Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwangerschaftsberatung. Schwangerenberatung. Schwangerschaftskonfliktberatung. Förderung. Förderanspruch. allgemeine Beratung. Beratung nach § 2 SchKG. Beratungsstelle. Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle. Versorgungsschlüssel
Leitsatz (amtlich)
- Auch Beratungsstellen, die die allgemeine Beratung nach § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) erbringen, ohne sich an der Schwangerschaftskonfliktberatung zu beteiligen und den Beratungsschein auszustellen, haben Anspruch auf öffentliche Förderung nach § 4 Abs. 2 SchKG.
- Der Fördersatz beträgt wie bei Konfliktberatungsstellen 80 % der notwendigen Personal- und Sachkosten.
- Geht das in den Beratungsstellen nach §§ 3 und 8 SchKG tätige Personal über den Versorgungsschlüssel des § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG hinaus, so rechtfertigt dies nur die Ablehnung der Förderung wegen fehlender Erforderlichkeit, wenn der Landesgesetzgeber die Kriterien für die Auswahl unter den Beratungsstellen festgelegt hat.
Normenkette
SchKG §§ 2-9; SFHG 1992 §§ 3-4
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 30.10.2003; Aktenzeichen 11 LC 18/03) |
VG Braunschweig (Urteil vom 29.10.2002; Aktenzeichen 5 A 127/02) |
Tenor
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2003 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt eine öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten seiner Schwangerenberatungsstelle in B.… für das Jahr 2001.
Der Kläger ist eine juristisch selbständige Ortsgruppe des Gesamtvereins “Sozialdienst katholischer Frauen”. Seine Beratungsstelle war seit dem 1. Januar 1995 als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannt und wurde bis zum Jahr 2000 staatlich gefördert.
Unter dem 26. September 2000 wurden die “Bischöflichen Richtlinien für katholische Schwangerschaftsberatungsstellen” bekannt gegeben, die auszugsweise folgenden Inhalt haben:
“Nach einem jahrelangen Prozess des Ringens um den kirchlichen Beratungsdienst im Rahmen der staatlichen Gesetze haben die deutschen Bischöfe, nicht zuletzt auf Weisung von Papst Johannes Paul II., entschieden, die Schwangerschaftsberatung weiter intensiv fortzusetzen, Beratungsbescheinigungen, die eine der Voraussetzungen für straffreie Abtreibungen sind, jedoch nicht mehr auszustellen. (…)
Für katholische Schwangerschaftsberatungsstellen gelten folgende Richtlinien:
(…)
§ 4 Grenzen der Beratung
Es ist mit dem Schutzkonzept der Beratung nicht vereinbar,
– Ratsuchende auf Einrichtungen hinzuweisen, die Beratungsbescheinigungen ausstellen, die eine der Voraussetzungen für eine straffreie Abtreibung sind,
– Ratsuchende auf Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen hinzuweisen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen,
– Anträge zur Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen auszulegen, auszufüllen oder dabei unterstützend mitzuwirken,
– sich durch Gutachten, Stellungnahmen oder Erteilung von Auskünften an einer ärztlichen Indikationsfeststellung oder deren Vorbereitung zu beteiligen.”
In Ergänzung hierzu gab der Ständige Rat der deutschen Bischofskonferenz mit Beschluss vom 20. November 2000 folgende “authentische Interpretation zu § 4 erster Spiegelstrich” der bischöflichen Richtlinien bekannt:
“– Am Beginn jeder Beratung muss der hilfesuchenden Frau ein klarer Hinweis auf die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme des Beratungsangebotes und auch die Tatsache gegeben werden, dass die katholische Schwangerschaftsberatungsstelle keine Bescheinigung nach § 7 SchKG ausstellt. In diesem Zusammenhang ist eine Information über andere Beratungsstellen, die Schwangerschaftskonfliktberatung im Sinne von §§ 5 – 7 SchKG durchführen, nicht ausgeschlossen.
– Innerhalb der Beratung ist eine Weiterleitung der Frau an Einrichtungen, die Beratungsbescheinigungen ausstellen, die eine Voraussetzung für die straffreie Abtreibung sind, nicht zulässig.”
Zum 1. Januar 2001 widerrief die Beklagte die Anerkennung der Beratungsstelle des Klägers als Konfliktberatungsstelle. Den Antrag des Klägers auf Förderung für das Jahr 2001 lehnte sie durch Bescheid vom 5. April 2001 mit der Begründung ab, die geltenden Förderrichtlinien ließen nur die Förderung von Beratungsstellen zu, die als Konfliktberatungsstellen anerkannt seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass ein Anspruch auf Förderung von Beratungsstellen, die zwar keine Schwangerschaftskonfliktberatung, jedoch die allgemeine Schwangerschaftsberatung im Sinne von § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes – SchKG – durchführten, unmittelbar aus § 4 SchKG folge. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 13. März 2003 zurück und führte darin aus: Für die Förderung auch der allgemeinen Beratung sei nach der Richtlinie des Landes über die Gewährung von Zuwendungen zum Betrieb von Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen vom 15. Dezember 1999 (Nds. MBl 2000, S. 113) eine Anerkennung als Konfliktberatungsstelle erforderlich. Der Gesetzgeber habe kein doppeltes Beratungsnetz schaffen wollen. Beratungsstellen seien nur dann förderungswürdig, wenn sie den Beratungsauftrag des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in Gänze erfüllten. Außerdem sei der Beratungsstelle des Klägers nicht einmal eine vollständige Beratung im Sinne von § 2 SchKG möglich, da keine Informationen darüber erteilt würden, wo eine Beratungsbescheinigung ausgestellt werde. Die Förderung der Beratungsstelle des Klägers sei auch nicht erforderlich, da mit den zehn im Land geförderten Beratungsstellen der katholischen Laienorganisation “Donum vitae” bereits ein plurales Beratungsangebot sichergestellt sei.
Mit der daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger einen Förderanspruch von mindestens 50 % der entstandenen Personal- und Sachkosten seiner Beratungsstelle geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er diese Kosten mit 91 537,57 DM (= 46 802,42 €) und sein Klagebegehren mit 23 401,21 € beziffert.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2002 im Hauptantrag abgewiesen und die Beklagte auf den Hilfsantrag hin verpflichtet, über den Förderantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe unmittelbar nach § 4 Abs. 2 SchKG dem Grunde nach ein Förderanspruch zu. Die genaue Höhe des Förderanspruchs liege jedoch im Ermessen des Landes und könne daher vom Gericht nicht näher beziffert werden.
Gegen das Urteil haben beide Beteiligten die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Der Kläger hat sein Begehren auf Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer bestimmten Fördersumme weiter verfolgt und dieses auf einen Betrag von 37 441,95 € entsprechend 80 % der geltend gemachten Personal- und Sachkosten erweitert. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Rechtsstreit sei auch im Hinblick auf die geltend gemachte Fördersumme entscheidungsreif. Aus dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 SchKG folge, dass Beratungsstellen nach § 3 SchKG dem Grunde und der Höhe nach in gleichem Umfang zu fördern seien wie Konfliktberatungsstellen nach § 8 SchKG, denen nach der Rechtsprechung ein Förderanspruch von mindestens 80 % zustehe.
Die Beklagte hat am Ziel der vollständigen Klageabweisung festgehalten und vorgetragen, Voraussetzung jeder Förderung von allgemeiner Schwangerschaftsberatung nach § 4 Abs. 2 SchKG sei eine Anerkennung als Konfliktberatungsstelle. Des Weiteren bestehe ein Förderungsanspruch auch deshalb nicht, weil die Beratungsstelle des Klägers nicht umfassend im Sinne von § 2 Abs. 1 SchKG berate.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2003 hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen sowie die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Förderung. Nach § 4 Abs. 2 SchKG seien nur diejenigen Beratungsstellen zu fördern, die sowohl eine Beratung nach § 2 SchKG als auch nach § 5 SchKG anböten. Dieses Ergebnis lasse sich zwar nicht bereits dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 SchKG oder den Gesetzesmaterialien entnehmen, folge aber aus Sinn und Zweck des Gesetzes. Das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beruhe auf der Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben; es sei verfassungsrechtlich geboten als Ausgleich für die Straffreiheit von Abtreibungen. Der Gesetzgeber dürfe sich darauf zurückziehen, nur diejenigen Beratungsstellen zu fördern, die das Schutzkonzept in seiner Gesamtheit tragen. Dies entspreche auch dem Schutzgedanken gegenüber der Schwangeren, die bei dem Bestehen verschiedener Beratungsstellen ihr persönliches Schicksal mehrfach schildern müsste, wenn sie sich nach einer allgemeinen Schwangerschaftsberatung dazu entscheiden sollte, eine Konfliktberatung in Anspruch zu nehmen. Die erforderliche Inanspruchnahme verschiedener Beratungsstellen würde auch im Hinblick auf die Frist für die Durchführung des Abbruchs innerhalb von 12 Wochen nach Empfängnis zu einem nicht hinzunehmenden Zeitverlust führen. Für die Erforderlichkeit einheitlicher Beratungsstellen spreche weiter, dass sich der in § 4 Abs. 1 SchKG enthaltene Versorgungsschlüssel von einer Vollzeitkraft pro 40 000 Einwohner auf beide Beratungsarten beziehe und das Gesetz keine Äußerung dazu enthalte, welcher Schlüssel gelten solle, wenn eine Beratungsstelle nur jeweils eine Beratungsform anbiete. Schließlich sei die Förderung nur derjenigen Beratungsstellen, die sowohl allgemeine als auch Konfliktberatung anböten, aus Sparsamkeitsgründen geboten, da die Bereithaltung zusätzlicher Beratungsstellen zusätzliche Kosten (z.B. doppelte Miete, erhöhte Personalkosten) verursache. Jedenfalls aber stelle das vom Kläger bereitgehaltene Beratungsangebot keine allgemeine Schwangerenberatung im Sinne des § 3 SchKG dar. Denn die nach § 2 Abs. 1 SchKG insoweit vorgeschriebene Beratung in “allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen” setze voraus, dass eine ratsuchende Frau auf das Bestehen einer zusätzlichen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle ausdrücklich hingewiesen werde. Ein solcher Hinweis sei jedoch beim Kläger auf der Grundlage der bischöflichen Richtlinien vom 26. September 2000 und der Ergänzung vom 20. November 2000 nicht gesichert.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, die systematische Auslegung ergebe, dass auch Beratungsstellen nach § 3 SchKG, die keine Konfliktberatung anböten, einen Förderanspruch aus § 4 Abs. 2 SchKG hätten. Die Pflicht zur Sicherstellung eines Angebots wohnortnaher Beratungsstellen sei in § 3 SchKG eigenständig geregelt. Auch die historische Auslegung spreche für einen eigenständigen Förderanspruch. Die Benennung von konkreten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gehöre nicht zur allgemeinen Beratung nach § 2 SchKG. Welche konkreten Informationen der Beratungsanspruch umfasse, sei in § 2 Abs. 2 SchKG abschließend normiert. Dort sei eine solche Hinweispflicht nicht enthalten. Im Übrigen werde in der Beratungsstelle des Klägers auf Befragen selbstverständlich Auskunft über in Betracht kommende Konfliktberatungsstellen erteilt.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dazu wiederholt und vertieft sie ihr früheres Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, keinesfalls bestehe ein Förderanspruch in Höhe von 80 % der Personal- und Sachkosten. Der für Konfliktberatungsstellen geltende Förderungsumfang sei nicht auf Beratungsstellen übertragbar, die lediglich das Beratungsangebot im Sinne von § 2 SchKG sicherstellten. Er beruhe auf der besonderen Bedeutung der Konfliktberatung, dem Umstand, dass diese nach § 6 Abs. 4 SchKG unentgeltlich stattzufinden habe sowie den umfassenden Anforderungen des Gesetzes an die Ausstattung von Konfliktberatungsstellen. Ein etwaiger Anspruch der allgemeinen Beratungsstellen könne daher nicht annähernd so hoch sein wie der Förderungsanspruch von Konfliktberatungsstellen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er ist der Auffassung, das Bundesrecht schreibe zwar nicht vor, dass ein Förderungsanspruch nur für Beratungsstellen bestehe, die beide Formen der Beratung anbieten (sog. kombiniertes Beratungsangebot). Den Ländern sei es jedoch im Rahmen des Sicherstellungsauftrags gemäß § 3 Satz 1 SchKG überlassen, Regelungen über die Zulassung bzw. Anerkennung von allgemeinen Beratungsstellen im Sinne von § 2 SchKG zu erlassen. Damit seien Regelungen der Länder, welche die Förderung ausschließlich auf ein kombiniertes Beratungsangebot beschränken, zwar nicht zwingend vom Bundesgesetzgeber vorgeschrieben, gleichwohl aber zulässig. Des Weiteren bestehe ein Förderanspruch nach § 4 Abs. 2 SchKG nur, wenn die Beratungsstelle sowohl im quantitativen Sinne (ausreichendes Angebot) als auch im qualitativen Sinne (Pluralität) erforderlich sei. Das Kriterium der Pluralität in § 3 Satz 3 SchKG sei im Gegensatz zu der Regelung bei den Konfliktberatungsstellen (§ 8 Satz 1 SchKG) nur eine Sollvorschrift. Daher seien die Länder zwar in der Regel verpflichtet ein plurales Angebot von allgemeinen Beratungsstellen sicherzustellen, könnten jedoch in Ausnahmefällen davon absehen. Darüber hinaus regele das Schwangerschaftskonfliktgesetz nicht, welcher Beratungsträger welche weltanschauliche Ausrichtung zu vertreten habe. Es sei daher auch nicht vorgegeben, dass eine bestimmte Glaubensrichtung gerade durch die Amtskirche vertreten werden müsse. Soweit eine Glaubensprägung bereits von einer Laienorganisation vertreten sei, könne ein Förderanspruch nicht mehr mit dem pluralen Erfordernis begründet werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Die Auffassung, § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG) i.d.F. vom 21. August 1995 (BGBl I S. 1050) gewähre Schwangerenberatungsstellen nur dann einen Anspruch auf öffentliche Förderung, wenn sie nach § 9 SchKG als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen anerkannt seien, geht fehl. Da die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits nicht ausreichen, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- Grundlage des klägerischen Begehrens ist § 4 Abs. 2 SchKG. Danach haben die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes nach den §§ 3 und 8 SchKG erforderlichen Beratungsstellen Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten. Diese Bestimmung gibt, wie der Senat in seinem Urteil vom 3. Juli 2003 (BVerwG 3 C 26.02 – BVerwGE 117, 289, 291) festgestellt hat, bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen einen strikten Rechtsanspruch auf öffentliche Förderung. Diese Entscheidung betraf zwar die Förderung einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle. Der eindeutige Wortlaut der Bestimmung lässt aber keinen Raum für die Annahme, dass sie etwa für einen Teil ihres Anwendungsbereichs die Gewährung von Förderung in das Ermessen der Behörden stelle. Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist vielmehr unmittelbar durch Bundesrecht ein Anspruch auf die Förderung begründet. Dieser Anspruch ist nicht davon abhängig, ob das jeweilige Land von dem Vorbehalt des § 4 Abs. 3 SchKG Gebrauch gemacht hat, Näheres durch Landesrecht zu regeln. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung im Land Niedersachsen ist daher insoweit nicht relevant.
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Förderungsanspruch einer Beratungsstelle nach § 4 Abs. 2 SchKG sei davon abhängig, dass es sich um eine anerkannte Konfliktberatungsstelle handele. Richtig ist allerdings, dass der Wortlaut der Norm im Hinblick auf diese Frage nicht eindeutig ist. Wenn dort von einem ausreichenden Angebot nach den §§ 3 und 8 SchKG die Rede ist, kann damit sowohl die Kumulation der in den beiden Vorschriften geregelten Beratungsarten in einer Beratungsstelle als auch ihre jeweils selbständige Berücksichtigungsfähigkeit gemeint sein.
Gegen die Auslegung des Berufungsgerichts spricht aber zunächst die Systematik des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Dieses sieht für die allgemeine Beratung nach § 2 SchKG und die Konfliktberatung nach § 5 SchKG jeweils Beratungsstellen mit unterschiedlichem Profil, unterschiedlichen – wenn auch sich teilweise überschneidenden – Aufgaben und unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen vor. § 2 Abs. 1 SchKG räumt jeder Frau und jedem Mann das Recht ein, sich in Fragen der Sexualaufklärung, der Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle informieren und beraten zu lassen. Der Kreis der Berechtigten ist hiernach umfassend und unabhängig vom Vorliegen einer Schwangerschaft. Für die Erfüllung dieser Aufgabe ist den Ländern in § 3 Satz 1 SchKG ausdrücklich ein Sicherstellungsauftrag erteilt. Die Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 SchKG richtet sich hingegen nur an schwangere Frauen, die die Möglichkeit einer Abtreibung zumindest in Erwägung ziehen. Inhaltlich umfasst die Konfliktberatung nach § 5 Abs. 2 SchKG zwar eine Reihe von Informationen, die nach § 2 Abs. 2 SchKG auch Gegenstand der allgemeinen Beratung sind. Geprägt ist die Konfliktberatung aber durch den akuten Entscheidungszwang der schwangeren Frau und die sich aus den Grundrechten des im Mutterleib heranwachsenden Menschen ergebende Verpflichtung des Staates, durch eine umfassende qualifizierte ermutigende Beratung alles in seinen Kräften Stehende zum Schutz des werdenden menschlichen Lebens zu tun. Zur Gewährleistung dieser Anforderungen verlangt § 8 Satz 2 SchKG für Beratungsstellen, die eine Schwangerschaftskonfliktberatung nach den §§ 5 und 6 SchKG durchführen, eine staatliche Anerkennung. § 9 SchKG stellt für die Erteilung der Anerkennung bestimmte Qualitätsstandards auf. Für Inhalt und Ablauf machen die §§ 5, 6 und 7 SchKG verbindliche Vorgaben, die eine sachgerechte Beratung ermöglichen sollen, ohne das Entscheidungsrecht der schwangeren Frau zu beeinträchtigen oder gar zu hintertreiben. All diesen Bindungen unterliegt die Beratungsstelle, die nur die allgemeine Beratung nach § 2 SchKG anbietet, nach Bundesrecht nicht. Dementsprechend ist in § 3 Satz 1 SchKG von “Beratungsstellen für die Beratung nach § 2” die Rede, während § 8 Satz 1 SchKG eigenständig von Beratungsstellen für die Beratung nach den §§ 5 und 6 SchKG spricht. Für letztere ist in § 8 Satz 1 SchKG ein selbständiger Sicherstellungsauftrag an die Länder erteilt.
Das Konzept unterschiedlicher Beratungsarten mit jeweils dafür zuständigen Beratungsstellen wird in § 4 Abs. 2 SchKG aufgenommen. Wenn dort von der Sicherstellung eines ausreichenden Angebots nach den §§ 3 und 8 SchKG erforderlicher Beratungsstellen die Rede ist, muss in Rechnung gestellt werden, dass in den im Bezug genannten Vorschriften jeweils eigenständige Sicherstellungsaufträge erteilt sind. Da die finanzielle Förderung ein zentrales Element zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages ist, kann dies nur bedeuten, dass der Gesetzgeber der jeweiligen Kategorie von Beratungsstellen die Förderung unabhängig voneinander zukommen lassen wollte. Dies kommt auch in § 3 Satz 2 SchKG zum Ausdruck. Dort heißt es im Anschluss an die Sicherstellungsverpflichtung im Hinblick auf “Beratungsstellen für die Beratung nach § 2”, dass dabei auch Beratungsstellen freier Träger gefördert werden. Der Gesetzgeber spricht mithin ausdrücklich von der Förderung von Beratungsstellen für die Beratung nach § 2. Das wäre sinnlos, wenn ohnehin nur anerkannte Konfliktberatungsstellen einen Förderungsanspruch hätten.
Bestätigt wird diese Auslegung durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Das Schwangeren- und Familienhilfegesetz (SFHG) vom 27. Juli 1992 (BGBl I S. 1398) kannte in seinem § 3 noch nicht die Unterscheidung zwischen allgemeinen Beratungsstellen und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. In seinem § 4 Abs. 2 räumte es den zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes im Sinne des § 3 Abs. 1 erforderlichen Beratungsstellen einen Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten ein. Die Neufassung dieser Vorschrift durch das Schwangerschaftskonfliktgesetz wurde sowohl in der Begründung zum Gesetzentwurf (BTDrucks 13/285 S. 11) als auch im Bericht des zuständigen Bundestagsausschusses (BTDrucks 13/1850 S. 20) dahin erläutert, durch eine redaktionelle Anpassung werde klargestellt, dass sich die bisherigen Vorschriften über die öffentliche Förderung sowohl auf die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen anerkannten Stellen als auch auf etwaige weitere Beratungsstellen erstrecke, die den Beratungsanspruch des § 2 SchKG erfüllen. Der Gesetzgeber hat mithin bewusst die Förderung nicht auf anerkannte Konfliktberatungsstellen beschränkt, sondern sie auch den allgemeinen Beratungsstellen nach § 3 SchKG zugesprochen.
Entscheidendes Gewicht kommt schließlich der Feststellung zu, dass auch Sinn und Zweck des Gesetzes für die Einbeziehung allgemeiner Beratungsstellen, die keinen Beratungsschein ausstellen und damit im Rechtssinne keine Schwangerschaftskonfliktberatung betreiben, in die öffentliche Förderung sprechen. Die Förderung von Beratungsstellen nach § 4 Abs. 2 SchKG dient der Umsetzung der staatlichen Schutzpflicht für das ungeborene Leben. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genügt der Staat seiner Schutzpflicht nur dann, wenn er sowohl Gefahren für das ungeborene Leben bei einem konkreten Schwangerschaftskonflikt entgegentritt als auch denjenigen Gefahren, die in den sozialen Lebensverhältnissen der Frau und ihrer Familien begründet liegen und der Bereitschaft der Frau zum Austragen des Kindes entgegenstehen können (vgl. BVerfGE 88, 203 ≪258≫, LS 9). Letzterem Ziel dient die Beratung nach § 2 SchKG, die insbesondere Informationen über bestehende familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien, soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, Hilfen bei der Suche nach einem Arbeits- und Ausbildungsplatz sowie die Nachbetreuung nach der Geburt des Kindes umfasst (vgl. § 3 Abs. 2 Nrn. 2 und 4, Abs. 3 SchKG). Darüber hinaus macht schon die Überschrift des Gesetzes deutlich, dass es den Schutz des ungeborenen Lebens insbesondere auch durch Vermeidung von Schwangerschaftskonflikten bezweckt. In diesem Rahmen spielt die Beratung in Fragen der Sexualität, der Empfängnisverhütung und der Familienplanung eine ebenso wichtige Rolle wie die Information über bestehende familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien einschließlich der besonderen Rechte im Arbeitsleben. Beides ist nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SchKG Aufgabe der allgemeinen Beratung. Diese Beratung ist hiernach im Schutzkonzept des Gesetzgebers von großer Bedeutung. Es kann daher nicht bezweifelt werden, dass gerade auch die Beratung nach § 2 SchKG, wie sie der Kläger durchführt, uneingeschränkt dem Lebensschutz verpflichtet ist und dazu Wesentliches beiträgt.
Dies wird bestätigt durch die Tatsache, dass anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen die volle Förderung auch für die Beratungstätigkeit erhalten, die sie im Rahmen des § 2 SchKG leisten. Das zeigt, dass – auch – diese Tätigkeit dem vom Gesetz verfolgten Zweck des Lebensschutzes dient und daher förderungswürdig ist. Ihr Wert wird nicht dadurch gemindert, dass Beratungsstellen sich auf diese Beratung beschränken und keine Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, die den Weg zur straffreien Abtreibung eröffnet.
Gegenüber diesen Überlegungen vermögen die Gründe, die das Berufungsgericht für seine Auslegung anführt, nicht zu überzeugen. Das gilt zunächst für den Versorgungsschlüssel des § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG. Danach tragen die Länder dafür Sorge, dass den Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 SchKG für je 40 000 Einwohner mindestens eine Beraterin oder ein Berater vollzeitbeschäftigt oder eine entsprechende Zahl von Teilzeitbeschäftigten zur Verfügung steht. Im Hinblick auf diesen Versorgungsschlüssel bereitet die Einbeziehung von Beratungsstellen, die nur die allgemeine Beratung nach § 2 SchKG anbieten, prinzipiell keine Schwierigkeiten. Das Gesetz geht ohnehin davon aus, dass in einer Stadt oder einer Region Beratungsstellen unterschiedlicher Träger nebeneinander bestehen. Anders ließe sich die Möglichkeit, zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung zu wählen (§ 3 Satz 3 SchKG), bzw. ein ausreichendes plurales Angebot (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SchKG) nicht verwirklichen. Der Versorgungsschlüssel von einer Vollzeitbeschäftigten auf 40 000 Einwohner bildet daher lediglich den Maßstab dafür, ob das Land in einem bestimmten – u.a. durch das Merkmal der Wohnortnähe geprägten – Bereich seinem Sicherstellungsauftrag gerecht geworden ist. Dagegen besagt er nicht, dass jeweils 40 000 Einwohnern eine bestimmte Beratungskraft oder eine bestimmte Beratungsstelle zuzuordnen wäre. Die Einbeziehung der allgemeinen Beratungsstellen ohne Konfliktberatung vergrößert damit das Feld der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG zu berücksichtigenden Anbieter.
Schwierigkeiten könnten lediglich dann entstehen, wenn der tatsächliche Bestand an Beratungskräften in einem bestimmten Bereich den Versorgungsschlüssel überschreitet. Von Bundesrechts wegen sind die Länder zur Förderung eines solchen überschießenden Angebots nicht verpflichtet. Allerdings haben in einem solchen Fall die Behörden der Länder nicht von sich aus das Recht, Auswahlkriterien aufzustellen und einzelne Anbieter von der Förderung auszuschließen. Nach § 4 Abs. 3 SchKG ist es vielmehr Aufgabe der Landesgesetzgeber, insoweit das Nähere zu bestimmen und dafür zu sorgen, dass das geförderte Angebot den Prinzipien der Wohnortnähe und der weltanschaulichen Vielfalt gerecht wird.
Ebenso wenig überzeugt das Argument des Berufungsgerichts, angesichts des engen Zeitrahmens für eine straffreie Abtreibung sei es der Schwangeren nicht zumutbar, nach der Beratungsstelle nach § 3 SchKG noch eine andere als Konfliktberatungsstelle anerkannte Einrichtung aufzusuchen, wenn sie sich während oder nach der allgemeinen Beratung zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließe. Dabei wird übersehen, dass Frauen, die ernsthaft einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, kaum eine von der katholischen Kirche getragene Beratungsstelle aufsuchen werden, da der Ausstieg der Kirche aus der Konfliktberatung in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist. Außerdem wird die Schwangere zu Beginn des Gesprächs entsprechend den Vorgaben der authentischen Interpretation zu den bischöflichen Beratungsrichtlinien ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Beratungsstellen wie die des Klägers keinen Beratungsschein ausstellen. Wer unter diesen Umständen die Beratung in Anspruch nimmt, weiß, worauf er sich einlässt. Zieht die Schwangere später eine Abtreibung doch in Erwägung, so ist sie in zeitlicher Hinsicht keinem anderen Druck ausgesetzt als jede andere Frau, die zunächst eine solche Möglichkeit nicht ins Auge fasst und erst einige Zeit verstreichen lässt, bevor sie die Konfliktberatung in Anspruch nimmt.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Förderung auch deshalb verneint, weil er keine Beratungsstelle nach § 3 SchKG betreibe; in der Beratungsstelle des Klägers werde nicht das volle in § 2 SchKG vorgesehene Beratungsprogramm angeboten. Auch mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
Das Berufungsgericht meint, die in § 2 Abs. 1 SchKG vorgeschriebene Beratung in “allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen” setze voraus, dass eine ratsuchende Frau auf das Bestehen einer zusätzlichen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle ausdrücklich hingewiesen werde. Ein derartiger Hinweis sei bei dem Kläger nicht gesichert. Die Formulierung der authentischen Interpretation der bischöflichen Beratungsrichtlinien, eine entsprechende Information vor der Beratung sei “nicht ausgeschlossen”, zeige, dass nicht mit Gewissheit in allen Beratungsstellen ein derartiger Hinweis auch erfolgen müsse. Es ist nicht ohne weiteres erkennbar, welches Defizit das Berufungsgericht dem Kläger damit konkret zur Last legt. Sollte mit dem verlangten Hinweis auf das “Bestehen einer zusätzlichen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle” die Information gemeint sein, dass es Beratungsstellen gibt, die – anders als der Kläger – die Beratungsbescheinigung ausstellen, so ginge das Urteil offenkundig an den Vorgaben der authentischen Interpretation vorbei. Wenn es dort heißt, am Beginn jeder Beratung müsse die hilfesuchende Frau darauf hingewiesen werden, dass die katholische Schwangerschaftsberatungsstelle keine Bescheinigung nach § 7 SchKG ausstelle, so beinhaltet dies im Umkehrschluss zwingend die Aussage, dass es andere Stellen gibt, die die für den Schwangerschaftsabbruch erforderliche Beratungsbescheinigung erteilen.
Dem Berufungsgericht kann aber auch dann nicht gefolgt werden, wenn seine Ausführungen dahin zu verstehen sein sollten, dass die Beratungsstelle in jedem Falle Hinweise auf konkrete in Betracht kommende Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen geben müsse. Die Forderung des Berufungsgerichts, in allen Beratungsstellen müsse mit Gewissheit ein derartiger Hinweis erfolgen, überspannt in mehrfacher Hinsicht die aus § 2 Abs. 1 SchKG sich ergebenden Anforderungen.
Dies liegt auf der Hand, soweit die Förderung des Klägers davon abhängen soll, dass die Hinweispflicht in allen (katholischen) Beratungsstellen gleichermaßen erfüllt wird. Ob der Kläger eine Beratungsstelle nach § 3 SchKG betreibt, hängt vom Beratungsangebot dieser Einrichtung und nicht von dem Verhalten anderer Einrichtungen in katholischer Trägerschaft ab. Die authentische Interpretation der bischöflichen Beratungsrichtlinien bietet für die generalisierende Sicht des Berufungsgerichts schon deshalb keine Grundlage, weil sie Informationen über andere Beratungsstellen, die Schwangerschaftskonfliktberatung durchführen, ausdrücklich zulässt.
Fehlerhaft ist aber auch die Forderung des Berufungsgerichts, die Beratungsstelle des Klägers müsse auf Konfliktberatungsstellen “hinweisen”. Ein Hinweis ist begrifflich eine nicht erfragte Erklärung. Der Hinweisende tut etwas kund ohne Rücksicht darauf, ob der Adressat dies wissen will oder nicht. Demgegenüber räumt § 2 Abs. 1 SchKG Männern und Frauen das Recht ein, sich “in Fragen” der dort genannten Bereiche informieren und beraten zu lassen. Die Informationspflicht der Beratungsstelle korrespondiert danach mit dem Beratungsbedarf des Hilfesuchenden, mit den sich für ihn stellenden Fragen. Zwar ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass auch die Frage, wo eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle zu finden ist, zu den in § 2 Abs. 1 SchKG angesprochenen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen gehört. Gerade unter den bereits erwähnten Besonderheiten von Schwangerenberatungsstellen in katholischer Trägerschaft braucht diese Frage aber nur beantwortet zu werden, wenn sie gestellt wird. Für diejenigen, die eine solche Beratungsstelle aufsuchen, ist die Schwangerschaftsunterbrechung im Regelfall keine ernsthafte Option. Diesen Hilfesuchenden gleichwohl die Mitteilung aufzudrängen, wo sie gegebenenfalls einen Beratungsschein erhalten können, würde von vielen als Beleidigung empfunden. Nur dann, wenn eine Schwangere auf den obligatorischen Hinweis, dass in Einrichtungen des Klägers kein Beratungsschein ausgestellt wird, nach in Betracht kommenden Konfliktberatungsstellen fragt, ergibt sich ein entsprechender Auskunftsbedarf. Das Berufungsurteil bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass in der Beratungsstelle des Klägers auf Anfrage die entsprechenden Auskünfte nicht erteilt würden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Vertreter des Klägers ebenso wie die Kläger der zugleich verhandelten Parallelverfahren unwidersprochen erklärt, es sei selbstverständlich, dass der Schwangeren auf Wunsch entsprechende Auskünfte erteilt würden.
Die Beklagte hat dem Kläger die Erfüllung der Beratungspflichten nach § 2 SchKG auch deshalb abgesprochen, weil er keine Auskünfte darüber gebe, welche Ärzte und Krankenhäuser Abtreibungen durchführten. Das ist schon deshalb ungerechtfertigt, weil diese Frage unmittelbar in den Kontext des akuten Schwangerschaftskonflikts gehört und damit der speziell darauf bezogenen Schwangerschaftskonfliktberatung zugeordnet ist. Sie gehört nicht zum Beratungsangebot nach § 2 SchKG.
Der Revision kann nicht deshalb der Erfolg versagt werden, weil sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als richtig erwiese (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden und im Rechtsstreit vorgetragenen weiteren Gründe für die Verneinung des klägerischen Anspruchs greifen nicht durch.
4.1 Die Beklagte hat die Erforderlichkeit der klägerischen Beratungsstelle mit der Begründung verneint, der entsprechende Beratungsbedarf sei bereits durch die vom Land Niedersachsen geförderten Beratungsstellen des Vereins Donum Vitae gedeckt und damit der Sicherstellungsauftrag des Landes erfüllt. Dies verletzt das Gebot des § 3 Satz 3 SchKG, dass die Ratsuchenden zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung auswählen können. Im Sinne dieser Vorschrift haben die von der katholischen Kirche getragenen Beratungsstellen und der Verein Donum Vitae nicht dieselbe weltanschauliche Ausrichtung. Zwar ist der Verein 1999 von Katholiken gegründet worden. Er setzt sich wie die katholische Kirche vorbehaltlos für den Schutz des ungeborenen Lebens ein. Im Gegensatz zur Amtskirche sieht er aber die Teilnahme an der Schwangerschaftskonfliktberatung einschließlich der Ausstellung des Beratungsscheins als einen wichtigen und erfolgversprechenden Weg des Lebensschutzes an. Er ist gegründet worden als Reaktion auf den Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung. Zwischen der Kirche und dem Verein Donum Vitae besteht daher ein tiefgreifender Dissens darüber, wie der Schutz des ungeborenen Lebens auf der Grundlage des katholischen Glaubens zu verwirklichen ist. Das schließt es aus, die jeweiligen Beratungsstellen im Rahmen des § 3 Satz 3 SchKG als gleichgerichtet zu behandeln und sie gegeneinander auszuspielen.
4.2 Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Versorgungsschlüssel des § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG im Land Niedersachsen oder auch in der hier betroffenen Region ausgeschöpft sein könnte und dass deshalb die Erforderlichkeit der klägerischen Beratungsstelle nach § 4 Abs. 2 SchKG zu verneinen wäre. Im Übrigen fehlt, wie ausgeführt, ein Landesgesetz, das für diesen Fall die Kriterien für die Auswahl zwischen den konkurrierenden Beratungsstellen festlegen würde. Solange dieser Zustand andauert, muss das Land gegebenenfalls auch für ein den Versorgungsschlüssel überschreitendes Beratungsangebot einstehen, denn § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG bezeichnet die Bereitstellung von einer Vollzeitkraft für 40 000 Einwohner ausdrücklich als Mindestausstattung.
Das Klagebegehren erweist sich auch nicht insoweit als abweisungsreif, als der Kläger eine Förderung in Höhe von 80 % der Personal- und Sachkosten seiner Beratungsstelle begehrt. Denn § 4 Abs. 2 SchKG gewährt einen Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten. Im Urteil vom 3. Juli 2003 (BVerwG 3 C 26.02 – a.a.O.) hat der Senat ausgesprochen, dass eine angemessene Förderung für anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen 80 % der notwendigen Personal- und Sachkosten der Beratungsstelle decken muss. Dieser Fördersatz muss auch für allgemeine Schwangerenberatungsstellen nach § 3 SchKG als angemessen betrachtet werden. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass anerkannte Konfliktberatungsstellen den vollen Fördersatz auch für ihre Tätigkeit auf dem Gebiet der allgemeinen Beratung nach § 2 SchKG erhalten. Es gibt aber keinen Grund, der es rechtfertigen könnte, dieselbe Tätigkeit unterschiedlich im Hinblick darauf zu fördern, ob die Beratungsstelle zusätzlich eine weitere ihrerseits förderungsfähige Aufgabe wahrnimmt oder nicht.
Ein solcher Grund kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass die Konfliktberatung nach § 6 Abs. 4 SchKG unentgeltlich ist. Zwar gibt es für die allgemeine Beratung eine entsprechende Vorschrift nicht. Dies gilt aber gleichermaßen für die allgemeine Beratung durch die Konfliktberatungsstelle wie durch die allgemeine Beratungsstelle. Der Hinweis, dass die allgemeine Beratungsstelle für ihre Beratung ein Entgelt verlangen könnte, träfe mithin ebenso auf die Konfliktberatungsstelle zu.
Ebenso geht der Hinweis fehl, dass Konfliktberatungsstellen durch die strengen Anforderungen an Ausstattung und Verfahren kostenaufwendiger seien als allgemeine Beratungsstellen, die entsprechenden Anforderungen nicht unterliegen. Bei einer prozentualen Bestimmung des Fördersatzes führt eine Reduzierung der Kostenlast automatisch zu einer Verringerung der Fördersumme. Damit wird der unterschiedlichen Kostenbelastung von allgemeinen Beratungsstellen und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen Rechnung getragen. Für eine zusätzliche Reduzierung durch Herabsetzung des Fördersatzes gibt es keine Rechtfertigung.
- Gleichwohl sieht sich der Senat zu einer abschließenden Entscheidung in der Sache zugunsten des Klägers nicht in der Lage. Zwar ist nicht zu erkennen, woran der geltend gemachte Anspruch angesichts der vorstehenden Ausführungen dem Grunde nach scheitern könnte. Die Feststellungen des Berufungsgerichts geben aber keine Grundlage für eine Beurteilung der Höhe des geltend gemachten Anspruchs. Der Kläger hat eine Aufstellung der entstandenen Personal- und Sachkosten in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vorgelegt. Eine Erörterung hierzu hat weder zwischen den Beteiligten noch im angefochtenen Urteil stattgefunden. Damit ist die Frage, ob die geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden sind, ebenso offen wie die weitere Frage, ob es sich um notwendige Kosten der Beratungsstelle handelt. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die insoweit notwendigen Klärungen herbeizuführen.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen
BVerwGE 2005, 270 |
DVBl. 2004, 1487 |
SozialRecht aktuell 2005, 18 |