Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschwernis, Abgeltung durch Stellenzulage. Erschwerniszulage, Konkurrenz zwischen Stellenzulage und –. Minentaucherzulage, Verhältnis zur Taucherzulage. Stellenzulage, Abgeltung von Dauererschwernissen. Taucherzulage, Verhältnis zur Minentaucherzulage
Leitsatz (amtlich)
Durch die Stellenzulage für Minentaucher (Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B) werden die Erschwernisse von Tauchertätigkeiten (§§ 7 ff. EZulV) mit abgegolten.
Normenkette
BBesG §§ 42, 47; BBesG Anl. I Vorbemerkung Nr. 9a; EZulV § 2 Abs. 2 a.F., §§ 7-8, 23b a.F., § 23e
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Entscheidung vom 21.05.1999; Aktenzeichen 3 L 188/98) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 16.06.1998; Aktenzeichen 16 A 95/97) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Mai 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger war Obermaat bei der Marine und erhielt eine Stellenzulage als Minentaucher gemäß Nr. 9 a Abs. 1 Buchst. c der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B. Von August bis Oktober 1996 nahm er an einem Schiffstaucherlehrgang teil. Den Antrag, ihm für die Dauer des Lehrgangs eine Zulage für Tauchertätigkeit gemäß §§ 7 ff. der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen zu zahlen, lehnte die Beklagte ab.
Der nach erfolglos eingelegter Beschwerde erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Dem geltend gemachten Anspruch stehe die allgemeine Ausschlussregelung des § 2 Abs. 2 EZulV entgegen. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften seien die „Zulagen im Marinebereich der Bundeswehr” des 3. Abschnitts der Erschwerniszulagenverordnung aufgehoben und faktisch in eine Stellenzulage umgewandelt worden. Auch wenn die Stellenzulage die besondere Gefährlichkeit der Tätigkeit als Minentaucher, die Erschwerniszulage hingegen Gefahren des Tauchens im Allgemeinen zum Gegenstand haben sollten, stünden die durch die beiden Zulagen erfassten Erschwernisse nicht im Sinne einer Exklusivität nebeneinander, sondern in einem Stufenverhältnis zueinander. Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Vorbemerkungen setze nicht nur die Verwendung als Minentaucher auf einer Stelle des Stellenplans in dem Sinne voraus, dass der Minentaucher eine solche Stelle überhaupt innehabe, sondern auch in dem Sinne, dass die Funktion eines Minentauchers tatsächlich ausgeübt werde.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Mai 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 16. Juni 1998 zurückzuweisen.
Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 2 Abs. 2 EZulV, der für den mit der Klage erfassten Zeitraum noch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. März 1992 (BGBl I S. 519) anzuwenden ist, keinen Anspruch auf die begehrte Erschwerniszulage gemäß §§ 7 ff. EZulV (sog. „Taucherzulage”) für die Monate August, September und Oktober 1996.
Gemäß § 2 Abs. 2 EZulV a.F. wird eine Erschwerniszulage neben einer anderen Zulage nur gewährt, soweit die abzugeltende Erschwernis nicht durch die andere Zulage mit abgegolten wird. Die pauschalierte, auf gesetzlicher Grundlage beruhende Stellenzulage nach Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B (im folgenden Vorbemerkung), eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. k des Zweiten Gesetzes zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 1990 (BGBl I S. 1451), schließt die Gewährung der Erschwerniszulage nach §§ 7 ff. EZulV für denselben Zeitraum aus.
Die Zulage für Tauchertätigkeit erhalten Beamte und Soldaten, wenn sie aufgrund dienstlicher Anordnung Taucherübungen und Taucherarbeiten durchführen. Nach der Legaldefinition des § 7 EZulV sind Tauchertätigkeiten Übungen oder Arbeiten im Wasser im Taucheranzug ohne Helm oder ohne Tauchgerät, mit Helm oder Tauchgerät und in Pressluft (Druckkammern). Die „Taucherzulage” wird anlassbezogen je nach zeitlichem Umfang, nach Tauchtiefe (vgl. § 8 Abs. 2 EZulV) sowie nach weiteren Kriterien (vgl. § 8 Abs. 3 EZulV) gestaffelt. Diese durch die Tauchertätigkeit bedingten Erschwernisse sind bereits durch die Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c mit abgegolten. Danach erhalten u.a. Soldaten eine Stellenzulage, die im Wege der Versetzung, Kommandierung oder Abordnung als Minentaucher mit gültigem Minentaucherschein in Minentauchereinheiten auf einer Stelle des Stellenplans verwendet werden, die eine Minentaucherausbildung voraussetzt. Diese Stellenzulage hat der Kläger auch während des Lehrganges von August bis Oktober 1996 zu Recht erhalten. Ein ständiger Einsatz als Minentaucher wird normativ nicht gefordert.
Die besonderen Konkurrenzregelungen in Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 der Vorbemerkung Nr. 9 a sind nicht abschließend und lassen die allgemeine Ausschlussregelung des § 2 Abs. 2 EZulV a.F. unberührt. Diese bestimmt allgemein den Rang der Erschwerniszulagen untereinander und zu anderen Zulagen, während sich die speziellen Konkurrenzvorschriften ausschließlich auf das Verhältnis formellgesetzlich geregelter Stellenzulagen zueinander beziehen.
Dass die Stellenzulage nach § 42 BBesG die Wahrnehmung einer herausgehobenen Funktion honorieren soll und die Erschwerniszulage nach § 47 BBesG der Abgeltung besonderer, bei der Bewertung des Amtes oder bei der Regelung der Anwärterbezüge nicht berücksichtigter Erschwernisse dient, schließt die Möglichkeit einer Konkurrenz derartiger Zulagen nicht aus. § 42 BBesG ermöglicht auch die Abgeltung von Erschwernissen durch Stellenzulagen. Die Stellenzulage nach Vorbemerkung Nr. 9 a findet ihren rechtfertigenden Grund darin, dass die Zuordnung der Ämter der Bundesbesoldungsordnung A die ständigen zusätzlichen Anforderungen an die Soldaten, die nach dem Stellenplan als Minentaucher verwendet werden, nicht hinreichend berücksichtigt. Die besondere physische Beanspruchung, die mit dem Tauchen auch unter widrigsten äußeren Bedingungen verbunden sein kann, die besondere psychische Belastung aufgrund vielfältiger Risiken für Leben und Gesundheit wegen des Umgangs mit Sprengmaterial unter Wasser sowie die durch die Minentaucherausbildung erworbenen speziellen Fähigkeiten, die durch ständige Übung erhalten werden müssen, sind Dauererschwernisse, die der Systematik des Besoldungsrechts entsprechend durch eine Stellenzulage abgegolten werden können (vgl. Urteile vom 3. Januar 1990 – BVerwG 6 C 11.87 – ≪Buchholz 240 § 47 Nr. 6≫ und vom 23. April 1998 – BVerwG 2 C 1.97 – ≪Buchholz 240.1 Nr. 20≫). Dementsprechend hat die Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c nahezu wortgleich – unter deutlicher Erhöhung des Betrages in Anlage IX zum Bundesbesoldungsgesetz – den früheren § 23 b Abs. 1 Nr. 3 EZulV (vgl. Bekanntmachung vom 6. März 1987, BGBl I S. 762) übernommen und die bisherige Erschwerniszulage systemgerecht in eine Stellenzulage „umgewandelt”. Zugleich wurde § 23 b EZulV aufgehoben (vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 1990), weil „die bisher gewährte Erschwerniszulage im Marinebereich in die neue Stellenzulage nach Vorbemerkung Nr. 9 a … eingegangen ist” (vgl. BTDrucks 11/6544 S. 11).
Auch wenn vor dem Hintergrund bundeswehrtypischer Gegebenheiten die Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c dem Wortlaut nach auf formale Anforderungen an die Verwendung sowie die persönliche Eignung abstellt, werden mittelbar die in der Dienstausübung des Minentauchers begründeten und realisierten Erschwernisse gekennzeichnet und herausgehoben.
Nach den normativen Voraussetzungen der Zulageregelungen ist die Verwendung als Minentaucher eine spezielle Form der Tauchertätigkeit. Die Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c stellt auf die „Vollfunktion” des Minentauchers ab und erfasst nicht nur einzelne Aspekte der Verwendung wie etwa den Umgang mit hochgefährlichen Explosivstoffen. In der Bezeichnung „Minentaucher” ist bereits begrifflich der „Taucher” enthalten. § 7 EZulV beschreibt kein anderes spezielles Funktionsbild – wie etwa den von der Revision so bezeichneten „Helmtaucher oder Schiffstaucher” –, sondern umfasst jedwede Tauchertätigkeit, die den Anforderungen des § 7 Abs. 2 EZulV genügt. Derartige – wenn auch spezielle – Taucherarbeiten schließt die Funktionsbeschreibung des Minentauchers notwendig ein. Dass die Verwendung als Minentaucher über die allgemeinen Erschwernisse der Tauchertätigkeit hinaus mit weiteren Belastungen verbunden ist, rechtfertigt die pauschale Stellenzulage anstelle der nach konkreten Einsätzen zu berechnenden Erschwerniszulage für Tauchertätigkeit. Dies ändert nichts daran, dass die Funktionsumschreibung des Minentauchers nach der Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c bestimmungsgemäß Tätigkeiten zum Inhalt hat, die zugleich die Voraussetzungen des § 7 EZulV erfüllen.
Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Neuregelungen der Verordnung zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 17. Juni 1998 (BGBl I S. 1378). Zeitgleich mit der Aufhebung des § 2 EZulV (Art. 1 Nr. 2) ist durch § 23 e EZulV (Art. 1 Nr. 29) eine Zulage für Kampfschwimmer und Minentaucher eingeführt und in § 7 EZulV der Absatz 3 angefügt worden, wonach die Zulage nicht neben der Minentaucherzulage nach § 23 e EZulV gewährt wird. Diese nach Aufhebung der allgemeinen Ausschlussregelung notwendig gewordene spezielle Regelung löst die Konkurrenzsituation zwischen den Erschwerniszulagen zugunsten der Minentaucherzulage. Einer ausdrücklichen Regelung des Verhältnisses zwischen der Erschwerniszulage nach § 7 EZulV und der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c bedurfte es nicht, weil unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift regelmäßig auch die Voraussetzungen des § 23 e EZulV gegeben sind. Denn § 23 e EZulV fordert ebenso wie die Vorbemerkung Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. c – diese nur mit weiteren qualifizierenden Merkmalen – die Verwendung als Minentaucher in einer Minentauchereinheit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele, Eckertz-Höfer, Dr. Bayer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.06.2000 durch Grubert Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
PersV 2001, 90 |
RiA 2001, 289 |