Entscheidungsstichwort (Thema)
Erklärungserwerb. Inland. Legitimation. Nacherklärungsfrist. nichteheliche Geburt. Oder-Neiße-Gebiete. Optionsrecht. polnisches Recht. Registrierschein. Registrierungsverfahren. Repatriant. Restlegitimationswirkung. Staatsangehörigkeit. Verlusttatbestand
Leitsatz (amtlich)
1. Ein bisher im Westen Deutschlands wohnender deutscher Staatsangehöriger polnischer Abstammung verlor nicht gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn er sich 1948 in den damals unter polnische Verwaltung gestellten Oder-Neiße-Gebieten angesiedelt und auf seinen Antrag die polnische Staatsangehörigkeit erworben hat.
2. Eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation im Sinne des § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. liegt grundsätzlich nicht vor, wenn das maßgebliche ausländische (hier: polnische) Recht nicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterscheidet und deswegen ein als Legitimation zu bewertendes Rechtsinstitut nicht kennt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 2, Art. 117 Abs. 1; EGBGB a.F. Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1; RuStAG §§ 4-5, 17 Nrn. 2, 5, § 25 Abs. 1; RuStAÄndG 1974 Art. 3
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 24.02.1997; Aktenzeichen Bf III 53/95) |
VG Hamburg (Entscheidung vom 26.01.1995; Aktenzeichen 4 VG 1370/92) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1997 wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 7. Juni 1991 begehrt.
Im übrigen wird das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die 1962 in Suchan (früher: Zachan, Kreis Saatzig, Pommern) geborene Klägerin begehrt die Feststellung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit. Ihre Mutter wurde 1937 in Wanne-Eickel geboren. Ihr Vater ist polnischer Staatsangehöriger. Beide schlossen 1968 in Dobrzany (früher: Jakobshagen, Kreis Saatzig) die Ehe. Die Klägerin selbst heiratete 1982 in Dobrzany einen polnischen Staatsangehörigen.
Die Klägerin meldete sich am 18. Juli 1989 in Berlin im Durchgangsheim für Aussiedler und Zuwanderer Marienfelde. Im November 1989 wurde sie zum Grenzdurchgangslager Bramsche weitergeleitet und dort am 4. Dezember 1989 als Nicht-Vertriebene der Gruppe A in das Verteilungsverfahren einbezogen, nachdem sie u.a. angegeben hatte, ihre Mutter habe mit deren Eltern bis nach Kriegsende in Wanne-Eickel gewohnt und sei mit ihnen 1948 nach Polen übergesiedelt. Am 6. April 1990 wandte sich die Klägerin mit der Fotokopie eines handschriftlich abgefaßten, aber nicht unterzeichneten Schreibens an das Bundesverwaltungsamt, mit dem sie geltend machte, sie wolle die „BRD-Bürgerschaft” erwerben. Mit Schreiben vom 9. Mai 1990 gab der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin in ihrem Namen die Erklärung gemäß Art. 3 Abs. 1 RuStAÄndG 1974 ab, daß sie deutsche Staatsangehörige werden wolle.
Die Stadt Herne übersandte der Beklagten Ablichtungen aus dem Heiratsregister des Standesamts Wanne, die die Großeltern mütterlicherseits der Klägerin betreffen. Danach haben diese am 20. März 1916 vor dem Standesbeamten in Wanne die Ehe geschlossen. In der Aufgebotsverhandlung vom 28. Februar 1916 sind beide als „staatsangehörig in Preußen” bezeichnet. In der ebenfalls übersandten Meldekarte ist die Staatsangehörigkeit des Großvaters mit „D.R.” vermerkt. Unter dem 1. April 1948 findet sich der Eintrag: „n. Polen (Fam.)”.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1991 entschied die Beklagte, daß die Klägerin nicht durch Abgabe der Erklärung gemäß Art. 3 RuStAÄndG 1974 deutsche Staatsangehörige geworden sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde nicht beschieden. Die Klägerin hat am 27. April 1992 Klage mit dem Antrag erhoben, unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Juni 1991 festzustellen, daß sie deutsche Staatsangehörige sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei nicht deutsche Staatsangehörige. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 RuStAG a.F. lägen nicht vor. Auch wenn man unterstelle, daß die Mutter der Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben habe, habe sie jedenfalls mit dem Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit im Jahre 1948 die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 17 Nr. 2, § 25 Abs. 1 RuStAG damaliger Fassung verloren. Dies gelte auch für den Fall, daß die Mutter der Klägerin – was offenbleiben könne – ihren Wohnsitz in den zum Deutschen Reich nach den Grenzen vom 31. Dezember 1937 gehörenden Gebieten genommen habe. Diese seien zwar damals Inland gewesen. § 25 Abs. 1 RuStAG umfasse aber seinem Regelungsgehalt nach auch den Vorgang, daß der Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit durch einen deutschen Staatsangehörigen polnischer Abstammung von dessen dauerhafter Neuansiedlung in dem unter polnische Verwaltung gestellten Gebiet innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 begleitet gewesen sei. Selbst wenn die Klägerin mit der Geburt deutsche Staatsangehörige geworden wäre, hätte sie die Staatsangehörigkeit nach § 17 Nr. 5 RuStAG in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung durch Legitimation infolge der Eheschließung ihrer Eltern wieder verloren. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, die nicht wegen des Verstoßes gegen das Gebot der Gleichbehandlung von Mann und Frau gemäß Art. 117 Abs. 1 GG mit dem 31. März 1953 außer Kraft getreten sei, seien hier erfüllt, obwohl das nach Art. 22 EGBGB a.F. anzuwendende polnische Recht aufgrund der Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder eine Legitimation durch nachfolgende Ehe nicht mehr kenne. Ein der Legitimation in ihrer zivilrechtlichen Wirkung gleichkommender Rechtsvorgang sei gegeben, wenn die Eltern des außerhalb der Ehe geborenen Kindes die Ehe schlössen und die Vaterschaft durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung feststehe. So liege es hier. Infolge dieses Staatsangehörigkeitsverlusts zähle die Klägerin zwar zu den Optionsberechtigten nach dem RuStAÄndG 1974. Die erforderliche Erklärung sei aber innerhalb der Erklärungsfrist bis Ende des Jahres 1977 nicht abgegeben worden. Eine Nachfrist von sechs Monaten sei der Klägerin nicht einzuräumen, weil weder sie selbst noch ihre Eltern unverschuldet außerstande gewesen seien, die Erklärung rechtzeitig abzugeben. Die Klägerin bzw. deren Eltern hätten sich bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Warschau nach der Rechtslage erkundigen und dort auch die in Rede stehende Erklärung abgeben können.
Hiergegen hat die Klägerin die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Ihre Mutter habe durch die Übersiedlung im Jahre 1948 und den Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit nicht gemäß § 17 Nr. 2, § 25 Abs. 1 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Das Berufungsgericht entmaterialisiere den Begriff „Inland” in einer über eine zulässige Auslegung hinausgehenden Weise, indem es auf eine Abkehr von Deutschland abstelle. Sie, die Klägerin, habe auch die deutsche Staatsangehörigkeit nicht nach § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. verloren, da diese unzulässigerweise nach dem Geschlecht unterscheidende Vorschrift gemäß Art. 117 Abs. 1 GG mit dem 31. März 1953 außer Kraft getreten sei. Falls sie dennoch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben sollte, sei sie nach dem RuStAÄndG 1974 optionsberechtigt und habe ihren Willen, Deutsche zu werden, durch ihre schriftlichen Angaben im Registrierverfahren im Juli 1989 hinreichend bekundet. Diese Erklärung sei nicht verspätet, weil sie und vor ihrer Volljährigkeit ihre Eltern an der Abgabe der Erklärung in Polen gehindert gewesen seien.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1997, des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Januar 1995 und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 7. Juni 1991 festzustellen, daß sie deutsche Staatsangehörige ist.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.
Der Oberbundesanwalt vertritt die Auffassung, aufgrund der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin deutsche Staatsangehörige sei. Das Berufungsgericht müsse klären, ob die Klägerin nichtehelich geboren sei und ob ihre Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben und bis zur Geburt der Klägerin behalten habe. Die Voraussetzungen des § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. lägen nicht vor. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts rechtfertigten auch nicht den Schluß, die Mutter der Klägerin habe die möglicherweise durch Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 25 RuStAG verloren.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Revision verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Revision ist zum Teil begründet.
1. Die Revision bleibt hinsichtlich der gegen den Bescheid vom 7. Juni 1991 gerichteten Anfechtungsklage ohne Erfolg. Der erkennende Senat versteht diesen Bescheid dahin, daß mit ihm die bei einer wirksamen Erwerbserklärung zum Nachweis des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit auszustellende Urkunde (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 RuStAÄndG 1974; § 1 Abs. 1 Nr. 2 StAUrkVwV) der Klägerin versagt worden ist, weil die Behörde einen Staatsangehörigkeitserwerb durch Erklärung nicht für gegeben erachtete. Die Klage ist zulässig; ihrer Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, daß sich die Klägerin insoweit auf einen Aufhebungsantrag beschränkt und nicht einen Verpflichtungsantrag stellt, denn ihrem Rechtsschutzinteresse wird durch den Feststellungsantrag, der ein weitergehendes Rechtsschutzziel zum Inhalt hat (vgl. dazu Urteil vom 21. Mai 1985 – BVerwG 1 C 12.84 – Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5), vollauf entsprochen. Die Klage ist aber unbegründet.
Die Klägerin hat die deutsche Staatsangehörigkeit – unterstellt, daß sie nicht bereits durch Geburt deutsche Staatsangehörige geworden und später geblieben ist – nicht nach Art. 3 RuStAÄndG 1974 erworben.
Nach der Fassung des § 4 Abs. 1 RuStAG zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin im Jahre 1962 erwarb das eheliche Kind eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter. § 4 Abs. 1 RuStAG a.F. war zwar seit dem 1. April 1953 mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung unvereinbar (Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 Abs. 1 GG). Dies führte jedoch nicht dazu, daß auch eheliche Kinder deutscher Mütter automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erwarben, sondern verpflichtete lediglich den Gesetzgeber, diesem Personenkreis einen Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu eröffnen (BVerfGE 37, 217). Im Hinblick hierauf sieht Art. 3 Abs. 1 RuStAÄndG 1974 in Satz 1 für die in der Zeit vom 1. April 1953 bis 31. Dezember 1974 ehelich geborenen Kinder deutscher Mütter den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch besondere Erklärung vor (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Optionslösung BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 729/96 – NVwZ-RR 1999, 403; Senatsurteil vom 24. Oktober 1995 – BVerwG 1 C 29.94 – BVerwGE 99, 341 ≪343 ff.≫). Entsprechendes gilt nach Satz 2, wenn ein nichtehelich geborenes Kind die deutsche Staatsangehörigkeit durch eine wirksame Legitimation verloren hat. Auch wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht unterstellt, daß die Mutter der Klägerin bei deren Geburt deutsche Staatsangehörige war und die weiteren Voraussetzungen für einen Erklärungserwerb nach Art. 3 Abs. 1 RuStAÄndG 1974 vorliegen (vgl. aber zu Satz 2 unten 2 c), so fehlt es jedenfalls an der rechtzeitigen Erklärung, die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben zu wollen.
Der erkennende Senat kann offenlassen, ob die durch Art. 3 Abs. 6 RuStAÄndG 1974 bis Ende 1977 eröffnete Erklärungsfrist unverschuldet oder – wie vom Berufungsgericht angenommen – verschuldet versäumt worden ist. Der Senat kann außerdem offenlassen, ob eine etwaige Nacherklärungsfrist – die bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Fortfall des Hindernisses läuft, wenn der Erklärungsberechtigte ohne Verschulden außerstande war, die Erklärungsfrist einzuhalten (Art. 3 Abs. 7 Satz 1 RuStAÄndG 1974) – versäumt worden ist, solange die Klägerin in Polen gelebt hat. Jedenfalls hat die Klägerin eine ihr möglicherweise noch zustehende Nacherklärungsfrist während ihres Aufenthalts in Deutschland versäumt.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteile vom 1. 24. Oktober 1995, a.a.O. und vom 25. Juni 1998 – BVerwG 1 C 2. 6.96 – Buchholz 130.0 RuStAÄndG Nr. 2) ist im Falle der Unkenntnis des Erklärungsberechtigten hinsichtlich des Optionsrechts für den Beginn des Laufs der Nacherklärungsfrist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die – auch von der Klägerin geltend gemachte – Unkenntnis nicht mehr unverschuldet ist. Eine Frist versäumt schuldhaft, wer nicht die Sorgfalt walten läßt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Betroffenen geboten und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten ist. Rechtsirrtum und Unkenntnis des Gesetzes schließen das Verschulden grundsätzlich nicht aus. Wer mit den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht vertraut ist, hat sich zu erkundigen (Urteil vom 24. Oktober 1995, a.a.O.). Ausgehend von diesen Grundsätzen, die nach der Rechtsprechung des Senats auch für Ausländer und im Ausland lebende Personen gelten, kann regelmäßig nicht angenommen werden, daß ein Betroffener, der sich – wie die Klägerin – in Deutschland aufhält, ohne Verschulden gehindert ist, sich über das Optionsrecht zu informieren und es auszuüben. In Deutschland bestehen für den Betroffenen ausreichende Informationsmöglichkeiten. Von ihm kann bei gegebenem Anlaß grundsätzlich erwartet werden, daß er sich nach seiner Einreise in sachgerechter Weise über seine staatsangehörigkeitsrechtliche Situation vergewissert.
Für die Frage, ob Unkenntnis von dem Optionsrecht ein unverschuldetes Hindernis darstellt, ist nach der Rechtsprechung des Senats von Bedeutung, ab wann der Betroffene hinreichend Anlaß hat, sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Bereits der Umstand, daß der Betroffene aus einer gemischtnationalen Ehe mit einem deutschen Elternteil stammt, legt eine Klärung seiner staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse nahe und bietet für den Erklärungsberechtigten hinreichend Anlaß, sich schon bei oder in angemessener Zeit nach der Geburt des Betroffenen über dessen deutsche Staatsangehörigkeit oder Möglichkeiten zu ihrem Erwerb Gedanken zu machen und, soweit erforderlich und zumutbar, Rechtsauskünfte einzuholen (Urteil vom 24. Oktober 1995, a.a.O.). Dies gilt grundsätzlich auch, wenn die Frage der deutschen Staatsangehörigkeit der Mutter des Betroffenen noch nicht abschließend durch eine Behörde geklärt ist. In diesem Falle muß von dem Erklärungsberechtigten grundsätzlich erwartet werden, daß er innerhalb der Frist des Art. 3 Abs. 7 Satz 1 RuStAÄndG 1974 u.U. vorsorglich eine Erwerbserklärung abgibt (vgl. auch Urteil vom 25. Juni 1998, a.a.O. S. 14).
Legt man diesen rechtlichen Maßstab zugrunde, hatte die Klägerin jedenfalls nach ihrer Einreise hinreichend Anlaß, sich umgehend die erforderliche Rechtskenntnis hinsichtlich des Optionsrechts zu verschaffen. Denn sie verfügte bereits bei ihrer Einreise über deutliche Hinweise auf ihre deutsche Abstammung. Ausweislich der vom Landesversorgungsamt Berlin im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen machte sie bereits im Juli 1989 im Vorprüfverfahren geltend, ebenso wie ihre Mutter deutsche Volkszugehörige zu sein und bejahte die Frage, ob ihre Eltern oder Großeltern in den Jahren 1939 bis 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen. Darüber hinaus legte sie im Registrierungsverfahren u.a. Geburtsurkunden ihrer Mutter und zweier Brüder ihrer Mutter vor, denen zufolge diese sämtlich in Wanne-Eickel geboren wurden. Nichts Abweichendes ergibt sich aus dem Umstand, daß die Klägerin die Staatsangehörigkeit ihrer Mutter im Vorprüfverfahren mit „Polin” angab. Abgesehen davon, daß damit die aktuelle Situation gemeint war, schließt diese Angabe nicht aus, daß die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin (zugleich) die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
Ob der Lauf einer der Klägerin bei ihrer Einreise nach Deutschland möglicherweise noch zustehenden Nacherklärungsfrist von sechs Monaten mit dem Tag der Einreise oder alsbald danach begonnen hat, bedarf vorliegend keiner abschließenden Erörterung. Selbst auf einen zusätzlichen Zeitraum von einem oder zwei Monaten, der auch bei Berücksichtigung von Umstellungsschwierigkeiten ausreichend wäre, käme es im Falle der Klägerin nicht an (vgl. auch Urteil vom 25. Juni 1998, a.a.O. S. 15).
Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin innerhalb einer etwaigen in dem dargelegten Sinne zu verstehenden Nacherklärungsfrist von sechs Monaten nach dem 18. Juli 1989 keine Erklärung abgegeben, die den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Erwerbserklärung ist schriftlich abzugeben (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 RuStAÄndG 1974). Der Erklärende muß inhaltlich zum Ausdruck bringen, deutscher Staatsangehöriger werden zu wollen (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 RuStAÄndG 1974). Es kann offenbleiben, ob das als „Antrag” überschriebene Schreiben an das Bundesverwaltungsamt, das dort am 6. April 1990 eingegangen ist, diese Anforderungen erfüllt. Es ist jedenfalls verspätet. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin vor dem zuletzt genannten Zeitpunkt eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Erwerbserklärung abgegeben hat. Ohne Erfolg bezieht sich die Revision auf die Angaben der Klägerin im Registrierungsverfahren. Der Regelungsgehalt des Registrierscheins erschöpft sich in der Einbeziehung oder Nichteinbeziehung des Antragstellers in die Verteilung der in den Erstaufnahmeeinrichtungen vorläufig untergebrachten Personen. Ein Antrag auf Ausstellung eines Registrierscheins hat nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats im Regelfall keine einbürgerungsrechtliche Bedeutung (Beschluß vom 17. Juli 1998 – BVerwG 1 B 73.98 – Buchholz 130.0 RuStAÄndG Nr. 3 = InfAuslR 1998, 504). Besondere Umstände, die einen entsprechenden Erklärungsgehalt hinreichend deutlich werden ließen, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Für sie gibt es im übrigen auch keine Anhaltspunkte. Weitere Erklärungen der Klägerin innerhalb der allenfalls in Betracht kommenden Nacherklärungsfrist werden von ihr nicht behauptet und sind auch sonst nicht ersichtlich. Es gibt ferner keine besonderen Umstände, die im Falle der Klägerin – ausnahmsweise – zu einemspäteren Beginn der Nacherklärungsfrist geführt haben könnten. Sie befand sich insbesondere weder in einem entschuldbaren Rechts- oder Tatsachenirrtum, noch kann sie sich auf einschutzwürdiges Vertrauen berufen (vgl. auch Urteil vom 25. Juni 1998, a.a.O. S. 14).
2. Bezüglich des Feststellungsantrags, gegen dessen Zulässigkeit Bedenken nicht bestehen, hat die Revision dagegen Erfolg. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht.
Die Klägerin hat nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz RuStAG a.F. durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, wenn sie dasuneheliche Kind einer Deutschen ist. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen dem Senat keine abschließende Entscheidung, ob dies der Fall ist. Die Frage, ob die Klägerin nach § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz RuStAG. a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, kann nicht im Hinblick auf den Verlusttatbestand des § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. offenbleiben, da dessen Voraussetzungen – wie noch auszuführen sein wird (vgl. unten c) – nicht vorliegen.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat zur Frage der nichtehelichen Geburt der Klägerin ohne Rechtsfehler dargelegt: Gemäß dem hier noch anzuwendenden Art. 18 Abs. 1 EGBGB a.F. ist für die Feststellung der Ehelichkeit des Kindes das Heimatrecht des Vaters zur Zeit der Geburt des Kindes maßgebend. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, kennt das polnische Familienrecht entsprechend dem Verfassungsgrundsatz, daß „die außerhalb der Ehe geborenen Kinder dieselben Rechte wie die ehelichen Kinder haben”, seit dem Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs von 1950 nur noch ein einheitliches Eltern-Kind Verhältnis; für die nichtehelichen Kinder verwendet es die Bezeichnung „Kinder, die außerhalb der Ehe geboren worden sind” bzw. „außerhalb der Ehe geborene Kinder”. Mehr als die rechtlich-formale Unterscheidung von innerhalb und außerhalb der Ehe geborenen Kindern ist für die Anwendung der Vorschrift in § 4 Abs. 1 RuStAG a.F. nicht vorausgesetzt (vgl. Urteil vom 6. Dezember 1983 – BVerwG 1 C 122.80 – BVerwGE 68, 220 ≪223 f.≫ = Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 14 S. 18).
Das Oberverwaltungsgericht hat keine abschließenden Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin außerhalb der Ehe geboren wurde. Es wird dies nunmehr nachzuholen haben, sofern nicht die nach Maßgabe der folgenden Darlegungen (unten b) erforderlichen Feststellungen ergeben, daß es an der deutschen Staatsangehörigkeit der Mutter der Klägerin fehlt. Dabei wird das Oberverwaltungsgericht seine Annahme zu überprüfen haben, die Mutter der Klägerin werde in der 1988 erstellten Geburtsurkunde mit ihrem heutigen Nachnamen genannt, den sie erst nach ihrer Eheschließung erhalten haben könne. Ein Vergleich mit anderen in den Behördenakten enthaltenen Geburtsurkunden legt es vielmehr nahe, daß in der Geburtsurkunde der Klägerin der Geburtsname ihrer Mutter unter Nr. 7 korrekt angegeben ist.
b) Hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin als Kind einer Deutschen geboren wurde, gilt folgendes:
aa) Zu Unrecht nimmt das Oberverwaltungsgericht an, die Mutter der Klägerin sei schon deswegen im Zeitpunkt von deren Geburt im Jahr 1962 nicht Deutsche gewesen, weil sie die deutsche Staatsangehörigkeit – unterstellt sie habe diese bis dahin besessen – jedenfalls im Jahr 1948 nach § 17 Nr. 2, § 25 Abs. 1 RuStAG aufgrund des Erwerbs der polnischen Staatsangehörigkeit verloren habe. Dem liegt die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde, daß die Großeltern der Klägerin und deren Tochter (d.h. die Mutter der Klägerin) 1948 auf ihren Antrag hin die polnische Staatsangehörigkeit erwarben, wobei das Oberverwaltungsgericht offengelassen hat, ob die Familie damals inner- oder außerhalb des Gebiets des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 ihren Wohnsitz genommen hat.
Gemäß § 17 Nr. 2, § 25 Abs. 1 RuStAG damaliger Fassung verlor ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hatte, seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des Ehemannes oder des gesetzlichen Vertreters erfolgte, die Ehefrau und der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorlagen, unter denen nach den §§ 18, 19 RuStAG a.F. die Entlassung beantragt werden könnte.
Das Oberverwaltungsgericht nimmt zu Recht an, daß Inland im Sinne des § 25 Abs. 1 RuStAG damals das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 war (so z.B. Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 25 RuStAG Rn. 15 ff.). Es verweist darauf, daß das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 unter Deutschland dieses Gebiet verstanden habe. Von der Anwendung des Besatzungsrechts seien die Gebiete östlich von Oder und Neiße ausgenommen gewesen, deren vorläufige Verwaltung Polen übertragen gewesen sei. Offenbleiben kann, von welchem Zeitpunkt an diese Gebiete nicht mehr Inland im Sinne des § 25 Abs. 1 RuStAG waren.
Unvereinbar mit diesem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt ist allerdings die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Verlusttatbestand des § 25 Abs. 1 RuStAG umfasse seinem Regelungszweck nach auch den Vorgang, daß der Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit durch einen deutschen Staatsangehörigen polnischer Abstammung von dessen dauerhafter Neuansiedlung in dem unter polnische Verwaltung gestellten Gebiet innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 begleitet gewesen sei (Gruppe der Repatrianten). Dieser erweiternden Auslegung des erwähnten Verlusttatbestands ist nicht beizupflichten. Zwar bezweckt § 25 Abs. 1 RuStAG, in den Fällen freiwilliger Hinwendung zu einem anderen Staat eine doppelte Staatsangehörigkeit auszuschließen (vgl. Urteil vom 21. Mai 1985, a.a.O. S. 14). Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt aber, daß der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nur eintreten kann, wenn der Deutsche im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, er also seine räumliche Beziehung zum Heimatstaat aufgegeben hat (vgl. auch Sartorius, in: Anschütz/Thoma ≪Hrsg.≫, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 1. Band, 1930, S. 267). Die Gesetzgebungsgeschichte ergibt, daß der Gesetzgeber den Verlusttatbestand entsprechend einschränken wollte: Der Begründung des Regierungsentwurfs zufolge sollte nur „ein im Ausland lebender Deutscher” bei freiwilligem Erwerb der fremden seine deutsche Staatsangehörigkeit verlieren (Verhandlungen des Reichstags, 13. Legislaturperiode, 1. Session, Anlagen Bd. 298, Drs. 6, S. 16, 29; vgl. auch Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 25 RuStAG Rn. 11). Der Gesetzgeber stellt mithin darauf ab, ob der Betroffene seinen Wohnsitz bzw. dauernden Aufenthalt im Inland oder im Ausland hat und sieht nur für den letzteren Fall unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit vor. Damit ist die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht vereinbar, bei dem Erfordernis des fortbestehenden Wohnsitzes im Inland handle es sich um eine – hier widerlegte – gesetzliche Vermutung dafür, daß es an der für den Verlust der Staatsangehörigkeit wesentlichen freiwilligen und endgültigen Abwendung von Deutschland fehle.
Im Rahmen des § 25 Abs. 1 RuStAG kann folglich nicht offenbleiben, ob die Großeltern und die Mutter der Klägerin 1948 ihren Wohnsitz innerhalb oder außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 nahmen. Da die Mutter der Klägerin ihre deutsche Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 RuStAG nur im letzteren Fall verloren haben kann, wird das Oberverwaltungsgericht die erforderlichen Feststellungen nunmehr zu treffen haben, sofern dies nicht aufgrund des Ergebnisses weiterer Feststellungen entbehrlich wird. Wenn die Mutter der Klägerin 1948 ihren Wohnsitz außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 genommen hat, wird, da sie damals minderjährig war, zu klären sein, ob ihre Eltern gemäß den Anforderungen von § 25 Abs. 1, § 19 Abs. 2 RuStAG in Verbindung mit den Anträgen auf ihre eigene Einbürgerung in Polen ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, die Einbürgerung auf die Mutter der Klägerin zu erstrecken (vgl. Urteil vom 9. Mai 1986 – BVerwG 1 C 40.84 – Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 6 m.w.N.).
bb) Ergeben diese Feststellungen, daß die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 RuStAG nicht vorliegen, so wird das Oberverwaltungsgericht – sofern dies nicht aus anderen Gründen entbehrlich wird – die im Berufungsurteil offengelassene Frage zu klären haben, ob die Mutter der Klägerin mit ihrer Geburt als eheliches Kind von Johann und Anna S. im Jahre 1937 gemäß § 4 Abs. 1 erster Halbsatz RuStAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Dies setzt voraus, daß ihr Vater zu diesem Zeitpunkt deutscher Staatsangehöriger war, was bisher nicht festgestellt ist.
Das Oberverwaltungsgericht geht revisionsrechtlich beanstandungsfrei davon aus, daß der Großvater (mütterlicherseits) der Klägerin – wie in der Aufgebotsurkunde des Standesamts Wanne vom 28. Februar 1916 angegeben – damals die preußische Staatsangehörigkeit und damit die deutsche Reichsangehörigkeit besessen hat. Es wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, um zu klären, ob er aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages sowie der Bestimmungen des Minderheitenschutzvertrages zwischen den alliierten und assoziierten Hauptmächten und Polen vom 28. Juni 1919 und des deutsch-polnischen Abkommens über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 30. August 1924 (RGBl 1925 II S. 33) – Wiener Abkommen – die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat (vgl. auch Urteil vom 26. Mai 1998 – BVerwG 1 C 3.98 – Buchholz 132.0 § 1 1. StARegG Nr. 9 S. 12 f. m.w.N.). Wie das Oberverwaltungsgericht dargelegt hat, kommt dies im Falle einer Option für die polnische Staatsangehörigkeit nach Art. 91 Abs. 4 des Versailler Vertrages bzw. bei Beibehaltung dieser Staatsangehörigkeit nach Art. 7 Abs. 4 des Wiener Abkommens in Betracht.
cc) Ergeben die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, daß die Mutter der Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben hat, so ist weiter zu klären, ob sie diese Staatsangehörigkeit vor deren Geburt durch Entlassung gemäß § 17 Nr. 1, § 23 RuStAG verloren hat. Die dafür erforderlichen Feststellungen sind bisher nicht getroffen worden.
c) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit – unterstellt, daß sie diese durch Geburt nach § 4 Abs. 1 RuStAG a.F. erworben hat – nicht gemäß § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. verloren.
Nach § 17 Nr. 5 RustAG a.F. ging die deutsche Staatsangehörigkeit für ein uneheliches Kind durch eine von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation verloren. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob § 17 Nr. 5 RuStAG a.F., der durch Art. 1 Nr. 3 RuStAÄndG 1974 mit Wirkung zum 31. Dezember 1974 aufgehoben wurde, bis zu diesem Zeitpunkt galt (vgl. BGH, NJW 1984, 562 ≪564≫) oder ob er als Art. 3 Abs. 2 GG entgegenstehendes Recht gemäß Art. 117 Abs. 1 GG bereits mit Ablauf des 31. März 1953 außer Kraft getreten ist (vgl. Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 17 RuStAG Rn. 10, Art. 3 RuStAÄndG 1974 Rn. 15 ff.).
Das Oberverwaltungsgericht legt ohne Rechtsfehler dar, daß die Frage, ob die in § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. vorausgesetzte nach deutschem Recht wirksame Legitimation des nichtehelichen Kindes vorliegt, unter Beachtung der Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts zu beurteilen ist und daß nach der aus der allseitigen Kollisionsnorm, die aus dem hier nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB noch anzuwendenden Art. 22 Abs. 1 EGBGB a.F. entwickelt wurde, die Legitimation eines nichtehelichen Kindes sich nach dem Heimatrecht des Vaters richtet (vgl. BGH, NJW 1984, 562 ≪563≫). Da der Vater der Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung allein die polnische Staatsangehörigkeit besaß, ist polnisches Recht maßgeblich. Offenbleiben kann, ob die ausschließliche Anknüpfung an das Heimatrecht des Vaters in Art. 22 EGBGB a.F. entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) gegen Art. 3 Abs. 2 GG verstößt, denn die Mutter der Klägerin war zum Zeitpunkt der Heirat (auch) polnische Staatsangehörige. Polnisches Recht ist daher als das gemeinsame Heimatrecht beider Elternteile anzuwenden, zumal die Beziehungen der Mutter zu Polen damals jedenfalls deutlich enger waren als diejenigen zu Deutschland (vgl. auch Urteil vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 228 bzw. S. 22).
Das polnische Recht unterscheidet – wie bereits ausgeführt (vgl. oben a) – nicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern und kennt deshalb das Rechtsinstitut der Legitimation durch nachfolgende Eheschließung nicht mehr. Insoweit ist an der Senatsrechtsprechung zu § 5 RuStAG a.F. anzuknüpfen (vgl. Urteil vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 229 ff. bzw. S. 23 ff.), der für den Staatsangehörigkeitserwerb voraussetzt, daß der maßgebende Rechtsvorgang des ausländischen Rechts auch innerstaatlich als Legitimation gewertet werden kann. Diese Voraussetzung ist bei § 5 und bei § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. in gleicher Weise gegeben, wenn der familienrechtliche Status des nichtehelichen Kindes nachträglich in den eines ehelichen Kindes geändert wird. Dagegen löst ein Rechtsvorgang, der eine derartige Änderung des zunächst gegebenen Rechtsstatus des Kindes nicht bewirkt, die Rechtsfolgen dieser Vorschriften nicht aus; so liegt es grundsätzlich, wenn das ausländische Recht nicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterscheidet und deswegen ein als Legitimation zu bewertendes Rechtsinstitut nicht kennt. Im Rahmen des § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. ist – ebenso wie bei § 5 RuStAG a.F. – für die Berücksichtigung ausländischer Rechtsfiguren kein Raum, die keine Legitimation in dem oben dargelegten Sinn darstellen, sondern ihr allenfalls entfernt ähneln mögen. Damit ist ein der Legitimation gleichkommender Rechtsvorgang entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ohne weiteres schon dann gegeben, wenn die Eltern des außerhalb der Ehe geborenen Kindes die Ehe schließen und die Vaterschaft durch Anerkennung oder gerichtliche Entscheidung feststeht.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, daß im polnischen Recht ein als Legitimation zu bewertendes Rechtsinstitut hinsichtlich der Eheschließung und der Vaterschaftsanerkennung besteht. Soweit in der personenstandsrechtlichen Rechtsprechung eine gewisse „Restlegitimationswirkung” angenommen wird, weil das polnische Recht die Ehe und die Rechtsvermutung der Geburt eines Kindes in der Ehe kenne und zudem – wenn die Ehe der Eltern nach der Geburt des Kindes geschlossen werde – am Rande des Geburtseintrags ein Ergänzungsvermerk über die erfolgte Eheschließung und über die Änderung des Familiennamens des Kindes einzutragen sei (vgl. BayObLG, StAZ 1996, 81 ≪83≫), sind damit die staatsangehörigkeitsrechtlichen Anforderungen an einen der Legitimation gleichkommenden Rechtsvorgang nicht erfüllt.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten. Die Anfechtungsklage hat kostenrechtlich keine eigenständige Bedeutung.
Unterschriften
Meyer, Mallmann, Hahn, Groepper, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1493384 |
FamRZ 1999, 1586 |
NVwZ-RR 1999, 687 |
ZAR 1999, 233 |
DVBl. 2000, 408 |