztendlich – aus finanziellen Gründen weitere Lehrer einsparen bzw. auf Neueinstellungen verzichten zu können. Die an allen Realschulen insgesamt unverändert anfallende Arbeitsmenge sollte also unter Beibehaltung der Gesamtarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche mit weniger Lehrern bewältigt werden. Dies zeigt sich daran, daß der Finanzminister zum Beginn des Schuljahres 1993/94 eine haushaltswirtschaftliche Sperre für 50 Lehrerstellen verfügt hat. Es ging hier also im wesentlichen nicht darum, die Pflichtstundenzahl für Realschullehrer in den Ländern einheitlich zu gestalten, sondern die Zahl der Lehrer aus finanzwirtschaftlichen Gründen zu reduzieren. Ein solches Vorgehen zielt grundsätzlich zugleich auf eine Mehrarbeit der verbleibenden Lehrkräfte ab, es sei denn, daß anderweitige Entlastungen konkret angegeben sind. Dies ist hier nicht der Fall. Stillschweigend etwa darauf zu vertrauen, daß der betroffene Lehrer unter Ausnutzung seiner pädagogischen Gestaltungsfreiheit sich möglicherweise weniger gründlich auf seinen Unterricht vorbereiten wird, reicht dazu nicht aus.
Das Beschwerdegericht hat im einzelnen zutreffend ausgeführt, daß und wie durch die Erhöhung der Pflichtstundenzahl die Arbeitsbelastung der betroffenen Lehrkräfte auch tatsächlich gesteigert wird. Die Lehrkräfte sind durch die Maßnahme zunächst gehalten, eine Unterrichtsstunde in der Woche mehr zu leisten, was bereits eine erhöhte Arbeitsleistung gerade in dem Arbeitsbereich zur Folge hat, in dem sie in besonderer Weise gefordert und körperlichen sowie geistigpsychischen Belastungen ausgesetzt sind. Diese zusätzliche Pflichtstunde hat in aller Regel auch ein „Mehr” an vorbereitender und unterrichtsbegleitender Tätigkeit zur Folge. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Erhöhung der Pflichtstundenzahl im Ergebnis zur Übernahme von Unterricht in weiteren Klassen führt, so daß sich der betroffene Lehrer auf weitere Schüler einstellen muß. Dies gilt erst recht, wenn er dort in Korrekturfächern mehr Arbeiten korrigieren muß. Dann hat er entweder länger zu arbeiten oder – will er dies nicht tun – seine unterrichtsbegleitende Tätigkeit zu intensivieren und zu effektuieren. Beides führt zu höheren geistig-psychischen oder körperlichen Belastungen. Darauf, ob dies unausweichlich so ist oder ob die Lehrkräfte bei der Erfüllung ihrer unterrichtsbegleitenden Aufgaben wesentliche Entlastungsmöglichkeiten haben, die es ihnen erlauben, ihre Mehrbelastung zu kompensieren, kommt es dabei entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nach dem oben Ausgeführten hier nicht an.
Zu Unrecht beruft sich die Rechtsbeschwerde auf den Beschluß des Senats vom 26. September 1995 (BVerwG 6 P 18.93 – Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 9 = PersR 1996, 149). Der dort entschiedene Fall betraf den Wegfall von Ermäßigungs- und Anrechnungsstunden für Lehrer mit zusätzlichen Funktionen. Dieser Fall war dem hier zu entscheidenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil unmittelbares Ziel der damaligen Maßnahme nicht die Hebung der Arbeitsleistung gewesen war. Vielmehr ging es um ein Konzept zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung für Lehrkräfte, das hinsichtlich der von den Pflichtstunden ursprünglich abgezogenen Ausgleichsstunden davon ausging, daß diese zur Erfüllung der zusätzlichen Funktionen nicht zwingend erforderlich seien, weil den Lehrkräften bei ihrer außerunterrichtlichen Tätigkeit Gestaltungsspielräume zur Verfügung stünden, die es ihnen ermöglichten, ohne unausweichliche Mehrbelastung den Wegfall der Ausgleichsstunde aufzufangen. Ein solcher Fall ist hier – wie dargelegt – nicht gegeben. Unabhängig davon liegt – wie der Oberbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – ein zentraler Unterschied der beiden Fälle darin, daß die Zahl und Lage der Pflichtstunden festliegt und von ihr die weitere, etwa die unterrichtsbegleitende Tätigkeit abhängt.
4. Die Mitbestimmung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß es sich – wie der Beteiligte vorinstanzlich geltend gemacht hatte – bei der Änderung der VV-Arbeitszeit der Lehrkräfte um eine „Maßnahme der Landesregierung” handelt. § 104 Satz 3 BPersVG sieht vor, daß bestimmte Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, nicht den Stellen entzogen werden dürfen, die der Volksvertretung verantwortlich sind. Er hindert die nach § 69 Abs. 4 Satz 3 BPersVG lediglich eingeschränkte Mitbestimmung nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG regelmäßig nicht (vgl. auch BVerfG, Beschluß vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 72 f. = PersR 1995, 483). Ob dies auch für den in künftigen Mitbestimmungsverfahren maßgebenden § 72 Abs. 4 Satz 2 PersVG Brandenburg gilt, wonach Beschlüsse der Einigungsstelle bindend sind, soweit sie nicht nach § 73 PersVG Brandenburg ganz oder teilweise aufgehoben werden, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Nach alledem war die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zurückzuweisen.
Unterschriften
Niehues, Albers, Henkel, Eckertz-Höfer, Büge
Fundstellen
Haufe-Index 1215821 |
BVerwGE, 233 |
NVwZ 1999, 881 |
ZBR 1999, 418 |
ZTR 1999, 480 |
DÖV 1999, 924 |
NJ 1999, 331 |
PersR 1999, 271 |
ZfPR 1999, 52 |
DVBl. 1999, 926 |