Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung. Verbot der Mischverwaltung. Abschiebung. Durchführung der Abschiebung. Rückführung. Abschiebungskosten. Personalkosten. Zentrale Abschiebestelle. amtliche Flugbegleitung. Erforderlichkeit der Begleitung. Begleitung durch ausländische Sicherheitskräfte. Auslagenersatz
Leitsatz (amtlich)
- Im Klageverfahren des Ausländers gegen den Leistungsbescheid der Ausländerbehörde auf Zahlung der Abschiebungskosten sind andere an der Durchführung der Abschiebung beteiligte Behörden auch dann nicht notwendig beizuladen, wenn um die ihnen entstandenen Kosten gestritten wird.
- Personalkosten der Behörde gehören – außer in den gesetzlich besonders geregelten Fällen – nicht zu den vom Ausländer zu erstattenden Verwaltungskosten der Abschiebung im Sinne des § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG (jetzt § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
- Wird der Ausländer bei seiner Abschiebung auf dem Luftweg von ausländischen Sicherheitskräften begleitet, stellt dies auch dann keine “amtliche” Begleitung im Sinne des § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG (jetzt § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) dar, wenn es im Einvernehmen mit den zuständigen deutschen Behörden geschieht.
- Zur Zahlung der Kosten der Begleitung durch ausländische Sicherheitskräfte bei der Abschiebung kann der Ausländer nur nach Maßgabe des § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG (jetzt § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) in Verbindung mit den allgemeinen Regelungen des Verwaltungskostengesetzes über die Erstattung von Auslagen herangezogen werden.
Normenkette
AufenthG § 67 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 69 Abs. 2, § 71 Abs. 1; AuslG § 63 Abs. 1, § 81 Abs. 2, § 83 Abs. 1 Nrn. 2-3, Abs. 4; VwGO § 65; VwKostG §§ 1, 3, 10 Abs. 1 Nr. 7, § 14 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 17.03.2005; Aktenzeichen 2 L 509/02) |
VG Dessau (Entscheidung vom 26.09.2002; Aktenzeichen 4 A 46/02 DE) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. März 2005 wird hinsichtlich der Kostenposition 4 im Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 1999 aufgehoben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Der Kläger, der aus dem früheren Jugoslawien stammt, wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten der Abschiebung in sein Heimatland (seit 2003: Serbien und Montenegro).
Der Kläger reiste erstmals 1993 nach Deutschland ein und betrieb hier bis 1997 erfolglos ein Asylverfahren. Im Juni 1998 wurde er auf Veranlassung der beklagten Ausländerbehörde auf dem Luftweg abgeschoben. Dabei wurde er auf Anordnung der jugoslawischen Behörden und mit Billigung des Bundesgrenzschutzes (jetzt: Bundespolizei) auf der Grundlage des Rückführungsabkommens zwischen Deutschland und Jugoslawien von zwei jugoslawischen Sicherheitskräften begleitet. Nachdem der Kläger 1999 erneut – illegal – nach Deutschland eingereist war, forderte ihn die beklagte Ausländerbehörde mit Leistungsbescheid vom 13. Dezember 1999 zur Erstattung der Abschiebungskosten auf. Sie machte hierbei auch die von der Grenzschutzdirektion Koblenz verauslagten Aufwendungen für die zwei jugoslawischen Flugbegleiter in Höhe von insgesamt 2 441 DM – 770,50 DM Flugkosten und 450 DM Tagegeld je Begleiter – geltend (Kostenposition 4 des Bescheids). Außerdem umfasst der Bescheid einen Betrag von 150 DM, den die Zentrale Abschiebestelle des Landes Sachsen-Anhalt der Ausländerbehörde für die Vorbereitung der Abschiebung in Rechnung gestellt hatte (Kostenposition 3). Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage hinsichtlich dieser beiden Kostenpositionen statt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis. Zur Begründung führte es aus, die beklagte Ausländerbehörde sei nicht dafür zuständig, Kosten anderer Behörden geltend zu machen. Zusätzlich wies es darauf hin, der Bundesgrenzschutz sei nicht nur zuständig, sondern der Sache nach auch berechtigt, vom Kläger die für dessen Flugbegleitung entstandenen Kosten zu fordern.
Mit seiner Revision beanstandet der Beklagte zunächst, dass das Berufungsgericht es verfahrensfehlerhaft unterlassen habe, die Bundesrepublik Deutschland – für den Bundesgrenzschutz – und das Land Sachsen-Anhalt – für die dortige Zentrale Abschiebestelle – notwendig beizuladen. In der Sache stehe die Auffassung des Berufungsgerichts zur (fehlenden) Zuständigkeit der Ausländerbehörde in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Übrigen seien die Erstattungsansprüche hinsichtlich der Kostenpositionen 3 und 4 im Leistungsbescheid auch materiellrechtlich begründet.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Beklagten, die sich nur noch auf die Kosten der Zentralen Abschiebestelle (Kostenposition 3) und die Kosten der Flugbegleitung (Kostenposition 4) bezieht, hat im Wesentlichen Erfolg. Hinsichtlich der Kosten der Zentralen Abschiebestelle ist sie unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verstößt zwar insoweit gegen Bundesrecht, als der Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch für die Erhebung der Kosten der Zentralen Abschiebestelle gegenüber dem Ausländer sachlich zuständig ist. Sie erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die geltend gemachten Personalkosten nicht zu den erstattungsfähigen Kosten der Abschiebung gehören. Hinsichtlich der Kosten für die Flugbegleitung hat die Revision des Beklagten dagegen Erfolg. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der vom Kläger angefochtene Leistungsbescheid ist hinsichtlich dieser Kosten nicht wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit des Beklagten rechtswidrig. Das Berufungsgericht hätte ihn deshalb nicht aus diesem Grund aufheben dürfen. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Umständen der Flugbegleitung nicht abschließend in der Sache entscheiden kann, ist das Verfahren insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Die Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheids ist nach den Vorschriften des Ausländergesetzes zu beurteilen. Das während des Berufungsverfahrens am 1. Januar 2005 in Kraft getretene neue Aufenthaltsgesetz ist hier nicht anwendbar. Für die Anfechtungsklage gegen den Leistungsbescheid vom 13. Dezember 1999 über die Kosten der im Juni 1998 durchgeführten Abschiebung ist mangels anders lautender Übergangsbestimmungen auf die bisherige Rechtslage nach dem Ausländergesetz abzustellen. Im Übrigen haben sich die maßgeblichen Vorschriften, soweit sie hier einschlägig sind, nicht geändert.
2. Soweit die Revision als Verfahrensmangel geltend macht, das Berufungsgericht habe § 65 Abs. 2 VwGO verletzt, weil es die notwendige Beiladung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Sachsen-Anhalt unterlassen habe, greift diese Rüge nicht durch. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung der Bundesrepublik Deutschland wie auch des Landes Sachsen-Anhalt nicht vor. Deshalb kam eine solche – nach § 142 Abs. 1 Satz 2 VwGO allein zulässige – notwendige Beiladung auch im Revisionsverfahren nicht in Betracht. Notwendig beizuladen sind Dritte nach § 65 Abs. 2 VwGO dann, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte der Dritten eingegriffen wird, d.h. ihre Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. z.B. Beschluss vom 9. Januar 1999 – BVerwG 11 C 8.97 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 131). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Sachsen-Anhalt an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten als zuständiger Ausländerbehörde als Dritte mit eigenen Rechten beteiligt sind.
Betreibt eine Ausländerbehörde – wie hier – die Abschiebung eines Ausländers, so ist sie nach § 63 Abs. 1 AuslG die für diese Maßnahme insgesamt zuständige Behörde, auch wenn sie zur Durchführung der Abschiebung andere Behörden heranzieht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist allein die Ausländerbehörde in diesen Fällen als zuständige Behörde im Sinne des § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG zur Erhebung der gesamten Abschiebungskosten einschließlich der Kosten der hinzugezogenen Behörden gegenüber dem Ausländer befugt (Urteil vom 14. Juni 2005 – BVerwG 1 C 11.04 – Buchholz 402.240 § 83 AuslG Nr. 6, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen). Die Ausländerbehörde macht dabei die Kosten der Abschiebung auch insoweit im eigenen Namen geltend, als es um Kosten anderer Behörden geht. Dieses im Gesetz angelegte Zuständigkeitssystem führt dazu, dass im Außenverhältnis ausschließlich die Ausländerbehörde dem Kostenschuldner gegenübertritt. Sie tritt im gesamten Kostenerhebungsverfahren in einer Art “Verfahrensstandschaft” für alle an der Abschiebung beteiligten Behörden auf. Weder die Bundesrepublik Deutschland – für den Bundesgrenzschutz – noch das Land Sachsen-Anhalt – für die Zentrale Abschiebestelle – sind an diesem Rechtsverhältnis daher als Dritte mit eigenen Rechten beteiligt, die im Wege der notwendigen Beiladung prozessual zur Geltung gebracht werden müssten. Verfassungsrechtliche Bedenken stehen einem solchen Verständnis von § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG nicht entgegen. Insbesondere stellt die alleinige Geltendmachung der Abschiebungskosten durch die Ausländerbehörde eines Landes gegenüber dem Kostenschuldner und die daraus folgende Beschränkung der an der Abschiebung beteiligten Bundesbehörden auf einen Kostenerstattungsanspruch im Innenverhältnis keine verfassungsrechtlich unzulässige “Mischverwaltung” dar (hierzu allgemein BVerfGE 63, 1 ≪36 ff.≫ und Isensee in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band IV, § 98 Rn. 179 ff.; vgl. etwa auch für die Amtshilfe § 8 VwVfG). Allerdings dürfte es in derartigen Fällen regelmäßig zweckmäßig sein, die anderen Behörden oder ihre Rechtsträger zu dem Verfahren nach § 65 Abs. 1 VwGO einfach beizuladen. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung liegen indes nicht vor.
3. In der Sache rügt die Revision allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht den angefochtenen Bescheid, soweit er Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, nicht schon wegen Fehlens der sachlichen Zuständigkeit des Beklagten hätte aufheben dürfen.
Wie oben zu 1. bereits ausgeführt, ist das Berufungsgericht – im Anschluss an das Oberverwaltungsgericht Koblenz – davon ausgegangen, dass die Ausländerbehörde keine Zuständigkeit dafür habe, Abschiebungskosten für andere Behörden zu erheben. Der Senat hat inzwischen geklärt, dass die Ausländerbehörde – hier der Beklagte – gemäß § 83 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 AuslG berechtigt ist, die Kosten der Abschiebung auch insoweit geltend zu machen, als diese bei dem zur Durchführung der Abschiebung herangezogenen Bundesgrenzschutz sowie anderen an der Abschiebung beteiligten Behörden entstanden sind (Urteil vom 14. Juni 2005 – BVerwG 1 C 11.04 – a.a.O.).
4. Im Ergebnis hat das Berufungsgericht allerdings den Bescheid hinsichtlich der Kosten der Zentralen Abschiebestelle zu Recht aufgehoben. Die in Sachsen-Anhalt eingerichtete und an eine allgemeine Ausländerbehörde angegliederte Zentrale Abschiebestelle hat für die Vorbereitung der Abschiebung des Klägers drei Stunden Arbeitszeit à 50 DM für einen Beamten des mittleren Dienstes oder einen vergleichbaren Angestellten in Rechnung gestellt. Es handelt sich daher um allgemeine Personalkosten. Die Erstattung derartiger Kosten ist gesetzlich nicht vorgesehen. Weder das Ausländergesetz noch die auf der Grundlage des Ausländergesetzes erlassene Ausländergebührenverordnung noch das ergänzend heranzuziehende Verwaltungskostengesetz enthalten Regelungen, die den Kostenanspruch des Beklagten rechtfertigen (zur AuslGebV und zum VwKostG vgl. § 81 Abs. 1 bis 3 AuslG). Sieht man von der speziellen Kostenvorschrift des § 83 AuslG ab, können Personalkosten, die einer Ausländerbehörde bzw. einer durch das Ausländergesetz ermächtigten Behörde bei der Durchführung einer Abschiebung entstehen, nur erhoben werden, sofern sie in einem entsprechenden Gebührentatbestand enthalten sind (vgl. § 81 Abs. 1 und 2 AuslG und § 1 Abs. 1 und § 3 VwKostG). Weder die Ausländergebührenverordnung noch das Verwaltungskostengesetz sehen jedoch eine Gebühr für die Vorbereitung einer Abschiebung vor.
Dem Beklagten stehen die Kosten auch nicht nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG (jetzt § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zu. Nach dieser Vorschrift umfassen die Kosten der Abschiebung die bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten einschließlich der Kosten für die Abschiebungshaft und der Übersetzungskosten und die Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers. Verwaltungskosten in diesem Sinne schließen Personalkosten nicht ohne weiteres, sondern nur insoweit ein, als dies im Gesetz besonders geregelt ist, wie etwa bei Personalkosten, die bei einer erforderlichen amtlichen Begleitung des Ausländers entstehen (§ 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG). Zu den Kosten der Abschiebung gehören ferner Personalkosten, die im Zusammenhang mit den in § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG im Einzelnen aufgeführten, die Abschiebung vorbereitenden und begleitenden Maßnahmen stehen (z.B. Kosten der Abschiebungshaft; vgl. dazu Urteil des Senats vom 14. Juni 2005 – BVerwG 1 C 15.04 – Buchholz 402.240 § 82 AuslG Nr. 2, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen).
Dagegen können die sonstigen, allgemeinen oder laufenden Personalkosten der Ausländerbehörde oder anderer an der Abschiebung beteiligter Behörden nicht als Teil der Verwaltungskosten im Sinne des § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG angesehen werden (ebenso Hailbronner, Ausländerrecht, Januar 2005, § 67 AufenthG Rn. 4; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, April 2005, § 67 Rn. 12; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, August 2004, § 83 AuslG Rn. 20; vgl. ferner BTDrucks 11/6321 S. 84; Urteil des Senats vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 25.99 – BVerwGE 111, 284 ≪287≫ = Buchholz 402.240 § 83 AuslG Nr. 1; Urteil des Senats vom 18. März 2003 – BVerwG 1 C 9.02 – Buchholz a.a.O. Nr. 4).
Der Einwand des Beklagten, bei den Kosten der Zentralen Abschiebestelle handele es sich nicht um laufende Kosten der allgemeinen Verwaltung, sondern um ausscheidbare spezifische Abschiebungskosten, überzeugt nicht. Die Zentrale Abschiebestelle nimmt Aufgaben der allgemeinen Ausländerbehörden wahr, die bei ihr aus Gründen der Effektivität konzentriert sind. Auch die Unterhaltung der Zentralen Abschiebestelle ist mit laufenden sächlichen und personellen Kosten verbunden. Würde die allgemeine Ausländerbehörde die Abschiebung selbst vorbereiten, könnten dem Kostenschuldner wohl auch nach Auffassung des Beklagten keine (allgemeinen) Personalkosten auferlegt werden. Es leuchtet nicht ein, dass dies anders sein soll, wenn die Vorbereitung von einer zentralen Sonderbehörde wahrgenommen wird. Es kommt hinzu, dass die Zentrale Abschiebestelle des Landes Sachsen-Anhalt einer allgemeinen Ausländerbehörde, dem Ordnungsamt des Landkreises Halberstadt, angegliedert ist.
5. Hinsichtlich der Kosten des Bundesgrenzschutzes für die ausländischen Flugbegleiter kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Ob der Beklagte, der auch insoweit zur alleinigen Geltendmachung der dem Bundesgrenzschutz entstandenen Kosten befugt ist, die Erstattung dieser Kosten von dem Kläger verlangen kann, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen.
a) Eine Erstattung nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG (jetzt § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) scheidet allerdings entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung aus. Nach dieser Regelung umfassen die Kosten der Abschiebung sämtliche durch eine erforderliche amtliche Begleitung des Ausländers entstehenden Kosten einschließlich der Personalkosten. Eine Begleitung durch ausländisches Personal stellt keine “amtliche” Begleitung in diesem Sinne dar. Dies legt bereits der Wortlaut der Vorschrift nahe, der auf eine Begleitung durch deutsche Hoheitsträger hindeutet. Dafür spricht auch § 83 Abs. 4 Satz 2 AuslG, der hinsichtlich der Berechnung der Personalkosten auf die allgemeinen Grundsätze zur Berechnung von Personalkosten der öffentlichen Hand, also von Personal der beteiligten deutschen Behörden verweist. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Es wird zwar das Bestreben des Gesetzgebers deutlich, zur Entlastung der öffentlichen Haushalte möglichst nicht auf eine Kostenerstattung, insbesondere eine Erstattung der Personalkosten, in diesen Fällen zu verzichten. In den Gesetzesmaterialien ist aber ebenfalls nicht generell von “Begleitung”, sondern ausdrücklich von “amtlicher Begleitung” die Rede (BTDrucks 11/6321 S. 84). Demnach fehlt auch in der Entstehungsgeschichte ein hinreichend deutlicher Anhalt dafür, dass die Formulierung “amtliche Begleitung” eine Begleitung durch ausländisches Personal, vor allem ausländische Sicherheitskräfte, einschließen sollte.
In diesem Zusammenhang kann hier offen bleiben, ob § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG eng auszulegen und die Kostenerstattung auf die Begleitung durch deutsche Hoheitsträger zu beschränken oder – wie die Vertreterin des Bundesinteresses meint – in einem weiteren Sinne zu verstehen ist und auch eine amtlich angeordnete Begleitung durch deutsches Personal erfasst (vgl. Nr. 83.1.1. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz vom 28. Juni 2000, BAnz – Beilage – Nr. 188a vom 6. Oktober 2000) und ebenso Nr. 67.1.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz vom 22. Dezember 2004).
b) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Jugoslawien vom 10. Oktober 1996 die darin vereinbarte Flugbegleitung durch jugoslawisches Personal in Art. 7 als “amtliche Begleitung” bezeichnet. Das Abkommen ist zwar als Verwaltungsabkommen völkerrechtlich wirksam. Daraus ergibt sich aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt etwas für die Auslegung und Anwendung von § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG.
c) Eine Kostenerstattung durch den Kläger kommt jedoch nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG i.V.m. den Regelungen des Verwaltungskostengesetzes zur Erstattung von Auslagen in Betracht. Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht durch § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG, der eine Erweiterung und nicht eine Beschränkung der Erstattungspflicht zum Ziel hat, ausgeschlossen. Gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG hat der Ausländer die bei der Vorbereitung und Durchführung einer Abschiebung entstehenden “Verwaltungskosten” zu tragen. Nach dem ergänzend heranzuziehenden Verwaltungskostengesetz (§ 81 Abs. 2 Satz 2 AuslG) sind Verwaltungskosten die bei behördlicher Verwaltungstätigkeit anfallenden Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 VwKostG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 VwKostG gehören zu den erstattungsfähigen Auslagen, die im Zusammenhang mit einer (deutschen) Amtshandlung entstehen, auch Beträge, die anderen in- und ausländischen Behörden, öffentlichen Einrichtungen oder Beamten zustehen.
Der jugoslawischen Seite stehen die hier streitigen Flugkosten und Tagegelder zu, wenn bei der Begleitung des Klägers durch jugoslawische Sicherheitskräfte nach den Bestimmungen des Abkommens und des am 10. Dezember 1996 zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Protokolls zur Durchführung des Abkommens verfahren worden ist und die bereits verauslagten Beträge auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sind. Dies muss vom Berufungsgericht in dem erneuten Berufungsverfahren geprüft werden. Bisher fehlen hierzu tragfähige Feststellungen.
Eine Verpflichtung des Klägers, die Kosten für die jugoslawischen Flugbegleiter den deutschen Behörden im Wege des Auslagenersatzes zu erstatten, setzt allerdings nach dem auch im Verwaltungskostenrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne voraus, dass es erforderlich war, ihn bei seiner Abschiebung auf dem Rückflug nach Jugoslawien zu begleiten (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG). Dies kommt auch in § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG mit der dort ausdrücklich vorgenommenen Begrenzung der Kostenhaftung auf eine “erforderliche” amtliche Begleitung zum Ausdruck. Schließlich sieht auch das Protokoll zur Durchführung des Rückübernahmeabkommens zwischen Deutschland und Jugoslawien vor, dass eine individuelle Begleitung nur erfolgt, wenn sie “erforderlich” bzw. “notwendig” ist (Abschn. I Nr. 9 und Abschn. II Nr. 4). Erforderlich ist in allen diesen Zusammenhängen eine Begleitung lediglich dann, wenn der Ausländer Anlass hierzu gibt, wenn es also in seiner Person liegende Gründe hierfür gibt. Die Begleitung muss objektiv erforderlich sein. Sofern die Erforderlichkeit einer Begleitung aus Sicherheitsgründen oder aufgrund anderer Umstände nicht offen zutage liegt, muss sie von der Behörde ggf. in nachvollziehbarer Weise benannt und belegt werden. So sieht das Protokoll auch vor, dass die Erforderlichkeit einer Begleitung von den zuständigen Stellen in Deutschland bzw. in Jugoslawien aufgrund ihrer jeweiligen Erkenntnisse zu beurteilen ist, wobei diese Erkenntnisse der jeweils anderen Seite mitzuteilen sind (Abschn. I Nr. 9 und Abschn. II Nr. 4). Diese Fragen müssen vom Berufungsgericht ebenfalls noch im Einzelnen untersucht werden. Einwände gegen die Höhe der verauslagten Kosten für die Flugbegleitung sind bisher nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
6. Die Kostenentscheidung bleibt insgesamt der Schlussentscheidung vorbehalten. Hinsichtlich der Kosten der Zentralen Abschiebestelle, über die abschließend entschieden ist, geht der Senat davon aus, dass es sich insoweit – im Vergleich zu den Kosten der Flugbegleitung – um einen geringfügigen Kostenanteil handelt (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Dr. Mallmann, Richter, Beck, Prof. Dr. Dörig
Fundstellen
Haufe-Index 1550920 |
BVerwGE 2006, 101 |
InfAuslR 2006, 379 |
ZAR 2006, 285 |
AuAS 2006, 204 |
DVBl. 2006, 1039 |
NordÖR 2006, 342 |