Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensrecht. Restitutionsanspruch. Anmeldung. materielle Ausschlußfrist. Eigentumsgarantie
Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ist mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar.
Der Rückübertragungsanspruch steht nicht unter dem Schutz der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie (wie Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 10.94 – Buchholz 113 § 4 InVorG Nr. 4 = BVerwGE 98, 147). Dies gilt erst recht für noch nicht bei der Behörde angemeldete Ansprüche.
Normenkette
VermG § 30 a; GG Art. 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 14. November 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Sache wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Das Bundesverwaltungsgericht hat – wie auch die Beschwerde nicht verkennt – bereits entschieden, daß die in § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG geregelte Ausschlußfrist verfassungsmäßig ist (Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 2 S. 2 ≪6 f.≫ = BVerwGE 101, 39 ≪44 f.≫). Soweit die Beschwerde meint, durch diese Rechtsprechung sei noch offengeblieben, ob die Ausschlußfrist des § 30 a VermG mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sei, verkennt sie, daß sich diese Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich ebenfalls bereits entschieden, daß ein Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz nicht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt (Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 10.94 – Buchholz 113 § 4 InVorG Nr. 4 S. 7 ≪10≫ = BVerwGE 98, 147 ≪150≫). Den von einer Enteignung in der früheren sowjetischen Besatzungszone und in der früheren DDR Betroffenen stand bis zur Wiedervereinigung und dem damit verbundenen Erlaß des Vermögensgesetzes keine vermögenswerte Rechtsposition mehr zu, die dem Schutz der Eigentumsgarantie hätte unterfallen können (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪122 ff.≫). Infolgedessen dient das Vermögensgesetz nicht der Wahrung und Durchsetzung fortbestehender Eigentumsrechte, sondern der Wiedergutmachung erlittenen Unrechts, die nicht Ausschluß einzelner Grundrechte ist, sondern auf dem Rechts- und Sozialstaatsgedanken beruht (BVerfG, a.a.O., S. 126). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trifft diese verfassungsrechtliche Bewertung auch auf den mit dem Vermögensgesetz zugunsten der ehemaligen Eigentümer oder ihrer Rechtsnachfolger geschaffenen Rechtsanspruch auf Restitution zu (Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 10.94 – a.a.O.). Der Restitutionsanspruch ist auf die öffentlich-rechtliche Neubegründung von Eigentum zwecks Wiedergutmachung eines früheren Eigentumsentzugs gerichtet, verschafft aber dem Berechtigten noch nicht die Rechtsstellung eines Eigentümers (Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 10.94 – a.a.O., S. 11 bzw. 150 f.).
Ist demnach selbst der durch (rechtzeitigen) Antrag bei der zuständigen Behörde geltend gemachte Restitutionsanspruch (§ 30 Abs. 1 Satz 1 VermG) nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfaßt, gilt dies erst recht für nicht einmal geltend gemachte Ansprüche. Nur diese werden von der Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG erfaßt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift ist daher nicht an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen (vgl. auch Baedeker/Hirtschulz in Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, Stand August 1997, § 30 a VermG Rn. 3).
Selbst wenn man im übrigen mit der Beschwerde davon ausginge, daß vermögensrechtliche Ansprüche – selbst wenn sie noch nicht angemeldet waren – dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zuzuordnen wären (vgl. auch Wasmuth in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Januar 1998, B 100, § 30 a VermG Rn. 5 a f.), behielten die Erwägungen, mit denen das Bundesverwaltungsgericht die Regelung des § 30 a VermG im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungskonform gehalten hat (Urteil vom 28. März 1996, a.a.O.), in vollem Umfang ihre Berechtigung. In diesem Fall wäre die Ausschlußfrist wegen der dargelegten Erfordernisse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eine zulässige Eigentumsinhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Beschluß vom 25. April 1997 – BVerwG 7 B 124.97 – n.v.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen
Haufe-Index 1422570 |
VIZ 1998, 632 |
ZAP-Ost 1998, 748 |
OVS 1998, 336 |
OVS 1999, 110 |