Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.06.2014; Aktenzeichen 12 B 10.13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Rentenanwartschaft des 1964 geborenen Klägers aufgrund seiner bis zum 31. Dezember 2009 beim Beklagten eingezahlten Beiträge.
Rz. 2
Der Kläger ist seit September 1999 als selbstständiger Rechtsanwalt Mitglied des Beklagten und hält einen der drei Faktoren zur Berechnung der Rentenanwartschaft, den so genannten eintrittsaltersabhängigen Multiplikator, für verfassungswidrig. Auf Anforderung des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 fest, dass die durch Beitragszahlungen bis zum 31. Dezember 2009 erreichte Anwartschaft des Klägers auf Altersrente vorbehaltlich der endgültigen Berechnung der Höhe der Alters- oder gegebenenfalls Berufsunfähigkeitsrente im Leistungsfall 1 276,53 EUR betrage. Dabei legte der Beklagte der Berechnung den eintrittsaltersabhängigen Multiplikator 1,3800 für das Eintrittsalter 35 zugrunde. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. April 2013 stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, über die Festsetzung der Anwartschaft des Klägers auf eine Altersrente aufgrund der bis zum 31. Dezember 2009 beim Beklagten eingegangenen Beiträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen sowie die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die Beschwerde, mit der der Kläger sowohl eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör als Verfahrensfehler rügt (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) als auch die die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.
Rz. 4
1. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes des Berufungsgerichts gegen die Verpflichtung zur ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Rz. 5
Die schlüssige Bezeichnung einer Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig die substantiierte Darlegung des Beschwerdeführers, dass er sämtliche ihm verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1992 – 8 C 58.90 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 248 = juris Rn. 6 m.w.N.; Beschlüsse vom 21. Januar 1997 – 8 B 2.97 – Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 21 = juris Rn. 2, vom 21. Oktober 1999 – 8 B 307.99 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 24 = juris Rn. 2, vom 6. April 2004 – 9 B 21.04 – juris Rn. 2 und vom 31. März 2008 – 9 B 55.07 – juris Rn. 4).
Rz. 6
Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Der Kläger trägt vor, dass es ihm in der Kürze der Zeit zwischen dem Zugang der Schriftsätze des Beklagten vom 20. und 23. Juni 2014 und der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht am Dienstag, dem 24. Juni 2014, weder möglich noch zumutbar gewesen sei, sich mit den darin enthaltenen Ausführungen und Infografiken inhaltlich auseinanderzusetzen, geschweige denn diese zu widerlegen. In den Schriftsätzen habe der Beklagte auf die Anforderung des Gerichts vom 17. Juni 2014 unter anderem zu der „mit keinem Wort erläuterten und lediglich anhand bunter Bildchen dargestellten sogenannten ‚Äquivalenzrente’” als Maßstab einer sachlichen Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung verschiedener Eintrittsaltersgruppen Stellung genommen. Er, der Kläger, habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass er am Sonntag, dem 22. Juni 2014, seinen 50. Geburtstag gefeiert und am darauf folgenden Montag einen Urlaubstag genommen habe. Gleichwohl habe das Oberverwaltungsgericht das angegriffene Urteil vom 24. Juni 2014 maßgeblich auf den Inhalt der ihm, dem Kläger, erst am 20. und 23. Juni 2014 zugegangenen Schriftsätze des Beklagten gestützt, ohne ihm die Möglichkeit einzuräumen, dazu Stellung zu nehmen.
Rz. 7
Das reicht für eine ordnungsgemäße Gehörsrüge nicht aus. Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht dargelegt, dass er im Hinblick auf die ihm erst am 20. und 23. Juni 2014 zugegangenen Schriftsätze des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2014 eine Vertagung oder die Gewährung einer Schriftsatzfrist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO beantragt hat. Auch aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht ergibt sich nicht, dass der Kläger diese ihm verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Damit werden die vom Prozessrecht gestellten Anforderungen nicht erfüllt.
Rz. 8
2. Auch die Grundsatzrüge rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Rz. 9
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt und erläutert werden, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung der aufgeworfenen, bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage(n) des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder einer der in § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO genannten Vorschriften führen kann (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ und vom 8. Oktober 2012 – 1 B 18.12 – juris Rn. 2 m.w.N.).
Rz. 10
Die Beschwerdebegründung erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Der Kläger wirft die Rechtsfrage auf,
„ob in einer Körperschaft für selbstorganisierte Rentenanwartschaften verschiedene Gruppen von Mitgliedern in der geschehenen Art und Weise durch verschiedene eintritts-altersabhängige Multiplikatoren ungleich behandelt werden dürfen, obwohl sie im wesentlichen gleichzubehandeln sind”.
Rz. 11
Hierzu beruft er sich im Wesentlichen darauf, er halte „einen der drei Faktoren zur Berechnung der Rentenanwartschaft in § 19 Abs. 6 der Satzung der Beklagten, den sogenannten eintrittsaltersabhängigen Multiplikator, für unvereinbar mit Artikel 3 des Grundgesetzes und damit für verfassungswidrig”. Das Verwaltungsgericht sei seiner Auffassung gefolgt, das Oberverwaltungsgericht dagegen nicht.
Rz. 12
Die aufgeworfene Rechtsfrage betrifft jedoch eine irrevisible Vorschrift, die grundsätzlich nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Daran ändert auch nichts, dass die Beschwerde eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG geltend macht.
Rz. 13
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung und Anwendung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 2008 – 6 B 7.08 – Buchholz 451.20 § 12 GewO Nr. 1 Rn. 9, vom 8. Mai 2008 – 6 B 64.07 – Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom 16. Juli 2013 – 9 B 15.13 – juris Rn. 5 jeweils m.w.N.). Das leistet die Beschwerdebegründung nicht.
Rz. 14
Die von dem Kläger formulierte Frage thematisiert, wie insbesondere auch die in ihr verwendeten Worte „in der geschehenen Art und Weise” deutlich machen, die rechtliche Beurteilung und Anwendbarkeit der in § 19 Abs. 6 der Satzung des Beklagten enthaltenen landesrechtlichen Regelung. Dagegen wird keine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts, insbesondere etwa hinsichtlich der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG, bezeichnet.
Rz. 15
Die Beschwerdebegründung zeigt auch nicht auf, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des Bundes(verfassungs-)rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (vgl. dazu u.a. BVerwG, Beschlüsse vom 9. März 1984 – 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49 = juris Rn. 7, vom 21. September 2001 – 9 B 51.01 – Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44 = juris Rn. 5 und vom 19. August 2013 – 9 BN 1.13 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 4). Entsprechende Darlegungen sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Rz. 16
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Rz. 17
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, Dr. Deiseroth, Dr. Rublack
Fundstellen