Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20.09.2001; Aktenzeichen 12 A 10808/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 925,82 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Klägerin beigelegte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs bereits abschließend geklärt sind. Zusammenfassend wirft die Klägerin zum einen die Frage auf, ob die Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996, die nach § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG unmittelbar zu berücksichtigen sei, in Anhang A Kapitel I Ziffer 4 b die einzelnen kommunalen Gebietskörperschaften und Landkreise ermächtigt, die gemeinschaftsrechtlich festgesetzten EG-Pauschalgebühren kostendeckend und flächendeckend anzuheben. Dazu ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht inzwischen in einer ganzen Reihe von Entscheidungen ausgesprochen hat, es sei dem einzelnen Bundesland (bei Einhaltung der entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben) gestattet, gemäß der Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG in Verbindung mit Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b flächendeckend und nicht nur für einzelne Betriebe von den EG-Pauschalgebühren abzuweichen (vgl. zuletzt Urteil vom 18. Oktober 2001 – BVerwG 3 C 1.01 – UA S. 20). Der Ansicht der Klägerin, nur die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat dürfe eine solche Regelung treffen, ist dadurch die Grundlage entzogen. Die damit noch offene Frage, ob es gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, dass die Bundesländer die Kompetenz zur Erhebung kostendeckender über die pauschalen EG-Sätze hinausgehender Gebühren kommunalen Stellen übertragen, hat der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 9. September 1999 (Rs C-374/97 – Tz 34 „Feyrer”) eindeutig bejaht. Er hat darauf hingewiesen, dass es jedem Mitgliedstaat freisteht, die Zuständigkeiten auf innerstaatlicher Ebene zu verteilen und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte mittels Maßnahmen regionaler oder örtlicher Behörden durchzuführen, sofern diese Zuständigkeitsverteilung eine ordnungsgemäße Durchführung der betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte ermöglicht. Soweit die Klägerin im Hinblick auf diese Aussage des Europäischen Gerichtshofs Bedenken vorträgt, ob die Übertragung auf kommunale Gebietskörperschaften der ordnungsgemäßen Durchführung der betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte entgegenstünde, übersieht sie, dass der Europäische Gerichtshof einen solchen Fall kommunaler Zuständigkeit gerade für die hier streitige Untersuchungsgebühr zu entscheiden hatte, ohne den von der Klägerin vorgetragenen Bedenken zu folgen. Darüber hinaus verkennen diese Bedenken den Regelungszweck der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG, wie er vom Gerichtshof in Textziffer 40 des genannten Urteils festgehalten worden ist.
Auch die übrigen von der Beschwerde in Konkretisierung der Ausgangsfrage aufgeworfenen Fragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig und abschließend beantwortet. So hat der Europäische Gerichtshof beispielsweise in dem genannten Urteil vom 9. September 1999 entschieden, dass ein Mitgliedstaat, wenn er die Befugnis zur Erhebung der Gebühren für Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch den kommunalen Behörden übertragen hat, bis zur Höhe der der zuständigen kommunalen Behörde tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten höhere Gebühren als die Gemeinschaftsgebühren erheben darf. Damit ist die Frage, welches der Bezugspunkt für die zulässige Erhebung einer spezifischen kostendeckenden Gebühr ist, eindeutig im Sinne der Kosten der zuständigen kommunalen Behörde beantwortet. Die umfangreichen Ausführungen der Klägerin versuchen vergeblich, diese klare und nicht misszuverstehende Aussage in Zweifel zu ziehen.
Hinsichtlich der in verschiedenen Facetten aufgeworfenen Frage einer zulässigen Rückwirkung der landesrechtlichen Gebührenvorschriften hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 18. Oktober 2001 (BVerwG 3 C 1.01) bereits festgestellt, dass das Fehlen einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung kostendeckender Fleischbeschaugebühren vom Landesgesetzgeber rückwirkend durch den Erlass entsprechender Normen behoben werden konnte. Weder das Gemeinschaftsrecht noch das innerstaatliche Verfassungsrecht geben insoweit zu Zweifeln Anlass. Die ursprünglichen Heranziehungsbescheide mit geringeren Gebührenbeträgen begründeten kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, dass damit die Heranziehung abgeschlossen sei, weil sie einen ausdrücklichen Vorbehalt im Hinblick auf die erwartete Änderung der landesrechtlichen Bestimmungen enthielten.
Nicht nachvollziehbar ist schließlich, welcher Klärungsbedarf sich aus der Rückwirkungsfrage einerseits und dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts andererseits ergeben soll. Da das Gemeinschaftsrecht unzweifelhaft den Mitgliedstaaten die Befugnis eingeräumt hat, von den EG-Pauschalgebühren abzuweichen, kann eine Regelung, die die dafür gegebenen Voraussetzungen beachtet, den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts nicht tangieren.
Die von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Frage der Heranziehung zu Trichinenschaukosten spielt vorliegend keine Rolle, da die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit schon während des erstinstanzlichen Verfahrens aufgehoben hat (BU S. 5).
2. Das angefochtene Urteil weicht nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den in der Beschwerde bezeichneten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ab.
Hinsichtlich der Rückwirkungsfrage hat das Berufungsgericht ausdrücklich die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt. Dies schließt das Vorliegen der Divergenz aus.
3. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht von den in der Beschwerde bezeichneten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab.
Das gilt insbesondere für den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1997 (BVerwG 3 NB 3.94). Die Aussagen dieses Beschlusses sind nicht nur zu einer gänzlich anderen Fassung der Richtlinie 85/73/EWG ergangen als das angefochtene Urteil. Inzwischen hat auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 1999 (Rs C 374/97 – „Feyrer”) für die spätere Fassung der Richtlinie das Recht der Mitgliedstaaten zur Übertragung der Abweichungskompetenz auf andere staatliche Ebenen und zur Herabzonung des Referenzgebiets anerkannt. Damit kann der seinerzeitige Beschluss des Senats nicht mehr als Grundlage einer Abweichungsrüge dienen.
Die gerügte Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 1996 (BVerwG 3 C 7.95 – BVerwGE 102, 39) liegt ebenfalls nicht vor, weil die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für das neue Recht die Möglichkeit einer Kompetenzübertragung auf die Bundesländer eindeutig anerkannt hat. Auch im Übrigen gehen die erhobenen Abweichungsrügen offenkundig fehl.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Brunn
Fundstellen