Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.04.2001; Aktenzeichen 8 A 11442/00) |
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 06.04.2000) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. April 2001 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße vom 6. April 2000 werden geändert.
Die Baugenehmigung der Beklagten vom 17. Juli 1998 und der Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1998/27. November 1998 werden aufgehoben.
Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen unter dem 17. Juli 1998 erteilte Baugenehmigung für den Neubau des Designer Outlet Zweibrücken (DOZ) auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes Zweibrücken. Gegenstand der Genehmigung ist ein Fabrik-Verkaufs-Zentrum, das auf einer Fläche von maximal 21 000 m² 61 Einzelhandelsbetriebe und zwei Gastronomiebetriebe umfasst. Die Zulassung beschränkt sich auf bestimmte Sortimente (Damen-, Herren-, Kinder-, Säuglings- und Sportbekleidung, Bekleidungszubehör, Schuhe, Lederwaren, Haus- und Heimtextilien, keramische Erzeugnisse, Glaswaren, elektrische Haushaltsgeräte, Uhren, Schmuck, Wein, Sekt, Spirituosen, Gourmet-Lebensmittel, kosmetische Erzeugnisse und Körperpflegemittel) und innerhalb dieser Sortimente auf Markenartikel, die durch besondere Merkmale gekennzeichnet sind (Waren 2. Wahl, Auslaufmodelle, Modelle vergangener Saisons, Restposten, Waren für Markttestzwecke und Überhangproduktion).
Das genehmigte DOZ ist Teil eines ursprünglich weiterreichenden Konzepts, das auf einer Fläche von rund 48 000 m² ein Factory Outlet Center mit einer Gesamtverkaufsfläche von 38 000 m² sowie einen Multimediakomplex und Erlebniseinrichtungen vorsah.
Die Beigeladene beantragte für dieses Projekt im Oktober 1996 die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens. Die Bezirksregierung Neustadt/Weinstraße gab am 16. Juni 1997 eine mit Maßgaben versehene positive Stellungnahme ab, nachdem der rheinland-pfälzische Innenminister als Oberste Landesplanungsbehörde am 12. Juni 1997 Abweichungen von Zielfestlegungen im Landesentwicklungsplan und im regionalen Raumordnungsplan Westpfalz gebilligt hatte.
Der Zweckverband Entwicklung Flugplatz Zweibrücken (ZEF) beschloss am 20. März 1997 die Aufstellung des Bebauungsplans „Flugplatz DOZ/Freizeit- und Erlebnisbereich”. Die Bürger und die Träger öffentlicher Belange wurden auf der Grundlage des Planentwurfs in der Fassung vom 26. März 1998 beteiligt. Die Klägerin erhob u.a. folgende Einwendungen: Sie habe erhebliche Anstrengungen zur Neuordnung der gesamten Infrastruktur des Stadtkerns unternommen, um in innenstadtintegrierter Lage Handel und Dienstleistungen anzusiedeln. Dafür habe sie insgesamt 110 Millionen DM aufgewendet. Seit 1975 sei kein großflächiger Einzelhandel auf nicht integrierten Standorten zugelassen worden. Im Zuge der städtebaulichen Neuordnung der Innenstadt sei eine Fußgängerzone eingerichtet und ein integriertes innerstädtisches Einkaufszentrum geschaffen worden. Insgesamt verfüge die Innenstadt über ca. 40 000 m² Verkaufsfläche. Die Bedenken wurden zurückgewiesen: Gutachtliche Untersuchungen hätten für Neunkirchen eine Umsatzumverteilung von höchstens 4,7 v.H. und einen verbleibenden einzelhandelsbezogenen Zentralitätsgrad von 297 v.H. ergeben. Dies zeige, dass weder die verbrauchernahe Versorgung gefährdet noch die Zentralität des Mittelzentrums Neunkirchen in Frage gestellt werde. Die Nachteile wögen gering gemessen an den Vorteilen für den Wirtschaftsstandort Zweibrücken. Eine bereits versiegelte Fläche werde im Wege der Konversion einer sinnvollen Nutzung zugeführt; zudem würden 1 400 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Die Baugenehmigung vom 17. Juli 1998 wurde auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 BauGB erteilt, nachdem die Beigeladene die Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs in der Fassung vom 26. März 1998 anerkannt hatte.
Die gegen diese Genehmigung gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 25. April 2001 u.a. mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die Baugenehmigung begegne keinen rechtlichen Bedenken in Bezug auf ihre Bestimmtheit. Auch bauplanungsrechtlich lasse sie sich nicht beanstanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten lasse sie sich allerdings nicht auf § 33 BauGB stützen. Es fehle die Planreife. Der Planentwurf genüge nicht den Anforderungen, die § 2 Abs. 2 BauGB an das interkommunale Abstimmungsgebot stelle. Die Beklagte habe sich bei der Aufbereitung des Abwägungsmaterials lediglich mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Klägerin in ihrem Stadtgebiet weiterhin ihre Versorgungsfunktion als Mittelzentrum erfüllen könne. Die Klägerin habe darüber hinaus aber geltend gemacht, ihren Stadtkern städtebaulich in bestimmter Weise gestaltet und als Standort für den Einzelhandel hergerichtet zu haben. Der Frage, ob der besondere Charakter der Innenstadt durch das genehmigte Vorhaben, dessen Auswirkungen über den Verflechtungsbereich der Stadt Zweibrücken weit hinaus reichten, in Mitleidenschaft gezogen werde, sei die Beklagte nicht nachgegangen. Eine solche Gefährdung lasse sich nicht von der Hand weisen, denn aufgrund gutachterlicher Äußerungen sei mit einer Umsatzumverteilung für alle auch im DOZ geplanten Branchen von 17,6 v.H. zu rechnen. Die angefochtene Baugenehmigung finde eine rechtliche Stütze aber letztlich in § 35 BauGB. Ob sie im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB Zielen der Raumordnung widerspreche, könne dahinstehen. Denn aus einem etwaigen Verstoß gegen das rheinland-pfälzische Zentrale-Orte-System könne die Klägerin als saarländische Gemeinde nichts für sich herleiten. Die Baugenehmigung beeinträchtige keine öffentlichen Belange, auf die sich die Klägerin berufen könne. Zwar komme das Gebot der interkommunalen Rücksichtnahme auch im Anwendungsbereich des § 35 BauGB zum Tragen. Sein Schutzbereich unterscheide sich hier aber von der rechtlichen Wirkung, die § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der Bauleitplanung zukomme. Als öffentlicher Belang schlage es nur dann durch, wenn ein Vorhaben für die Nachbargemeinde mit unzumutbaren Auswirkungen verbunden sei. Ein Fehler im Abwägungsvorgang reiche nicht aus. Abzustellen sei vielmehr auf das Abwägungsergebnis. Von dem Vorhaben gingen positive Impulse für die Region aus. Die Nachteile, die der Klägerin drohten, wögen nicht so schwer, dass sie als unzumutbar zu qualifizieren seien. Als Indiz dafür, ob die Genehmigung des DOZ mit dem städtebaulichen Gepräge, das die Klägerin ihrer Innenstadt gegeben habe, unvereinbar sei, lasse sich die künftige Umsatzumverteilung werten. Von einem fehlerhaften Abwägungsergebnis könne erst bei Kaufkraftabflüssen in einer Größenordnung von 20 bis 25 v.H. ausgegangen werden. Die Beeinträchtigungen, die der Klägerin drohten, lägen nach ihren eigenen Berechnungen unter dieser Marke.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Das Berufungsgericht habe den Prüfungsmaßstab des § 2 Abs. 2 BauGB nicht richtig angewendet. Die Nachbargemeinde habe einen Anspruch darauf, dass ihre eigenen städtebaulichen Belange gerecht abgewogen würden. Die angefochtene Baugenehmigung sei unter Missachtung dieses Erfordernisses erteilt worden. Das Kriterium des öffentlichen Belangs in § 35 BauGB sei der Anknüpfungspunkt, um § 2 Abs. 2 BauGB für Außenbereichsvorhaben zur Geltung zu bringen. Diese Regelung entfalte Schutzwirkungen auch zugunsten der betroffenen Nachbargemeinde. Sie schließe Festsetzungen aus, die nicht auf den örtlichen Bereich ausgerichtet seien, sondern sogar noch weit über den raumordnungsrechtlichen Verpflichtungsbereich hinausreichten. Das Vorhaben lasse sich städtebaulich nicht damit rechtfertigen, dass in Zweibrücken eine Unterversorgung bestehe. Die Baugenehmigung kranke darüber hinaus daran, dass sie unbestimmt sei und gegen das Beeinträchtigungsverbot verstoße, das sich aus dem einschlägigen Plansatz des Landesentwicklungsprogramms ergebe und das ersichtlich auch dem Schutz der benachbarten zentralen Orte und ihrer Versorgungsbereiche diene.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. April 2001 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße vom 6. April 2000 zu ändern und die Baugenehmigung der Beklagten vom 17. Juli 1998 sowie den Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1998/27. November 1998 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte führt aus: Das Berufungsgericht habe bei der Erörterung des Gewichts der negativen Folgen für die Klägerin unberücksichtigt gelassen, dass der Bebauungsplanentwurf in der Fassung vom 29. Juni 1999 für das Fabrik-Verkaufs-Zentrum nunmehr eine Verkaufsfläche von 21 000 m² vorsehe. Es sei bei der Beurteilung der Frage der materiellen Planreife nach § 33 BauGB von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Aus den Akten ergebe sich, dass die Verbandsversammlung die Umstände, aus denen das Berufungsgericht einen Mangel im Abwägungsvorgang herleite, gesehen und in die Abwägung eingestellt habe. Wie sich das DOZ auf die Innenstadt der Klägerin auswirke, sei berücksichtigt worden, soweit dies mit wissenschaftlich seriösen Methoden möglich sei. Um den im Urteil des OVG festgehaltenen vermeintlichen Abwägungsfehler zu beheben, sei am 25. September 2001 ein erneuter Abwägungs- und Satzungsbeschluss gefasst worden. Dieser Beschluss sei bisher nicht öffentlich bekannt gemacht worden, weil der ZEF den Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens abwarte. Die Baugenehmigung sei hinreichend bestimmt. Unter Beiziehung von Fachleuten sei die Baurechtsbehörde in der Lage, die Einhaltung der getroffenen Regelungen sicherzustellen. § 35 Abs. 3 BauGB sei keine generell nachbarschützende Norm. Aus § 2 Abs. 2 BauGB könne die Klägerin nichts für sich herleiten. Im Rahmen einer Genehmigung nach § 35 BauGB komme ein Nachbarschutz nur nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots in Betracht. Auf eine Verletzung der materiellen Abstimmungspflicht könne die Nachbargemeinde sich nur berufen, wenn von einem Vorhaben unzumutbare Auswirkungen ausgingen. Das rheinland-pfälzische Raumordnungsrecht verleihe der Klägerin keine geschützte Rechtsposition.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht trägt vor: Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtige die Erteilung einer Baugenehmigung auf der Grundlage des § 35 Abs. 2 BauGB den öffentlichen Belang des interkommunalen Abstimmungsgebotes im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB nicht erst dann, wenn das Vorhaben zu unzumutbaren Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung benachbarter Gemeinden führe, sondern bereits dann, wenn es unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde habe. Durch die Abstimmung solle gemeindeübergreifend die Wahrung des Abwägungsgebots sichergestellt werden. Dem sei auch bei der Zulassung von Außenbereichsvorhaben Rechnung zu tragen. Anderenfalls drohe die Gefahr von Umgehungen. Das Berufungsgericht schneide mit seiner Auffassung, dass im Rahmen des § 35 BauGB nur unzumutbare Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung abgewehrt werden könnten, der Nachbargemeinde die Möglichkeit ab, auf den Abwägungsvorgang Einfluss zu nehmen. Werde das Berufungsurteil bestätigt, so könnte dies Gemeinden dazu verleiten, im Außenbereich gegebenenfalls ganz auf die Aufstellung von Bebauungsplänen zu verzichten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen. Die angefochtene Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Genehmigung findet in § 35 BauGB keine rechtliche Stütze. Ihre Rechtmäßigkeit ergibt sich auch nicht aus anderen Gründen.
1. Die Voraussetzungen für eine Baugenehmigung nach § 35 BauGB liegen nicht vor. Das Berufungsgericht beurteilt das Gesamtprojekt der Beigeladenen als ein „sonstiges Vorhaben” im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann ein derartiges Vorhaben im Einzelfall nur zugelassen werden, wenn seine Ausführung und Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beeinträchtigt das Vorhaben einen die Klägerin als Nachbargemeinde schützenden öffentlichen Belang, nämlich das Erfordernis einer förmlichen Planung.
1.1 Nach § 35 BauGB wird über die Zulässigkeit von Einzelvorhaben allein auf der Grundlage eines Konditionalprogramms entschieden. Dieses lässt für planerische Erwägungen keinen Raum. Das gilt auch, soweit das Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB berührt. Ein planerisches Element, das sich als Zulassungssperre erweisen kann, lässt der Gesetzgeber in das Zulassungsverfahren allenfalls insofern einfließen, als er der Gemeinde, auf deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, zur Wahrung der Planungshoheit die Möglichkeit einräumt, den Vorbehalt des Einvernehmens nach § 36 BauGB für planerische Aktivitäten zu nutzen. Das eröffnet ihr die Möglichkeit, anstelle der Interessenbewertung, welche § 35 BauGB zugrunde liegt, ihre eigenen abweichenden Planungsvorstellungen im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB umzusetzen.
Das in § 35 BauGB grundsätzlich vorgesehene Entscheidungsprogramm erweist sich in aller Regel als ausreichend, um eine städtebaulich entstehende Konfliktlage im Außenbereich angemessen beurteilen zu können und diese Beurteilung dem behördlichen Entscheidungsverfahren zuzuweisen. Das gilt zum einen für die gesetzgeberischen Wertungen, wie sie in den Privilegierungstatbeständen des § 35 Abs. 1 BauGB ihren Ausdruck finden. Zum anderen sind die in § 35 Abs. 3 BauGB angegebenen öffentlichen Belange regelmäßig hinreichend, um die vom Gesetzgeber bestimmte Interessenbewertung im Einzelfall mit der im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen Eindeutigkeit nachvollziehen zu können. Die öffentlichen Belange, die der Gesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufzählt, haben indes nur beispielhaften Charakter. Zu den nicht benannten öffentlichen Belangen gehört auch das Erfordernis einer förmlichen Planung. Dieser öffentliche Belang hat allerdings eine andere Qualität als die in § 35 Abs. 3 BauGB genannten. Er bringt zum Ausdruck, dass die in § 35 BauGB selbst enthaltenen Vorgaben nicht ausreichen, um im Sinne des erwähnten Konditionalprogramms eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für verschiedene Entscheidungslagen, wie sie im Außenbereich auftreten können, entschieden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 1968 – BVerwG 4 C 98.65 – BRS 20 Nr. 83; Urteil vom 7. Mai 1971 – BVerwG 4 C 19.70 – DVBl 1971, 588; Urteil vom 1. Dezember 1972 – BVerwG 4 C 6.71 – BVerwGE 41, 227; Urteil vom 26. November 1976 – BVerwG 4 C 69.74 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 58). Das im Außenbereich zu verwirklichende Vorhaben kann eine Konfliktlage mit so hoher Intensität für die berührten öffentlichen und privaten Belange auslösen, dass dies die in § 35 BauGB vorausgesetzte Entscheidungsfähigkeit des Zulassungsverfahrens übersteigt. Ein derartiges Koordinierungsbedürfnis wird vielfach dann zu bejahen sein, wenn die durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einen in erster Linie planerischen Ausgleich erfordern, der seinerseits Gegenstand einer abwägenden Entscheidung zu sein hat. Eine in diesem Sinne „abwägende” Entscheidung ist nach der Gesetzeslage weder der Genehmigungsbehörde noch der Gemeinde im Rahmen des § 36 Abs. 1 BauGB zugestanden. Sie ist nach Maßgabe der §§ 1 ff. BauGB allein in einem Bauleitplanverfahren zu treffen.
Nach dem Stand der Rechtsprechung hängt es im Wesentlichen vom Umfang des Vorhabens ab, ob eine Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ohne eine verbindliche Bauleitplanung öffentliche Belange beeinträchtigt. Dabei kommt es darauf an, in welcher Weise sich ein beabsichtigtes Vorhaben in seiner Substanz und in seinen Auswirkungen in die vorhandene Umgebung einfügt. Das Erfordernis der Planbedürftigkeit muss im Einzelfall nach Lage der Dinge konkretisiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1990 – BVerwG 4 C 6.87 – BRS 50 Nr. 84). Mehrere Gesichtspunkte können dafür ausschlaggebend sein. Ob ein Vorhaben planerischer Steuerung bedarf, wird zunächst davon abhängen, welche Probleme die Einordnung des Vorhabens in seine Umgebung aufwirft. Dafür geben die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB benannten öffentlichen Belange bereits wichtige Merkmale. Auch der in § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB betonte Gesichtspunkt der Raumbedeutsamkeit verweist mittelbar auf eine erforderliche planerische Koordinierungsnotwendigkeit. Lässt sich die Koordination der Belange sachgerecht letztlich nur im Wege einer Abwägung sicherstellen, so ist dies auch ein hinreichendes Anzeichen für bodenrechtlich relevante Auswirkungen, die geeignet sind, ein Planungsbedürfnis auszulösen. An der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil vom 22. Juni 1990 – BVerwG 4 C 6.87 – BRS 50 Nr. 84), dass ein Planungsbedürfnis nur für den Fall der Notwendigkeit einer Binnenkoordination bestehe, ist deshalb nicht festzuhalten (vgl. auch bereits Urteil vom 16. Juni 1994 – BVerwG 4 C 20.93 – BVerwGE 96, 95 ≪108≫, nach dem diese Einschränkung nur für den Regelfall gilt).
1.2 Auch im Verhältnis der Gemeinden zueinander ist § 35 BauGB nicht uneingeschränkt als Zulässigkeitsmaßstab tauglich. Das Bedürfnis nach einer planerischen Koordinierung und damit das eine Zulassung nach § 35 Abs. 2 BauGB hindernde Erfordernis einer förmlichen Planung kann sich aus § 2 Abs. 2 BauGB ergeben. Danach sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Die Vorschrift richtet sich zwar in erster Linie an die Gemeinde, die im Begriff ist, einen Bauleitplan aufzustellen. Der darin enthaltene Rechtsgedanke kommt indes auch dann zum Zug, wenn ein Vorhaben ohne förmliche Planung nach § 35 BauGB zugelassen werden soll. Handelt es sich um ein Vorhaben, das im Fall einer Bebauungsplanung nur nach Abstimmung mit einer Nachbargemeinde gemäß § 2 Abs. 2 BauGB als zulässig festgesetzt werden könnte, so darf das Abstimmungsgebot nicht dadurch umgangen werden, dass eine förmliche Planung unterbleibt. Im Einzelnen ist dazu auszuführen:
§ 2 Abs. 2 BauGB steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit § 1 Abs. 6 BauGB. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar. Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Der Gesetzgeber bringt dies in § 2 Abs. 2 BauGB unmissverständlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, lässt sich als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts verstehen. § 2 Abs. 2 BauGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass benachbarte Gemeinden sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber stehen. Die Vorschrift verlangt einen Interessenausgleich zwischen diesen Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen. Maßgebend ist die Reichweite der Auswirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1972 – BVerwG 4 C 17.71 – BVerwGE 40, 323; Urteil vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 4 C 36.86 – BVerwGE 84, 209; Beschluss vom 9. Mai 1994 – BVerwG 4 NB 18.94 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 89; Beschluss vom 9. Januar 1995 – BVerwG 4 NB 42.94 – Buchholz 406.11 § 2 BauGB Nr. 37).
Besteht ein derartiger qualifizierter Abstimmungsbedarf im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB, so ist dies ein starkes Anzeichen dafür, dass die Zulassungsschranken, die § 35 Abs. 3 BauGB aufrichtet, nicht ausreichen, um ohne planerische Abwägung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können. Dagegen fehlt es an dieser Indizwirkung, wenn es um die Berücksichtigung von Belangen der Gemeinde geht, die keine Auswirkungen gewichtiger Art darstellen, sondern lediglich im Rahmen des „einfachen” Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB zu beachten sind. Solche Belange sind nach den allgemeinen Regeln in die Abwägung einzustellen, also bereits dann, wenn sie mehr als nur geringfügig betroffen sind. Nachbargemeinden genießen in dieser Hinsicht keinen geringeren Schutz als private Betroffene. Umgekehrt lässt sich aus § 2 Abs. 2 BauGB nicht etwa entnehmen, dass eine Planung, die durch Auswirkungen gewichtiger Art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem Grund gegen das Abwägungsgebot verstieße. Auch hier gilt, dass selbst gewichtige Belange im Wege der Abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im Range vorgehen. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots liegt darin, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Pflicht zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung unterliegt. Die Missachtung eines solchermaßen begründeten Planungserfordernisses berührt zugleich den durch § 2 Abs. 2 BauGB erfassten Rechtskreis und verletzt dadurch die Nachbargemeinde in eigenen Rechten (zum Drittschutz im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1972 – BVerwG 4 C 17.71 – a.a.O. und Urteil vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 4 C 36.86 – a.a.O.).
1.3 Nach den mit Gegenrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichtes löst der genehmigte Gesamtkomplex so intensive Auswirkungen sowohl für das Gebiet der Beklagten selbst als auch für das Gebiet der Klägerin aus, dass ein – aus § 2 Abs. 2 BauGB folgendes – Bedürfnis nach planerischer Bewältigung gegeben ist. Die Beklagte geht übrigens im Rahmen ihrer auf § 33 BauGB gestützten Entscheidung selbst davon aus, dass sich der Neubau des Designer Outlet Zweibrücken ohne jegliche planerische Entscheidungen nicht verwirklichen lässt. Hierfür sind nach Maßgabe des insoweit unstreitigen Sachverhaltes drei Gesichtspunkte maßgebend:
1.3.1 Das genehmigte Vorhaben weist die Merkmale auf, die ein Einkaufszentrum im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO ausmachen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 – BVerwG 4 C 16.87 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 16). Es handelt sich um einen Gebäudekomplex, der Einzelhandelsbetriebe verschiedener Art und Größe, daneben aber auch Dienstleistungsbetriebe umfasst. Auf einer Fläche von 21 000 m² sind 61 Verkaufsläden sowie zwei Gastronomiebetriebe vorgesehen. Der Einstufung als Einkaufszentrum steht nicht entgegen, dass das Branchenspektrum beschränkt ist. Es kommt weniger auf ein umfassendes Warenangebot als auf die räumliche Konzentration von Einkaufsmöglichkeiten an. Maßgebend ist, dass einzelne Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten. Das ist nach dem festgestellten Sachverhalt offensichtlich der Fall.
Aus § 11 Abs. 3 BauNVO lässt sich unmittelbar allerdings nur ableiten, dass Anlagen, welche die tatbestandlichen Merkmale aufweisen, außer in Kerngebieten nur in eigens festgesetzten Sondergebieten, nicht aber in sonstigen Baugebieten zulässig sind. Zur Frage, ob solche Anlagen im Außenbereich zugelassen werden können, schweigt diese auf § 2 Abs. 5 BauGB beruhende Vorschrift naturgemäß. Dennoch lässt die Wertung, die ihr zugrunde liegt, Rückschlüsse auch für die Anwendung des § 35 BauGB zu. § 11 Abs. 3 BauNVO ist im System des Planungsrechts insofern einzigartig, als er es nicht damit bewenden lässt, die Zulassungsfähigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben allgemein an eine Planung zu binden. Es reicht nicht aus, dass die Standortgemeinde überhaupt planerisch tätig wird. Selbst wenn im Gemeindegebiet Misch-, Gewerbe- oder Industriegebiete zur Verfügung stehen, in denen Einzelhandelsbetriebe zulässig sind, muss die Gemeinde von ihrer Planungsbefugnis gezielt in einer bestimmten Richtung Gebrauch machen, um den Weg für eine Zulassung frei zu machen. Erforderlich ist eine auf die Anlagenspezifika zugeschnittene Planung. Diese Grundentscheidung des Normgebers beansprucht allgemeine Beachtung.
Insoweit ist für den Anwendungsbereich des § 35 BauGB ein Erst-Recht-Schluss nahe liegend. Wenn Einkaufszentren und sonstige großflächige Handelsbetriebe wegen der mit ihnen verbundenen nachteiligen Wirkungen ohne spezielle Planung nicht einmal in den Gebieten verwirklicht werden dürfen, die für sie an sich nach der Gebietstypologie der Baunutzungsverordnung bestimmt sind, so scheidet auch der Außenbereich als geeigneter Standort von vornherein aus. Eine Zulassung ohne jegliche Planung läuft zwangsläufig auf eine Beeinträchtigung der öffentlichen Belange hinaus, zu deren Wahrung sich der Normgeber der Baunutzungsverordnung ausdrücklich und gezielt des Mittels planerischer Steuerung bedient.
1.3.2 Ein Abstimmungsbedarf im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB besteht. Die Auswirkungen des von der Klägerin bekämpften Vorhabens beschränken sich nicht auf das Gebiet der Beklagten. Das Vorhaben ist von seinem Zuschnitt her nicht darauf ausgerichtet, den örtlichen Bedarf zu decken. Insbesondere aus § 11 Abs. 3 BauNVO ist zu entnehmen, dass eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB hier unumgänglich ist. Diese Bestimmung ist Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den dort genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen.
1.3.2.1 § 11 Abs. 3 BauNVO liegt die Wertung zugrunde, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt. Die Vermutungsregel, die der Normgeber insoweit in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO aufstellt, bezieht sich zwar nur auf großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO. Dies bedeutet indes nicht, dass der Normgeber Einkaufszentren eine Vorzugsbehandlung angedeihen lässt. Das Gegenteil ist der Fall. Damit die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Rechtsfolgen eintreten, bedarf es nicht eigens der Feststellung, welche nachteiligen Wirkungen konkret zu erwarten sind. Der Normgeber geht davon aus, dass sich die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen bei Einkaufszentren generell nicht ausschließen lassen. Eine Einzelfallprüfung erübrigt sich (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 – BVerwG 4 C 16.87 – a.a.O.).
1.3.2.2 Der mit § 11 Abs. 3 BauNVO verfolgte Regelungszweck lässt sich ferner von § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB her erschließen. Danach sind im Rahmen der Bauleitplanung u.a. die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zu berücksichtigen. Diese Regelung ist ein Beleg dafür, dass es dem Gesetzgeber ein wichtiges Anliegen ist, dem Interesse an gut erreichbaren und an den Bedürfnissen der Verbraucher orientierten Einzelhandelsbetrieben Rechnung zu tragen. Sie ist darüber hinaus Ausdruck der gesetzgeberischen Wertung, dass insbesondere die mittelständischen Betriebsformen des Einzelhandels geeignet sind, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. § 11 Abs. 3 BauNVO erfasst Betriebe, die entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herstellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereithalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 – BVerwG 4 C 54.80 – BVerwGE 68, 342). Er zielt darauf ab, den Einzelhandel an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten.
1.3.2.3 § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ist durch eine betont übergemeindliche Sichtweise geprägt. Die Vorschrift macht, soweit es darum geht, die Auswirkungen des Vorhabens zu beurteilen, nicht an den Gemeindegrenzen Halt. Vielmehr stellt sie auf den „Einwirkungsbereich” ab, der weit über die Standortgemeinde hinausreichen kann. Auch unter dem Blickwinkel der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche lässt sie es unabhängig davon, ob insoweit landesplanerische Festlegungen oder gemeindliche Entwicklungskonzepte die Grundlage bilden, nicht mit einer auf ein bestimmtes Gemeindegebiet bezogenen Betrachtung bewenden. In die insoweit gebotene Beurteilung einzubeziehen ist nicht nur die Standortgemeinde. Rechtliche Relevanz kommt auch den Auswirkungen „in anderen Gemeinden” zu. Das zeigt übrigens auch die Tatsache, dass die Errichtung des DOZ Gegenstand eines Raumordnungsverfahrens war.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO).
2.1 Die angefochtene Baugenehmigung findet in § 33 BauGB keine rechtliche Stütze. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fehlt es am Merkmal der Planreife. Eine Zulassung auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 BauGB kommt nur dann in Betracht, wenn u.a. anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht. Dies setzt voraus, dass der Bebauungsplan, so wie er als Entwurf vorliegt, wird in Kraft treten können. Dazu gehört nicht zuletzt, dass er den Anforderungen genügt, die sich aus dem Abwägungs- bzw. dem Abstimmungsgebot ergeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1963 – BVerwG 1 B 171.63 – Buchholz 406.11 § 33 BBauG Nr. 1; Beschluss vom 10. Juni 1970 – BVerwG 4 B 163.68 – Buchholz 406.11 § 33 BBauG Nr. 4 und Beschluss vom 2. März 1978 – BVerwG 4 B 26.78 – Buchholz 406.11 § 33 BBauG Nr. 5).
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten. Nach seiner Auffassung haftet dem Entwurf, auf den sich die Beklagte stützt, ein Mangel im Abwägungsvorgang an. Das Berufungsgericht hält dem Zweckverband vor, ausschließlich darauf abgestellt zu haben, ob die Versorgungsfunktion, die der Klägerin aufgrund der raumordnungsrechtlichen Vorgaben zukommt, beeinträchtigt werde oder nicht. Der planende Zweckverband sei aber der Frage nicht nachgegangen, wie sich das Planvorhaben auf die mit den Mitteln des Städtebaurechts geschaffene besondere Struktur der Innenstadt der Klägerin auswirke. Eine derartige Prüfung habe sich aufdrängen müssen. Das legt das Berufungsgericht näher dar. Danach sei von unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art jedenfalls dann auszugehen, wenn ein Planvorhaben zu Lasten der Nachbargemeinde eine Umsatzumverteilung von mindestens 10 v.H. erwarten lasse. Die Klägerin habe ein Gutachten vorgelegt, in dem eine Umsatzverlagerung von 17,6 v.H. prognostiziert werde.
Die Beklagte greift diese Feststellungen mit der Begründung an, das Berufungsgericht habe die Planungsunterlagen nicht vollständig ausgeschöpft und aus diesem Grunde übersehen, dass der Planungsträger auch die Gesichtspunkte berücksichtigt habe, die angeblich zu kurz gekommen seien. Diese Angriffe sind als Gegenrüge anzusehen (vgl. hierzu GS OGB, Beschluss vom 16. März 1976 – GmS OGB 1/75 – BVerwGE 50, 369; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1969 – BVerwG 6 C 103.67 – BVerwGE 32, 228). Sie sind unzulässig, da sie den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht genügen. Die Beklagte bezeichnet keine Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll. Die Rüge ist auch sachlich unbegründet. Das Berufungsgericht misst dem Stadtzentrum als Teil einer der Klägerin durch das Raumordnungsrecht zugewiesenen Funktion und als eigenständige städtebaulich relevante räumliche Einheit unter dem Blickwinkel des § 2 Abs. 2 BauGB je selbständige Bedeutung bei, der bei der Abwägung gesondert Rechnung zu tragen ist. Das eigene Vorbringen der Beklagten im Revisionsverfahren gibt nichts dafür her, dass auch die Planungsunterlagen dieser Unterscheidung gerecht werden. Die zitierten Textstellen der Verfahrensakten lassen sich jedenfalls nicht als Beleg dafür ins Feld führen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Argument, der städtebauliche Charakter des Stadtkerns als Standort für den Einzelhandel werde gefährdet, im Planaufstellungsverfahren stattgefunden hat.
2.2 Die Beklagte trägt vor, dass ein etwaiger Abwägungsfehler, an dem der Bebauungsplanentwurf in der im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblichen Fassung vom 26. März 1998 gelitten haben möge, inzwischen behoben worden sei. Der planende Zweckverband habe durch Beschluss vom 25. September 2001 im Wege einer „wiederholenden und erweiternden Abwägung” eine neue Abwägungsentscheidung getroffen. Das Vorhaben könne daher nicht mehr an der fehlenden Planreife im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB scheitern. Dahinstehen kann, ob die von der Beklagten geschilderten Vorgänge als neue Tatsachen im Revisionsverfahren berücksichtigungsfähig wären (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1992 – BVerwG 9 C 77.91 – BVerwGE 91, 104, Urteil vom 23. Februar 1993 – BVerwG 1 C 16.87 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64). Ein Rückgriff auf § 33 BauGB scheidet aus inhaltlichen Gründen aus.
2.2.1 § 33 BauGB will der Tatsache Rechnung tragen, dass das Planaufstellungsverfahren als notwendige Durchgangsstation zu einem wirksamen Bebauungsplan gemäß § 10 BauGB zwangsläufig von gewisser Dauer ist. Der Gesetzgeber verschafft mit diesem Zulassungstatbestand einerseits dem Prinzip der Planmäßigkeit der städtebaulichen Entwicklung Geltung. Andererseits verschließt er sich nicht der Einsicht, dass das Planaufstellungsverfahren auf Hindernisse stoßen kann, die zu unvermeidbaren Verzögerungen führen. Diese Unwägbarkeiten sollen nicht zu Lasten eines Bauinteressenten gehen, der bereit ist, sich Festsetzungen, die sich für die Zukunft bereits verlässlich abzeichnen, zu unterwerfen.
§ 33 BauGB muss in seiner Funktionalität beachtet werden. Die Vorschrift erfordert von der planenden Gemeinde, dass die Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten eines Bebauungsplans unverzüglich geschaffen werden, um die Verwirklichung von Vorhaben zu ermöglichen, die nach den §§ 30, 34 oder 35 BauGB unzulässig sind. Nur in dem dadurch gezogenen zeitlichen Rahmen findet sie Anwendung. Sie darf hingegen nicht dazu benutzt werden, die gesetzgeberische Zielsetzung durch Missachtung zu umgehen. § 33 BauGB darf mithin nicht so gehandhabt werden, dass der für diese Regelung typische Vorgriff auf einen Bebauungsplan ins Leere geht oder als taktisches Mittel herhält. Wird der Grundansatz verfehlt, ohne den die Norm der inneren Rechtfertigung entbehrt, so ist § 33 BauGB nicht anwendbar, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen scheinbar erfüllt sind. Dass diese Vorschrift schon deshalb eine enge Auslegung nahe legt, weil anderenfalls der Gefahr des Missbrauchs Vorschub geleistet wird, ist bereits bei früherer Gelegenheit mit Nachdruck betont worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1991 – BVerwG 4 B 212.91 – Buchholz 406.11 § 33 BBauG/BauGB Nr. 7; Beschluss vom 15. Oktober 2001 – BVerwG 4 BN 48.01 – ZfBR 2002, 172).
Ein derartiges Verständnis des § 33 BauGB begegnet auch aus der Sicht des Bauantragstellers keinen rechtlichen Bedenken. Zwar kann der Zulassungsanspruch von Umständen abhängig sein, auf die allein der Planungsträger Einfluss nehmen kann. § 33 BauGB stellt im Rahmen der Zulässigkeitstatbestände der §§ 30 ff. BauGB keine Regelung dar, die unter dem Blickwinkel des Art. 14 Abs. 1 GG zwingend geboten ist. Er erleichtert lediglich als zusätzlicher positiver Zulässigkeitstatbestand die Zulassung von Vorhaben. Der Bauantragsteller wird durch diese Vorschrift besser gestellt, als er bei Anwendung der §§ 30, 34 oder 35 BauGB stünde. Er ist indes darauf angewiesen, dass die Gemeinde die Voraussetzungen auch schafft, die nach der Konzeption des Gesetzgebers erfüllt sein müssen, damit eine Zulassung in Betracht kommt, die nach den übrigen Vorschriften nicht möglich wäre. Die insoweit nach der Normstruktur unabdingbare Verknüpfung mit planerischen Aktivitäten ist demgemäß der Zielsetzung immanent. Wie aus § 2 Abs. 3 BauGB zu ersehen ist, hat der Einzelne keinen Anspruch darauf, dass ein Bebauungsplan aufgestellt wird. Ebenso wenig gibt ihm das Gesetz ein Mittel an die Hand, das es ihm ermöglicht, darauf hinzuwirken, dass die Gemeinde eine von ihr mit dem Ziel der Aufstellung eines Bebauungsplans eingeleitete Planung zu Ende führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 4 B 180.96 – Buchholz 406.11 § 2 BauGB Nr. 39). Er muss es daher hinnehmen, wenn das Planaufstellungsverfahren, aus welchen Gründen immer, nicht weiter betrieben oder gänzlich abgebrochen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. August 1982 – BVerwG 4 B 145.82 – Buchholz 406.11 § 2 a BBauG Nr. 4). Soweit ihm hierdurch ein Schaden entsteht, bleibt es ihm unbenommen, Amtshaftungsansprüche oder sonstige Entschädigungsforderungen geltend zu machen. Das Risiko der Gemeinde, mit derartigen Ansprüchen überzogen zu werden, ist die Kehrseite ihrer Verpflichtung, das Planaufstellungsverfahren zügig zu Ende zu führen, sofern dem nicht plausible Gründe entgegenstehen.
2.2.2 Im hier zu entscheidenden Fall ist der begrenzte zeitliche Rahmen, innerhalb dessen der Zulassungstatbestand des § 33 BauGB angewendet werden darf, überschritten.
Der planende Zweckverband hat durch Beschluss vom 25. September 2001 im Wege einer „wiederholenden und erweiternden Abwägung” eine neue Abwägungsentscheidung getroffen. Dieser Umstand ist unstreitig und kann daher im Revisionsverfahren berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist eine Änderung der Sach- und Rechtslage, die sich zugunsten des Bauherrn auswirkt, zu beachten, mag die angegriffene Baugenehmigung im Zeitpunkt ihres Erlasses auch rechtswidrig gewesen sein. Gleichwohl führt die Änderung der Sach- und Rechtslage bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nicht zur Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigung. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschlussfassung vom 25. September 2001 die vom Berufungsgericht beanstandeten Mängel tatsächlich beseitigt hat oder neue Abwägungsfehler entstanden sind. Ein anerkennenswerter Grund, die Wirksamkeit des Bebauungsplanes nach dem Zeitpunkt der neuerlichen Beschlussfassung des Zweckverbandes nicht alsbald herzustellen, besteht nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht. Demgemäß kann die angegriffene Baugenehmigung nicht auf § 33 Abs. 1 BauGB gestützt werden. Es sind keine irgendwie gearteten organisatorischen Hindernisse ersichtlich, die der Bekanntmachung des Bebauungsplanes bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren hätten entgegenstehen können.
Nach den Angaben der Beklagten im Revisionsverfahren geht der planende Zweckverband davon aus, alles zum Abschluss des Planaufstellungsverfahrens Erforderliche getan zu haben. Was derzeit noch ausstehe, sei einzig und allein die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Dieser Schritt solle aber nicht vollzogen werden, da der Zweckverband den Ausgang des Revisionsverfahrens abwarten wolle. Nach dieser Darstellung wäre es mithin ohne weiteres möglich, den Bebauungsplan innerhalb kürzester Frist in Kraft zu setzen. Das Planaufstellungsverfahren in dieser Weise unmittelbar vor dem Abschluss schlicht ruhen zu lassen, ist jedenfalls im Hinblick auf § 33 Abs. 1 BauGB nicht gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich die Vorgehensweise des Zweckverbandes nach Lage der Dinge nicht mit dem anhängigen Rechtsstreit rechtfertigen. Es mag Situationen geben, in denen es einleuchtet, den Fortgang eines Verfahrens vom Ergebnis eines Prozesses abhängig zu machen, dem präjudizielle Wirkung zukommt. Ein Planungsträger kann triftige Gründe dafür haben, nicht Zeit, Arbeit und Kosten aufzuwenden, die sich nachträglich auf der Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung möglicherweise als unnütz erweisen. Derartige Erwägungen spielen indes keine Rolle mehr, wenn der Planungsprozess bereits so weit fortgeschritten ist, dass nur noch die öffentliche Bekanntmachung aussteht. Das Risiko, im Falle einer ungünstigen Gerichtsentscheidung vollendete Tatsachen geschaffen zu haben, die sich hätten vermeiden lassen, ist verschwindend gering. Auch die Gefahr, ohne Not „Reparatur”-Maßnahmen ergreifen zu müssen, die über die bereits erbrachten Leistungen hinaus erhebliche Zusatzbelastungen mit sich bringen können, zeichnet sich nicht ab. Allein das Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erlangen, rechtfertigt es nicht, ein Verfahren, das das Stadium der Abschlussreife erlangt hat, offen zu halten. Sieht der Planungsträger gleichwohl davon ab, mit dem Formalakt der Bekanntmachung einen Schlussstrich unter seine Planung zu ziehen, so macht er von § 33 BauGB einen unzulässigen dysfunktionalen Gebrauch. Dass damit zugleich die Möglichkeiten der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle – die auch im öffentlichen Interesse besteht – ausgeschaltet wird, kommt hinzu.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Lemmel, Halama, Gatz
Fundstellen