Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 06.06.2005; Aktenzeichen 10 D 155/04.NE) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob ein schwerwiegender Fehler (Befangenheit des Moderators) im Rahmen eines Moderationsverfahrens, das zur Durchführung der interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauGB erfolgt, zu einem beachtlichen Verfahrens- oder Abwägungsfehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB führt.
Diese Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass ein Fehler im Rahmen eines Moderationsverfahrens, das bei der Aufstellung eines Bauleitplans – wie hier – zusätzlich zum gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren (§§ 3, 4, 4a BauGB) durchgeführt wird, kein gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB i.d.F. des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 – BauROG – vom 18. August 1997 (BGBl I S. 2081) beachtlicher Verfahrensfehler ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. § 214 Abs. 1 BauGB i.d.F. des BauROG regelt – ebenso wie § 214 Abs. 1 BauGB i.d.F. des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl I S. 1359) – die Beachtlichkeit einer Verletzung von “Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs”. Ob das Gebot, Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen (§ 2 Abs. 2 BauGB), als Verfahrensvorschrift im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls verlangt das BauGB nicht, für die Abstimmung eines Bauleitplans mit den benachbarten Gemeinden einen Moderator einzuschalten. Selbstgewählte Vorgaben für ein nach dem Baugesetzbuch nicht erforderliches Moderationsverfahren, das zum Zwecke der interkommunalen Abstimmung zusätzlich zum gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren durchgeführt wird, sind keine Verfahrensvorschriften im Sinne des § 214 Abs. 1 BauGB.
Ist in einem solchen Moderationsverfahren der Moderator befangen, führt dies auch nicht automatisch zu einem Abwägungsfehler. Das ergibt sich ohne weiteres aus der Rechtsprechung des Senats zum Abwägungsgebot. Nach dieser Rechtsprechung ist das Gebot gerechter Abwägung nur verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht; innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 ≪309≫ und vom 5. Juli 1974 – BVerwG 4 C 50.72 – BVerwGE 45, 309 ≪314 f.≫). Die Befangenheit eines Moderators kann hiernach zu einem Abwägungsfehler nur führen, wenn die Gemeinde aufgrund der Befangenheit des Moderators bestimmte abwägungserhebliche Belange nicht oder jedenfalls nicht mit dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht in die Abwägung einstellt. Einen solchen Zusammenhang zwischen dem Moderationsverfahren und der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange durch den Rat der Antragsgegnerin zeigt die Beschwerde im Übrigen nicht auf.
2. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen,
– ob die Steuerung der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch interkommunale Vereinbarungen mit planungsrechtlichen Bindungen zulässig sein kann oder ob diese grundsätzlich gegen die gemeindliche Planungshoheit und gegen § 2 Abs. 3 BauGB 1987 (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB 2004) verstoßen und
– ob für Vereinbarungen unter Hoheitsträgern besondere Grundsätze gelten,
würden sich in dieser Allgemeinheit in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Entscheidungserheblich wäre nur die vom Oberverwaltungsgericht verneinte Frage, ob eine Gemeinde auf ihr Planungsrecht verzichten kann, indem sie sich gegenüber anderen Gebietskörperschaften ungeachtet zukünftiger Planungsbedürfnisse dauerhaft verpflichtet, einen bestehenden Bebauungsplan nicht zu ändern (vgl. UA S. 22 f.). Dass das Oberverwaltungsgericht diese Frage zu Recht verneint hat, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB besteht auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich eine Gemeinde weder zu einem bauplanungsrechtlichen Tun noch – spiegelbildlich – zu einem Unterlassen verpflichten (vgl. Urteil vom 29. Mai 1981 – BVerwG 4 C 72.78 – Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 22; zustimmend: Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand März 1998, § 2 Rn. 78 f.; Gierke, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Stand Januar 2000, § 1 Rn. 214; Schrödter, BauGB, 6. Auflage 1998, § 2 Rn. 50). Eine Gemeinde darf sich durch ihr nach außen handelndes Organ der Gemeindeverwaltung nicht auf einen Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt festlegen, weil sie dadurch der kommunalrechtlich zuständigen, aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Vertretungskörperschaft das Recht beschnitte, frei und unvoreingenommen darüber zu entscheiden, welche städtebauliche Entwicklung und Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) im Gemeindegebiet verwirklicht werden soll (vgl. Urteil vom 25. November 2005 – BVerwG 4 C 15.04 – zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB verbietet es der Gemeinde nicht nur gegenüber einem privaten Dritten, sondern auch gegenüber anderen Gebietskörperschaften, sich zur Aufstellung oder Nichtaufstellung eines Bauleitplans zu verpflichten. Dieses Verbot wird durch das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB) nicht modifiziert. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar (vgl. Urteil vom 1. August 2002 – BVerwG 4 C 5.01 – BVerwGE 117, 25 ≪32≫). Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots liegt darin, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Pflicht zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung unterliegt (Urteil vom 1. August 2002 a.a.O. S. 33). Die Pflicht, einen Bebauungsplan mit den betroffenen benachbarten Gemeinden abzustimmen, setzt voraus, dass die Gemeinde gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB überhaupt befugt ist, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, einen Bebauungsplan aufzustellen oder einen bestehenden Bebauungsplan zu ändern. Auf diese Befugnis kann eine Gemeinde auch gegenüber anderen Gebietskörperschaften nicht verzichten.
3. Die Fragen,
– ob die Nichtigkeit einer vom gemeindlichen Satzungsgeber abgegebenen interkommunalen Verpflichtungserklärung zu einem beachtlichen Abwägungsfehler und damit zur Unwirksamkeit des auf der Grundlage dieser Erklärung aufgestellten Bebauungsplans führt, weil die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht dem Willen des Satzungsgebers entsprechen und
– ob dem erklärten Willen dadurch eine Bedeutung für den Plan entzogen werden kann, dass man die Erklärung im Nachhinein für rechtlich unwirksam bezeichnet und welche Bedeutung dies für die Wirksamkeit des Plans hat,
würden sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat weder festgestellt, dass die Erklärung der Antragsgegnerin vom 16. März 1993 gegenüber den benachbarten Gebietskörperschaften Grundlage des Bebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung war, noch dass die Festsetzungen des Bebauungsplans für den Fall der Unwirksamkeit dieser Erklärung dem Willen der Antragsgegnerin nicht entsprachen. Die Beschwerde geht davon aus, dass die Antragsgegnerin die im Plangebiet zulässige Verkaufsfläche wirksam habe beschränken wollen. Sie zeigt jedoch nicht auf, wie die Antragsgegnerin dieses Ziel durch ihre Verpflichtungserklärung gegenüber den benachbarten Gemeinden hätte erreichen sollen. Gegenüber den Grundstückseigentümern konnte die zulässige Grundstücksnutzung nur durch den Bebauungsplan und – ihre Wirksamkeit vorausgesetzt – durch die von der damaligen Grundstückseigentümerin übernommene Baulast beschränkt werden.
Da der von der Beschwerde geltend gemachte Abwägungsfehler nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht vorliegt, kommt es auf dessen Beachtlichkeit und die hierzu formulierte Grundsatzfrage ebenfalls nicht an.
4. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, im Hinblick auf § 24 Abs. 3 LEPro NRW liege ein Verstoß gegen die Pflicht, den Bebauungsplan den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB) nicht vor, muss nach Auffassung der Beschwerde aus sämtlichen in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründen zur Zulassung der Revision führen. Das Oberverwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB im Hinblick auf § 24 Abs. 3 LEPro NRW mit doppelter Begründung verneint: § 24 Abs. 3 LEPro NRW enthalte kein Ziel der Raumordnung (UA S. 29 bis 34). Selbst wenn die Vorschrift als Ziel der Raumordnung zu qualifizieren sei, enthalte sie kein absolutes Verbot der Ausweisung von Kern- und Sondergebieten für Einkaufszentren an so genannten nicht integrierten Standorten. Im atypischen Einzelfall könne die Errichtung eines Einkaufszentrums städtebaulich in Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung gerechtfertigt sein, auch wenn den Vorgaben des § 24 Abs. 3 LEPro NRW nicht vollen Umfangs genügt sei. Eine solche Sondersituation im Sinne eines atypischen Einzelfalls sei hier gegeben (vgl. UA S. 34 f.). Ist ein Urteil auf mehrere, jeweils selbständig tragende Begründungen gestützt, kann eine Beschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO nur Erfolg haben, wenn ein Zulassungsgrund bei jedem der Urteilsgründe zulässig vorgetragen und gegeben ist (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328). Die Beschwerde richtet sich gegen beide Urteilsgründe. Die zur Verneinung der Zielqualität erhobenen Rügen greifen jedoch nicht durch. Den in Bezug auf die Bejahung eines atypischen Einzelfalls geltend gemachten Revisionszulassungsgründen ist deshalb nicht weiter nachzugehen.
In Bezug auf den ersten Urteilsgrund möchte die Beschwerde in dem erstrebten Revisionsverfahren rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob Soll-Vorschriften des Raumordnungsrechts wie alle anderen Soll-Vorschriften dahingehend ausgelegt werden müssen, dass bei Vorliegen von atypischen Fallumständen die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen anders verfahren darf.
Diese Frage würde sich in dem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat § 24 Abs. 3 LEPro NRW die Qualität eines Ziels im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG nicht nur abgesprochen, weil die Planaussage als Soll-Vorschrift formuliert ist und die Fallgestaltungen, bei denen die Regelvorgaben der Vorschrift nicht gelten sollen, nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar seien; es hat die Zielqualität des § 24 Abs. 3 LEPro NRW selbständig tragend auch deshalb verneint, weil die Planaussage im Hinblick auf die im Gesetz enthaltenen Voraussetzungen des Regelfalls den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot nicht genüge (vgl. UA S. 32 f.). Die Vorschrift konkretisiere nicht hinreichend, wann die Nutzungen der angestrebten zentralörtlichen Gliederung und der Sicherung der jeweiligen Versorgungsaufgabe “entsprechen”. Es bleibe unklar, ob etwa von der Versorgungsaufgabe der zentralörtlichen Stufe für ihren Verflechtungsbereich auszugehen oder ob insoweit allein auf das Gemeindegebiet des jeweiligen zentralen Ortes abzustellen sei. Es gebe keine Bestimmungsmerkmale dafür, welche Zentralitätsstufe eine Gemeinde aufweisen müsse, um von einer Übereinstimmung zwischen einem geplanten Einzelhandelsvorhaben bestimmter Größenordnung und der Belegenheitsgemeinde sprechen zu können. Ebenfalls unbestimmt sei die Entsprechung zur “angestrebten zentralörtlichen Gliederung”, wenn es – wie hier – um die Festsetzung eines Kerngebiets und die in ihm zulässigen Nutzungen gehe, da in einem Kerngebiet nach § 7 Abs. 2 BauNVO vielfältige Nutzungen allgemein zulässig seien. Soweit das Oberverwaltungsgericht die Zielqualität des § 24 Abs. 3 LEPro NRW verneint, weil der Regelfall nicht ausreichend bestimmt sei (vgl. UA S. 34), macht die Beschwerde Gründe für die Zulassung der Revision nicht geltend.
Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde, dass das Normenkontrollgericht von der Rechtsprechung des 7. Senats des Oberverwaltungsgerichts, dass § 24 Abs. 3 LEPro NRW ein Ziel der Raumordnung enthalte, abgewichen sei, ohne die Rechtsfrage gemäß § 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 VwGO dem Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts zur Entscheidung vorzulegen. Hierzu war das Oberverwaltungsgericht schon deshalb nicht verpflichtet, weil die Frage, ob § 24 Abs. 3 LEPro NRW ein Ziel der Raumordnung enthält, nach seiner – für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers maßgebenden (vgl. Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183; stRspr) – Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich war.
5. Die als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen,
– welchen Einfluss die von der planenden Kommune im Genehmigungsverfahren des Flächennutzungsplans abgegebenen Erklärungen auf die Wirksamkeit der Genehmigung haben,
– ob der Bauleitplan unwirksam ist, wenn der Inhalt seiner Regelungen von dem erklärten Willen der planenden Gemeinde abweicht oder ob der erklärte Wille für die Wirksamkeit des Bauleitplans keine Rolle spielt,
– ob Divergenzen zwischen dem angenommenen Planinhalt und der daraufhin erteilten Genehmigung einerseits und dem vom Gericht festgestellten Planinhalt zur Unwirksamkeit des Plans führen,
– welche Bedeutung die Genehmigung im Rechtsetzungsverfahren der Bauleitplanung hat und
– ob Fehler im Genehmigungsverfahren nur zu berücksichtigen sind, wenn sie zur Nichtigkeit der Genehmigung führen, während alle anderen Fehler des Genehmigungsverfahrens unbeachtlich sind,
würden sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Die Beschwerde geht davon aus, dass die Begrenzung der Verkaufsfläche, die Gegenstand der von der Grundstückseigentümerin übernommenen Baulast und der von der Antragsgegnerin gegenüber den benachbarten Gebietskörperschaften abgegebenen Verpflichtungserklärung war, nach den damaligen Vorstellungen der Beteiligten verbindlicher Inhalt der Genehmigungsverfügung der Bezirksregierung vom 15. Juni 1993 und des Flächennutzungsplans geworden sei. Nach ihrer Auffassung ergibt sich daraus, dass sich später herausgestellt habe, dass die Erklärungen der Grundstückseigentümerin und der Antragsgegnerin unwirksam seien und den ursprünglichen Planinhalt nicht verändert hätten, eine Divergenz zwischen sowohl dem Willen der Antragsgegnerin als auch der Genehmigungsbehörde einerseits und dem objektiven Planinhalt andererseits. Feststellungen, aus denen sich solche “Plandivergenzen” ergeben, hat das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht getroffen. Nach seinen Feststellungen enthalten weder der Flächennutzungsplan noch der Erläuterungsbericht Aussagen zur Begrenzung der Verkaufsfläche (vgl. UA S. 46). Dass die Antragsgegnerin entgegen der objektiven Rechtslage davon ausgegangen sei, die Verkaufsfläche werde – wenn überhaupt – nicht nur durch die Baulast und die deren Bestand sichernde Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin, sondern auch durch den Flächennutzungsplan selbst begrenzt, und dies als ihren Willen erklärt hätte, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig hat es festgestellt, dass die Antragsgegnerin, wenn sie die Unwirksamkeit ihrer Verpflichtung gegenüber den benachbarten Gemeinden erkannt hätte, die 61. Änderung des Flächennutzungsplans nicht beschlossen und von der Darstellung des Plangebiets als Kerngebiet Abstand genommen hätte. Die Beschwerde zeigt im Übrigen auch keine Anhaltspunkte auf, die eine solche Verknüpfung zwischen der auf eine Beschränkung der eigenen städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten gerichteten Verpflichtungserklärung und dem Interesse der Antragsgegnerin, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Einkaufs- und Freizeitzentrums zu schaffen, nahe legen würden.
Die Annahme der Beschwerde, jedenfalls die Genehmigungsbehörde habe die Begrenzung der Verkaufsflächen zum Gegenstand ihrer Genehmigungsverfügung gemacht, findet in dem angefochtenen Urteil ebenfalls keine Stütze. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Genehmigungsbehörde die vom Rat der Antragsgegnerin beschlossene 61. Änderung des Flächennutzungsplans genehmigt, ohne die Genehmigung durch Nebenbestimmungen einzuschränken. In einem der Genehmigung beigefügten Begleitschreiben hat sie gebeten, die Berichte der Antragsgegnerin vom 23. Februar und 16. März 1993 als ergänzende Anlagen dem Erläuterungsbericht beizufügen (vgl. UA S. 7). Das Oberverwaltungsgericht hat die Genehmigung als Genehmigung der Darstellung des Kerngebiets ohne Aussagen zur Begrenzung der Verkaufsflächen ausgelegt. Ob die Genehmigungsbehörde – wie von der Antragstellerin behauptet – angenommen hat, die dem Erläuterungsbericht beizufügenden Anlagen seien im Sinne einer Nebenbestimmung rechtsverbindlich, hat das Oberverwaltungsgericht offen gelassen, weil diese Annahme allenfalls als Mangel in der Willensbildung zu bewerten sei (vgl. UA S. 47). In Bezug auf diese Begründung liegen Revisionszulassungsgründe nicht vor. Die Beschwerde macht zwar geltend, dass das Oberverwaltungsgericht insoweit wesentliche Grundsätze bei der Auslegung von Willenserklärungen verkannt habe. Einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Hinblick auf die sich aus § 133 BGB ergebenden bundesrechtlichen Anforderungen an die Auslegung von Willenserklärungen oder einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zur Auslegung von Willenserklärungen, der von einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO abweicht, zeigt sie jedoch nicht auf.
Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Oberverwaltungsgericht dem Antrag, Beweis zu erheben über die Tatsache, dass die Verfügung vom 15. Juni 1993 mit den Genehmigungsanlagen eindeutig so zu verstehen sei, dass die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 70 000 m(2) wesentliche Entscheidungsgrundlage und dass dies auch den Vertretern der Antragsgegnerin bekannt gewesen sei, abgelehnt hat, weil er nicht eine Tatsache, sondern Auslegung und eine rechtliche Wertung zum Gegenstand habe. Diese Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags ist nicht zu beanstanden. Dass die Auslegung der Genehmigung keine dem Beweis zugängliche Tatsache ist, stellt auch die Beschwerde nicht in Abrede. Sie meint, dass das Oberverwaltungsgericht die Bedeutung des wirklichen Willens der Beteiligten für die Auslegung von Willenserklärungen verkannt habe. Bei der Prüfung, ob der Vorinstanz ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist jedoch von seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese einer Überprüfung nicht standhalten sollte (vgl. Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht die für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung maßgebenden Regeln verkannt haben könnte. Nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. Urteil vom 18. Juni 1980 – BVerwG 6 C 55.79 – BVerwGE 60, 223 ≪228 f.≫). Das Oberverwaltungsgericht hat in der Genehmigung einen Anhaltspunkt dafür, dass der Regierungspräsident die Genehmigung nur mit einer “Maßgabe” oder unter einer Auflage erteilen wollte, nicht gesehen. Die Beschwerde möchte den Inhalt der Genehmigung und die Umstände der Genehmigungserteilung in anderer Weise gewürdigt wissen. Eine solche Kritik an der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz ist nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu erreichen.
6. Die Beschwerde sieht einen weiteren Verfahrensmangel darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, zum Beweis der Richtigkeit der – näher spezifizierten – tatsächlichen Angaben, Ausführungen und Darlegungen in ihrer landesplanerischen Stellungnahme vom 30. März 2005 zum GMA-Gutachten ein Sachverständigengutachten einzuholen, wegen eigener Sachkunde des Gerichts abgelehnt hat. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags fehlerhaft war. Das Gericht muss Sachverständige hinzuziehen, wenn die Beurteilung eines konkreten Sachverhalts eine besondere Sachkunde erfordert, die kein Mitglied des Gerichts besitzt (vgl. Urteil vom 9. März 1984 – BVerwG 8 C 97.83 – BVerwGE 69, 70 ≪73≫; Kopp, VwGO, 14. Auflage 2005, § 98 Rn. 14). Die Beschwerde legt nicht dar, für die Beurteilung welchen Sachverhalts sich das Gericht zu Unrecht für sachkundig gehalten hat. Die Antragstellerin hatte nicht beantragt, ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Erweiterung des Einkaufszentrums infolge des Kaufkraftabflusses mit städtebaulich unzumutbaren Auswirkungen für die Nachbargemeinden verbunden ist. Sie wollte mit ihrem Antrag vielmehr – wie die Beschwerde selbst darlegt – den der Prognose der GMA zugrunde gelegten Sachverhalt in Zweifel ziehen und den Sachverhalt – beginnend mit einer neutralen Ermittlung der Verkaufsflächen – durch einen objektiven, unabhängigen Gutachter ermitteln und überprüfen lassen. Warum das Oberverwaltungsgericht nicht in der Lage gewesen sein sollte, selbst zu beurteilen, ob das GMA-Gutachten u.a. bei der Berechnung der Verkaufsflächen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, legt die Beschwerde weder dar noch ist dies ersichtlich.
Die in diesem Zusammenhang als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage,
ob bei der Änderung eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen für die Erweiterung eines Einkaufszentrums schaffen will, lediglich die städtebaulichen und infrastrukturellen Auswirkungen der geplanten Änderung (Erweiterung) zu prüfen sind oder ob eine Gesamtbeurteilung stattzufinden hat, in die auch die Auswirkungen des bereits errichteten Einkaufszentrums einzustellen sind,
würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat Anhaltspunkte für unzumutbare Auswirkungen nicht nur der geplanten Änderung (Erweiterung), sondern des Gesamtvorhabens auf die Nachbarstädte verneint (vgl. UA S. 52, 54, 56). Schon aus diesem Grund liegt auch die geltend gemachte Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 1993 – BVerwG 4 C 17.91 – (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158) nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Einkaufszentrum sowohl im Hinblick auf den vorhandenen Bestand als auch nach einer Erweiterung nur eine ergänzende Versorgungsfunktion hat bzw. haben wird (vgl. UA S. 61). Diese Einschätzung hat es vor allem auf die vergleichsweise geringen Marktanteile des CentrO im übergemeindlichen Einzugsbereich der Zone II gestützt. Der für diese Zone ermittelte Gesamtmarktanteil von 1,3 bis 3,0 % des vorhandenen einzelhandelsrelevanten Kaufkraftpotentials schließt den Marktanteil des bestehenden Einkaufszentrums ein (vgl. UA S. 60). Bestätigt sieht das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung durch die von der GMA prognostizierten Umsatzumverteilungseffekte. Diese hat das Gutachten – von der Vorinstanz unbeanstandet – zwar nur prognostiziert, soweit sie durch die geplante Erweiterung bewirkt werden (vgl. UA S. 59). Auch insoweit hat das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht ausgeblendet, dass bereits seit Herbst 1996 ein Einkaufszentrum mit knapp 70 000 m(2) Verkaufsfläche besteht; es hat vielmehr darauf hingewiesen, dass der Rat der Antragsgegnerin seinen Planungsüberlegungen diese Ausgangssituation zugrunde zu legen hatte (vgl. UA S. 59).
7. Die als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen,
– ob die planende Gemeinde zur Sicherung gemeindenachbarlicher Belange konkrete Festsetzungen im Bebauungsplan treffen muss, die bei unsicheren Prognosen über die künftige Entwicklung den Eintritt der zugrunde gelegten Annahmen gewährleisten, oder ob sie durch Ausweisung eines uneingeschränkten Kerngebietes die weitere Entwicklung dem freien Spiel der Kräfte überlassen darf und
– ob die Gemeinde verpflichtet ist, den Eintritt der Grundannahmen eines Gutachtens, das die Gemeinde der Planung zugrunde legt, durch entsprechend detaillierte Festsetzungen zu sichern,
wären in dem erstrebten Revisionsverfahren nur entscheidungserheblich, wenn die Prognose, dass die Planung die städtebauliche Entwicklung der Nachbargemeinden nicht unzumutbar beeinträchtigen werde, nicht von dem für den Einzelhandel der Nachbarstädte ungünstigsten Fall ausginge. Das Oberverwaltungsgericht hat die dem GMA-Gutachten zugrunde liegenden Annahmen als “worst case” bewertet. Nach seinen Feststellungen ist das GMA-Gutachten davon ausgegangen, dass die zulässige Geschossfläche nicht nur – wie im Einzelhandelserlass angenommen – zu 2/3, sondern zu ¾ als Verkaufsfläche genutzt werde (vgl. UA S. 58). Zudem lege das Gutachten für die Erweiterungsflächen einen hochwertigen Branchenmix zugrunde, der sowohl den gegenwärtigen Branchenzuschnitt im vorhandenen Einkaufszentrum als auch der Einzelhandelsstruktur in den Innenstadtzentren der Kommunen im Kerneinzugsgebiet entspreche; damit werde den Erweiterungsflächen ein Höchstmaß an Konkurrenzpotential unterstellt (vgl. UA S. 59). Die Beschwerde widerspricht zwar der Auffassung, dass das GMA-Gutachten den “worst case” abbilde. Insoweit macht sie jedoch Gründe für die Zulassung der Revision nicht geltend. Sie greift weder die der Bewertung als “worst case” zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen mit Verfahrensrügen an, noch wirft sie im Hinblick auf die Bewertung dieser Feststellungen eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Schließlich würden sich auch die Fragen,
– wie hoch die Relevanzschwelle der rechtserheblichen Beeinträchtigungen nachbargemeindlicher Belange durch die Umverteilung im Einzelhandel ist,
– ob es eine in Prozenten auszudrückende Schwelle für eine zulässige bzw. unzulässige Kaufkraftabschöpfung gibt und nach welchen Indikatoren sie zu bestimmen ist,
– ob dafür ausschließlich die Beeinträchtigungen bezogen auf das Gesamtgebiet der Nachbargemeinde ausschlaggebend sind oder ob die relevante Beeinträchtigung auf die nachteilig betroffenen Stadtteilzentren bezogen werden muss,
in dem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat die städtebaulichen Auswirkungen der Planung auf die Nachbargemeinden nicht – wie die Beschwerde meint – als zumutbar angesehen, weil die Umsatzumverteilung bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet eine Relevanzschwelle von 5 % nicht überschreite. Es hat vielmehr festgestellt, dass die von der GMA prognostizierten Umsatzumverteilungseffekte nicht für das gesamte Gemeindegebiet, sondern für alle untersuchten Einkaufsbereiche, d.h. für die Innenstadt und ggf. auch für die Stadtteilzentren der Kerneinzugszone II (vgl. UA S. 57), deutlich unter 5 % liegt. Bei Umverteilungseffekten in dieser Größenordnung sei eine wesentliche Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung in den Nachbarkommunen durch eine konkurrenzbedingte Schließung von Einzelhandelsbetrieben nicht zu befürchten (vgl. UA S. 61). An diese tatrichterliche Würdigung wäre der Senat in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen