Entscheidungsstichwort (Thema)
Waffenbesitzkarte. Widerruf. Zuverlässigkeit. Rückwirkung
Leitsatz (amtlich)
Der Widerruf einer Waffenbesitzkarte ist auch dann nach den verschärften Maßstäben des Waffengesetzes 2002 geboten, wenn die Waffenbesitzkarte unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 erteilt worden ist und danach, aber vor Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 eine die Unzuverlässigkeit nach dem neuen Recht begründende Tatsache eingetreten ist.
Normenkette
WaffG 2002 § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 45 Abs. 2, § 58 Abs. 1, 7; WaffG 1976 §§ 5, 30 Abs. 4; SprengG § 47a
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen 20 A 2531/04) |
VG Aachen (Urteil vom 31.03.2004; Aktenzeichen 6 K 1922/03) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf von fünf Waffenbesitzkarten, die ihm der Beklagte in den Jahren 1992 bis 1994 nebst zugehöriger Munitionserwerbsberechtigung erteilt hatte und in die insgesamt sieben Waffen eingetragen sind.
Der Kläger ist in der Zeit ab 1983 wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, u.a. wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, wegen fortgesetzter Beihilfe zur Förderung der Prostitution in Tateinheit mit Zuführung zur Prostitution und Zuhälterei sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung. Er wurde zuletzt durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 3. November 1998 (32 Ls 99 Js 920/97 – 90 VRS 1216/99), rechtskräftig seit dem 21. August 1999, wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Von der letzten Verurteilung erhielt der Beklagte im November 2000 Kenntnis, sah nach einem Aktenvermerk jedoch die Voraussetzungen für weitere Maßnahmen nicht als gegeben an.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 – WaffRNeuRegG – (BGBl I S. 3970) und Anhörung des Klägers widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 17. April 2003, soweit noch von Bedeutung, die von ihm erteilten Waffenbesitzkarten einschließlich der Munitionserwerbsberechtigungen. Zugleich verpflichtete er den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes, die Erlaubnisurkunden spätestens mit Bestandskraft des Widerspruchsbescheides zurückzugeben, und gab ihm auf, die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen binnen sechs Monaten nach Bestandskraft der Verfügung einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die letzte Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten erfülle den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Waffengesetzes (Art. 1 des Gesetzes vom 11. Oktober 2002) – WaffG 2002 –, so dass seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit mit der Folge feststehe, dass die ihm erteilten Waffenbesitzkarten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 zu widerrufen seien.
Der Kläger legte Widerspruch ein, den die Bezirksregierung Köln mit Bescheid vom 1. September 2003 zurückwies.
Der Kläger hat Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung der vorgenannten Bescheide. Das Verwaltungsgericht Aachen hat mit Urteil vom 31. März 2004 die Klage abgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die dagegen eingelegte Berufung mit dem angefochtenen Urteil im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:
Der Widerruf sei zutreffend auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 gestützt worden. Nach dieser Bestimmung, die keine wesentliche Änderung gegenüber § 47 Abs. 2 Satz 1 des Waffengesetzes 1976 enthalte, sei eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Diese Voraussetzungen lägen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vor.
Eine waffenrechtliche Erlaubnis setze gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG 2002 voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Diese sei nicht gegeben bei Personen, die wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden seien, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen seien (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002). Nach dieser zwingenden Regelung, die eine wesentliche Verschärfung gegenüber der bisherigen Regelung des § 5 WaffG 1976 darstelle, sei der Kläger als waffenrechtlich unzuverlässig zu betrachten. Er sei durch das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 3. November 1998 wegen eines Verbrechens verurteilt worden, und seit dem Eintritt der Rechtskraft seien zehn Jahre noch nicht verstrichen. Die zum Wegfall der Zuverlässigkeit führende Verurteilung sei zeitlich nach der Erteilung sämtlicher Waffenbesitzkarten erfolgt und daher eine nachträgliche Tatsache im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Sie hätte im Sinne dieser Vorschrift zur Versagung führen müssen, weil die dafür maßgeblichen Kriterien nicht dem bei der Erteilung der Erlaubnisse oder beim Eintritt der nachträglichen Tatsache geltenden Recht, dem Waffengesetz 1976, sondern der jetzt geltenden Regelung des § 5 WaffG 2002 zu entnehmen seien.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wäre der Widerruf bei Heranziehung der Zuverlässigkeitsregelungen des Waffengesetzes 1976 nicht gerechtfertigt gewesen. Darauf komme es jedoch nicht an, weil für den Widerruf § 5 WaffG 2002 heranzuziehen sei.
Dass Inhaber von unter Geltung des Waffengesetzes 1976 erteilten Erlaubnissen von der Verschärfung der materiellen Rechtslage im Waffengesetz 2002 verschont sein sollten, sei weder ausdrücklich angeordnet noch aus anderen Gründen festzustellen. Insbesondere lasse sich ein gesetzgeberischer Wille, bestehende waffenrechtliche Erlaubnisse von den materiellen Anforderungen des neuen Waffenrechts freizustellen, nicht aus § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 entnehmen. Diese Vorschrift erschöpfe sich darin, die Fortgeltung erteilter waffenrechtlicher Erlaubnisse anzuordnen und damit zu verhindern, dass diese unter Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 ihre Gültigkeit verlören und neu beantragt werden müssten. Ein weitergehender, die materiellen Voraussetzungen umfassender Schutz für Inhaber alter Erlaubnisse lasse sich der gesetzlichen Regelung und der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Die von dem Kläger angeführte Erwägung zur Besitzstandswahrung gemäß der Begründung zu § 56 des Regierungsentwurfes zum Waffenneuregelungsgesetz (BTDrucks 14/7758) beziehe sich auf kriegswaffenrechtliche Erlaubnisse, bei denen sich durch die Auflösung der teilweise parallelen Anwendung von Waffengesetz und Kriegswaffenkontrollgesetz Neuerungen ergeben sollten. Der von dem Kläger vertretenen Auffassung, bei der Anwendung von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 sei ein Rückbezug auf früheres Recht mit Blick darauf erforderlich, ob die nachträglich eingetretene Tatsache zur Versagung hätte führen müssen, sei nicht zu folgen. Eine solche Betrachtung werde insbesondere nicht durch das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vertrauensschutzgebot gefordert. Die in Rede stehende Vorschrift entfaltet keine echte Rückwirkung, da sie nicht gestaltend in einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt eingreife. Die mit den geänderten Regelungen der für den Widerruf maßgeblichen Kriterien verbundenen Rechtsfolgen könnten und sollten erst nach dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 eintreten und knüpften lediglich tatbestandlich auch an Ereignisse vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens an. Eine solche unechte Rückwirkung erfordere eine Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl. Danach ergäben sich keine Bedenken. Der Gesetzgeber verfolge mit der Änderung des Waffengesetzes und insbesondere mit der Verschärfung der Anforderungen an die waffenrechtliche Zuverlässigkeit das Ziel, seine Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 GG zu erfüllen und sich schützend vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu stellen. Zentrales Anliegen des Waffengesetzes 2002 sei es dabei, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko noch weitergehend zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienten, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Demgegenüber falle ein Vertrauen auf den Fortbestand der Zuverlässigkeitsanforderungen nicht erheblich ins Gewicht. Ein entsprechendes Festhalten am Bisherigen sei schon mit dem Charakter der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung als Prognoseentscheidung kaum zu vereinbaren. Kennzeichen dieser Prognose sei, dass zur Verhinderung künftiger Schäden aus Entwicklungen und Tatsachen der Vergangenheit und Gegenwart auf die Zukunft geschlossen werde. Eine Prognose sei anerkanntermaßen nicht zu beanstanden, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung Anhaltspunkte vorhanden seien, welche den Schluss auf künftige Schäden begründbar machten, wobei dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich des Aussagegehaltes bestimmter Verhaltensweisen zustehe. Der Schutz eines Vertrauens auf eine bestimmte behördliche Reaktion und/oder die Beibehaltung der Einschätzung bestimmter Vorkommnisse, auch soweit sie in der Vergangenheit lägen, sei schon wegen möglichen Erkenntniszuwachses und wegen möglicher Wertungsänderungen nebst Gewichtsverschiebungen mit einer in die Zukunft gerichteten Bewertung nicht vereinbar, zumal wenn diese wie nach § 4 Abs. 3 WaffG 2002 in regelmäßigen Abständen zu überprüfen sei. Im Übrigen sei ein Vertrauen etwa auf den Bestand der Regelungen des § 5 WaffG 1976 auch nur bei einer darauf aufbauenden Betätigung schutzwürdig, was die schwerlich haltbare Annahme implizieren würde, dass die für den Widerruf entscheidende Straftat nicht begangen worden sei, wenn seinerzeit die Folgen des strafrechtlich relevanten Verhaltens in waffenrechtlicher Hinsicht abzusehen gewesen seien.
Aus dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 sei eine Begünstigung für die nach altem Recht erteilten Erlaubnisse nicht abzuleiten. Zwar lasse die Formulierung “die zur Versagung hätten führen müssen” ein Verständnis dahin zu, für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers seien die zu berücksichtigenden nachträglichen tatsächlichen Umstände fiktiv auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung und die damals gültige Rechtslage zu beziehen. Dies sei aber keinesfalls zwingend. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 diene anders als Abs. 1 dieser Vorschrift gerade nicht der Korrektur einer rechtswidrigen Erlaubniserteilung, für die die damaligen tatsächlichen und rechtlichen Umstände maßgeblich seien, sondern ermögliche eine für geboten erachtete Reaktion auf später eingetretene Umstände. Systematische Gründe sprächen daher eher gegen eine Orientierung an Maßgaben, die zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung gegolten hätten. Für ein Anknüpfen an die Rechtslage im Zeitpunkt der nach dem Waffengesetz 2002 zwingend zur Unzuverlässigkeit führenden Verurteilung sprächen ebenfalls keine tragfähigen Erwägungen. Dem stünden schon der Zweck der Widerrufsverpflichtung, den geltenden waffenrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen und die Zielsetzung ihrer Verschärfung durch das Waffengesetz 2002, entgegen.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 18. Februar 1983 – BVerwG 1 C 158.80 – BVerwGE 67, 16 ≪20≫ = Buchholz 402.5 WaffG Nr. 34 S. 29) zum Eingreifen der Bestimmungen über einen Widerruf bei nachträglicher Unzuverlässigkeit nach dem Waffengesetz 1972 darauf abgehoben habe, ob die “nachträglich eingetretenen Tatsachen nach dem im Zeitpunkt ihres Eintritts für ihre Bewertung maßgeblichen Recht zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen” könne dem für die hier relevante Frage kein Aussagegehalt beigemessen werden, weil es seinerzeit um Fälle gegangen sei, in denen das Inkrafttreten der Widerrufs- und Zuverlässigkeitsregelungen und die Möglichkeit der Erteilung der Waffenbesitzkarten zeitlich zusammengefallen seien, also ein Tatsacheneintritt zwischen der Erlaubniserteilung und einer Änderung der im Zeitpunkt des Widerrufs geltenden gesetzlichen Zuverlässigkeitskriterien gar nicht in Rede gestanden habe. Der entsprechenden Wendung in dem Urteil vom 30. April 1985 – BVerwG 1 C 12.83 – (BVerwGE 71, 234 ≪243≫ = Buchholz 402.5 WaffG Nr. 40 S. 60) komme in dem dort entschiedenen Fall keine tragende Bedeutung zu. Vielmehr bestätige der dort entwickelte Obersatz, dass “der Widerruf einer Waffenbesitzkarte wegen nachträglichen Eintritts von Versagungstatsachen … nicht einer vergangenen, sondern der im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf gegebenen Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzungen für die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen Rechnung tragen” solle, die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts. Auch sonst spreche gerade bei den Zuverlässigkeitskriterien für einen Rückbezug auf normativer Ebene nichts Tragfähiges. Der bei der Änderung des Waffenrechts mitverfolgte Zweck, die Sicherheit zu erhöhen, spreche vielmehr eindeutig dafür, die gesetzgeberisch gewählten und neu bestimmten Grenzen für die Hinnehmbarkeit des Waffenbesitzes Privater möglichst effektiv zur Anwendung zu bringen.
Diese Zielsetzung und die mit ihr in Fällen der vorliegenden Art verbundene Widerrufsmöglichkeit werde nicht dadurch nachhaltig in Frage gestellt, dass ein Widerruf in anderen Fallkonstellationen – etwa bei fehlendem Eintritt nachträglicher Tatsachen wegen der Notwendigkeit der Bewertung einer Verurteilung zum Zeitpunkt der Erteilung einer Waffenbesitzkarte – Widerruf und auch Rücknahme nicht in Betracht kämen. Dies betreffe die Fälle, in denen vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 eine Waffenerlaubnis in Ansehung einer Verurteilung erteilt worden sei, die nach den damaligen gesetzlichen Vorgaben der Annahme der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nicht entgegengestanden habe, jetzt aber eine solche Annahme ausschließe. Dies führe auf keine willkürliche Ungleichbehandlung. Denn dem Gesetzgeber habe es freigestanden, das Gewicht der Bestandskraft der waffenrechtlichen Erlaubnisse insoweit unterschiedlich zu bewerten. Aus den gleichen Gründen bewege sich das vom Senat gewonnene Ergebnis innerhalb der gesetzlichen Systematik. Insbesondere stelle der Umstand, dass die neue gesetzgeberische Zielsetzung bestimmte Fallkonstellationen nicht erfasse, keinen tragfähigen Grund dafür dar, die Erreichung des Gesetzeszweckes, die persönlichen Anforderungen an die Befugnis zum Umfang mit Waffen zu verschärfen und so die objektive Sicherheit zu verbessern, für andere Fallgestaltungen, die nach Wortlaut, Zweck und Systematik vom gesetzlichen Widerrufstatbestand erfasst würden, in Frage zu stellen.
Die Überprüfung des angefochtenen Widerrufsbescheides sei danach allein nach dem Waffengesetz 2002 vorzunehmen.
Dass dem Kläger im April 2006 ein Jagdschein erteilt worden sei, sei für die hier zu treffende Bewertung des Entfallens des Zuverlässigkeitserfordernisses ohne Bedeutung. Ein Vorrang oder eine Maßgeblichkeit der jagdrechtlichen Beurteilung für das Waffenrecht sei nicht gegeben. Im Gegenteil verweise § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 auf die Zuverlässigkeitsregelungen des Waffengesetzes 2002. Insofern stellten sich die Fragen einer gebotenen Berücksichtigung früheren Waffenrechts nicht einmal in der im Rahmen eines Widerrufs gegebenen Weise. Denn der Jagdschein sei befristet und erfordere nach Fristablauf jeweils eine neue, eigenständige Prüfung nach den Erfordernissen der aktuellen Rechts- und Faktenlage. Eine Verurteilung, die nach den Vorgaben des Waffengesetzes 2002 zwingend die Annahme der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit hindere, stehe also auch dann der Erteilung eines Jagdscheins zwingend entgegen, wenn diese vor der Gesetzesänderung erfolgt sei, und zwar unbeschadet davon, ob es sich um die Anschlusserteilung eines Jagdscheins nach Ablauf der Befristung handele.
Selbst wenn man der Auffassung zum maßgeblichen rechtlichen Widerruf wegen Unzuverlässigkeit nicht folge, wären die Waffenbesitzkarten gleichwohl zu widerrufen, weil es an einem Bedürfnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG 2002 fehle, wenn nämlich die ein Bedürfnis begründenden jagdrechtlichen Befugnisse wegen fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit nach Maßgabe des Waffengesetzes 2002 aus Rechtsgründen nicht erteilt werden dürften. Wieso die für den Kläger zuständige Jagdbehörde zu einer anderen Einschätzung der Zuverlässigkeit gelangt sei, erschließe sich nicht, bedürfe wegen fehlender rechtlicher Relevanz aber auch keiner weiteren Aufklärung. Entsprechend könne sich der Kläger wegen des zwingenden Charakters der in Rede stehenden Vorschriften nicht mit Erfolg auf eine abweichende Einschätzung bei der Erteilung des europäischen Feuerwaffenpasses (§ 32 Abs. 1 WaffG 2002) berufen.
Gegen die weiteren Regelungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid seien Bedenken weder geltend gemacht noch ersichtlich, so dass sich weitere Ausführungen erübrigten.
Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision, mit der weiterhin die Aufhebung der angefochtenen Bescheide erstrebt wird, führt der Kläger im Wesentlichen aus:
Das angefochtene Urteil beruhe auf der Verletzung von materiellem Bundesrecht und von Verfahrensrecht.
Mit seiner Auffassung, der Beklagte sei allein aufgrund der Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 zum Widerruf der Waffenbesitzkarte gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 verpflichtet gewesen, habe das Berufungsgericht schon die unstreitige Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass die Verurteilung des Klägers dem Beklagten schon seit dem Jahr 2000 bekannt gewesen sei, dieser die Verurteilung waffenrechtlich geprüft habe und ausdrücklich und durch Aktenvermerk dokumentiert den Kläger gleichwohl als jagd- und waffenrechtlich zuverlässig beurteilt habe. Der Beklagte habe mithin schon im Jahre 2000 in Kenntnis der Verurteilung des Klägers diesen als zuverlässig erachtet und habe in dessen Waffenbesitz keine Gefahr für die Allgemeinheit gesehen. Der Beklagte habe daher durch bewusste Entscheidung von einem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis abgesehen. Das Berufungsgericht habe daher verkannt, dass der vorliegende Sachverhalt weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht anders beurteilt werden könne, als wenn der Kläger im Jahre 2000 erstmals seine hier streitgegenständlichen Erlaubnisse beantragt und sie vom Beklagten in Kenntnis seiner Verurteilung vom 3. November 1998 erteilt bekommen hätte. Für diese Fallkonstellation habe das Berufungsgericht indessen selbst eingeräumt, dass dann für einen Widerruf der Erlaubnis durch den Beklagten kein Raum gewesen sei.
Aus diesen Umständen ergebe sich, dass nicht die Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998, sondern allein die zum 1. April 2003 durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts geänderte Rechtslage bei ansonsten unverändert gebliebener Tatsachenlage den Beklagten zum Widerruf der Waffenbesitzkarten veranlasst habe. Deshalb erfassten die Ausführungen des Berufungsgerichts, ob es sich bei der Verurteilung des Klägers im Jahre 1998 um eine nachträgliche Tatsache handele oder nicht, nicht das eigentliche Problem. Der Hinweis, dass diese Verurteilung zeitlich nach der Erteilung der Waffenbesitzkarten erfolgt und deshalb eine nachträglich eingetretene Tatsache sei, gehe deshalb fehl, weil der Beklagte eben gerade nicht diese ihm schon früher bekannt gewesene Verurteilung als solche, sondern allein seine eigene rechtliche Neubewertung im Lichte der geänderten Rechtslage zur Grundlage seiner Widerrufsentscheidung gemacht habe. Die allein vorliegende Rechtsänderung stelle aber keine neu eingetretene Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 dar.
Nicht tragfähig sei ferner die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, dass auch für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Alterlaubnisinhabern der Maßstab des § 5 WaffG 2002 sei und sich deshalb die Beantwortung der Frage, ob nachträglich eingetretene Tatsachen zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen, an der aktuellen Gesetzeslage und nicht begrenzend und bestandsschützend an der im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geltenden Rechtslage zu orientieren habe. Die Formulierung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002, wonach die nachträglichen Tatsachen einen Widerruf nur dann rechtfertigen, wenn sie zu einer Versagung hätten führen müssen, sei so auszulegen, dass dieses Versagungserfordernis an der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung geltenden Rechtslage zu messen sei. Es sei nicht möglich, die jetzt geltenden Zuverlässigkeitskriterien des § 5 WaffG 2002 rückwirkend auf die noch nach der alten Rechtslage erteilten Erlaubnisse zu übertragen und zu fragen, ob damals, gemessen an den jetzt geltenden gesetzlichen Regelungen, die nachträglich eingetretene Tatsache zu einer Versagung der Erlaubnis hätte führen müssen. Die gegenteilige Gesetzesinterpretation verkenne “die gravierenden Folgen … für viele tausende Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen, die nach dem 01.04.1993 gegen sie erfolgte strafrechtliche Verurteilungen … (hätten) rechtskräftig werden lassen”.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gebiete insbesondere die Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 eine einschränkende Auslegung des Widerrufstatbestandes des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 dahingehend, dass das Versagungserfordernis an der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung oder zum Zeitpunkt des Eintritts der Tatsache geltenden Rechtslage zu messen sei. Mit der Regelung des § 58 Abs. 1 WaffG 2002 habe der Gesetzgeber den waffenrechtlichen Altbesitz in seinem Bestand schützen wollen. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber davon abgesehen habe, in das neue Waffengesetz Bestimmungen über den Widerruf waffenrechtlicher Alterlaubnisse aufzunehmen, verdeutliche seinen Willen, den bis zur Gesetzesänderung zuverlässigen Alterlaubnisinhabern Bestands- und Vertrauensschutz zu gewähren.
Das Oberverwaltungsgericht habe zudem entgegen § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Dem Berufungsgericht hätte sich angesichts der Tatsache, dass sich die der strafrechtlichen Verurteilung vom 3. November 1998 zugrunde liegende Straftat bereits im Januar 1996 zugetragen habe, eine weitere Sachaufklärung zu der Frage, ob in der Person des Klägers überhaupt noch eine negative, in die Zukunft gerichtete Gefahrenprognose gerechtfertigt sei, aufdrängen müssen. Nur aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtsklarheit knüpfe § 5 WaffG 2002 die Beurteilung der Unzuverlässigkeit an den Zeitpunkt der Rechtskraft der Verurteilung. Ihre alleinige sachliche und innere Rechtfertigung findet die Zuverlässigkeitsversagung in § 5 WaffG 2002 jedoch letztlich in der der Verurteilung vorangegangenen Straftat. Liege diese zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuverlässigkeit bereits mehr als zehn Jahre zurück, reiche es nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht aus, allein auf den unter Umständen wesentlich späteren Zeitpunkt des Eintritts der formalen Rechtskraft des Strafurteils abzustellen. Es sei mit den Präventionsabsichten des Waffengesetzes nicht zu vereinbaren, Personen die zukünftige waffenrechtliche Zuverlässigkeit abzusprechen, die vor mehr als zehn Jahren gegen Strafvorschriften verstoßen hätten, die sich aber seither tadellos verhalten hätten. Auch bei dem Kläger sei bei entsprechender Sachverhaltsaufklärung durch das Berufungsgericht eine solche Fallkonstellation zu Tage getreten.
Das Berufungsgericht habe auch verkannt, dass es durch das Waffengesetz 2002 nicht an einer “gerechten Entscheidung” gehindert werde. Gerichtliche Entscheidungen, die nur ergingen, um den formalen Anforderungen einer gesetzlichen Norm Genüge zu tun, im Ergebnis aber absurd seien und völlig ins Leere gingen, verstießen gegen das Rechtsstaatsgebot. Vor diesem Hintergrund hätte sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung des Berufungsgerichts zu der Frage aufdrängen müssen, weshalb dem Kläger seine jagdrechtlichen Befugnisse weiterhin erhalten geblieben seien. Auf diesen Gesichtspunkt habe der Kläger das Berufungsgericht ausdrücklich hingewiesen. Zur Herbeiführung der Einzelfallgerechtigkeit hätte das Berufungsgericht diesem Hinweis nachgehen und ihm in seiner Entscheidung Rechnung tragen müssen.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses teilt die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist unbegründet.
1. Die gerügten Verfahrensmängel ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.
Die Darlegung eines solchen Mangels erfordert die substantiierte Erklärung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Dabei kommt es allein auf solche tatsächlichen Umstände an, die für das Berufungsgericht entscheidungserheblich waren. Denn dem Berufungsgericht kann der Vorwurf ungenügender Sachaufklärung nicht gemacht werden, wenn nach seiner Rechtsauffassung eine Sachverhaltsaufklärung nicht geboten war.
Der Kläger legt nicht dar, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung die vermissten Aufklärungsmaßnahmen hätte durchführen müssen.
Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kam es für das Vorliegen des Unzuverlässigkeitsgrundes des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Waffengesetzes (Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts ≪WaffRNeuRegG≫ vom 11. Oktober 2002 ≪BGBl I S. 3970≫) – WaffG 2002 – auf den Umstand an, dass seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen waren. Nach dieser Rechtsauffassung brauchte nicht aufgeklärt zu werden, ob die Unzuverlässigkeit mit Blick auf den weiter zurückliegenden Tatzeitpunkt entfallen sein könnte. Im Übrigen liegt nicht einmal zwischen der Tat, die der Kläger Anfang 1996 verübt hat, wie sich aus dem Strafurteil des Landgerichts Aachen vom 28. April 1999 ergibt, und dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides ein Zeitraum von zehn Jahren.
Auch die ebenfalls vermisste weitere Sachverhaltsaufklärung zu der Frage, weshalb dem Kläger seine jagdrechtlichen Befugnisse weiterhin erhalten geblieben seien, musste das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht durchführen. War insoweit allein die Erfüllung des Tatbestands des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 erheblich, so stellte sich die Frage der Gründe für den angeblichen Fortbestand jagdrechtlicher Befugnisse nicht.
2. Das Berufungsurteil ist auch in der Sache nicht zu beanstanden.
a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 45 Abs. 2 WaffG 2002. Diese Vorschrift ist gemäß Art. 19 Nr. 1 WaffRNeuRegG am 1. April 2003 in Kraft getreten und daher zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der hier angefochtenen Verfügung vom 17. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2003 heranzuziehen. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im Falle des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (Urteil vom 13. Dezember 1994 – BVerwG 1 C 31.92 – BVerwGE 97, 245 ≪250≫ = Buchholz 402.5 WaffG Nr. 72 S. 17 = GewArch 1995, 343 ≪345≫). Bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit ist auch bei einer längere Zeit zurückliegenden Straftat nicht auf den Zeitpunkt der berufungsgerichtlichen Entscheidung, sondern auf denjenigen der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen (Beschluss vom 24. Juni 1992 – BVerwG 1 B 105.92 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 65 S. 55 = GewArch 1992, 359 ≪360≫).
b) Nach § 45 Abs. 2 WaffG 2002 ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.
aa) Erlaubnisse “nach diesem Gesetz” sind solche Gestattungen, die unter der Geltung des Waffengesetzes 2002 erlassen worden sind. Erfasst sind aber auch Erlaubnisse, die auf der Grundlage des Waffengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGBl I S. 432), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1996 (BGBl I S. 1779) – WaffG 1976 –, erteilt worden sind. § 58 Abs. 1 WaffG 2002 bestimmt nämlich, dass – soweit nicht nachfolgend Abweichendes bestimmt wird, was hier nicht der Fall ist – Erlaubnisse im Sinne des vorgenannten Gesetzes fortgelten. Gelten sie kraft Anordnung des § 58 Abs. 1 WaffG 2002 fort, so handelt es sich um Erlaubnisse “nach diesem Gesetz” (vgl. Lehmann/Frieß/Lehle, Aktuelles Waffenrecht, Loseblattsammlung, § 45 Rn. 25; insoweit auch Apel/Bushart, Waffenrecht, Band 2, 3. Aufl. 2004, § 58 Rn. 4).
bb) Tatsachen sind “nachträglich” eingetreten, wenn sie sich nach Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis ereignet haben (vgl. Apel/Bushart, a.a.O. § 45 Rn. 9; Lehmann/Frieß/Lehle, a.a.O. § 45 Rn. 43). Die Vorschrift greift die Regelung des § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976 auf, der sie hinsichtlich des Widerrufs von Erlaubnissen wörtlich entspricht. Mit Blick darauf kann auf die zu der früheren Regelung ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden, soweit es um die hier in Rede stehenden Tatbestandsmerkmale geht. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur früheren Rechtslage entschieden, dass es auf nach Ausstellung der Erlaubnis eingetretene Umstände ankommt (Urteil vom 18. Februar 1983 a.a.O. S. 19 bzw. S. 28). Mangels weiterer zeitlicher Einschränkungen kommt es nicht darauf an, ob die Tatsachen unter der Geltung des neuen Waffengesetzes eingetreten sind. Es können auch Umstände in Betracht kommen, die nach Ausstellung der waffenrechtlichen Erlaubnis noch unter der Geltung des früheren Waffengesetzes eingetreten sind.
Zwar ist das Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 keine nachträglich eingetretene “Tatsache”, sondern führte zur Änderung der Rechtslage. Jedoch stellt die Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen eines Verbrechens (§§ 12, 154 Abs. 1, § 26 StGB) eine “Tatsache” dar, die nach Erteilung der widerrufenen Waffenbesitzkarten eingetreten ist.
cc) Bei der Verurteilung des Klägers aus dem Jahre 1998 handelt es sich auch um eine Tatsache, die im Sinne des § 45 Abs. 2 WaffG 2002 zur Versagung der widerrufenen Erlaubnis hätte führen müssen. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers scheitert diese Feststellung nicht daran, dass die Verurteilung – wie er geltend macht – nach dem bei Eintritt ihrer Rechtskraft noch geltenden Waffengesetz 1976 nicht die Verweigerung der Waffenbesitzkarte rechtfertigen konnte, weil sie nicht gemäß § 5 dieses Gesetzes zu seiner Unzuverlässigkeit führte. Denn das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen für den Widerruf gemäß § 45 Abs. 2 WaffG 2002 zu Recht deswegen für erfüllt gehalten, weil die Verurteilung des Klägers wegen eines Verbrechens gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 seine Zuverlässigkeit und infolgedessen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG 2002 die Erteilung einer Waffenbesitzkarte an ihn ausschließt. Die Widerrufsvoraussetzungen sind mithin – anders als der Kläger meint – seit dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 auch im Hinblick auf des Tatbestandsmerkmal “die zur Versagung hätten führen müssen” nicht nach dem früheren, sondern nach dem derzeit geltenden Recht zu beurteilen. Das ergibt sich im Einzelnen aus den folgenden Erwägungen:
(1) Der Wortlaut der Vorschrift deutet mit der Verwendung des Irrealis der Vergangenheit dahin, dass es auf den Zeitpunkt des Eintritts der “Tatsachen” ankommt, indem eine fiktive Prüfung eines Erlaubnisantrages in diesem Zeitpunkt erfolgen soll. Dieses sprachliche Verständnis erschließt zugleich den Sinn der Regelung im “Normalfall” des Eintritts der “Tatsache” nach Inkrafttreten des nunmehr geltenden Waffengesetzes. Die sprachliche Fassung ist indessen nicht auf die “Übergangsfälle” zugeschnitten, in denen wie hier die “Tatsache” vor Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes eingetreten ist, der Widerruf aber in die Zeit danach fällt. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die vorgeschriebene fiktive Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nach Maßgabe des alten oder des neuen Rechts vorzunehmen ist. Der Wortlaut des § 45 Abs. 2 WaffG 2002 schließt trotz der ausdrücklichen Anordnung einer hypothetischen Prüfung, die sich auf vergangene Tatsachen bezieht, die Anwendung des neuen Rechts nicht aus.
(2) Die Gesetzesmaterialien lassen zwar keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Vorstellung des Gesetzgebers zur Behandlung der Problematik zu, weisen aber insgesamt eher in die Richtung, dass seit dem Inkrafttreten der Neuregelung das neue Rechtsregime uneingeschränkt auch auf Altfälle anzuwenden ist.
Mit der Neuregelung des Waffenrechts, die eine “Verschärfung der Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern” bezweckte, sollte der missbräuchliche Umgang u.a. mit Waffen eingedämmt werden (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 14/7758 S. 1). Der Begründung ist nicht zu entnehmen, dass mit “Waffenbesitzern” nur solche gemeint sein könnten, die erst nach der Neuregelung Waffen erwerben würden. Das Ziel der “Eindämmung” deutet darauf hin, dass der vorhandene Bestand mit einbezogen wird, weil dieses Ziel nur so umfassend erreicht werden kann.
Die Einzelbegründung zu § 44 des Entwurfs – nunmehr § 45 WaffG 2002 – (a.a.O. S. 79) zeigt auf, dass der Gesetzgeber den Schutz der Allgemeinheit zur Richtschnur seiner Entscheidungen machen wollte. Das gilt einmal für den Umstand, dass die Aufhebung waffenrechtlicher Erlaubnisse bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht in das Ermessen der Behörden gestellt wird, sondern zwingend ist. In diesem Zusammenhang wird erneut der Schutz der Allgemeinheit als lenkendes Motiv hervorgehoben. Dieses Ziel zeigt sich auch in der Begründung zu der den Widerruf betreffenden Entwurfsregelung des § 44 Abs. 2. Diese betont die Pflicht zum Widerruf bei Kenntniserlangung von den Versagungstatbeständen und verweist im Übrigen auf die Begründung zu Absatz 1 derselben Vorschrift, die die zeitlich unbegrenzte Rücknahmepflicht hervorhebt.
Auch die Einzelbegründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG 2002 weist in die Richtung, dass das Vertrauen auf die Zuverlässigkeit eines Waffenbesitzers bei der dort zugrunde gelegten Verletzung der Rechtsordnung und ihrer rechtskräftigen Aburteilung für die Dauer der Zehn-Jahres-Frist als nicht wieder herstellbar angesehen worden ist (a.a.O. S. 54). Die darin zum Ausdruck kommende Verhaltensprognose ist stets auf die Zukunft gerichtet. Die Begründung lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber diese Prognose bei einer Verurteilung bereits unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 nicht anstellen wollte.
(3) Vor allem Sinn und Zweck des neugefassten Waffengesetzes legen es nahe, die verschärften Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Erlaubnisinhaber sogleich und ohne Abstriche zur Geltung zu bringen.
Der Zweck des Gesetzes wird in § 1 Abs. 1 WaffG 2002 mit dem Merkmal zum Ausdruck gebracht, dass es den Umgang mit Waffen oder Munition “unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung” regelt. Diese Belange sollen stets den Umgang mit Waffen und Munition bestimmen. Belange von Sicherheit und Ordnung werden vor allem durch die jeweiligen Anforderungen der Rechtsordnung definiert. Diese erheben Geltungsanspruch mit Inkrafttreten der jeweils einschlägigen Normen, wenn keine anderweitigen Regelungen getroffen werden. Es ist eine der Aufgaben der Gesetzgebung, auf sich wandelnde Sicherheitsanforderungen zu reagieren und diese mit anderen Belangen abzuwägen. Ist das normativ geschehen, so besteht in Ermangelung abweichender Regelungen kein Grund für die Annahme, dass die im Gesetz zum Ausdruck kommenden Bewertungen für in der Vergangenheit bereits begründete, hier im Waffenbesitz manifestierte Unsicherheitsfaktoren nicht gelten sollten. Erkannten Sicherheitsanforderungen muss vielmehr sofort und umfassend Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber wollte, wie dargelegt, bei der Verabschiedung des Waffengesetzes 2002 den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern verstärken. Dieses Ziel würde über einen längeren Zeitraum verfehlt, wenn “Alterlaubnisinhaber” nicht sofort dem verschärften Rechtsregime des neuen Gesetzes unterworfen wären. Vielmehr muss die Verschärfung der Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern sogleich auch im Hinblick auf diesen Personenkreis in vollem Umfang greifen, soll das gesetzgeberische Ziel des besseren Schutzes der Allgemeinheit ohne Einschränkungen erreicht werden. Denn das Gesetz nimmt eine generelle Neubewertung der Zuverlässigkeit vor. Aus dieser Sicht ist es ohne Bedeutung, wann die Tatsache eingetreten ist, die zur Unzuverlässigkeit des Inhabers der waffenrechtlichen Erlaubnis führt. Das gilt auch und gerade für die hier einschlägige Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002, wonach derjenige, der wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist, für die Dauer von zehn Jahren unwiderleglich als unzuverlässig gilt.
(4) Systematische Gründe sprechen ebenfalls für die uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 45 Abs. 2 i.V.m. § 5 WaffG 2002 bereits mit Inkrafttreten dieses Gesetzes auch auf den Altbesitz von Waffen.
§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 dient anders als Abs. 1 dieser Vorschrift nicht der Korrektur einer rechtswidrigen Erlaubniserteilung, für die die damaligen tatsächlichen und rechtlichen Umstände maßgeblich waren, sondern ermöglicht es, auf später eingetretene Umstände angemessen zu reagieren. Die Bestimmung weist also bereits wegen ihres Regelungscharakters in die Zukunft. Berücksichtigt man weiter, dass die mit dem Gesetz verfolgten Ziele dem Gedanken der Sicherheit geschuldet sind, wie aus § 1 Abs. 1 WaffG 2002 folgt, kann nicht angenommen werden, dass bei dem vorhandenen Waffenbestand Sicherheitsrisiken, die nach neuem Recht bestehen, auch nur teilweise in Kauf genommen werden sollen.
Dies wird bestätigt durch den Umstand, dass das Gesetz in § 58 WaffG 2002 den Altbesitz von Waffen berücksichtigt hat. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Erlaubnisse im Sinne des Waffengesetzes 1976 grundsätzlich fortgelten (§ 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002), also nicht mit dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 ihre Gültigkeit verloren und neu beantragt werden mussten. Sie sind vielmehr, wie bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, als Erlaubnisse nach diesem Gesetz anzusehen und unterliegen daher hinsichtlich ihres Fortbestands uneingeschränkt dem neuen Recht. Eine gegenteilige, die Altbesitzer schonende Vorschrift, die die weitere Anwendung des bisherigen Rechts vorsieht, ist in § 58 WaffG 2002 nicht enthalten.
Dass die Verschärfungen durch das Waffenrechtsneuregelungsgesetz auch Altbestände erfassen sollen, wird durch die Regelung des § 58 Abs. 7 WaffG 2002 bestätigt. Diese Vorschrift greift den Umstand auf, dass nach § 37 Abs. 1 WaffG 1976 der Umgang mit bestimmten waffenrechtlich relevanten Gegenständen verboten war. Anlage 2 Abschnitt 1 zum Waffengesetz 2002 verbietet darüber hinausgehend den Umgang mit bestimmten Waffen. Für Fälle des Besitzes von Waffen, die zwar nicht dem § 37 Abs. 1 WaffG 1976 unterlagen, wohl aber nunmehr durch die Anlage 2 Abschnitt 1 erfasst werden, ordnet die Regelung des § 58 Abs. 7 WaffG 2002 an, dass das nunmehr angeordnete Verbot nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht eingreift. Daraus folgt, dass sich das verschärfte Umgangsverbot der Neuregelung grundsätzlich auch gegenüber dem Altbestand durchsetzen soll. In dieselbe Richtung weist auch die weitere Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 9 WaffG 2002.
Ein unbezweifelbarer Hinweis darauf, dass nach Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 der Widerruf nach § 45 Abs. 2 i.V.m. § 5 WaffG 2002 auch dann zu erfolgen hat, wenn die nachträglichen Tatsachen noch unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 eingetreten sind, ist aus § 4 Abs. 3 WaffG 2002 abzuleiten. Danach hat die zuständige Behörde die Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse in regelmäßigen Abständen auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen. Diese Prüfung kann nur nach den Maßstäben des neuen Waffenrechts erfolgen. Das gilt auch für nach § 58 WaffG 2002 übergeleitete Erlaubnisse. Die Regelung des § 4 Abs. 3 WaffG 2002, die übrigens derjenigen des § 30 Abs. 4 WaffG 1976 entspricht, soll gewährleisten, dass Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse stets im Sinne des Waffengesetzes 2002 zuverlässig sind, hat also eine in die Zukunft weisende Zielrichtung. Der Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis muss demnach stets nach den Maßstäben des jeweils geltenden Rechts zuverlässig sein, damit ihm der risikobehaftete Umgang mit Waffen weiter gestattet bleiben kann. Die Maßstäbe dafür kann der Gesetzgeber im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festlegen und, wie es mit dem Erlass des Waffengesetzes 2002 geschehen ist, den sich wandelnden Anforderungen anpassen.
(5) Die Auslegung nach den herkömmlichen Methoden ergibt daher, dass seit dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 auch bereits bestehende waffenrechtliche Erlaubnisse nach dem neuen Rechtsregime zu widerrufen sind, wenn der Inhaber der Erlaubnis nach den nunmehr geltenden Kriterien die Voraussetzungen für die Erteilung nicht erfüllt. Diese Voraussetzung liegt auch dann vor, wenn die nachträgliche Tatsache noch unter der Geltung des früheren Rechts eingetreten ist.
Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass dieses Auslegungsergebnis nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass es Konstellationen geben mag, in denen unter der Geltung des früheren Waffengesetzes nach der Verurteilung wegen eines Verbrechens eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt worden ist, die nunmehr mangels einer nachträglich eingetretenen Tatsache nicht widerrufen werden kann. Die Auslegung einer Vorschrift kann nicht dadurch entscheidend bestimmt werden, dass das gesetzgeberische Ziel möglicherweise nicht in allen denkbaren Fällen erreicht wird. Ist seinerzeit in einem derartigen fiktiven Fall in Kenntnis der Straftat die Erlaubnis erteilt worden, so ist dieser Umstand in die Entscheidungsfindung zur Erlaubniserteilung eingeflossen. Anders verhält es sich, wenn das Verbrechen nach Erteilung der Erlaubnis verübt wurde. In einem derartigen Fall ist dies gerade nicht bei der Entscheidung berücksichtigt worden und kann daher nunmehr einer Bewertung nach dem geltenden Recht zugeführt werden.
(6) Mit diesem Verständnis setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung zum Übergang vom Waffengesetz 1972 – WaffG 72 – zum Waffengesetz 1976.
In dem Urteil vom 18. Februar 1983 (a.a.O. S. 19 f. bzw. S. 28 f.) hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen eine unter der Geltung des Waffengesetzes 1972 erteilte Waffenbesitzkarte nach Inkrafttreten des Waffengesetzes 1976 zu widerrufen war. Es hat ausgeführt:
Aus dem Umstand, dass nach § 59 Abs. 4 Satz 2 WaffG 72 die Ausstellung der Waffenbesitzkarte nicht wegen Unzuverlässigkeit des Anmeldenden versagt werden durfte, ergibt sich jedoch nicht, dass Unzuverlässigkeit auch für die weitere Innehabung der Waffenbesitzkarte unerheblich wäre und dass dementsprechend die Erlaubnis nicht deswegen widerrufen werden dürfte, weil dem Inhaber wegen nachträglich eingetretener Tatsachen die für die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen erforderliche Zuverlässigkeit fehle.
Der Widerruf einer durch eine Waffenbesitzkarte erteilten Erlaubnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 76 stellt – anders als deren Rücknahme nach § 47 Abs. 1 Satz 1 WaffG 76 – nicht die nachträgliche Korrektur einer rechtswidrigen Erlaubniserteilung dar. Die Regelung des Widerrufs bezweckt nicht, nachträglich eingetretene Tatsachen so zu behandeln, als seien sie bereits vor Erteilung der Waffenbesitzkarte eingetreten, und sie so zu bewerten, wie sie bei der Entscheidung über die Erteilung der Waffenbesitzkarte zu bewerten gewesen wären. Entscheidend ist, ob die Vorschrift über die Erteilung der Waffenbesitzkarte – hier: § 59 Abs. 4 Satz 2 WaffG 72 – zugleich abschließend die Voraussetzungen für die künftige Ausübung der tatsächlichen Gewalt … bestimmt. Ist dies nicht der Fall, so kommt es darauf an, ob die nachträglich eingetretenen Tatsachen nach dem im Zeitpunkt ihres Eintritts für ihre Bewertung maßgeblichen Recht zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen und deswegen die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Schusswaffen der gesetzlichen Regelung zuwiderläuft und durch Widerruf der Erlaubnis zu beenden ist.
Sodann wird ausgeführt, dass der Widerruf einer nach § 59 Abs. 4 Satz 2 WaffG 72 erteilten Erlaubnis darauf gestützt werden darf, dass deren Inhaber wegen nachträglich eingetretener Tatsachen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
Die Wendung “ob die nachträglich eingetretenen Tatsachen nach dem im Zeitpunkt ihres Eintritts für ihre Bewertung maßgeblichen Recht zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen” greift die seinerzeit gegebene Sachlage auf. Für die hier erhebliche Frage hat sie keine Aussagekraft, weil seinerzeit eine Änderung der gesetzlichen Zuverlässigkeitskriterien nach dem Tatsacheneintritt und vor dem Widerruf nicht in Rede gestanden hat.
Entscheidend ist vielmehr, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil ausgeführt hat, dass die neue Rechtslage auf bestehende Erlaubnisse anzuwenden ist. Daran ist festzuhalten. Demgegenüber ist es ohne Bedeutung, ob die nach Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis eingetretenen Tatsachen, welche Anlass für die Prüfung des Widerrufs der Erlaubnis bieten, vor oder nach Inkrafttreten des neuen Rechts eingetreten sind.
Die entsprechende Wendung in dem Urteil vom 30. April 1985 (a.a.O. S. 243 bzw. S. 60) geht nicht weiter. Der dort angeführte Obersatz, dass “der … Widerruf einer Waffenbesitzkarte wegen nachträglichen Eintritts von Versagungstatsachen nicht einer vergangenen, sondern der im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf gegebenen Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzungen für die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen Rechnung tragen” (soll), entspricht vielmehr dem Auslegungsergebnis des erkennenden Senats.
(7) Dieses Auslegungsergebnis führt nicht zu einem Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vertrauensschutzgebot. Denn damit ist keine rückwirkende Anwendung des verschärften Waffenrechts verbunden.
Belastende Normen, die abgeschlossene Tatbestände rückwirkend erfassen, sind regelmäßig unvereinbar mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, zu dessen wesentlichen Elementen die Rechtssicherheit gehört, die ihrerseits für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet (BVerfG, Urteile vom 19. Dezember 1961 – 2 BvL 6/59 – BVerfGE 13, 261 ≪270 f.≫ und vom 5. Februar 2004 – 2 BvR 2029/01 – BVerfGE 109, 133 ≪180 ff.≫; Beschlüsse vom 15. November 1967 – 2 BvL 7, 20, 22/64 – BVerfGE 22, 330 ≪347≫ und vom 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44, 48/92 – BVerfGE 95, 64 ≪86 f.≫). Eine echte (retroaktive) Rückwirkung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). In derartigen Fällen haben die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes generell Vorrang vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen. Darum geht es hier jedoch nicht.
Die in Rede stehenden Vorschriften entfalten keine echte Rückwirkung, da sie nicht gestaltend in einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt eingreifen. Die mit den geänderten Regelungen der für den Widerruf maßgeblichen Kriterien verbundenen Rechtsfolgen gelten erst nach dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 und knüpfen lediglich tatbestandlich auch an Ereignisse vor diesem Zeitpunkt an.
Eine derartige “unechte” Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Anderes kann aber aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit folgen. Das ist namentlich dann der Fall, wenn bei der gebotenen Abwägung zwischen dem enttäuschten Vertrauen des Betroffenen und der Bedeutung der Neuregelung für das Wohl der Allgemeinheit den Interessen des Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen ist (vgl. z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Juni 1978 – 2 BvR 71/76 – BVerfGE 48, 403 ≪415≫ und vom 15. Oktober 1996 – a.a.O. S. 86). Ein solches Übergewicht der Interessen des Betroffenen lässt sich hier jedoch nicht feststellen.
Der Gesetzgeber hatte ein berechtigtes Interesse daran, die mit dem Gesetz verfolgten Zwecke möglichst bald zur Geltung zu bringen. Er verfolgt mit der Änderung des Waffengesetzes und insbesondere mit der Verschärfung der Anforderungen an die waffenrechtliche Zuverlässigkeit das Ziel, seine Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 GG zu erfüllen und sich schützend vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu stellen. Zentrales Anliegen des Waffengesetzes 2002 ist es, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Ein Vertrauen darauf, dass der Gesetzgeber die von ihm für erforderlich gehaltene umfassende Zuverlässigkeit nicht sofort einfordert, ist nicht schutzwürdig. Der Gesetzgeber darf in Ausübung des ihm zustehenden Entscheidungsspielraums jederzeit die Anforderungen an ein waffenrechtliches Umgangsrecht zur Erfüllung des ihm obliegenden Schutzauftrags aus Art. 2 Abs. 2 GG verschärfen.
Dies gilt umso mehr, als die nach der früheren Rechtslage erteilte Erlaubnis keinen auf Dauer verfestigten “Besitzstand” darstellte. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 WaffG 1976 hatte die zuständige Waffenbehörde die Inhaber von Waffenbesitzkarten in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen. Der Behalt der Waffenbesitzkarte war also schon damals abhängig von dem Fortbestand der Zuverlässigkeit. Ein Vertrauen darauf, dass die Anforderungen an die Zuverlässigkeit nicht erhöht würden, hatte weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Grundlage und ist darum nicht geschützt.
c) Der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers begegnet auch nicht deshalb Bedenken, weil ihm ein Jagdschein erteilt worden ist. Zum einen ist der Jagdschein erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides am 3. November 2003 erteilt worden. Zum anderen ist die jagdrechtliche Beurteilung für das Waffenrecht nicht verbindlich. Im Gegenteil verweist § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 auf die Zuverlässigkeitsregelungen des Waffengesetzes 2002. Eine Verurteilung, die nach den Vorgaben des Waffengesetzes 2002 zwingend die Annahme der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit hindert, steht also der Erteilung eines Jagdscheins ebenfalls zwingend entgegen. Der erteilte Jagdschein privilegiert außerdem nur im Rahmen des § 13 WaffG 2002, vor allem also hinsichtlich des waffenrechtlichen Bedürfnisses für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition sowie zur befugten Jagdausübung, macht aber nicht die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG 2002 entbehrlich, wenn es um eine Waffenbesitzkarte geht.
d) Dass dem Kläger seinem Vorbringen zufolge ein “Europäischer Feuerwaffenpass” ausgestellt worden ist, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Einen “Europäischen Feuerwaffenpass” erhalten nach § 32 Abs. 6 WaffG 2002 Personen, die in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und bestimmte Waffen in einen anderen Mitgliedstaat mitnehmen wollen, wenn sie zum Besitz der in den Pass einzutragenden Waffen berechtigt sind. Abgesehen davon, dass der Pass offenbar erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides ausgestellt worden ist, lagen die Voraussetzungen für die Ausstellung des Passes vor. Da die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung nicht angeordnet worden war, war der Kläger zum Besitz der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen berechtigt. Eine weitergehende Prüfung, insbesondere der Zuverlässigkeit, erfolgt nach § 32 Abs. 6 WaffG 2002 nicht. Im Übrigen hat der Kläger, wie sich aus seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 an das Verwaltungsgericht ergibt, “eine Rückgabeerklärung für den Fall des negativen Verfahrensendes in vorliegender Sache” abgegeben.
e) Der Widerruf der Waffenbesitzkarten ist auch nicht wegen Zeitablaufs als verwirkt anzusehen. Es kann dahinstehen, ob einem behördlichen Eingreifen überhaupt das Rechtsinstitut der Verwirkung entgegenstehen kann, wenn die Behörde, wie hier, kraft gesetzlicher Anordnung zwingend tätig werden muss. Es fehlt jedenfalls an allen Voraussetzungen für eine Verwirkung. Der Beklagte war erst mit Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 am 1. April 2003 in der Lage, die Waffenbesitzkarten zu widerrufen und hat dies bereits mit Bescheid vom 17. April 2003 getan. Außerdem hat er auch keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend geschaffen, dass er nicht einschreiten werde. Der vom Kläger angesprochene Vermerk des Sachbearbeiters des Beklagten vom 6. November 2000, dem zufolge ein Widerruf der Waffenbesitzkarten seinerzeit trotz der Verurteilung des Klägers nicht für zulässig erachtet worden ist, ist zum einen dem Kläger nicht zur Kenntnis gegeben worden. Zum anderen beruht er auf dem damals anzuwendenden Waffengesetz 1976 und hat für die Anwendung des § 45 WaffG 2002 keine Bedeutung. Ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Klägers, der sich auch gegenüber einer gesetzlichen Neuregelung durchsetzen könnte, ist damit nicht verbunden. Insbesondere kann auch nicht mit der Revisionsbegründung angenommen werden, dass infolge des Vermerks so getan werden müsste, als sei dem Kläger im Jahre 2000 die Waffenbesitzkarte in Kenntnis der Verurteilung erteilt worden. Das Absehen von einem Widerruf steht der Erteilung der Erlaubnis nicht gleich.
f) Dem Widerruf der Waffenbesitzkarten steht auch nicht die Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 VwVfG NRW entgegen.
Die dort geregelte Jahresfrist für den Widerruf eines Verwaltungsakts gilt nicht für den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976 (Urteil vom 26. März 1996 – BVerwG 1 C 12.95 – BVerwGE 101, 24 ≪33 f.≫ = Buchholz 402.5 WaffG Nr. 76 S. 33 f. = GewArch 1997, 69 ≪71 f.≫). Dies folgt daraus, dass das Waffengesetz entgegenstehende Regelungen enthält (Art. 31 GG, vgl. § 1 Abs. 2 VwVfG). Das Waffengesetz regelt den Widerruf der Waffenbesitzkarte abschließend, soweit er zwingend vorgeschrieben ist. Es schließt damit eine Heranziehung der Jahresfrist nach Landesverwaltungsverfahrensrecht aus. Die Jahresfrist ist nicht ergänzend anwendbar, wenn der Gesetzgeber erkennbar zum Schutz vorrangiger Grundrechte oder Rechtsgüter Dritter einen gesetzwidrigen Zustand schlechterdings nicht hinnehmen will. Die Pflicht, Gefahren durch Waffen in der Hand unzuverlässiger Personen zu vermeiden, verbietet eine Anwendung der Fristregelung. Diese Erwägungen beanspruchen auch nach Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 Geltung. Der Gesetzgeber ist bei der Neuregelung ausdrücklich von der Rechtsprechung zur Unbefristetheit von Rücknahme und Widerruf ausgegangen (BTDrucks 14/7758 S. 79).
3. Die Kostenentscheidung folgt auch § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich
RiBVerwG Vormeier ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.
Dr. Bardenhewer
Fundstellen
Haufe-Index 1772101 |
GewArch 2007, 485 |
BayVBl. 2008, 216 |
DVBl. 2007, 1121 |
NPA 2008 |
KommP BY 2007, 391 |
Polizei 2007, 239 |