Verfahrensgang
VG Dresden (Aktenzeichen 14 K 1606/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 21. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 97 145 EUR (entspricht 190 000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Rückübertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück in Dresden, die er mit einem bei der Beklagten am 8. Januar 1996 eingegangenen Schreiben beantragt hat. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG versäumt worden sei und die Voraussetzungen für eine Unbeachtlichkeit der Fristversäumung nicht gegeben seien.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Der Sache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
1. Der Kläger möchte geklärt wissen, „ob die ‚gleitende Ausschlussfrist’ des § 30 a Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz VermG auch dann (gilt), wenn die nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz ausgesprochene Rehabilitierungsentscheidung keinen Vermögensentzug zum Gegenstand hat, der vormals Verurteilte aber im Vorfeld einer Verurteilung sein Vermögen in der Erwartung veräußert hat, er werde im Zusammenhang mit einer Ausreise oder einem Häftlingsfreikauf enteignet”. Diese Frage lässt sich ohne weiteres anhand des Gesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung des beschließenden Senats beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. § 30 a Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz VermG sieht als Ausnahme von dem in Satz 1 angeordneten Fristablauf zum 31. Dezember 1992 vor, dass in den Fällen des § 1 Abs. 7 VermG die Ausschlussfrist erst nach Ablauf von sechs Monaten ab Unanfechtbarkeit der Aufhebungsentscheidung endet. Ein Fall des § 1 Abs. 7 VermG liegt hier nicht vor. Nach dieser Vorschrift gilt das Vermögensgesetz entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist, dass dem Kläger durch eine strafrechtliche (ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtliche) Entscheidung das Vermögen – hier: die Miteigentumsanteile – entzogen worden war. Hieran fehlt es. Das durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 26. September 1996 als rechtsstaatswidrig aufgehobene Urteil des Kreisgerichts Dresden-Nord vom 21. November 1983, mit dem der Kläger wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war, sah eine Vermögensentziehung nicht vor. Der Verlust der Miteigentumsanteile an dem Grundstück ist vielmehr dadurch eingetreten, dass er diese mit Kaufvertrag vom 20. September 1979 an seinen Bruder – wie er angibt – mit Blick auf den beabsichtigten Ausreiseantrag und in Kenntnis der staatlichen Genehmigungspraxis veräußerte. Eine Rückübertragung auf der Grundlage eines solchen Schädigungstatbestandes hätte die Aufhebung des Strafurteils vom 21. November 1983 nicht vorausgesetzt.
2. Ferner sieht der Kläger als klärungsbedürftig an, ob „an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sog. Nachsichtgewährung im vollen Umfang auch festzuhalten (ist), obwohl der Gesetzgeber nach der Grundsatzentscheidung vom 28. März 1996 (BVerwG 7 C 28.95) neue Vorschriften eingeführt hat, wonach auch nach dem 31. Dezember 1992 Restitutionsansprüche angemeldet werden können”. Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ausnahmsweise unbeachtlich, wenn sie erstens auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG nicht verfehlt würde (Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – BVerwGE 101, 39 ≪45≫); Beschluss vom 17. März 2000 – BVerwG 8 B 287.99 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 14 S. 19).
Entgegen der Auffassung des Klägers stellen die von ihm angeführten Gesetzesänderungen den Charakter des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG als Ausschlussfrist und damit die zweite Voraussetzung für die Unbeachtlichkeit der Fristversäumung nicht in Frage. Das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 (BGBl I S. 1823), das § 3 Abs. 1 Satz 3 ff. VermG änderte, hat die Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 VermG gerade unberührt gelassen (vgl. hierzu auch Urteil vom 15. November 2000 – BVerwG 8 C 28.99 – Buchholz 428 § 3 Nr. 40). Die mit dem Vermögensrechtsergänzungsgesetz vom 15. September 2000 (BGBl I S. 1382) neu eingefügte Vorschrift des § 5 a Abs. 6 des Entschädigungsgesetzes sieht zwar vor, dass vor der Gesetzesänderung bestandskräftig abgeschlossene Verfahren auf Antrag der Berechtigten wieder aufzugreifen sind. Es begrenzt aber aus Gründen der Rechtssicherheit die Antragsfrist auf sechs Monate nach In-Kraft-Treten des Gesetzes und trägt damit gerade dem Gedanken des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG Rechnung (BT-Drucks 14/1932 S. 15). Soweit es die Verlängerung der Frist des § 27 InVorG durch die Verordnung vom 18. Dezember 1998 (BGBl I S. 3818) betrifft, bleibt der Kläger eine Begründung dafür schuldig, inwieweit die Verlängerung der Frist insbesondere für die Einleitung des Verfahrens zur Erteilung von Investitionsvorrangbescheiden den Zweck der Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 VermG infrage stellen soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat demgemäß auch nach diesen Gesetzesänderungen weiterhin an der Voraussetzung für die Unbeachtlichkeit einer Versäumung der Ausschlussfrist des § 30 a VermG festgehalten, dass durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck der Vorschrift nicht verfehlt werden darf (Beschluss vom 17. März 2000 – BVerwG 8 B 287.99 – a.a.O.; Beschluss vom 18. Dezember 2000 – BVerwG 7 B 156.00 –).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 sowie § 73 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Gödel, Neumann
Fundstellen