Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderabgabe, Erstattungsanspruch, Bestandskraft, Erkenntnisfortschritt, Bohrlochprinzip, Verwirkung, Zinsanspruch, Parteiwechsel
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Änderung der Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG kann auch durch Gewinnung neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse eintreten. Damit wird der als objektiv angesehene Wissensstand im Nachhinein verändert.
2. Das Zusatzabkommen zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Vertrag über die Regelung der Zusammenarbeit in der Emsmündung (Ems-Dollart-Vertrag) vom 14. Mai 1962 (BGBl 1963 II S. 653) bestimmt für den in diesem Abkommen vereinbarten Grenzbereich die Reichweite der deutschen Förderabgabenregelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG.
3. Für die Aufteilung des im Grenzbereich geförderten Vorkommens ist unerheblich, welcher der nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht Berechtigten an welcher Stelle aus dem Grenzbereich Erdöl oder Erdgas gefördert hat. Im gemeinsamen Grenzbereich ist für das innerdeutsche Abgabenverhältnis das sog. Bohrlochprinzip des deutschen innerstaatlichen Rechts durch einen Aufteilungsgrundsatz ersetzt.
4. Ein materielles Recht ist gegenüber einer Behörde verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, die Behörde infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, die Behörde hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in ihren Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die sie anderenfalls nicht ergriffen hätte oder die sie nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann.
5. Der Zinsanspruch für einen geltend gemachten Erstattungsanspruch kann aus entsprechender Anwendung von § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1, § 246 BGB auch im Falle einer begründeten Verpflichtungsklage oder einer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO hilfsweise erhobenen Leistungsklage gerechtfertigt sein. Eine Änderung der Parteibezeichnung gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO hat keinen Einfluss auf den durch Rechtshängigkeit entstandenen Zinsanspruch. Das gilt auch für den gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO gestellten Klageantrag.
Normenkette
VwGO §§ 78, 113 Abs. 1 S. 2, § 137 Abs. 1-2; VwVfG §§ 51, 62; BGB §§ 133, 157, 291; BBergG §§ 8, 31 Abs. 1, §§ 42, 149; Zusatzabkommen zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Vertrag über die Regelung der Zusammenarbeit in der Emsmündung (Ems-Dollart-Vertrag) vom 14. Mai 1962 (BGBl 1963 II S. 653)
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Entscheidung vom 02.11.1999; Aktenzeichen 7 L 3645/97) |
VG Hannover (Entscheidung vom 28.04.1997; Aktenzeichen 7 A 5257/96) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. November 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von Förderabgaben, die sie an das Land Niedersachsen für gefördertes Erdgas und Erdöl für die Erhebungszeiträume 1982 bis 1988 gezahlt hat.
Das Erdgas und das Erdöl stammen aus dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden umstrittenen Grenzbereich im Gebiet des Ems-Dollart. Beide Staaten schlossen am 14. Mai 1962 zur Förderung der Ausbeutung der Bodenschätze im Untergrund des umstrittenen Grenzbereiches in der Emsmündung das Zusatzabkommen zum Ems-Dollart-Vertrag (BGBl 1963 II S. 653). Das Zustimmungsgesetz wurde am 10. Juni 1963 verkündet (BGBl II S. 652). Nach Art. 5 Abs. 1 des Abkommens steht der deutschen und der niederländischen Seite an dem gewonnenen Erdgas und Erdöl sowie den bei ihrer Gewinnung anfallenden Stoffen jeweils der gleiche Anteil zu. Nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens ist auf der deutschen Seite deutsches Recht anzuwenden. Zu diesem gehört nach Art. 1 des Schlussprotokolls insbesondere das Bergrecht. Art. 6 Abs. 1 des Abkommens geht davon aus, dass die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas und Erdöl auf deutscher Seite durch die deutschen Berechtigten und auf niederländischer Seite durch die niederländischen Berechtigten erfolgt. Diese haben nach Art. 7 Abs. 2 des Abkommens zum Zwecke der Zusammenarbeit Verträge über u.a. die Art und Weise der Berechnung der Erdgas- und Erdölvorräte und deren Ergebnis sowie die Einzelheiten der Aufteilung der Produkte und Kosten zu schließen. Derartige Verträge bedürfen jeweils der Genehmigung der beiden Staaten.
Bereits am 12./20. Juni 1958 hatten die Klägerin und der Beklagte einen Schürf- und Gewinnungsvertrag abgeschlossen. Dieser berechtigte die Klägerin zum Aufsuchen von Erdgas und Erdöl innerhalb des Aufsuchungsgebietes und räumte der Klägerin für den Fall der Fündigkeit einen Anspruch auf Überlassung von Gewinnungsfeldern ein. Im Gegenzug wurde die Klägerin verpflichtet, an den Beklagten vom Beginn der Förderung an als Abgabe einen bestimmten Prozentsatz der gesamten Förderung als Förderzins zu zahlen. Vor dem Hintergrund des Zusatzabkommens vom 14. Mai 1962 schlossen die Klägerin und der Beklagte am 3./6. September 1963 einen Ergänzungsvertrag. Durch ihn wurde der vereinbarte Förderzinsanspruch des Beklagten auf den der Klägerin nach Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens zustehenden Anteil an dem aus dem Grenzbereich geförderten Erdgas und Erdöl bezogen. In einer Zusatzvereinbarung vom 7./11. April 1967 verständigten sich die Klägerin und der Beklagte dahin, was gegenüber dem Beklagten als der deutsche Anteil am Erdgasvorkommen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens zu gelten habe.
Am 27. Januar 1966 schlossen die Klägerin und das niederländische Unternehmen in Ausführung von Art. 7 des Zusatzabkommens vom 14. Mai 1962 einen Vertrag über die Zusammenarbeit. Darin einigten sich beide Unternehmen auf das Verfahren zur Berechnung des Umfangs der im Grenzbereich befindlichen Erdgas- und Erdölvorräte und damit der vor Beginn jeglicher Förderung im Grenzbereich gewinnbaren Menge. Da sich in der Folgezeit eine eigene Förderung der Klägerin in der Emsmündung aus bohrtechnischen, wirtschaftlichen und Gründen der Sicherheit der Schifffahrt als nicht empfehlenswert herausstellte, kamen beide Unternehmen am 10. Oktober 1966 in einer Betriebsführungsvereinbarung überein, dass das niederländische Unternehmen für die Klägerin das ihr aus dem Grenzbereich zustehende Erdgas bzw. Kondensat auf dem niederländischen Festland fördert und der Klägerin das Erdgas in natura liefert. 1976 verständigten sich die Klägerin und das niederländische Unternehmen in einer ersten Ergänzungsvereinbarung zu der Betriebsführungsvereinbarung vom 10. Oktober 1966 dahin, dass die Klägerin für den Fall einer Zuviellieferung einen Ausgleich für die tatsächlich gelieferte Gasmenge zu zahlen hat. Am 20./27. Dezember 1984 trafen beide Unternehmen eine zweite Ergänzungsvereinbarung zur Betriebsführungsvereinbarung. Danach sollte eine Neuberechnung der Reserven nach dem 31. Dezember 1989 nicht mehr vorgenommen und die endgültige und definitive Gasmenge, auf welche die Klägerin einen Anspruch hat, in der vor dem genannten Datum eingeleiteten Reservenneuberechnung festgelegt werden. Die in der ersten Ergänzungsvereinbarung getroffene Regelung über eine Ausgleichszahlung wurde außerdem dahin ergänzt, dass als zu viel geliefertes Gas das zuletzt gelieferte Gas betrachtet werde. Sämtliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem niederländischen Unternehmen wurden von der deutschen und der niederländischen Regierung genehmigt.
Von 1966 bis zum Juni 1989 förderte das niederländische Unternehmen entsprechend der dargelegten Vereinbarungen Erdgas aus dem Grenzbereich und lieferte es in natura an die Klägerin. Das dem Erdgas anhaftende Kondensat wurde für Rechnung der Klägerin verkauft. Die Klägerin meldete ihrerseits dem Beklagten die gelieferte Erdgas- bzw. die verkaufte Kondensatmenge. Für die Lieferungen bis zum 31. Dezember 1981 zahlte die Klägerin an den Beklagten den vereinbarten Förderzins (vgl. dazu das gleichzeitig ergangene Urteil des Senats vom 4. Dezember 2001 – BVerwG 4 C 1.00 –). Nach dem In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes am 1. Januar 1982 bestätigte der Beklagte der Klägerin die Aufrechterhaltung der vertraglich eingeräumten Berechtigung, aus dem deutsch-niederländischen Grenzbereich Erdgas und Erdöl zu gewinnen. Er zog die Klägerin für die Erhebungszeiträume 1982 bis 1988 zur Zahlung von Förderabgaben heran. Die entsprechenden Bescheide waren auf § 31 Abs. 1 BBergG gestützt. Zwischen den Beteiligten ist im Einzelnen umstritten, ob diese Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder als endgültige Bescheide oder als Berichtigungs- und Änderungsbescheide ergingen. Die Klägerin legte in unterschiedlicher Weise gegen die Förderabgabenbescheide Widerspruch ein.
Im Juni 1989 beendete das niederländische Unternehmen seine Lieferungen aus dem Grenzbereich an die Klägerin wegen Erschöpfung des deutschen Anteils. Im Mai 1991 stellten die beiden Unternehmen fest, dass der Klägerin aus dem Grenzbereich nur ein Erdgasvorkommen von 39,5 Mrd. m³ zustehe. Diese Menge Erdgas war an die Klägerin bereits in der Zeit von 1966 bis zum 2. November 1980 geliefert worden. Tatsächlich hatte die Klägerin 59,5 Mrd. m³ Erdgas erhalten. Das Bundesministerium für Wirtschaft genehmigte die letzte Berechnung der Erdgasmenge am 6. Juli 1992. Dies wurde dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium am 8. Juli 1992 mitgeteilt. Für das zu viel gelieferte Erdgas von rd. 20 Mrd. m³ hat inzwischen ein internationales Schiedsgericht die Klägerin zu Ausgleichszahlungen an das niederländische Unternehmen verpflichtet.
Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 1991 das Ergebnis der letzten Berechnung mit. Zugleich legte sie korrigierte Abgabenberechnungen vor. Außerdem verlangte sie die Erstattung der gezahlten Förderabgaben. Ihre Anträge wiederholte die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 12. August 1992 und äußerte die Erwartung, dass ihnen innerhalb der nächsten drei Monate entsprochen werde. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist erhob die Klägerin im November 1992 vor dem VG Hannover Klage.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage im Wesentlichen statt und verurteilte den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der Abgabenbescheide zur Rückzahlung geleisteter Beträge. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten wies das OVG Lüneburg durch Urteil vom 2. November 1999 mit folgenden Erwägungen als unbegründet zurück:
Die gegen die Förderabgabenbescheide erhobene Anfechtungsklage für den Erhebungszeitraum 1982 bis 1986 sei zulässig. Zwar seien alle ursprünglichen Abgabenbescheide bestandskräftig geworden. Jedoch seien die ursprünglichen Bescheide alle gemäß § 7 der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgabe unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Der Beklagte habe teilweise seine früheren Bescheide durch Zweitbescheide ersetzt. Gegen diese habe die Klägerin jeweils fristgerecht Widerspruch eingelegt. Die Anfechtungsklage gegen die Abgabenbescheide für den Erhebungszeitraum 1987 und 1988 sei zwar unzulässig. Insoweit seien die ursprünglichen Festsetzungen nicht durch Zweitbescheide ersetzt worden. Jedoch sei insoweit die von der Klägerin hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Neubescheidung zulässig. In jedem Fall seien die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gegeben. Die Reservenneuberechnung von 1991 ergebe eine nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten der Klägerin. Die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage seien auch begründet. Dem Beklagten habe ein Anspruch auf Zahlung der Förderabgabe gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG für den Erhebungszeitraum 1982 bis 1988 nicht zugestanden. Die Vorschrift sei auf das in den Niederlanden aus dem deutsch-niederländischen Grenzbereich geförderte und an die Klägerin gelieferte Erdgas sowie auf das für sie veräußerte Kondensat nicht unmittelbar anwendbar. Maßgebend sei für die Beurteilung der Rechtslage der Inhalt des völkerrechtlichen Zusatzabkommens zum Ems-Dollart-Vertrag. Als von der Klägerin im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG „aus dem Gewinnungsfeld gewonnen” könne nur das Erdgas bzw. das Kondensat gelten, das nach Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens dem „deutschen Anteil” entspreche und zu dessen Förderung die Klägerin berechtigt gewesen sei. Demgemäß habe die Klägerin auf die ihr nicht zustehende Erdgas- bzw. Kondensatmenge (Exzessmenge) eine Abgabe nicht zu zahlen gehabt. Die annexe Leistungsklage auf Rückzahlung der danach überzahlten Förderabgaben sei ebenfalls zulässig und begründet. Dem Rückzahlungsanspruch stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht entgegen. Auch der Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen sei begründet.
Zur Begründung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision trägt der Beklagte vor: Das Berufungsurteil verletze Bundesrecht. Die Abgabenpflicht des § 31 Abs. 1 BBergG knüpfe ausschließlich an der (tatsächlichen) Förderung an. Dementsprechend sei das gesamte tatsächlich aus dem Bewilligungsfeld der Klägerin gewonnene Erdgas bzw. Kondensat abgabenpflichtig. Dies gelte unabhängig davon, ob es der Klägerin als Bewilligungsinhaberin auch im Verhältnis zur niederländischen Seite zugestanden habe. § 31 Abs. 1 BBergG kenne keine mengen- oder herkunftsbezogene Beschränkung. Der Begriff der Gewinnung sei rein tätigkeitsbezogen. Nur diese Auslegung entspreche dem in § 31 Abs. 1 BBergG verankerten sog. Bohrlochprinzip. Diese Mengen- und Herkunftsneutralität der Förderabgabe verweise den Bewilligungsinhaber insoweit auf zivilrechtliche Ausgleichsansprüche gegenüber anderen Bewilligungsinhabern. Diese Auslegung ergebe sich auch aus dem Rechtscharakter der Förderabgabe. Die Abgabe werde für die Möglichkeit verlangt, die mit der Bewilligung dauerhaft eingeräumte Ausbeutungsbefugnis in Anspruch nehmen zu können. Sie stelle kein Entgelt für den Verkauf eines staatseigenen Bodenschatzes dar. Die tatsächliche Inanspruchnahme der Ausbeutungsbefugnis sei dagegen allein für die Höhe der Abgabe maßgeblich. In welchem Umfang die Klägerin von der ihr eingeräumten Ausbeutungsbefugnis tatsächlich erfolgreich Gebrauch mache, liege allein in ihrer wirtschaftlichen Risikosphäre. Aufgrund des Schürf- und Gewinnungsvertrages von 1958 mit seinen Ergänzungen gelte das Erdgas bzw. Kondensat als unmittelbar aus dem Bewilligungsfeld der Klägerin gewonnen. Die gegenteilige Vertragsauslegung des Berufungsgerichts verstoße gegen allgemeine Grundsätze der Vertragsauslegung. Es widerspreche den Interessen des Beklagten, dass das Land seine finanzielle Handlungsfähigkeit auf Jahrzehnte von dem Innenverhältnis der beteiligten Erdölgesellschaften abhängig mache. Es sei auch nicht gerechtfertigt, alle Vorschriften des Zusatzabkommens zum Ems-Dollart-Vertrag und alle Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem niederländischen Unternehmen auf das Abgabenverhältnis zum Beklagten gleichsam durchschlagen zu lassen. Das Berufungsgericht habe Bundesrecht auch insoweit verletzt, als es davon ausgegangen sei, dass Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens unmittelbar auf das Abgabenverhältnis einwirke und zu Lasten des beklagten Landes den Abgabenanspruch auf den ideellen hälftigen Anteil begrenze. Das Berufungsgericht habe auch die Bedeutung des Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens verkannt. Die Klägerin und das niederländische Unternehmen hätten in Ergänzung zur Betriebsführungsvereinbarung im Falle der Zuviellieferung nur eine Ausgleichszahlung, aber keine Rückabwicklung vereinbart. Im Übrigen sei das Berufungsgericht zu Unrecht von der fehlenden Bestandskraft der Abgabenbescheide ausgegangen. Die später ergangenen Bescheide hätten lediglich wiederholenden Charakter. Mit ihnen habe der Beklagte eine neue Sachentscheidung nicht getroffen. Die Reservenneuberechnung von 1991 stelle auch keine nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten der Klägerin im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG dar. Schließlich stehe dem Rückzahlungsanspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die Rückforderung einer ohne Rechtsgrund erbrachten Leistung sei treuwidrig, wenn der Fordernde selbst die Gegenleistung voll in Anspruch genommen habe und deren Rückgewähr nicht mehr möglich sei. So liege es hier.
Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung der entgegenstehenden vorinstanzlichen Urteile die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie verteidigt unter Ergänzung früheren Vorbringens die angegriffene Entscheidung. Sie macht dazu auch die fehlende Revisibilität der im Revisionsvorbringen als verletzt gerügten Rechtsvorschriften geltend.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich nicht an dem Verfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Es stimmt mit Bundesrecht überein.
1. Das Berufungsgericht unterwirft die von dem Beklagten erlassenen Abgabenbescheide einer inhaltlichen Prüfung. Für den Erhebungszeitraum 1982 bis 1986 verneint es die Bestandskraft der Abgabenbescheide, für den Erhebungszeitraum 1987 und 1988 bejaht es den Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens. Diese Auffassung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
1.1 Das Berufungsgericht hat den Regelungsgehalt der angegriffenen Bescheide des Beklagten für den Erhebungszeitraum 1982 bis 1986 durch Auslegung ermittelt und tatrichterlich festgestellt. Gegen das Ergebnis dieser Auslegung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Die Feststellung des konkreten Inhaltes eines Verwaltungsaktes ist gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nicht in vollem Umfang revisibel. Der Regelungsgehalt ist entsprechend der zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Die Auslegung auch eines Verwaltungsaktes richtet sich dabei nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der erlassenden Behörde. Maßgebend ist entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2000 – BVerwG 11 VR 4.99 – NVwZ 2000, 553 = DVBl 2000, 916; Urteil vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 7 C 35.87 – BVerwGE 84, 220 ≪229≫). Auch für die Auslegung eines Verwaltungsaktes sind nur solche Umstände indiziell zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren (BVerwG, Beschluss vom 13. September 1999 – BVerwG 11 B 14.99 – NVwZ-RR 2000, 135). Nicht der innere, sondern der objektiv erklärte Wille ist maßgebend, wie ihn der Empfänger verstehen kann.
Das Berufungsgericht ist der Sache nach von diesem materiellrechtlichen Verständnis ausgegangen. Sein tatrichterlich ermittelter Erklärungsinhalt ist demgemäß als Tatsachenfeststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪68≫; Beschluss vom 24. Januar 1991 – BVerwG 8 B 164.90 – Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6 = NVwZ 1991, 574 ≪575≫). Dem Revisionsgericht ist eine eigene Auslegung eines angegriffenen Verwaltungsaktes zwar dann möglich, wenn das Tatsachengericht in seiner Entscheidung nichts Näheres ausgeführt und insbesondere sein Auslegungsergebnis nicht näher begründet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1982 – BVerwG 7 C 54.79 – Buchholz 451.171 AtG Nr. 11 = DVBl 1982, 960; vgl. auch Urteil vom 9. Juni 1983 – BVerwG 2 C 34.80 – BVerwGE 67, 222 ≪234≫; Urteil vom 23. Mai 1984 – BVerwG 2 C 41.81 – Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 14 = NVwZ 1985, 181). So liegt es hier jedoch nicht. Das Berufungsgericht hat als Tatsachengericht eine umfangreiche Auslegung der angegriffenen Bescheide vorgenommen. Damit ist das Revisionsgericht gehindert, in eine eigene Auslegung der maßgebenden Bescheide einzutreten.
Bei dieser Sachlage bedarf es grundsätzlich einer Verfahrensrüge, um das vorinstanzliche Auslegungsergebnis eines Verwaltungsaktes revisionsgerichtlicher Kontrolle unterwerfen zu können. Als zu rügende Kontrollmaßstäbe kann das Revisionsgericht die Auslegung des Tatrichters alsdann daraufhin nachprüfen, ob ihr ein fehlerhaft festgestellter Sachverhalt zugrunde liegt, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder ob sie einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt oder einen unumstrittenen Prozessstoff zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1975 – BVerwG 2 C 68.73 – BVerwGE 47, 330 ≪361≫; Urteil vom 27. Mai 1981 – BVerwG 8 C 6.81 – Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 17 = NVwZ 1982, 196; Urteil vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪69≫; Urteil vom 13. Dezember 1988 – BVerwG 1 C 44.86 – BVerwGE 81, 74 ≪76≫; Urteil vom 5. Juli 1994 – BVerwG 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 ≪208 f.≫; Urteil vom 14. Januar 1998 – BVerwG 11 C 11.96 – BVerwGE 106, 115 ≪123≫). Die Rüge muss dazu den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen.
Die Revision hat ausdrücklich Verfahrensrügen nicht erhoben. Sie stellt nahezu ausschließlich ihre Beurteilung der tatrichterlichen entgegen, ohne beispielsweise in spezifischer Weise eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO darzulegen. Auch eine Rüge der Aktenwidrigkeit ist dem Vorbringen der Revision nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht stellt auf den Empfängerhorizont ab. Es erörtert Form und Inhalt der Bescheide. Auf dieser Grundlage kommt es zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin und das zuständige Oberbergamt immer einer „systemimmanenten” Vorläufigkeit der Berechnungen bewusst waren. Beide kannten danach die Unsicherheiten in der genauen Bestimmung der „deutschen” Anteilsmenge und schließlich die darauf beruhende Relativität der Abgabenhöhe. Dies ist eine ersichtlich mögliche, zudem auf der Grundlage der getroffenen tatrichterlichen Feststellungen sogar nahe liegende Deutung der angegriffenen Abgabenbescheide.
1.2 Das Berufungsgericht bejaht für den Erhebungszeitraum 1987 und 1988 die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 VwVfG. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist zwar zulässig (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), die Revision bleibt jedoch erfolglos. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG sind auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen gegeben.
1.2.1 Die den ursprünglichen Abgabenbescheiden zugrunde liegende Sachlage hat sich nachträglich zugunsten der Klägerin geändert. Als Änderung der Sachlage gilt auch der „Erkenntnisfortschritt” (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., 2000 § 51 Rn. 29; M. Sachs, in: Stelkens u.a., VwVfG, 6. Aufl., 2001 § 51 Rn. 97). Eine Änderung der Sachlage liegt vor, wenn „Tatsachen”, die im Zeitpunkt des Erlasses des früheren Bescheides vorlagen und für die behördliche Entscheidung objektiv bedeutsam waren, nachträglich wegfallen oder wenn neue, für die Entscheidung erhebliche Tatsachen nachträglich eintreten. Eine Änderung der Sachlage kann auch durch Gewinnung neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse eintreten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1982 – BVerwG 7 B 190.81 – Buchholz 421 Kulturwesen und Schulwesen Nr. 80 = DVBl 1982, 1004 zu § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG). Damit wird der als objektiv angesehene Wissensstand im Nachhinein verändert. Der Zielsetzung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG entspricht es, die objektive Erkennbarkeit von tatsächlichen Umständen der „wirklichen” Änderung der Sachlage gleichzusetzen.
Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat die ursprüngliche Sachlage dahin beschrieben, dass die Klägerin und auch das Oberbergamt noch bis 1989 keine Gewissheit über die Ergebnisse der veranlassten Reservenneuberechnung hatten. Das war erst später, nämlich mit der Reservenneuberechnung 1991 der Fall. Diese Änderung der Sachlage wirkt sich zugunsten der Abgabenpflicht der Klägerin aus. Dass – wie die Revision meint – auch die 1991 getroffenen Berechnungen später einer Berichtigung unterliegen könnten, steht der Annahme einer jetzigen Änderung der Sachlage nicht entgegen. Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat das Bundesministerium für Wirtschaft 1992 festgestellt, dass aufgrund der „final revision of the calculations” der deutsche Anteil der Fördermenge erschöpft sei. Diese Feststellung durfte das Berufungsgericht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde legen. Insoweit ist die Reservenberechnung von 1991 selbst eine neue Tatsache, nicht lediglich eine veränderte Bewertung bereits zuvor bekannter tatsächlicher Umstände.
Die Revision äußert Zweifel an der Wirksamkeit der letzten Reservenfeststellung. Sie kritisiert, dass das Berufungsgericht ohne nähere Prüfung von der Gültigkeit und Verbindlichkeit des letzten Anhangs zum Vertrag über die Zusammenarbeit vom 27. Januar 1966 und der dort geschätzten Gasmenge ausgehe. Das Vorbringen ist unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Revision gibt nicht an, welche revisible Rechtsvorschrift das Berufungsgericht mit seiner Auffassung verletzt haben soll. Demgegenüber ergibt sich aus den berufungsgerichtlichen Feststellungen, dass das Bundesministerium für Wirtschaft den bezeichneten Anhang mit Schreiben vom 6. Juli 1992 bestätigte und dies dem Wirtschaftsministerium des Beklagten am 8. Juli 1992 mitteilte. Dieses sah offensichtlich keinen Anlass, diese Feststellung durchgreifend in Frage zu stellen. Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht ohne weiteres den insoweit unumstrittenen Sachverhalt der Zuviellieferung zugrunde legen.
1.2.2 Auch § 51 Abs. 2 VwVfG ist nicht verletzt. Die Klägerin war nach den tatrichterlichen Feststellungen ohne Verschulden außerstande, die neuen Erkenntnisse, die sich aus den neuen Berechnungen ergaben, bereits in einem früheren Verfahren – auch durch Rechtsbehelfe – geltend zu machen. Von einem groben Verschulden kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen ohnedies keine Rede sein. Die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG ist gewahrt. Die Frist begann mit dem Tag, an dem die Klägerin von dem Grund des Wiederaufgreifens Kenntnis erhielt. Das Berufungsgericht setzt diesen Tag auf den 2. Mai 1991 fest. Dann war das Schreiben der Klägerin vom 16. Mai 1991 fristgerecht. Das Berufungsgericht prüft ferner, ob die Anwendbarkeit des § 51 VwVfG durch § 7 der Niedersächsischen Verordnung über Feldes- und Förderabgabe ausgeschlossen werde. Das wird verneint. Die Ansicht ist der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Die genannte Bestimmung gehört dem irrevisiblen Recht an. Welche Gründe das Berufungsgericht für seine Auffassung anführt, ist dazu aus der Sicht des § 137 Abs. 1 VwGO unerheblich. Verfahrensrügen hat die Revision zur Anwendung des § 51 VwVfG nicht erhoben.
2. Das Berufungsgericht führt aus, dass § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG keine geeignete Ermächtigungsgrundlage biete, um für die nach dem 2. November 1980 an die Klägerin gelieferte Erdgasmenge Förderabgaben zu erheben. Das gelte auch für das von dem niederländischen Unternehmen für Rechnung der Klägerin verkaufte Erdölkondensat. Aus diesem Grunde hält das Gericht die angefochtenen Abgabenbescheide für rechtswidrig und den Beklagten zur Rückzahlung der ohne Rechtsgrund gezahlten Förderabgaben für verpflichtet. Diese Auffassung verletzt kein revisibles Recht.
2.1 Das Berufungsgericht legt § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG dahin aus, dass dessen tatbestandliche Voraussetzungen für die Abgabenpflicht hinsichtlich des der Klägerin nicht zustehenden Exzessgases nicht gegeben seien. Diese Auffassung enthält im Ergebnis keinen Rechtsfehler. Nach § 31 Abs. 1 BBergG hat der Inhaber einer Bewilligung jährlich für die innerhalb des jeweiligen Jahres aus dem Bewilligungsfeld gewonnenen oder mitgewonnenen bergfreien Bodenschätze eine Förderabgabe zu entrichten. Diese Voraussetzungen lagen gegenüber der Klägerin tatbestandlich nicht vor.
2.1.1 Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war aufgrund des Schürf- und Gewinnungsvertrages vom 12./20. Juni 1958 und späterer Vereinbarungen zwischen ihr und dem Beklagten zur Gewinnung und Aneignung im Grenzbereich geförderten Erdgases und Erdöls befugt. Durch das Übergangsrecht des § 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 153 Satz 1 BBergG setzte sich der Schürf- und Gewinnungsvertrag vom 12./20. Juni 1958 als Bewilligung im Sinne der § 6 Satz 1, § 8 BBergG fort. Das galt jedoch zunächst nur in formaler Hinsicht. Damit war indes im Hinblick auf die Regelungen des Zusatzabkommens noch nicht materiell entschieden, ob die Klägerin bereits dadurch abgabepflichtig werden konnte.
Es kann dahinstehen, ob und in welcher Hinsicht die Klägerin im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG auch materiell noch Inhaberin einer Bewilligung war, nachdem der deutsche Anteil im Sinne des Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens zum Ems-Dollart-Vertrag vom 14. Mai 1962 (BGBl 1963 II S. 653) – im Folgenden Zusatzabkommen – unumstritten bereits im November 1980 und damit vor dem In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes erschöpft war. Wenn die Förderabgabe – wie die Revision meint – Gegenleistung für die in der Bewilligung liegende dauerhafte Rechtseinräumung eines Sondervorteils ist (vgl. auch BVerfGE 93, 319 ≪343 ff.≫ zum Wasserentnahmeentgelt), dann liegt der Einwand nicht fern, dass der Klägerin diese Gegenleistung im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des § 31 Abs. 1 BBergG für die Förderung aus dem Grenzbereich objektiv nicht mehr verschafft werden konnte. Auch dies bedarf hier keiner Vertiefung.
2.1.2 Für die Beurteilung der materiellen Rechtslage ist in erster Linie der Regelungsgehalt des Zusatzabkommens zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Vertrag über die Regelung der Zusammenarbeit in der Emsmündung (Ems-Dollart-Vertrag) maßgebend. Das gilt auch gegenüber dem Beklagten. Das Zusatzabkommen, dem der Bundesgesetzgeber mit Gesetz vom 10. Juni 1963 zugestimmt hat (BGBl II S. 652), stellt revisibles Recht dar. Das deutsche Vertragsgesetz spricht die Geltungsanordnung für den innerstaatlichen Bereich aus, soweit sich dessen Inhalt nicht in einer Regelung der internationalen Beziehungen erschöpft (vgl. BVerfGE 29, 348 ≪360≫). Der Regelungsgehalt des Zusatzabkommens bestimmt die Reichweite des innerstaatlichen § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG, nicht jedoch umgekehrt. Dem Gesetzgeber des Bundesberggesetzes dürfte das Vertragswerk als solches bekannt gewesen sein (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes eines Bundesberggesetzes, BTDrucks 8/1315, S. 68).
Die vertragschließenden Staaten haben sich im Zusatzabkommen dahin verständigt, einen „Grenzbereich” festzulegen, in dem die Förderung von Erdöl und Erdgas nach Maßgabe der Art. 4 ff. des Zusatzabkommens zugelassen werden soll. Für diesen Zweck können die beiden Vertragsstaaten nach ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht gemäß Art. 4 Abs. 2 des Zusatzabkommens Berechtigungen erteilen, die für den ganzen Grenzbereich gültig sind. Den deutschen und den niederländischen Berechtigten steht nach Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens an dem gewonnenen Erdöl und Erdgas der gleiche Anteil zu.
Aus dem Gesamtzusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass es für die Aufteilung des geförderten Vorkommens an sich unerheblich ist, welcher der nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht Berechtigten an welcher Stelle aus dem Grenzbereich Erdöl oder Erdgas gefördert hat. Die vertragschließenden Staaten haben sich für den von ihnen bestimmten Grenzbereich nicht auf eine Förderung auf einem exklusiv zugewiesenen Gebiet verständigt, sondern auf eine volumenmäßige Aufteilung der aus dem Grenzbereich insgesamt geförderten Menge. Indem sie mit dem Aufteilungsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens von einer exklusiven Zuweisung eines Fördergebietes an einen der beiden Staaten Abstand genommen haben, haben sie nicht nur die als denkbar angesehenen Nachteile eines „Windhundrennens” in der im Grenzbereich vorhandenen Lagerstätte vermieden (vgl. J. M. Mössner, Förderabgabe bei bewilligungsfeldüberschreitender Lagerstätte, in: Festschrift W. Thieme, 1993, S. 1023 ≪1035≫ zur „prior appropriation rule”). Sie haben damit zugleich für den „gemeinsamen” Grenzbereich das sog. Bohrlochprinzip durch einen Aufteilungsgrundsatz ersetzt. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, ob die Ausbeutung von einem Ort innerhalb oder außerhalb des Grenzbereiches vorgenommen wird (vgl. BTDrucks 4/1025 S. 13 zu Art. 3).
Zu einer derartigen Regelung waren die beiden Vertragsstaaten befugt. Weitere Einzelheiten überließen sie gemäß Art. 7 Abs. 2 des Zusatzabkommens mit Genehmigungsvorbehalt den berechtigten Erdölunternehmen. Das Zusatzabkommen regelt dagegen nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen das jeweils nach deutschem oder niederländischem Recht berechtigte Erdölunternehmen für die ihm erteilte Bewilligung innerstaatlich Abgaben zu leisten hat. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens in Verbindung mit Art. 1 seines Schlussprotokolls lässt indes keinen Zweifel daran, dass diese Frage der innerstaatlichen Entscheidung der vertragschließenden Staaten überlassen bleiben sollte. Für die deutsche Seite verweist Art. 1 Abs. 1 des Schlussprotokolls hierfür zunächst – nämlich bis zum In-Kraft-Treten des Bundesberggesetzes – auf niedersächsisches Bergrecht. Dieses wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1982 durch das Bundesberggesetz abgelöst.
2.1.3 Der erörterte Regelungszusammenhang zwischen dem Inhalt des völkerrechtlichen Zusatzabkommens einerseits und dem innerstaatlichen Bergrecht andererseits ergibt, dass das deutsche Bergrecht von vornherein nur insoweit zur Anwendung kommen soll, als es sich dem völkervertraglichen Nutzungsregime widerspruchslos einfügt. Das deutsche Bergrecht gilt nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 1 des Zusatzabkommens in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Schlussprotokolls nur subsidiär und damit nachrangig. Daher darf das deutsche Bergrecht Grundentscheidungen, die das Zusatzabkommen getroffen hat, nicht in Frage stellen. Zu diesen Grundentscheidungen gehört das in Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens vertraglich festgelegte Halbteilungsprinzip. Dieses steht – wie als solches zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten – im Gegensatz zu dem sog. Bohrlochprinzip. Dem Bundesgesetzgeber darf nicht unterstellt werden, dass er mit der Schaffung des Bundesberggesetzes den Vorrang der völkervertraglichen Regelung außer Acht lassen wollte.
Ein mit dem Zusatzabkommen verträgliches Verständnis des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG ist ohne weiteres möglich. Das sog. Bohrlochprinzip ist kein dem Gesetzgeber vorgegebener oder gar bindender Grundsatz. In welcher Weise § 31 Abs. 1 BBergG das sog. Bohrlochprinzip abgabenrechtlich umsetzt, kann indes dahinstehen. § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG nimmt aus territorialen Gründen überhaupt nicht für sich in Anspruch, dass er uneingeschränkt auch im Grenzbereich im Sinne des Art. 1 und des Art. 3 Satz 1 des Zusatzabkommens gilt. Es war gerade das Ziel der zwischenstaatlichen Verständigung, die Lösung der aufgetretenen Grenzfragen zum Vorteil beider Seiten in dem vertraglich definierten Grenzbereich einem selbständigen Regelungsregime zu unterwerfen. Nur dadurch konnte der Entscheidung ausgewichen werden, ob der Grenzbereich ganz oder teilweise dem Staatsgebiet eines der beteiligten Staaten zuzuordnen sei. Sieht das Nutzungsregime des Zusatzabkommens für den Grenzbereich einen Teilungsgrundsatz als maßgebend an, so hat folglich die nachgeordnete Auslegung des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG hieran anzuknüpfen. Danach gilt nur dasjenige Erdöl und Erdgas als „aus dem Bewilligungsfeld gewonnen”, das nicht nur der Gewinnung aus dem Grenzbereich faktisch zugeordnet werden kann, sondern das gemäß Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens auch rechtlich dem deutschen Anteil entspricht. Ob die Förderung aus dem Grenzbereich durch das niederländische Unternehmen als eigene Gewinnungstätigkeit der Klägerin im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG anzusehen oder dieser in anderer Weise abgabenrechtlich zuzurechnen ist, ist danach unerheblich.
Diese Rechtsauslegung erfährt aus dem hier zu beurteilenden Streitfall auch seine innere Bestätigung. Für die nach § 31 Abs. 1 BBergG abzuführende Förderabgabe mag es bei einem strikt angewandten sog. Bohrlochprinzip ohne Bedeutung sein, in welchem innerstaatlichen Bewilligungsfeld der Bodenschatz letztlich berechtigt gewonnen wurde. Ein finanzielles Ausgleichsverfahren ist zwischen mehreren Berechtigten innerstaatlich ohne weiteres möglich, da die Abgabenbelastung der Beteiligten stets dieselbe ist (vgl. auch § 42 Abs. 2 BBergG). Wird dieser Ausgleich nach den Grundsätzen einer ungerechtfertigten Bereicherung getroffen, so ist § 818 Abs. 3 BGB ein angemessenes Regulativ, um beispielsweise endgültige abgabenrechtliche Mehrbelastungen auszugleichen (vgl. RGZ 170, 65 ≪67≫). Ähnliches dürfte für die auf eine entsprechende Anwendung des § 906 BGB gestützten Ausgleichsansprüche gelten können (vgl. dazu Boldt/Weller, BBergG, § 42 Rn. 10 a.E.).
Eine derart vergleichbare Rechtslage einer gemeinsamen Abgaben- und Ausgleichsordnung besteht im Streitfall nicht. Die deutsche Klägerin und das niederländische Unternehmen als die jeweils nach Art. 4 Abs. 2 des Zusatzabkommens Berechtigten unterliegen gemäß Art. 4 Abs. 1 des Zusatzabkommens in Verbindung mit Art. 1 des Schlussprotokolls für den zustehenden Anteil einer getrennten Abgabenhoheit. Sie werden außerdem mit Abgaben in unterschiedlicher Höhe belastet. Fehlt es insoweit für beide Unternehmen an einer gemeinsamen Belastungs- und Ausgleichsordnung, entsteht im Verhältnis der Unternehmen zueinander jedenfalls keine abgabenbezogene Belastungsgleichheit. Es besteht bereits deshalb kein sachgerechter Grund dafür, dass ein Vertragsstaat eine Förderabgabe, der ein entsprechendes Äquivalent im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens nicht gegenübersteht, endgültig vereinnahmen soll, wenn gerade die Menge des Gewonnenen Berechnungselement der Abgabenhöhe ist. Dieses Ergebnis wäre erst recht nicht hinnehmbar, wenn zwischen den beteiligten Unternehmen die von dem einen Teil innerstaatlich geleistete Abgabe gegenüber dem anderen Teil bei einem Ausgleich der Zuviellieferung nicht „angerechnet” werden kann. Ob dies zwischen der Klägerin und dem niederländischen Unternehmen überhaupt rechtlich geboten ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Art. 10 Abs. 6 des Zusatzabkommens ergibt nur, dass Streitfragen zwischen den berechtigten Unternehmen einem Schiedsgerichtsverfahren zuzuführen sind. Dieses kann bei seiner Entscheidung auch Billigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen. Das Berufungsurteil hält dazu fest, dass ein internationales Schiedsgericht die Klägerin durch seinerzeit nicht rechtskräftige Entscheidung wegen überhöhter Gaslieferung zu Ausgleichszahlungen an das niederländische Unternehmen verpflichtet habe. Einzelheiten sind dem Revisionsgericht nicht als unumstrittene und damit im Revisionsverfahren berücksichtigungsfähige tatsächliche Umstände bekannt geworden. Revisionsprozessual ist daher davon auszugehen, dass sich das niederländische Unternehmen die an den Beklagten gezahlte Förderabgabe nicht gegenrechnen lassen muss. Auch dies legt es nahe, die Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes auf deutscher Seite in der Weise auszugleichen, dass alle entstandenen Vor- und Nachteile im Sinne eines status quo ante wieder beseitigt werden.
2.1.4 Die Klägerin und der Beklagte haben das hier dargelegte Rechtsverständnis von der Maßgeblichkeit des Zusatzabkommens ihren vertraglichen Regelungen in Umsetzung des Zusatzabkommens ursprünglich wiederholt zugrunde gelegt. Das zeigt die vom Berufungsgericht getroffene Auslegung der entsprechenden Vereinbarungen. Der Ergänzungsvertrag vom 3./6. September 1963 bestimmt in seinem § 1 Abs. 1, dass Förderzins nur auf den der Klägerin nach Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens zustehenden Anteil zu zahlen ist. Diese Festlegung wird in Abschnitt I der Zusatzvereinbarung vom 7./11. April 1967 dadurch bestätigt, dass unter anderem die nach Maßgabe der Betriebsführungsvereinbarung von 1966 von dem niederländischen Unternehmen für die Klägerin geförderte Gasmenge als deutscher Anteil am Erdgasvorkommen gemäß Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens bestimmt wird. Abschnitt III des Nachtrags zum Schürf- und Gewinnungsvertrag vom 12./14. Juni 1967 nimmt diesen Gedanken auf. Dieses Verständnis deckt sich mit dem Inhalt der zwischen der Klägerin und dem niederländischen Unternehmen getroffenen Vereinbarungen, wie ihn das Berufungsgericht jeweils tatrichterlich festgestellt hat. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene „Vereinbarung über die Ergänzung des Betriebsführungsvertrages” vom 7. September/22. November 1976 widerspricht dem nicht. Die berechtigten Fördergesellschaften zogen in dieser ergänzenden Vereinbarung zwar erstmals die Möglichkeit einer Zuviellieferung in Betracht und sahen für diesen Fall eine Ausgleichszahlung vor. Das Berufungsgericht hat indes ausdrücklich die Annahme einer abweichenden Regelung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens, der die Förderberechtigten mit Genehmigung ihrer jeweiligen Regierung zu einem gänzlichen oder teilweisen Verzicht auf den ihnen zustehenden Anteil ermächtigt, verneint. Es ist gewiss nicht fern liegend, dass die Klägerin und das niederländische Unternehmen für den Fall einer als möglich erkannten Zuviellieferung keine „Rücklieferung” in natura, sondern einen finanziellen Ausgleich vereinbarten. Darauf ist noch gesondert einzugehen.
Die Revision kritisiert in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem niederländischen Unternehmen zum Lieferverhältnis auf das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Abgabenverhältnis „durchschlagen” lassen. Der Einwand ist unerheblich. Die Revision scheitert an den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes. Dieses Vertragswerk legt nach Auffassung des vorinstanzlichen Gerichts gerade in Ermangelung tatsächlicher Zuordnungen eine normative Zuordnung des „zustehenden Anteils” fest. Diese Festlegung wirkt sich zu Gunsten und zu Lasten sowohl der Klägerin als auch des Beklagten aus. Das Gericht entnimmt sein Auslegungsergebnis vor allem der mit dem Beklagten getroffenen Zusatzvereinbarung vom 7./11. April 1967 in Verbindung mit dem vorangehenden Ergänzungsvertrag vom 3./6. September 1963. Die Revision hat hinsichtlich der Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht keine Verfahrensrügen erhoben. Eine Verletzung der Grundsätze zutreffender Vertragsauslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB – deren Revisibilität hier aufgrund § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 62 Satz 2 VwVfG zugunsten des Beklagten unterstellt wird – ist nicht erkennbar (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪68≫; Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 21.89 – BVerwGE 84, 257 ≪264≫; vgl. auch BGHZ 79, 16 ≪18≫; BGH in NJW 1994, 1537 ≪1338≫). Die von der Revision geltend gemachte Verletzung allgemeiner Denkgesetze und wesentlicher Grundsätze der Vertragsauslegung ist nicht gegeben. Die vom Berufungsgericht erörterte Auslegung der maßgebenden Vereinbarungen ist nachvollziehbar. Das Berufungsgericht hat zutreffend den entscheidenden Gesichtspunkt in der Maßgeblichkeit des im Zusatzabkommen niederlegten Rechtsregimes gesehen. Diesem hatte sich in der Tat die Auslegung innerstaatlicher Verträge zwischen der Klägerin und dem Beklagten unterzuordnen. Das stellt ein Verständnis dar, welches weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Grundsätze sachgerechter Auslegung verstößt. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Es ist gerade die Aufgabe des Tatrichters, bei einem ausdeutungsbedürftigen und ausdeutungsfähigen Wortlaut die Regelungsabsichten der Beteiligten zu erforschen und sich alsdann zu entscheiden.
Dass Möglichkeiten anderer Deutung gegeben sind und von der Revision in sich schlüssig dargetan werden können, begründet noch keine Rechtsverletzung. Das gilt vor allem für den von der Revision betonten Risikogedanken, der auf Fragen einer angemessenen Haushaltssicherheit verweist. Das Berufungsgericht hat dieses Interesse des Beklagten – wenngleich in einem anderen Zusammenhang – durchaus gesehen. Das Gericht hat tatrichterlich festgestellt, dass allen Beteiligten von vornherein klar war, dass die Berechnung der Vorräte erhebliche Fehlerspannen aufwies. Gerade deshalb habe man die Notwendigkeit der Neuberechnung vorgesehen. Auf diese Weise hoffte man – so die Feststellungen des Berufungsgerichtes –, die Fehlerquellen aufgrund der mit fortschreitender Förderung gewonnenen Erkenntnisse ausräumen oder zumindest reduzieren zu können. Legt man diesen Sachverhalt zugrunde, so ist eine an den Maßstäben der §§ 133, 157 BGB ausgerichteten Deutung der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten offensichtlich sachgerecht, dass der Beklagte keineswegs von dem Risiko fehlerhafter Berechnung befreit werden sollte, und zwar auch nicht mit Blick auf die von der Zusatzvereinbarung vom 7./11. April 1967 in Bezug genommene Änderung des Förderkonzepts. Denn dies hätte bedeutet, dass das Risiko des Beklagten der Klägerin vollkommen übertragen wird. Diese hatte ihrerseits ohnehin etwaige Zuviellieferungen gegenüber dem niederländischen Unternehmen auszugleichen und trug damit bereits erhebliche ökonomische Risiken. Diese mag man zwar im Nachhinein anders bewerten. Damit kann jedoch die Sachgerechtigkeit des vom Berufungsgericht dargelegten Verständnisses der Vereinbarungen als solche nicht in Zweifel gezogen werden. Dieses eigene Risiko der Klägerin konnte dem Berufungsgericht als geeignetes Regulativ dafür dienen, dass sowohl die Klägerin im eigenen wohlverstandenen Interesse als auch das niederländische Unternehmen versuchen würden, eine als möglich erkannte Zuviellieferung tunlichst zu vermeiden oder doch auf ein erträgliches Maß zu beschränken. So dürften auch weniger die gewählte Konstruktion und der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen aus der Sicht der Revision Fragen der Haushaltssicherheit für das Land Niedersachsen aufwerfen, sondern die sich daraus im Streitfall ergebende, bei Abschluss der Vereinbarungen von keiner Seite als möglich in Betracht gezogene Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruches.
2.1.5 Das Berufungsgericht verneint die Annahme einer abweichenden Regelung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens. Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Revision ergibt keine Rechtsverletzung.
Die Klägerin und das niederländische Unternehmen haben in der ersten Ergänzungsvereinbarung zu der Betriebsführungsvereinbarung vom 10. Oktober 1966 verabredet, dass die Klägerin für den Fall einer Zuviellieferung einen Ausgleich „für tatsächlich gelieferte Gasmengen” zu zahlen habe. Das Berufungsgericht versteht dies dahin, dass beide Unternehmen die Möglichkeit von Zuviellieferungen nicht ausschließen und hierfür eine Regelung treffen wollten. Hätten demgegenüber beide Unternehmen eine abweichende Regelung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens treffen wollen – so ist das Berufungsgericht ersichtlich zu verstehen –, dann könne von einer Zuviellieferung gerade nicht gesprochen werden. Seine Annahme, die Klägerin habe lediglich im Falle einer Rückabwicklung zur Herstellung des status quo ante von einer „Rücklieferung” in natura befreit werden sollen, ist nicht nur nahe liegend, sondern drängt sich angesichts der ökonomischen Verhältnisse geradezu auf. Eine Verletzung der Grundsätze sachgerechter Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB besteht jedenfalls nicht.
Das Berufungsgericht hat mit seiner Auslegung der Ergänzungsvereinbarung von 1976 auch Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens nicht missverstanden. Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 des Zusatzabkommens muss sich auf den in Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens festgelegten Halbteilungsgrundsatz beziehen. Das Zusatzabkommen will es dem jeweils berechtigten Unternehmen nur mit Genehmigung seiner Regierung ermöglichen, auf den zustehenden Anteil ganz oder teilweise zu verzichten. Das Abkommen lässt auch eine Verrechnung in Geld zu. Verrechnungsgegenstand ist der nach Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens „zustehende Anteil”. Es mag dahinstehen, ob in einem derartigen Fall ebenfalls eine Förderabgabe nach § 31 Abs. 1 BBergG zu leisten wäre. Eine derartige Situation liegt hier nicht vor. Die eingetretene Zuviellieferung, welche Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung von 1976 ist, setzt gerade voraus, dass diese nicht dem „zustehenden Anteil” im Sinne des Art. 5 Abs. 1 des Zusatzabkommens entspricht.
2.2 Der Erstattungsanspruch unterliegt auch keiner unzulässigen Rechtsausübung. Dies hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der getroffenen tatrichterlichen Feststellungen mit zutreffenden Erwägungen verneint.
Ein materielles Recht ist – auch gegenüber einer Behörde – verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, die Behörde infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, die Behörde hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in ihren Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die sie nicht ergriffen hätte oder die sie nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – BVerwG 4 C 2.72 – BVerwGE 44, 294 ≪298 ff.≫; Urteil vom 7. Februar 1974 – BVerwG 3 C 115.71 – BVerwGE 44, 339 ≪343 f.≫; Urteil vom 20. Januar 1977 – BVerwG 5 C 18.76 – BVerwGE 52, 16 ≪25≫; Urteil vom 16. Mai 1991 – BVerwG 4 C 4.89 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 102 = NVwZ 1991, 1182 ≪1184≫; Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 2 C 23.95 – BVerwGE 102, 33 ≪36≫).
Die Rechtsprüfung des Berufungsgerichtes lässt materielle Rechtsfehler nicht erkennen. Das Gericht ist von den genannten Voraussetzungen für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung ausgegangen. Der Angriff der Revision betrifft der Sache nach die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichtes. Eine hierauf bezogene Verfahrensrüge – etwa gestützt auf die Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO – wird nicht erhoben. So beklagt die Revision zwar, dass die Klägerin ihren Anspruch zehn Jahre lang nicht geltend gemacht habe. Die Klägerin habe es in der Hand gehabt, die Neuberechnung der Erdgasreserven spätestens seit November 1981 zu veranlassen. Das Berufungsgericht stellt demgegenüber fest, selbst wenn eine Ermittlung und Neuberechnung objektiv früher möglich gewesen wäre, habe die Klägerin dazu keinen Anlass gesehen und auch nicht sehen müssen. Diese Beurteilung ist nachvollziehbar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen gab es für die Klägerin bis Anfang Mai 1991 keinen berechenbaren Zahlungsanspruch.
Die tatrichterlichen Feststellungen ergeben ferner nicht, dass der Beklagte – vertreten durch das Oberbergamt – infolge eines bestimmten Verhaltens der Klägerin darauf vertrauen durfte, dass diese ein etwaiges Recht auf Rückzahlung nach langer Zeit nicht mehr geltend machen werde. Es mag sein, dass sich die Klägerin seit 1976 bewusst war, das ihr zustehende Vorkommen könne geringer sein als bis dahin angenommen. Die Änderung der Betriebsführungsvereinbarung deutet dies an oder legt diese Annahme gar zugrunde. Die Revision macht dies geltend. Es mag auch zutreffen, dass es nicht Aufgabe des Oberbergamtes war, den Umfang der der Klägerin zustehenden Fördermengen näher zu berechnen oder gar eigene Ermittlungen anzustellen. Das Revisionsvorbringen – seine Zulässigkeit unterstellt – erschüttert die berufungsgerichtliche Auffassung indes nicht. Denn die von der Revision vorgetragenen Unsicherheiten waren – wie die tatrichterlichen Feststellungen ebenfalls ergeben – allen Beteiligten und damit auch dem Land Niedersachsen und dem ihm zugeordneten Oberbergamt bekannt. Wenn die staatliche Seite aus der auch ihr objektiv erkennbaren Möglichkeit unsicherer Berechnungen der Fördermengen für sich keine Folgerungen für eigene Vorkehrungen für den Fall überhöhter Liefermengen zog, so vermag dies für sich allein nicht gegenüber der Klägerin den Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung zu begründen.
3. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten Prozesszinsen in Höhe von 4 v.H. des ihr zustehenden Erstattungsbetrages seit Klageerhebung zu.
3.1 Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus entsprechender Anwendung der §§ 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1, 246 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 1989 – BVerwG 7 C 42.87 – BVerwGE 81, 312 ≪317≫; Urteil vom 12. März 1985 – BVerwG 7 C 48.82 – BVerwGE 71, 85 ≪93≫; Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 1 C 38.97 – BVerwGE 107, 304 ≪305≫). Das gilt auch für den hier gegebenen Fall einer begründeten Verpflichtungsklage oder einer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO hilfsweise erhobenen Leistungsklage (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1995 – BVerwG 11 C 22.94 – BVerwGE 99, 53 ≪54≫; Urteil vom 24. März 1999 – BVerwG 8 C 27.97 – BVerwGE 108, 364 ≪368≫; Urteil vom 22. Februar 2001 – BVerwG 5 C 34.00 – Buchholz 435.12 § 108 SGB X Nr. 1 = DVBl 2001, 1067; vgl. auch BGHZ 93, 183 ≪186≫ zur Feststellungsklage).
3.2 Die Klägerin kann gegen den Beklagten Prozesszinsen von dem auf den Eingang der Klage folgenden Tag beanspruchen (vgl. § 187 Abs. 1 BGB). Dies war der 19. November 1992. Es ist unerheblich, dass sie die Klage als hilfsweise Leistungsklage zunächst nur gegen das Land Niedersachsen und erst später gegen das Oberbergamt C.-Z. gerichtet hat.
Entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt ein umfassendes materiellrechtliches Prozessrechtsverhältnis entstand. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass dies bereits seit 1992 der Fall war. Das trifft zu. Es liegt kein Fall des „Parteiwechsels” und damit auch keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO vor. Ein Streitgegenstand wurde nicht geändert. Vielmehr handelt es sich um eine Änderung der Parteibezeichnung gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Das beklagte Oberbergamt C.-Z. ist eine Behörde des Landes Niedersachsen. Das materielle Rechtsverhältnis bestand von Anfang an zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen. In materieller Hinsicht war stets nur das Land Niedersachsen zur Rückzahlung verpflichtet. Dem Land Niedersachsen war die geltend gemachte Forderung auf Zahlung von Prozesszinsen durch Zustellung der Klage seit 1992 bekannt. Das Oberbergamt C.-Z. wusste übrigens ebenfalls durch Zustellung der Klage, dass die Klägerin Prozesszinsen geltend machte.
§ 78 VwGO setzt allerdings eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage voraus. Indes liegt hier eine selbständige Leistungsklage nicht vor. Die Klägerin macht im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Anspruch auf Folgenbeseitigung als unechten Hilfsantrag geltend (ähnlich Gerhardt, in: Schoch u.a., VwGO, § 113 Rn. 59). Das gilt auch hinsichtlich der für den Erhebungszeitraum 1987 und 1988 hilfsweise erhobenen und hier auf die Verletzung des § 51 VwVfG gestützten Verpflichtungsklage. Diese Klage steht einer Anfechtungsklage dann nahe, wenn eine Eingriffslage abgewehrt werden soll. Es gibt keinen Sinn, auf eine derartige Sachlage § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht anzuwenden.
4. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung vom 19. März 1997 zur Kostenlast der Klägerin hinsichtlich des Landes Niedersachsen ausdrücklich aufgehoben. Dies war zutreffend.
Ein Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO im Hinblick auf § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO lag der Sache nach nicht vor, mochten die Beteiligten im ersten Rechtszug auch von „Klageänderung” gesprochen und dies vielleicht sogar wegen Rechtsirrtums gemeint haben. Das Berufungsgericht hat die richtige Sicht eingenommen und durfte daraus auch gebotene Folgerungen ziehen. An einer Änderung der Kostenentscheidung war es nicht gehindert. Ein Fall der Unanfechtbarkeit der isolierten Kostenentscheidung lag nicht vor. Unverändert bestand zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen dasselbe materielle Prozessrechtsverhältnis.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts betrifft nur die Kostengrundentscheidung (vgl. § 154 VwGO). Über den Umfang der Kostenpflicht hat das vorinstanzliche Gericht damit nicht befunden. Hierüber ist als eine Frage zweckentsprechender Rechtsverfolgung erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden (vgl. § 162 Abs. 1 in Verbindung mit § 164 VwGO). Dann wird zu klären sein, ob und in welchem Maße überhaupt zusätzliche gerichtliche oder außergerichtliche Kosten entstanden sind.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Halama, Rojahn, Jannasch
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 04.12.2001 durch Röder Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 274 |
DÖV 2002, 582 |
ZfB 2002, 152 |
DVBl. 2002, 1116 |
DVBl. 2002, 624 |
UPR 2002, 229 |
NdsVBl. 2002, 121 |