Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösebetrag. Sicherungshypothek. Steuerforderung der DDR. Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen. Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung
Leitsatz (amtlich)
Ob eine hypothekarisch gesicherte Steuerforderung der DDR rechtsstaatswidrig zustande gekommen ist, ist nicht bei der Festsetzung von Ablösebeträgen gemäß § 18 VermG zu prüfen. Der Restitutionsberechtigte ist darauf verwiesen, die Aufhebung der Steuerfestsetzung nach Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesfinanzministers vom 8. August 1991 an die Obersten Finanzbehörden der Länder (BStBl I S. 793) zu beantragen, und nach Aufhebung den hinterlegten Ablösebetrag nach § 18b Abs. 1 Satz 3 VermG herauszuverlangen.
Normenkette
VermG §§ 18, 18b Abs. 1 S. 3; VwRehaG § 1; Einigungsvertrag Art. 19 S. 2
Verfahrensgang
VG Leipzig (Urteil vom 21.08.1997; Aktenzeichen 2 K 1459/94) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21. August 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 850 DM festgesetzt.
Gründe
Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung eines Ablösebetrages für eine Sicherungshypothek gemäß § 18 VermG aus Anlaß der Rückübertragung eines Grundstücks. Sie machen geltend, die durch die streitige Hypothek gesicherte Steuerschuld der DDR-Behörden aus dem Jahr 1951 gegen ihren Rechtsvorgänger sei machtmißbräuchlich festgesetzt worden. Die gegen die klagabweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen der Kläger ergibt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, “ob eine Sicherungshypothek zugunsten der damaligen DDR, welche auf einer rechtsmißbräuchlich zugrundeliegenden Forderung entstanden ist, einen Vermögenswert darstellt, welcher aufgrund unlauterer Machenschaften zugunsten staatlicher Stellen erworben worden ist”, so daß sich daraus im Restitutionsverfahren zu berücksichtigende Wiedergutmachungsansprüche des geschädigten Grundstückseigentümers ergeben. Die so formulierte Frage wäre allerdings in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Sinngemäß will die Beschwerde wohl die – allein entscheidungserhebliche – Frage aufwerfen, ob ein Ablösebetrag (§ 18 VermG) auch für eine Hypothek festzusetzen ist, die zur Sicherung einer machtmißbräuchlich zustande gekommenen Steuerforderung der DDR bestellt wurde. Diese Frage ist aber, ohne daß dies erst in einem Revisionsverfahren geklärt werden müßte, ohne weiteres zu bejahen:
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG ist grundsätzlich für alle dinglichen Rechte, die bei Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangen sind, ein Ablösebetrag festzusetzen und zu hinterlegen. Die Ausnahmen hiervon sind in § 18 Abs. 2 VermG geregelt; der dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt fällt nicht darunter. Bei den Ausnahmen handelt sich einmal um die in den Sätzen 1 – 4 geregelte Fallgruppe der Aufbauhypotheken und vergleichbaren Grundpfandrechte zur Sicherung von Baukrediten, in denen der Ablösebetrag pauschal zu vermindern ist. Zum andern geht es um zwei Fallgruppen, in denen überhaupt kein Ablösebetrag festgesetzt werden darf; sie betreffen einmal die in Satz 5 erwähnten Fälle der unterbliebenen Baumaßnahmen und zum andern die in Satz 6 aufgeführten Tatbestände. Bei der letztgenannten Fallgruppe geht das Gesetz von der widerlegbaren Vermutung aus, daß die Bestellung der betreffenden Grundpfandrechte diskriminierenden oder sonst benachteiligenden Charakter hatte und deshalb von vornherein keine Berücksichtigung zu Lasten des geschädigten Eigentümers mehr finden soll.
Für den hier in Rede stehenden Fall einer staatlich veranlaßten Grundpfandbestellung stellt das Gesetz diese Vermutung nur für Vorgänge aus der Zeit vor dem 8. Mai 1945 auf. Für die Zeit danach bleibt es dagegen bei der Grundregel des § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG. Dem liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, daß in diesen Fällen die generelle Vermutung eines rechtsstaatswidrigen Zustandekommens der gesicherten Forderung nicht gerechtfertigt ist. Deshalb soll das Restitutionsverfahren von der womöglich aufwendigen Prüfung freibleiben, ob im Einzelfall die gesicherte Verpflichtung des Berechtigten diskriminierenden oder sonst benachteiligenden Charakter besitzt und die Festsetzung eines Ablösebetrags zu unterbleiben hat. In einem solchen Fall muß der Restitutionsberechtigte also entsprechend dem Sicherungscharakter des Grundpfandrechts zunächst den festzusetzenden Ablösebetrag hinterlegen, ehe die Frage der möglichen Rechtsstaatswidrigkeit der zugrundeliegenden Forderung geklärt wird. Diese Verfahrensweise ist übrigens zumindest bei schwierig zu beurteilenden Vorgängen durchaus im Interesse des Restitutionsberechtigten, der auf diese Weise schneller das entzogene Vermögen zurückerhält.
Die zugrundeliegende Verpflichtung ist somit erforderlichenfalls in einem gesonderten Verfahren zu überprüfen. Folgt sie aus einer Verwaltungsentscheidung, kann der Restitutionsberechtigte nach Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Entscheidung erreichen, soweit sie – wie die Kläger dies hier behaupten – mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VwRehaG). Zwar sind Verwaltungsentscheidungen in Steuersachen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG von der Anwendung des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes ausgenommen, dies aber nur deshalb, weil mit dem Schreiben des Bundesfinanzministers vom 8. August 1991 an die Obersten Finanzbehörden der Länder (BStBl I S. 793) bereits ein gleichartiges Verfahren zur Verfügung steht (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des VwRehaG, BTDrucks 12/4994, S. 22). Sobald die zuständige Finanzbehörde den Steuerverwaltungsakt aufgehoben hat, kann der Restitutionsberechtigte von der Hinterlegungsstelle die Herausgabe des Ablösebetrages wegen Erlöschens der Steuerforderung verlangen (§ 18b Abs. 1 Satz 3 VermG).
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß die zweite von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage nicht entscheidungserheblich ist und schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Paetow, Dr. Brunn
Fundstellen
VIZ 1999, 51 |
ZAP-Ost 1998, 430 |
DÖV 1998, 697 |
NJ 1998, 493 |
OVS 1998, 335 |