Entscheidungsstichwort (Thema)
eheähnliche Gemeinschaft, Unterhaltsleistungen nach dem UVG für Kinder in –. Unterhaltsleistungen, Ausschluss von Kindern in Stiefelternfamilien von – nach dem UVG. Unterhaltsvorschussgesetz, Ausschluss von Kindern in Stiefelternfamilien von Unterhaltsleistungen. Verfassungswidrigkeit, Frage der – des Ausschlusses von Kindern in Stiefelternfamilien von Leistungen nach UVG. Wiederverheiratung, Ausschluss von Unterhaltsleistungen nach – des erziehenden Elternteils
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses von Kindern in Stiefelternfamilien von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz; keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.
Normenkette
UVG § 1 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 23.09.1999; Aktenzeichen 16 A 1491/99) |
VG Aachen (Entscheidung vom 18.02.1999; Aktenzeichen 2 K 2966/96) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. September 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Die Kläger erhielten vom Beklagten bis zum 31. Dezember 1995 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Nachdem die Mutter der Kläger am 14. Dezember 1995 erneut die Ehe geschlossen hatte – der Ehemann ist nicht der leibliche Vater der Kläger –, stellte der Beklagte die Leistungen ein; einen am 8. Mai 1996 bei ihm eingegangenen erneuten Antrag der Kläger auf Unterhaltsvorschussleistungen lehnte er unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG ab.
Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 23. September 1999 – OVG 16 A 1491/99 – ≪FamRZ 2000, 775≫) die auf den Leistungszeitraum vom 1. Mai 1996 bis zum 30. September 1996 beschränkte Berufung der Kläger zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Kläger hätten keine Ansprüche nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, da ihre Mutter nicht, wie in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG vorausgesetzt, allein stehend sei, nachdem sie erneut geheiratet habe. Schon aus der vollständigen Gesetzesbezeichnung (Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern allein stehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen) folge, dass der erziehende Elternteil in einem umfassend zu verstehenden Sinn allein stehend sein müsse. Da das Gesetz begrifflich zwischen dem „Ehegatten” des erziehenden Elternteils und dem „anderen Elternteil” unterscheide und in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG auf die Beziehung des mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils zu „seinem Ehegatten”, nicht aber zu dem „anderen Elternteil” abstelle, könne es nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbart werden, eine (Wieder-)Verheiratung des erziehenden Elternteils mit einer anderen Person als dem „anderen Elternteil” als für den Anspruch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bedeutungslos anzusehen. Die Beschränkung der Anspruchsberechtigung auf Kinder, die bei einem allein stehenden Elternteil leben, entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe bewusst davon Abstand genommen, „Stiefkinder” einzubeziehen.
Dies sei auch mit der Verfassung vereinbar.
Es verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 6 Abs. 1 GG, dass zum einen Kinder wiederverheirateter Elternteile durch den in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG vorgesehenen Leistungsausschluss gegenüber Kindern allein Stehender benachteiligt seien. Der Gesetzgeber habe sich bei der Schaffung des Unterhaltsvorschussgesetzes von der Vorstellung leiten lassen, dass sich durch eine Wiederverheiratung des bislang allein erziehenden Elternteils die faktische Gesamtlage des Kindes wirtschaftlich wie auch im Hinblick auf die Betreuungssituation typischerweise verbessere, weil das Kind nunmehr in eine vollständige Familie eingebettet sei und an deren sozialem Stand teilhabe. Die wirtschaftliche Lage nach einer Wiederverheiratung sei regelmäßig dadurch geprägt, dass mindestens einem der Ehepartner eine vollzeitige Erwerbstätigkeit ermöglicht werde, ohne dass die Haushaltsführung und die Beaufsichtigung, Pflege und Erziehung des Kindes dahinter zurückstehen müssten. Obwohl der Stiefelternteil dem Kind nicht zum Unterhalt verpflichtet sei, könne doch im Regelfall davon ausgegangen werden, dass das Kind in einer Weise am Wohlstandsniveau der Gesamtfamilie teilhabe, wie es bei „Normalfamilien” auch der Fall sei. Dies könne nicht zuletzt auch deshalb angenommen werden, weil der Stiefelternteil Kindergeld, steuerliche Vergünstigungen sowie gegebenenfalls Sachleistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung oder entsprechende Beihilfen für das Kind erhalten könne. Wegen dieser an die Eheschließung anknüpfenden Vergünstigungen stelle sich die wirtschaftliche Situation in Stiefelternfamilien typischerweise in einem Maße günstiger dar, das nicht nur in Ausnahmefällen den Verlust des Anspruchs auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ausgleiche, so dass erwartet werden könne, dass nicht zuletzt das anspruchsberechtigte Kind daraus Nutzen ziehe. Die Freistellung des bislang allein erziehenden Elternteils von der im Gesetzgebungsverfahren als „prekär” bezeichneten Lage, jedenfalls im Regelfall unter ungünstigen finanziellen Verhältnissen leben zu müssen und bei der Kindesbetreuung auf sich allein gestellt zu sein, wirke sich auch und gerade zum Vorteil des Kindes aus. Damit entfalle der vom Gesetzgeber als wesentlich erachtete Grund für die Zuerkennung von Unterhaltsvorschussleistungen, dass allein erziehende Elternteile ihre Kinder in der Regel unter erschwerten Bedingungen erziehen müssten und die damit verbundenen besonderen Belastungen durch die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zumindest gemildert werden sollten. Fälle, in denen allein Erziehende und ihre Kinder auch ohne Unterhalts(voraus)leistungen des anderen Elternteils – etwa wegen finanzieller Leistungen sonstiger Angehöriger – in keiner „prekären Lage” seien oder in denen die Wiederverheiratung im Hinblick auf die wirtschaftlichen Lebensumstände oder die Unterstützung bei der Kindesbetreuung ohne nennenswerte positive Auswirkungen bleibe, seien Ausnahmen, derentwegen der Gesetzgeber nicht gehalten sei, die leistungsberechtigte Personengruppe durch die Einführung weiterer Differenzierungskriterien noch zielgenauer einzugrenzen.
Zum anderen ließen sich auch hinsichtlich der Ungleichbehandlung der zum Anspruchsverlust nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG führenden Wiederverheiratung und dem nicht anspruchsschädlichen Eingehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem erziehenden Elternteil und einem Dritten, der nicht der andere Elternteil des Kindes sei, tatsächliche Unterschiede aufzeigen, aufgrund derer die im Gesetz angelegte Differenzierung als sachlich vertretbar und willkürfrei zu betrachten sei. Das beziehe sich vor allem auf die wirtschaftliche Situation: Während im Falle der Wiederverheiratung der bislang allein erziehende Elternteil je nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Ehepartners einen eigenen Unterhaltsanspruch erwerbe, der faktisch auch dem Kind zugute komme, sei im Rahmen eheähnlicher Lebensgemeinschaften die wirtschaftliche Unterstützung des wirtschaftlich schwächeren Partners durch den Lebensgefährten rechtlich nicht abgesichert. Die Eheschließung bringe auch einen „Willen zur Dauerhaftigkeit” der Partner zum Ausdruck, der eher als im Fall einer eheähnlichen Gemeinschaft zu der typisierenden Einschätzung berechtige, dass die Kinder die vom Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien als wesentlich erachtete familiäre „Einbettung” erlangten und sich ihre wirtschaftliche Situation dadurch nachhaltig stabilisiere.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts und tragen hierzu vor:
Bei der Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG durch das Berufungsgericht würden nicht verheiratete und geschiedene Eltern gegenüber verheirateten Müttern und Vätern bevorzugt. Nur durch eine Eheschließung entfielen zuvor gewährte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, obwohl sich die persönliche Situation der Familie nicht geändert habe. Solange die Mutter der Kläger ohne Trauschein mit ihrem neuen Partner zusammengelebt habe, seien Leistungen gewährt worden; nur der Trauschein führe zur Einstellung der Leistungen. Diese Situation benachteilige Ehe und Familie. Es sei aber eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift möglich: Bei den Tatbestandsmerkmalen „ledig, verwitwet, geschieden oder dauernd getrennt lebend” sei auf das Verhältnis zum leiblichen Vater der Kinder abzustellen.
Der Beklagte tritt der Revision mit im Wesentlichen folgender Begründung entgegen:
Der Anspruchsausschluss infolge Eheschließung des erziehenden Elternteils entspreche dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG und sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Die unterschiedliche rechtliche Behandlung von Kindern, die mit einem allein stehenden Elternteil zusammenlebten, und Kindern, die in einer Stiefelternfamilie lebten, sei vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Benachteiligung liege insbesondere deshalb nicht vor, weil der Unterschied hinsichtlich der Leistungsgewährung mit der Verbesserung der Situation des in einer Stiefelternfamilie betreuten Kindes zusammenhänge, das dort in einer de facto vollständigen Familie aufwachse.
Der Oberbundesanwalt teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts und führt hierzu aus:
Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG gebe nur Kindern allein stehender Elternteile einen Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen. Dem Anspruchsausschluss im Falle der Heirat des allein erziehenden Elternteils könne nicht entgegengehalten werden, dass der jetzige Stiefvater den Kindern gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei. Das Unterhaltsvorschussgesetz diene in erster Linie dem Schutz von Kindern allein stehender Elternteile, um diesen bei den sich aus der alleinigen Verantwortung ergebenden Schwierigkeiten zumindest ein Mindestmaß an finanzieller Hilfe zu gewähren, solange Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen anderen Elternteil ungeklärt bzw. nicht realisierbar seien. Wenn der Elternteil, bei dem das Kind bzw. die Kinder lebten, heirate, bedürfe es des – staatlichen – Schutzes der Kinder durch das Unterhaltsvorschussgesetz nicht mehr; denn die Kinder seien nunmehr in eine vollständige Familie eingebettet, der zuvor allein erziehende Elternteil werde insgesamt entlastet. Für die Ungleichbehandlung von Kindern allein erziehender Elternteile und Kindern wiederverheirateter Elternteile gebe es mithin sachliche Gründe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) einen Anspruch der Kläger auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1994 (BGBl I S. 165) – UVG – für den streitigen Zeitraum (1. Mai bis 30. September 1996) verneint.
Nach § 1 Abs. 1 UVG hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung nach diesem Gesetz (Unterhaltsleistung), wer das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nummer 1), im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt (Nummer 2), und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil (Nummer 3 Buchstabe a) oder, wenn dieser oder ein Stiefelternteil gestorben ist, Waisenbezüge mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält (Nummer 3 Buchstabe b). Nach § 1 Abs. 3 UVG besteht Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz nicht, wenn der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht aus Wortlaut, Zielsetzung und Entstehungsgeschichte dieser Regelungen hergeleitet, dass für Kinder in Stiefelternfamilien Unterhaltsleistungen gesetzlich nicht vorgesehen sind.
Kinder in Stiefelternfamilien erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG; denn der sie erziehende Elternteil ist, wenn er (wieder-)verheiratet ist, nicht (mehr) „ledig, verwitwet oder geschieden”. Zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummer 2 genügt es nicht, wenn er (zuvor) „verwitwet” oder „geschieden” gewesen ist; denn die Aufzählung der Merkmale „ledig”, „verwitwet” und „geschieden” bezeichnen den – im Falle der (Wieder-)Verheiratung nicht (mehr) gegebenen – Familienstand eines allein Stehenden. Dies folgt zudem aus dem Gesetzeszweck, eine Sozialleistung (nur) für die Kinder derjenigen Elternteile bereitzustellen, die Alltag und Erziehung, auf sich gestellt, bewältigen müssen, einem Gesetzeszweck, wie er schon in der vollständigen Bezeichnung des Gesetzes in seiner Ursprungsfassung vom 23. Juli 1979 (BGBl I S. 1184) – Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern allein stehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen – zum Ausdruck gelangt ist. Dafür, dass dagegen Kinder in Stiefelternfamilien nach dem Willen des Gesetzgebers von Unterhaltsleistungen ausgeschlossen sein sollen, finden sich in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ausdrückliche Hinweise. So ist in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass es „nicht erforderlich (erscheine), die neue Unterhaltsleistung zu zahlen, wenn der allein erziehende Elternteil einen anderen als den anderen leiblichen Elternteil heiratet” (BTDrucks 8/1952, S. 6). Nach dieser Vorstellung ist nach einer Heirat des bisher allein erziehenden Elternteils „in aller Regel nicht die prekäre Lage wie bei allein stehenden Elternteilen und somit kein hinreichender Grund gegeben, für diesen Fall Unterhaltsleistungen vorzusehen” (BTDrucks a.a.O. S. 7). Dem Gesetzgeber war dabei bewusst, „dass der Entzug oder die Verweigerung der öffentlichen Unterhaltsleistung im Einzelfall das sensible Stiefkind-Stiefeltern-Verhältnis belasten oder einem Elternteil das Eingehen einer Ehe erschweren kann” (Begründung von Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ≪13. Ausschuss≫ vom 25. April 1979 – BTDrucks 8/2774, S. 12 –). An solche Konsequenzen hatte auch Kritik im Gesetzgebungsverfahren angeknüpft (vgl. 151. Sitzung des Deutschen Bundestages – 8. Wahlperiode –, Stenografische Berichte S. 12067 f. mit dem ausdrücklichen Hinweis auf eine „Benachteiligung der Stiefkinder” und „die … beschlossene Nichteinbeziehung der Stiefkinder”), aber nicht zu einer solchen Bedenken Rechnung tragenden gesetzlichen Regelung geführt. Im Verfahren zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes wurde weiterhin davon ausgegangen, dass für Kinder in Stiefelternfamilien keine Unterhaltsleistungen erbracht werden (vgl. BTDrucks 12/1523, S. 6: „… Regelung, nach der die durch die Heirat des allein Erziehenden mit einer anderen Person als dem anderen Elternteil des Berechtigten bewirkte Verbesserung der Erziehungssituation den Grund für die Leistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz wegfallen lässt ≪§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ≫”).
Das Berufungsgericht hat angesichts dieser eindeutigen Gesetzeslage zu Recht eine Auslegung des Gesetzes für ausgeschlossen gehalten, bei der den Klägern trotz der Wiederverheiratung ihrer Mutter ein Anspruch auf Unterhaltsleistungen erhalten geblieben wäre. Dem Oberverwaltungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass auch verfassungsrechtliche Erwägungen nicht zu einem solchen den Klägern günstigen Ergebnis führen können und deshalb für eine Verfahrensaussetzung und Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kein Raum ist.
Dabei kann unerörtert bleiben, dass das Vorbringen der Kläger, es verstoße gegen den Gleichheitssatz und gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie, wenn sie als Folge der Wiederverheiratung ihrer Mutter ihren Anspruch auf Unterhaltsleistungen verlieren, eine Gesetzesauslegung als zwingend voraussetzt, wonach (erst) die Eheschließung, nicht aber schon die Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft des erziehenden Elternteils jene Rechtsfolge auslöst. Selbst wenn unterstellt wird, dass das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft einen Anspruch des Kindes auf Unterhaltsleistung unberührt lässt, ist der Senat von der Verfassungswidrigkeit des hier für maßgeblich gehaltenen Auslegungsergebnisses nicht in einer den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 GG genügenden Weise überzeugt. Eine unterschiedliche rechtliche Behandlung ließe sich angesichts der unterschiedlichen „faktischen Gesamtlage” (BTDrucks 8/1952, S. 6) von in einer Stiefelternfamilie lebenden Kindern im Vergleich zu Kindern sachlich noch rechtfertigen, deren erziehender Elternteil eine eheähnliche Gemeinschaft eingegangen ist. Bei der Schaffung des Unterhaltsvorschussgesetzes hat der Gesetzgeber typisierend darauf abgestellt (vgl. BTDrucks a.a.O., S. 6 f.), dass auf der einen Seite die in der Unterhaltsberechtigung des erziehenden Elternteils gegenüber seinem (neuen) Ehepartner zum Ausdruck kommende rechtliche Absicherung der wirtschaftlichen Situation des erziehenden Elternteils mittelbar auch dessen Kindern zugute komme, während auf der anderen Seite der unterhaltsverpflichtete Ehepartner wegen der mit ihm zusammenlebenden Stiefkinder seinerseits wirtschaftliche Vorteile genieße (Kindergeld, Steuervergünstigungen u. Ä.). Wenn die vom Gesetzgeber unterstellte wirtschaftliche Besserstellung von Kindern in einer Stiefelternfamilie im Einzelfall ausbleibt, ist dies in Anbetracht der typisierenden und auf die praktischen Bedürfnisse einer Massenverwaltung Rücksicht nehmenden Betrachtungsweise des Gesetzgebers hinzunehmen.
Eine Verfahrensaussetzung nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt im Übrigen jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil auch im Falle der Verfassungswidrigkeit der die Kläger betreffenden Regelungen des Unterhaltsvorschussgesetzes das Klagebegehren keine Rechtsgrundlage fände und es somit für die Entscheidung auf die Gültigkeit jener Regelungen nicht ankommt, wie Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG es voraussetzt. Ausgehend von Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes, den Unterhalt von Kindern „alleinstehender” Mütter und Väter durch Unterhaltsleistungen zu sichern, könnte eine den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie verletzende Ungleichbehandlung zwischen Kindern abhängig davon, ob der erziehende Elternteil in ehelicher oder eheähnlicher Gemeinschaft lebt, konsequent nur dadurch beseitigt werden, dass nach dem Unterhaltsvorschussgesetz Kinder keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen haben, wenn sie bei einem Elternteil leben, der in ehelicher oder eheähnlicher Gemeinschaft lebt; denn die faktische Gesamtlage, die darin besteht, dass allein erziehende Elternteile ihre Kinder in der Regel unter erschwerten Bedingungen erziehen müssen, wobei die Kinder vom anderen Elternteil nicht wenigstens den üblichen Mindestunterhalt bekommen, ändert sich nicht nur, wenn der bisher allein stehende und allein erziehende Elternteil heiratet und das Kind einen Stiefelternteil erhält (s. dazu BTDrucks 8/1952 S. 6), sondern auch, wenn der bisher allein stehende und allein erziehende Elternteil mit einer anderen Person eine eheähnliche Gemeinschaft eingeht. Auch in diesem Fall ist der Elternteil nicht mehr allein stehend und nicht mehr allein erziehend.
Folglich ist die Revision zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO (vgl. dazu Urteil des Senats vom 14. Oktober 1993 – BVerwG 5 C 10.91 – Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr. 22, S. 28 f.).
Unterschriften
Dr. Säcker, Prof. Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen
BVerwGE, 259 |
FamRZ 2001, 1452 |
FEVS 2001, 529 |
ZfF 2002, 68 |
DVBl. 2001, 1697 |
info-also 2002, 88 |