Verfahrensgang
VG Greifswald (Urteil vom 08.06.2004; Aktenzeichen 2 A 1153/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 8. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 153 387,56 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung einiger Flurstücke. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurden diese 1962 unter vorläufige Verwaltung gemäß § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952 gestellt und 1977 zum Aufbaugebiet erklärt sowie im Grundbuch in Eigentum des Volkes umgeschrieben.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) wird; denn jedenfalls hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. 1.). Wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle auch eine Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des verwaltungsgerichtlichen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rügen, kann ebenfalls dahinstehen, ob die Beschwerde dem Darlegungsgebot des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt; denn das verwaltungsgerichtliche Urteil weicht nicht von einer in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (vgl. 2.).
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫).
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
ob die diskriminierende Wirkung einer entschädigungslosen faktischen Enteignung fortdauern kann, wenn eine nachfolgende Aufbaugebietserklärung an eklatanten Verfahrensmängeln leidet.
Diese Frage ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich eine – vor der Aufbaugebietserklärung erfolgte – faktische Enteignung der Flurstücke herleiten ließe. Vielmehr hat es festgestellt, dass die Flurstücke vor der Erklärung zum Aufbaugebiet lediglich in staatliche Verwaltung genommen worden waren.
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen.
Ob die Beschwerde dem genügt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls liegt keine Divergenz vor. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts stellt eine Enteignung nicht bereits dann eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG dar, wenn eine nach DDR-Recht mögliche Inanspruchnahme einer Fläche versehentlich unterblieben war und demzufolge deren formelle Gesetzeswidrigkeit durch eine nachträgliche Enteignung legalisiert werden sollte. Einen diesem Rechtssatz widersprechenden Rechtssatz enthält das von der Beschwerde angeführte Urteil vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113) nicht. In dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird ausgeführt, für die dort zu beurteilende Enteignung habe es offenkundig keine Rechtsgrundlage gegeben. Dies wird damit begründet, dass nicht nur ein versehentliches Unterbleiben einer an sich nach DDR-Recht möglichen Inanspruchnahme des Grundstücks vorgelegen habe, demzufolge deren formelle Gesetzwidrigkeit durch die nachträgliche Enteignung gleichsam hätte legalisiert werden können. Vielmehr habe während der Durchführung der Baumaßnahmen zu keiner Zeit eine Rechtsgrundlage bestanden, auf die eine Enteignung hätte gestützt werden können. Für die später erfolgte Enteignung allein zum Zweck der nachträglichen Sicherung bereits verausgabter Haushaltsmittel habe es offenkundig keine Rechtsgrundlage gegeben (vgl. Urteil vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – a.a.O. S. 347 f.). Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts enthält also nicht den Rechtssatz, eine unlautere Machenschaft (§ 1 Abs. 3 VermG) liege allgemein vor, wenn erst nach Vollendung einer Baumaßnahme nach dem Aufbaurecht enteignet wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen