Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtpersonalrat, Beteiligungsbefugnis des –
Normenkette
PersVG Rh-Pf § 57 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 23. November 1982 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte, der Präsident der Johannes Gutenberg- Universität Mainz, führte Mitte 1981 ohne Beteiligung einer Personalvertretung im Klinikum der Universität eine automatische Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage ein, die
- die Nummer der belegten Amtsübertragung (mit einer Kennzeichnung der Privatgespräche),
- die Nummer der Nebenstelle,
- die Nummer des gerufenen Ferngesprächteilnehmers,
- das Datum,
- die Uhrzeit und
- die Zahl der Gebühreneinheiten erfaßt.
Der Antragsteller, der Gesamtpersonalrat bei der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hat ein verwaltungsgerichtliches Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß die Einführung der automatischen Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage im Klinikum der Johannes Gutenberg- Universität Mainz seiner Mitbestimmung unterlegen habe.
Der Beteiligte hat eingeräumt, daß zumindest der Mitbestimmungstatbestand des § 77 Abs. 1 Nr. 19 LPersVG nicht von vornherein auszuschließen sei, und vorgetragen, daß er den Personalrat beim Campus bei der Einführung einer vergleichbaren Anlage dort inzwischen beteiligt habe und bereit sei, die dort erzielten Ergebnisse des im Stadium der Einigung befindlichen Verfahrens auch auf die Anlage im Klinikum anzuwenden.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit der Begründung stattgegeben, daß die Einführung der automatischen Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage im Klinikum der Universität der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 19 LPersVG unterlegen habe. Dieses Mitbestimmungsrecht habe dem Antragsteller und nicht dem Personalrat beim Klinikum zugestanden, weil der Beteiligte die in Frage stehende Maßnahme in seiner Eigenschaft als Leiter der Gesamtdienststelle durchgeführt habe.
Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht diesen Beschluß geändert und den Antrag abgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Erwägungen:
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die zu beteiligende Personalvertretung bei der in Rede stehenden Maßnahme der örtliche Personalrat der nach § 8 Abs. 3 LPersVG verselbständigten Dienststelle Klinikum, nicht aber der Gesamtpersonalrat bei der Johannes Gutenberg-Universität gewesen, so daß dieser mangels einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts in bezug auf die unterlassene Beteiligung keine gerichtliche Feststellung erwirken könne. Da die Einführung der automatischen Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage allein das Klinikum betreffe, sei eine Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats nach § 57 Abs. 2 LPersVG nicht begründet worden.
Nach § 57 Abs. 2 LPersVG sei der Gesamtpersonalrat nur zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die mehrere Dienststellen gemeinsam beträfen und nicht von den einzelnen Personalräten innerhalb ihrer Dienststellen geregelt werden könnten. Wo eine derartige Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats nicht begründet sei, verbleibe es bei der Beteiligung des jeweiligen örtlichen Personalrats. Im Geltungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes liege demnach bei personalvertretungsrechtlicher Verselbständigung von Dienststellen oder Dienststellenteilen der Schwerpunkt der Beteiligung bei den örtlichen Personalräten, und im Zweifel spreche eine Vermutung für deren Zuständigkeit. In dieser Hinsicht unterscheide sich die Rechtslage nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht wesentlich von derjenigen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht anderer Bundesländer.
Die in § 57 Abs. 2 LPersVG getroffene Regelung über die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats begegne auch nicht aus höherrangigem Recht herzuleitenden Bedenken, da das bundesrechtliche Rahmenrecht insoweit keine die Länder bindenden Vorschriften enthalte. Auch stehe sie nicht im Widerspruch zu den tragenden Grundsätzen des Personalvertretungsrechts.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 23. November 1982 aufzuheben und
die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Mainz – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 22. März 1982 zurückzuweisen.
Der Antragsteller macht weiterhin geltend, daß bei Anordnungen des Beteiligten in Personalangelegenheiten gegenüber dem Klinikum nicht der örtliche Personalrat sondern der Gesamtpersonalrat zu beteiligen sei. Dies folge aus der gesetzlichen Kompetenzabgrenzung zwischen den Beteiligten und dem Verwaltungsdirektor des Klinikums. Die Auslegung des § 57 Abs. 2 LPersVG durch das Beschwerdegericht widerspreche dem Sinn und Zweck der Vorschrift und führe zu praktischen Schwierigkeiten.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und den Antrag abgelehnt. Der Antragsteller ist durch die Einführung einer automatischen Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität nicht in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt.
Die Beteiligungsbefugnis des Antragstellers ist in § 57 Abs. 2 LPersVG geregelt, wonach der Gesamtpersonalrat nur für die Behandlung von Angelegenheiten zuständig ist, die mehrere Dienststellen gemeinsam betreffen und nicht von den einzelnen Personalräten innerhalb ihrer Dienststellen geregelt werden können; soweit seine Zuständigkeit begründet ist, ist er an Stelle der Personalräte der Dienststellen zu beteiligen. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergibt, hat der Gesamtpersonalrat nur bei Vorliegen der genannten – nebeneinander erforderlichen – Voraussetzungen mitzubestimmen, während es bei der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats verbleibt, wenn sich die Maßnahme lediglich auf die Stammdienststelle oder einen personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teil der Dienststelle auswirkt. Die Beteiligungsbefugnis des Gesamtpersonalrats beschränkt sich demnach auf Entscheidungen, deren Wirkung über den Bereich der Stammdienststelle oder eines personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teils der Dienststelle hinausgeht. Maßgebend für die Abgrenzung der Beteiligungsbefugnisse des örtlichen Personalrats und des Gesamtpersonalrats ist allein der sachlich-räumliche Wirkungsbereich der beteiligungspflichtigen Maßnahme, nicht aber der Umfang der dem Leiter der Gesamtdienststelle eingeräumten Entscheidungszuständigkeit, bzw. die Frage, ob er die Entscheidung in dieser Funktion oder als Dienststellenleiter der Stammdienststelle oder eines personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teils der Dienststelle zu treffen beabsichtigt.
Mit diesem Regelungsgehalt stellt § 57 Abs. 2 LPersVG eine Ausnahme von dem das Personalvertretungsrecht beherrschenden, als „Partnerschaftsprinzip” bezeichneten Grundsatz dar, daß der für die Entscheidung zuständige Dienststellenleiter jeweils nur die Personalvertretung zu beteiligen hat, die bei seiner Dienststelle gebildet, ihm also personalvertretungsrechtlich zugeordnet ist. Dies verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, da das Rahmenrecht des Bundespersonalvertretungsgesetzes (§§ 95 bis 106) keine die Länder bindenden Vorschriften über die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats enthält. Die in § 57 Abs. 2 LPersVG geregelte „Auffangzuständigkeit” des Gesamtpersonalrats entspricht vielmehr den allgemeinen Grundsätzen über die Stellung des Gesamtpersonalrats im Verhältnis zu den bei der Stammdienststelle und den personalvertretungsrechtlich verselbständigten Dienststellenteilen bestehenden Personalvertretungen.
Wie der beschließende Senat in dem Beschluß vom 15. August 1983 – BVerwG 6 P 18.81 – (BVerwGE 67, 353) zu § 83 Satz 1 Nds. PersVG ausgeführt hat, führt die „Aufspaltung” der Personalvertretung bei Bildung personalvertretungsrechtlich verselbständigter Teile der Dienststelle zugleich zu einer Beschränkung der Beteiligungsbefugnis der einzelnen Personalräte. Jeder von ihnen ist aufgrund der Wahl, aus der er hervorgegangen ist, nur legitimiert an Angelegenheiten mitzuwirken, die der jeweilige Dienststellenleiter in bezug auf die „Dienststelle” trifft, bei der er gebildet ist. Denn er hat nur das Mandat dieser „Dienststelle”. Ihm fehlt es hingegen an einer originären Zuständigkeit in Angelegenheiten, die dadurch über den Rahmen der „Dienststelle” hinausgreifen, bei der er gebildet worden ist, daß sie sich auf mehrere innerhalb der verwaltungsorganisatorischen Gesamtdienststelle bestehende personalvertretungsrechtlich verselbständigte Dienststellenteile oder auf die Gesamtdienststelle beziehen. Die dadurch entstehende Lücke auf Seiten der Personalvertretung schließt das Gesetz mit der Verpflichtung, in einer personalvertretungsrechtlich „aufgespaltenen” Dienststelle eine gemeinschaftliche Personalvertretung, den Gesamtpersonalrat, zu bilden, der in solchen Angelegenheiten tätig werden kann, in denen den Personalräten der einzelnen Dienststellenteile die Legitimation zur Beteiligung fehlt. Die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist demnach auf Angelegenheiten beschränkt, an denen die Personalräte der einzelnen personalvertretungsrechtlich verselbständigten Dienststellenteile mangels Legitimation nicht mitwirken oder mitbestimmen können.
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht an der Entscheidung des Beteiligten beteiligt werden mußte. Denn die Anordnung der Einführung der automatischen Ferngespräch- und Gebührenerfassungsanlage im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität betraf lediglich einen gemäß § 8 Abs. 3 LPersVG personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teil der Dienststelle. Das an sich gegebene Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 19 LPersVG hat vielmehr dem Personalrat beim Klinikum der Universität zugestanden. Da § 57 Abs. 2 LPersVG – wie ausgeführt – allein auf den Wirkungsbereich der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme abstellt, ist die unter den Prozeßbeteiligten strittige Frage, ob der Verwaltungsdirektor des Klinikums als „Dienststellenleiter” im personalvertretungsrechtlichen Sinn angesehen werden muß, oder ob der Beteiligte neben seiner Funktion als Leiter der Gesamtdienststelle auch „Dienststellenleiter” des Klinikums ist, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens – anders als im Geltungsbereich des § 83 Nds. PersVG (vgl. dazu den angeführten Beschluß vom 15. August 1983 ≪a.a.O.≫) – nicht entscheidungserheblich. Der Hinweis des Antragstellers auf § 11 Satz 1 LPersVG geht demgegenüber fehl. Diese Vorschrift bestimmt lediglich, daß im Personalvertretungsrecht für die Dienststelle ihr Leiter handelt. Die Vorschrift schließt es jedoch nicht aus, daß der Personalrat eines personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teils einer Dienststelle je nach der Entscheidungszuständigkeit sowohl dem Leiter der Gesamtdienststelle als auch dem Leiter des Dienststellenteils zugeordnet ist.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst
Fundstellen