Leitsatz (amtlich)
Der zeitweise Aufenthalt eines Wohnungsinhabers im Ausland ist für dessen Rundfunkbeitragspflicht ohne Bedeutung.
Verfahrensgang
OVG der Freien Hansestadt Bremen (Urteil vom 20.03.2018; Aktenzeichen 1 LC 36/14) |
VG Bremen (Urteil vom 20.12.2013; Aktenzeichen 2 K 570/13) |
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger wendet sich gegen seine Belastung mit Rundfunkbeiträgen in Zeiten längerer Auslandsaufenthalte.
Rz. 2
Der Kläger hat seit 1998 ein Konto als Rundfunkteilnehmer. Er meldete im Herbst und Winter 2008/2009 die in seiner Wohnung in der E. Straße... in B. vorhandenen Rundfunkempfangsgeräte für die Dauer einer mehrmonatigen Auslandsreise bei der vormaligen Gebühreneinzugszentrale ab. Diese erstattete ihm die in dem entsprechenden Zeitraum für volle Kalendermonate durch Lastschrift vereinnahmten Rundfunkgebühren im Nachhinein. Im Oktober 2012 meldete der Kläger seine Rundfunkempfangsgeräte erneut befristet ab. Er gab an, er werde sich von Anfang November 2012 bis Anfang Februar 2013 in Australien aufhalten. Die Gebühreneinzugszentrale teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16. November 2012 mit, dass sein Teilnehmerkonto für den vollen Kalendermonat Dezember 2012, für den noch der Rundfunkgebührenstaatsvertrag und für die Rundfunkgebührenpflicht das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten zum Empfang maßgeblich sei, abgemeldet werde. Dagegen könne ab dem 1. Januar 2013 eine befristete Abmeldung nicht mehr vorgenommen werden, weil mit dem Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags der Rundfunkbeitrag für den Inhaber einer Wohnung anfalle und es auf das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten zum Empfang nicht mehr ankomme. Der Kläger bleibe auch während seiner Abwesenheit Wohnungsinhaber.
Rz. 3
Der Kläger zahlte per Lastschrift den Rundfunkbeitrag für Januar 2013. In der Folgezeit stellte er die Zahlungen ein. Die beklagte Landesrundfunkanstalt setzte die rückständigen Rundfunkbeiträge jeweils jahresweise fest. Der Kläger erhob gegen die Festsetzungsbescheide Widersprüche, über die noch nicht entschieden ist. Mit Schreiben vom 21. Februar 2013 verlangte der Kläger von dem Beklagten ohne Erfolg die Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013.
Rz. 4
Die Klage, mit der der Kläger zum einen die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013 in Höhe von 17,98 € und zum anderen die Feststellung erstrebt hat, dass er zur Entrichtung eines Rundfunkbeitrags während eines Auslandsaufenthalts von mindestens einmonatiger Dauer nicht verpflichtet ist, hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
Rz. 5
Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt, die Klage auf Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013 sei als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger stehe ein Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV nicht zu, weil er den Beitrag nicht ohne rechtlichen Grund entrichtet habe. Die Beitragspflicht knüpfe gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung, das heißt an das Bewohnen einer solchen an. Dass der Kläger Inhaber der Wohnung E. Straße... in B. sei, werde gemäß der Übergangsbestimmung des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RBStV sowie nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV vermutet, weil der Kläger schon vor dem Jahr 2013 als privater Rundfunkteilnehmer unter der Anschrift E. Straße... in B. erfasst gewesen sei und für diese Wohnung auch melderechtlich gemeldet sei. Das Bewohnen einer Wohnung im Sinne ihrer (vermuteten) Nutzung zu Wohnzwecken ende nicht schon durch das Verlassen der Wohnung für einen längeren Auslandsaufenthalt, wie ihn der Kläger im Januar 2013 unternommen habe, sondern nur dann, wenn die Wohnnutzung dauerhaft einem anderen überlassen oder endgültig aufgegeben werde. Der Kläger habe durch den in Rede stehenden Auslandsaufenthalt auch den Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV nicht erfüllt. Es stelle keinen besonderen Härtefall im Sinne dieser Vorschrift dar, dass es dem Kläger in der fraglichen Zeit unmöglich gewesen sei, in seiner Wohnung öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen. Denn dies habe weder auf objektiven technischen Gründen noch auf körperlichen Ursachen oder vergleichbaren Umständen, sondern auf dem freien Entschluss des Klägers beruht, seine Wohnung in der fraglichen Zeit nicht zu nutzen. Hierin liege auch keine besondere Atypik. Ferner sei die Beitragsbelastung für den fraglichen Zeitraum nicht unzumutbar hoch. Dass die an das Innehaben einer Wohnung anknüpfende Rundfunkbeitragspflicht als solche nicht gegen höherrangiges Recht verstoße, sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.
Rz. 6
Die von dem Kläger neben der Leistungsklage erhobene Feststellungsklage hat das Oberverwaltungsgericht für zulässig erachtet. Sie sei insbesondere gegenüber nachträglichen Gestaltungs- oder Leistungsklagen nicht subsidiär, da es sich bei den Auslandsreisen des Klägers um wiederkehrende Sachverhaltskonstellationen mit einer zwischen den Beteiligten umstrittenen Ausprägung von Rechten und Pflichten handele. Die Feststellungsklage sei indes aus den nämlichen Gründen wie die auf eine Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013 gerichtete Leistungsklage unbegründet.
Rz. 7
Mit seiner von dem Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sowohl sein Erstattungs- als auch sein Feststellungsbegehren weiter. Er macht geltend, ihm sei es, wenn er sich nachweislich für einen längeren Zeitraum im Ausland aufhalte, objektiv unmöglich, in seiner Wohnung Radio zu hören oder fernzusehen und dadurch den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit zu nutzen. Hierin bestehe der Unterschied zu der für die Beitragserhebung unbeachtlichen Konstellation, dass sich ein Wohnungsinhaber bewusst gegen das Vorhalten eines Fernsehgeräts oder eines Radios entscheide. Während eines längeren Auslandsaufenthalts sei ein Bewohnen der Wohnung, an die die Rundfunkbeitragspflicht anknüpfe, nicht gegeben. Jedenfalls müsse insoweit ein besonderer Härtefall im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV angenommen werden. Unabhängig hiervon verstoße die an das Innehaben einer Wohnung anknüpfende Rundfunkbeitragspflicht gegen höherrangiges Recht. Dies sei insbesondere deshalb der Fall, weil es sich um eine nicht der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder unterfallende Steuer handele und weil Alleinstehende im Vergleich mit Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung lebten, unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt würden.
Rz. 8
Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Rz. 10
Soweit das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen die Abweisung der auf Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013 gerichteten Leistungsklage zurückgewiesen hat, beruht das Berufungsurteil weder auf der Verletzung von Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO noch auf einem Verstoß gegen die revisiblen Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV), der den Regelungsgegenstand von Art. 1 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15. Dezember 2010 bildet, welcher in der Freien Hansestadt Bremen durch Gesetz vom 15. November 2011 in Landesrecht überführt wurde (Brem.GBl. S. 425; zur Anordnung der Revisibilität: § 13 RBStV). Die Revision ist insoweit unbegründet und nach § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen (1.). Was die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Klage anbelangt, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet ist, während eines Auslandsaufenthalts von mindestens einmonatiger Dauer einen Rundfunkbeitrag zu entrichten, ist das Oberverwaltungsgericht zwar unter Verletzung von Bundesrecht zu einer Entscheidung in der Sache vorgedrungen. Da die von dem Berufungsgericht als unbegründet beurteilte Klage bereits unzulässig ist, erweist sich das Berufungsurteil aus diesem Grund jedoch als im Ergebnis richtig, so dass die Revision insoweit nach § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen ist (2.).
Rz. 11
1. Der Anspruch auf Erstattung eines ohne rechtlichen Grund an eine Landesrundfunkanstalt entrichteten Rundfunkbeitrags ist in § 10 Abs. 3 RBStV spezialgesetzlich geregelt. Der Kläger hat einen solchen Anspruch in Bezug auf den umstrittenen Rundfunkbeitrag für Januar 2013 in statthafter und auch sonst zulässiger Weise in Gestalt der allgemeinen Leistungsklage gegenüber dem Beklagten geltend gemacht (a.). Die Klage ist indes unbegründet (b.).
Rz. 12
a. Der Beklagte hat den Rundfunkbeitrag für Januar 2013 nicht auf der Grundlage von § 10 Abs. 5 RBStV durch - eine entsprechende Anfechtungslast des Klägers begründenden - Bescheid als rückständig festgesetzt. Der Kläger hat den Beitrag vielmehr im Wege eines gestatteten Lastschrifteinzugs und damit letztlich freiwillig gezahlt. Ihm steht mithin für seine Forderung auf Erstattung des streitigen Betrags die allgemeine Leistungsklage zur Verfügung (vgl. dazu allgemein: Tucholke, in: Binder/Vesting ≪Hrsg.≫, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, § 10 RBStV Rn. 52).
Rz. 13
b. In der Sache steht dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu. Er hat den Rundfunkbeitrag für Januar 2013 nicht ohne rechtlichen Grund entrichtet, sondern war zu der Zahlung nach den Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über die an das Innehaben einer Wohnung anknüpfende Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich verpflichtet (aa.). Diese Bestimmungen sind - abgesehen von der hier nicht einschlägigen Beitragspflicht auch für Zweitwohnungen im Geltungsbereich des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages - mit höherrangigem Recht vereinbar (bb.).
Rz. 14
aa. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unmittelbar kraft Gesetzes. Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten (§ 2 Abs. 1 RBStV). Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV). Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV). Mehrere Beitragsschuldner haften als Gesamtschuldner entsprechend § 44 AO (§ 2 Abs. 3 Satz 1 RBStV). Die Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinn ist definiert als jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Von der Beitragspflicht werden auf Antrag Empfänger bestimmter Sozialleistungen sowie taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe befreit (§ 4 Abs. 1 RBStV), für Personen mit anderen Behinderungen wird der Beitrag auf Antrag auf ein Drittel ermäßigt (§ 4 Abs. 2 RBStV). Ferner ist in besonderen Härtefällen auf Antrag eine Befreiung zu gewähren (§ 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV). Die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV) und endet mit dem Ablauf des Monats, in dem das Innehaben der Wohnung durch den Beitragsschuldner endet, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RBStV). Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet und für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 RBStV). Für den Übergang von dem bis 2013 geltenden Rundfunkgebührenmodell zu dem seither umgesetzten Rundfunkbeitragsmodell wird vermutet, dass die Personen, die die frühere Rundfunkgebühr entrichtet sowie für Grund und Höhe der Rundfunkbeitragspflicht relevante Tatsachen nicht angezeigt haben (§ 14 Abs. 1 RBStV), auch Schuldner des Rundfunkbeitrags sind (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RBStV) und mindestens einen vollen Rundfunkbeitrag pro Monat zu zahlen haben (§ 14 Abs. 4 Satz 1 RBStV). Im hier maßgebenden Zeitraum betrug der Rundfunkbeitrag monatlich 17,98 € (§ 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags - RFinStV - in der Fassung des Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. November 2011, Brem.GBl. S. 425).
Rz. 15
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass es sich bei der Raumeinheit des Klägers in der E. Straße... in B. um eine Wohnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV handelt. Die Eigenschaft als Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinn ist nicht für die Zeit des Auslandsaufenthalts des Klägers im Januar 2013 entfallen. Die seinerzeitige Abwesenheit des Klägers ließ die Eignung der Raumeinheit zu Wohnzwecken unberührt. Ist diese Eignung gegeben, kommt es für die Wohnungseigenschaft der Raumeinheit nicht darauf an, ob sie tatsächlich bewohnt wird (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 6 B 45.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017:270717B6B45.17.0] - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 83 Rn. 4).
Rz. 16
Der Kläger war im Januar 2013 auch Inhaber der Wohnung in der E. Straße... in B. und damit gemäß § 2 Abs. 1 RBStV Schuldner des für diesen Monat nach § 7 Abs. 3 RBStV anfallenden Rundfunkbeitrags. Dass der Kläger die Wohnung in einer ihr Innehaben entsprechend § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV begründenden Weise bewohnte, wird nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV vermutet. Dieser Vermutungstatbestand greift in tatsächlicher Hinsicht ein, denn der Kläger war nach Feststellung des Oberverwaltungsgerichts in der genannten Wohnung nach den melderechtlichen Vorschriften gemeldet. Der Kläger hat die Vermutung seiner im Januar 2013 bestehenden Wohnungsinhaberschaft nicht widerlegt. Auf die - von dem Oberverwaltungsgericht bejahte - Vermutung der Beitragsschuldnerschaft des Klägers auch nach der Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RBStV kommt es danach nicht an (vgl. zu dem eingeschränkten praktischen Anwendungsbereich der Vorschrift: Gall/Göhmann/Herb/Siekmann, in: Binder/Vesting ≪Hrsg.≫, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, § 14 RBStV Rn. 26 ff.).
Rz. 17
Zur Widerlegung der Vermutung aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV muss der von ihr Betroffene nachweisen, dass er tatsächlich nicht Inhaber der Wohnung ist, diese also nicht im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV selbst bewohnt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. September 2015 - 4 LA 230/15 - NVwZ-RR 2016, 74 Rn. 8; VGH Mannheim, Urteil vom 25. November 2016 - 2 S 146/16 - juris Rn. 30). Diesen Nachweis hat der Kläger durch die Bezugnahme auf den Umstand, dass er sich in dem umstrittenen Zeitraum des Januar 2013 im Rahmen einer längeren Reise im Ausland aufgehalten hat, nicht erbracht.
Rz. 18
Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Bewohnen entsprechend § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV nach dem Wortsinn dieses Begriffs jedenfalls dann vorliegt, wenn jemand eine hierfür geeignete Wohnung zu Wohnzwecken nutzt. Entscheidend ist die Wohnnutzung als solche. Es kommt nicht darauf an, wieviel Zeit die Person in der Wohnung verbringt. Auch eine gelegentliche oder seltene Wohnnutzung ist ein Bewohnen im Sinne der Vorschrift (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 6 B 45.17 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 83 Rn. 6; vgl. auch LT-Drs. HB 18/40 S. 22). Nach diesem Maßstab ist ein Bewohnen einer Wohnung und damit ein die Rundfunkbeitragspflicht begründendes Innehaben der Wohnung auch in den Zeiten zu bejahen, in denen die Person die Wohnung für eine längere Auslandsreise verlässt. Zudem entspricht nur dieses Normverständnis dem grundlegenden normativen Strukturmerkmal des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich, nach dem es generell unerheblich ist, ob in einer beitragspflichtigen Wohnung Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden, oder ob der Beitragspflichtige das Rundfunkangebot tatsächlich nutzen will (hierzu: LT-Drs. HB 18/40 S. 20; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - BVerfGE 149, 222 Rn. 89 ff., 93 ff.; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:180316U6C6.15.0] - BVerwGE 154, 275 Rn. 34 ff.). Kann nämlich die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht selbst dadurch nicht abgewendet werden, dass in der Wohnung auf die Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vollständig und zeitlich unbegrenzt verzichtet wird, kann der nur zeitweise - auf die Dauer einer Auslandsreise begrenzte - Verzicht auf eine derartige Nutzung erst recht nicht zur Beitragsfreiheit führen. Es liegt ferner auf der Hand, dass der Normzweck des besagten Strukturmerkmals - eine Belastungsgleichheit der Beitragspflichtigen durch einen Ausschluss unzulässiger Möglichkeiten der Beitragsvermeidung sicherzustellen und unverhältnismäßige Kontrollen zu erübrigen (vgl. dazu: BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - BVerfGE 149, 222 Rn. 91 f.; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 31 ff.) - vereitelt würde, wenn einer zeitlichen Unterbrechung der tatsächlichen Wohnnutzung in der von dem Kläger befürworteten Weise Relevanz zukäme. Eine Wohnung wird im Ergebnis immer schon dann im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV von einer Person selbst bewohnt, wenn diese - wie bei dem Kläger der Fall - die Wohnung jederzeit zum tatsächlichen Wohnen nutzen kann, weil sie die hierfür erforderliche Verfügungsgewalt über die Wohnung innehat (dies noch offenlassend, weil im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich: BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 6 B 45.17 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 83 Rn. 6).
Rz. 19
Schließlich war der Kläger im Januar 2013 nicht nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 6 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Der Beklagte hat einen Befreiungsbescheid für diesen Zeitraum nicht erlassen. Für eine inzidente Überprüfung der materiellen Befreiungsvoraussetzungen ist im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Beitragspflicht des Klägers kein Raum (dazu allgemein: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 [ECLI:DE:BVerwG:2019:301019U6C10.18.0] - Rn. 12 f.).
Rz. 20
Der Kläger schuldete nach alledem gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 RBStV den Rundfunkbeitrag für Januar 2013.
Rz. 21
bb. Die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - mit Ausnahme der hier nicht in Rede stehenden zusätzlichen Beitragspflicht für Zweitwohnungen im Geltungsbereich des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags - nicht gegen das Grundgesetz. Der Rundfunkbeitrag ist keine Steuer, sondern eine Vorzugslast in Gestalt eines Beitrags, dessen Regelung gemäß Art. 70 Abs. 1 GG in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegt. Der durch die Beitragserhebung ausgeglichene Vorteil besteht in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG werden durch die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich - abgesehen von der zusätzlichen Beitragspflicht für Zweitwohnungen wegen des dort bereits abgegoltenen Vorteils - eingehalten. Die Landesgesetzgeber durften die Rundfunkbeitragspflicht an das Innehaben von Wohnungen knüpfen. Diesem Regelungskonzept liegt die nicht zu beanstandende und durch statistische Erhebungen gedeckte Erwägung zugrunde, dass die Adressaten des Programmangebots den Rundfunk typischerweise in der Wohnung empfangen können und nutzen und dass deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse auf die Nutzungsmöglichkeit als abzugeltenden Vorteil zulässt. Die einheitliche Erhebung des Rundfunkbeitrags pro Wohnung verletzt, auch soweit sie zu einer Entlastung von Mehrpersonenhaushalten führt, unter Berücksichtigung des weiten gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums nicht den Grundsatz der Belastungsgleichheit (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - BVerfGE 149, 222 Rn. 50 ff.; ebenso im Wesentlichen zuvor bereits: BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 12 ff.; zusammenfassend zuletzt: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - Rn. 14). Aus unionsrechtlicher Sicht stellt der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich keine rechtswidrige staatliche Beihilfe dar (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - C-492/17 [ECLI:EU:C:2018:1019], Südwestrundfunk/Rittinger u.a. - Rn. 29 ff.).
Rz. 22
2. Die Abweisung der Klage, mit welcher der Kläger das Nichtbestehen einer Rundfunkbeitragspflicht während eines Auslandsaufenthalts von mindestens einmonatiger Dauer festgestellt wissen will, hat das Oberverwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht bestätigt. Die Klage führt indes entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts nicht zu einer Entscheidung in der Sache. Sie ist vielmehr bereits unzulässig, weil die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingreift.
Rz. 23
Nach der Rechtsprechung des Senats ist es zwar grundsätzlich möglich, nach § 43 Abs. 1 VwGO vorab eine Feststellung über das Bestehen der Rundfunkbeitragspflicht zu erreichen, weil die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags nicht durch den Erlass eines Beitragsbescheids, sondern unmittelbar kraft Gesetzes entsteht (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 7.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:180316U6C7.15.0] - juris Rn. 54). Im vorliegenden Fall bedarf es jedoch einer solchen Feststellung nicht, weil bereits im Rahmen der Leistungsklage auf Erstattung des Rundfunkbeitrags für Januar 2013 geklärt werden konnte und geklärt worden ist, dass die Rundfunkbeitragspflicht für den Kläger als Inhaber der Wohnung in der E. Straße... in B. nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 sowie § 7 Abs. 3 Satz 1 RBStV auch während eines zeitweisen Aufenthalts im Ausland besteht. Diese Rechtsvorschriften sind nach dem Januar 2013 nicht geändert worden. Die Frage, ob dem Kläger nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für den in Rede stehenden Zeitraum zusteht, kann der Kläger vor einer konkreten Auslandsreise auf den nach dieser Vorschrift erforderlichen gesonderten Antrag hin - mit einer sich gegebenenfalls anschließenden Verpflichtungsklage - einer Klärung zuführen.
Rz. 24
3. Der Senat weist indes zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten zwischen den Beteiligten darauf hin, dass der Kläger nicht beanspruchen kann, gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV für die Zeit einer Auslandsreise von mehr als einmonatiger Dauer von der Rundfunkbeitragspflicht befreit zu werden. Es stellt keinen besonderen Härtefall im Sinne dieser Vorschrift dar, dass der Kläger auch während eines solchen Zeitraums einen Rundfunkbeitrag entrichten muss. Der Zweck der Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV besteht darin, grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten zu vermeiden, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der sogenannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Rundfunkbeitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich deren Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt. Danach ist ein besonderer Härtefall zum einen dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit zum Rundfunkempfang objektiv ausgeschlossen ist, etwa weil als Übertragungsweg weder Terrestrik noch Kabel, Satellit, Internet oder Mobilfunk zur Verfügung stehen. Zum anderen kommt eine Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auf von dem Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfasste, den dort geregelten Konstellationen jedoch vergleichbare Bedürftigkeitsfälle in Betracht (zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - Rn. 23 ff., vgl. auch: LT-Drs. HB 18/40 S. 25). Der Kläger fällt in keinen dieser Anwendungsbereiche. Er kann in der hier in Rede stehenden Zeit den in seiner Wohnung empfangbaren öffentlich-rechtlichen Rundfunk allein aus subjektiven Gründen - weil er sich auf Grund eigenen Entschlusses im Ausland aufhält - nicht nutzen. Auch ist für eine den Fällen des § 4 Abs. 1 RBStV vergleichbare, dort aber nicht erfasste Bedürftigkeit des Klägers nichts ersichtlich.
Rz. 25
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 13676214 |
DÖV 2020, 444 |
FEVS 2020, 455 |
ZUM-RD 2020, 402 |
K&R 2020, 322 |