Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksbegriff. Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB. Selbständigkeit einer Stichstraße. erschlossenes Grundstück. Umfang der Erschließungswirkung. Privatwegenetz auf dem erschlossenen Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Ein insgesamt mehr als 90 000 qm großes Grundstück, auf dem sich ein Hotel und eine Vielzahl von Ferienhäusern befinden und das ein in sich geschlossenes Privatwegesystem aufweist, ist auch dann durch eine öffentliche Anbaustraße erschlossen, wenn es lediglich mit der Breite der Zufahrt an die Straße angrenzt.
Private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke, sind keine Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB.
Zur Selbständigkeit einer vom Hauptzug der Anbaustraße abzweigenden, insgesamt ca. 90 m langen Stichstraße, wenn diese nach ca. 35 m rechtwinklig abknickt und wenn sie außerdem die einzige Zuwegung zu einem Feriendorf mit einer Vielzahl von Ferienhäusern und einem Hotel darstellt.
Normenkette
BauGB § 123 Abs. 2, § 131 Abs. 1 S. 1, § 133 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19.11.1996; Aktenzeichen 6 A 13204/95) |
VG Koblenz (Entscheidung vom 06.09.1995; Aktenzeichen 8 K 2738/93) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. November 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge. Er ist Miteigentümer eines 91 787 m² großen Grundstücks in der Gemarkung H., Flur 17, Parzelle 16/3. Das seit etwa 1973 als Feriendorf genutzte Grundstück wird im vollem Umfang von dem Bebauungsplan „F” erfaßt. Auf dem Grundstück befinden sich Ferienhäuser, ein Hotel, Sportanlagen und Stellplätze.
Das Grundstück des Klägers grenzt im Norden mit der Breite der Zufahrt an das Flurstück 313, das zum Straßenland der Straße „Am Wolsbach” gehört. Diese Zufahrt stellt die einzige Zuwegung zum Ferienhausgebiet dar. Die Straße „Am Wolsbach”, die im Gebiet des Bebauungsplans „H” liegt, zweigt rechtwinklig von der „Hauptstraße” (Landesstraße) ab und verläuft zunächst in nordwestlicher Richtung und nach einer Rechtskurve weiter in nordöstlicher Richtung in etwa parallel zur „Hauptstraße” bis zu einer weiteren Landesstraße. Am Beginn der Rechtskurve zweigt eine Stichstraße (Flurstück 313) nach links von dem Hauptzug der Straße „Am Wolsbach” ab und läuft unmittelbar auf die Zufahrt zum klägerischen Grundstück zu. Dort knickt die Stichstraße etwa rechtwinklig nach Nordwesten ab und endet nach insgesamt ca. 90 m.
Zwischen der Abzweigung der Straße „Am Wolsbach” von der „Hauptstraße” und der Rechtskurve zweigt etwa auf halber Strecke nach rechts die Straße „Heidegarten” ab, die ihrerseits zunächst parallel zur „Hauptstraße” verläuft, um sich ihr dann im spitzen Winkel anzunähern und in sie einzumünden.
Auf dem klägerischen Grundstück befindet sich ein geschlossenes privates Straßen- und Wegenetz, das der Kläger auf eigene Kosten hergestellt hat und unterhält. Dies beruht auf dem am 30. April 1973 zwischen dem Kläger und zwei weiteren Personen sowie der beklagten Gemeinde geschlossenen Kaufvertrag. Danach verpflichteten sich die Käufer u.a., das erworbene Grundstück selbst und auf eigene Kosten zu erschließen. Gleichzeitig schlossen die Vertragsparteien eine „Erschließungsvereinbarung”, wonach der Kläger und die übrigen Erwerber des Grundstücks als „Erschließungsträger” die Erschließung der in einem dem Vertrag als Anlage beigefügten Bebauungsplanentwurf gekennzeichneten Flächen übernahmen. Der Erschließungsträger verpflichtete sich, die nach dem Bebauungsplanentwurf erforderlichen Erschließungsanlagen als Privatanlagen, die in seinem Eigentum verbleiben sollten, herzustellen. Dabei sollte sich die Herstellung der Anlagen nach den Festsetzungen des Bebauungsplans richten.
Am 27. September 1991 beschloß der Rat der beklagten Gemeinde, die Straßen „Am Wolsbach” und „Heidegarten” zu einer Erschließungseinheit zusammenzufassen und Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 10 DM/m² Geschoßfläche zu erheben. Mit drei Vorausleistungsbescheiden vom 10. Oktober 1991 wurde der Kläger für das in seinem Teileigentum stehende Grundstück zu Vorausleistungen herangezogen, und zwar wurden mit dem Bescheid Nr. 429, der sich auf die mit dem Hotel bebaute Teilfläche bezog, 12 320 DM, mit dem Bescheid Nr. 430 für weitere nicht näher bezeichnete Teilflächen 27 441,80 DM und mit dem Bescheid Nr. 431 für 51 von insgesamt 90 im Sondereigentum des Klägers stehende Ferienhäuser 72 245 DM veranlagt.
Nachdem der Kläger gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt hatte, erließ die Beklagte unter dem 7. Januar 1992 Ergänzungsbescheide, mit denen sie die Bescheide vom 10. Oktober 1991 hinsichtlich der Berechnungsgrundlage präzisierte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1993 wurde der Widerspruch des Klägers bezüglich der Bescheide Nr. 429 und Nr. 430 zurückgewiesen. Über den Widerspruch gegen den Bescheid Nr. 431 hat der Kreisrechtsausschuß (soweit ersichtlich) bisher noch nicht entschieden.
Der Kläger hat daraufhin gegen die Bescheide Nr. 429 und Nr. 430 Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, der Erschließungsbeitragsforderung stünden die Vereinbarungen vom 30. April 1973 entgegen. Aus diesen ergebe sich, daß er – der Kläger – verpflichtet sei, hinsichtlich eines bestimmten räumlich abgegrenzten Bereichs die Erschließungskosten des Feriendorfgebietes an sich, also nicht nur die der inneren Erschließung, zu tragen. Dem sei er nachgekommen. Der Umfang des vorstehenden Bereichs ergebe sich aus einer dem Vertrag aus dem Jahre 1973 beigefügten Skizze. Die Straßen „Am Wolsbach” und „Heidegarten” seien in dieser Skizze nicht aufgeführt. Außerdem sei das Feriendorf schon vor Rechtskraft des Bebauungsplans „H” durch einen von ihm zur Straße ausgebauten Weg erschlossen gewesen. Die nunmehr hergestellte Erschließungsanlage sei daher nicht erforderlich im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Zumindest hätte eine Abschnittsbildung in der Weise erfolgen müssen, daß einerseits die Straße „Am Wolsbach” zwischen der „Hauptstraße” bis einschließlich der Stichstraße einen Abschnitt bilde und der Bereich von der Stichstraße bis zur anderen Landesstraße einen weiteren Abschnitt.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 6. September 1995 stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide könnten deshalb keinen Bestand haben, weil es der Erschließungsbeitragsatzung der Beklagten vom 8. Juli 1991 (EBS) an einem vollständigen Verteilungsmaßstab mangele. Es fehle an einem Verteilungsmaßstab für in unbeplanten Bereichen diffus bebaute Gebiete, obwohl der Charakter der im unbeplanten alten Ortskern vorhandenen Bebauung von einem Dorfgebiet bis hin zu einem Gewerbegebiet reiche. Im übrigen dürfe die Beklagte die Straßen „Am Wolsbach” und „Heidegarten” nicht zusammen abrechnen, da sie nicht funktionell voneinander abhingen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Gemeinderat eine Änderung der Erschließungsbeitragssatzung hinsichtlich des Verteilungsmaßstabs beschlossen und weiter den ursprünglichen Beschluß über die Bildung einer Erschließungseinheit aufgehoben und gleichzeitig beschlossen, für die Erschließungsanlage „Am Wolsbach” keine Abschnittsbildung vorzunehmen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Rechtswidrigkeit der Vorausleistungsbescheide folge weder aus dem Vertrag vom 30. April 1973 noch aus dem seiner Ansicht nach mangelhaften Versuch der Heilung der Erschließungsbeitragssatzung durch die Beklagte. Der Vertrag regele nur Pflichten des Klägers und seiner Partner, enthalte aber keine Freistellung von der gesetzlichen Erschließungsbeitragspflicht. Der Ergänzung der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten habe es nicht bedurft, weil in der Ortsgemeinde H. nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten nur noch solche unbeplanten diffusen Gebiete vorhanden seien, die nicht mehr der straßenmäßigen Erschließung bedürften.
Die angefochtenen Bescheide seien jedoch deshalb rechtswidrig, weil das klägerische Grundstück nicht durch die Straße „Am Wolsbach” im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen sei; denn in diesem Zusammenhang sei auch die Vorschrift des § 133 Abs. 1 BauGB zu beachten. Dies habe zur Folge, daß Grundstücke, die einer Bebaubarkeit schlechthin entzogen seien, bereits nicht erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB seien. Zu diesen Flächen gehörten u.a. private Straßen und Wege im Sinne der §§ 123 Abs. 2 und 127 Abs. 2 BauGB, die ihrerseits der Erschließung dienten. Lediglich mit einer solchen privaten Erschließungsanlage grenze jedoch das Grundstück des Klägers an die Straße an. Zwar möge es in derartigen Fällen nicht generell ausgeschlossen sein, daß Teile der verbleibenden Grundstücksfläche durch die an nichtbeitragspflichtige Flächenteile angrenzende Straße im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen seien. Jedoch scheide diese Möglichkeit im vorliegenden Fall aus, weil die restliche Grundstücksfläche bereits durch das vom Kläger geschaffene, von der Ausdehnung her selbständige Privatwegenetz erschlossen werde.
Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzunng materiellen Rechts. Sie beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. November 1996 sowie des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 6. September 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Mit Zustimmung der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (1) und erweist sich aufgrund der bisherigen Sachverhaltsfeststellungen auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (2). Andererseits ist die Sache auch nicht im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif (3). Dies nötigt dazu, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
1. Das Oberverwaltungsgericht hat die angefochtenen Vorausleistungesbescheide schon deswegen dem Grunde nach als rechtswidrig angesehen, weil das klägerische Grundstück nicht im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen sei. Dies folge aus dem Zusammenhang dieser Vorschrift mit der Regelung des § 133 Abs. 1 BauGB. Danach könnten Grundstücke, die einer Bebaubarkeit schlechthin entzogen sind, bereits nicht als erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB angesehen werden. Das klägerische Grundstück grenze lediglich mit einer privaten Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB an die Straße „Am Wolsbach” an. Diese Ausführungen beruhen auf einer Verkennung des Begriffs „erschlossen” in § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB und verletzen damit Bundesrecht.
a) Im Erschließungsbeitragsrecht ist ebenso wie im Baurecht regelmäßig von dem bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (stRspr vgl. u.a. Urteile vom 1. April 1981 – BVerwG 8 C 5.81 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG S. 1 ≪2≫ und vom 2. Juli 1982 – BVerwG 8 C 28, 30 und 33.81 – Buchholz a.a.O. Nr. 51 S. 58 ≪60≫ = BVerwGE 66, 69 ≪70≫; ebenso auch schon Urteil vom 25. Februar 1977 – BVerwG IV C 35.74 – Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 60 S. 28 ≪29≫ – jeweils m.w.N.). Ein Abweichen vom Grundstücksbegriff rechtfertigt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann ausnahmsweise, wenn es nach dem Inhalt und Sinn des Erschließungsbeitragsrechts gröblich unangemessen wäre, den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zugrunde zu legen. Auf die gröbliche Unangemessenheit als – hohe – Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Abweichens vom Buchgrundstücksbegriff kann deshalb nicht verzichtet werden, weil anderenfalls die bei Maßgeblichkeit des Buchgrundstücksbegriffs gegebene Berechenbarkeit in Frage gestellt würde. Ein nach Inhalt und Sinn des Erschließungsbeitragsrechts „gröblich unangemessenes” Ergebnis tritt durch die Anwendung des Buchgrundstücksbegriffs grundsätzlich nur dann ein, wenn ein Grundstück bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands völlig unberücksichtigt bleiben müßte, obwohl es – da mit hinreichender Größe lediglich allein nicht bebaubar – zusammen mit einem oder mehreren angrenzenden Grundstücken desselben Eigentümers ohne weiteres baulich angemessen genutzt werden darf. Einzig bei einer solchen Konstellation führt das Festhalten am Buchgrundstücksbegriff zu der unter dem Blickwinkel des auf einen angemessenen Vorteilsausgleich ausgerichteten Erschließungsbeitragsrechts unerträglichen Konsequenz, daß das betreffende Grundstück überhaupt nicht mit einem Beitrag belastet werden kann, obgleich sich für den Eigentümer das Vorliegen nicht eines, sondern mehrerer (Buch-)Grundstücke baurechtlich in keiner Weise hinderlich auswirkt (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1986 – BVerwG 8 C 9.86 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 69 S. 107 ≪113≫, vom 3. Februar 1989 – BVerwG 8 C 78.88 – Buchholz a.a.O. Nr. 79 S. 27 ≪31≫ und vom 22. April 1994 – BVerwG 8 C 18.92 – Buchholz a.a.O. Nr. 91 S. 1 ≪4≫). Diesen Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen hat das Oberverwaltungsgericht außer acht gelassen. Obwohl es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem klägerischen Grundstück trotz seiner Größe um nur ein Flurstück (16/3 der Flur 7) und dementsprechend auch nur um ein einheitliches Buchgrundstück handelt – die im Tatbestand des Berufungsurteils zwar nicht festgestellte, aus dem übrigen Akteninhalt aber unstreitig zu entnehmende Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern – hat das Oberverwaltungsgericht das streitige Flurstück der Sache nach so behandelt, als handele es sich um eine Vielzahl von Einzelgrundstücken.
b) Da das klägerische Grundstück nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unmittelbar an das öffentliche Straßenland angrenzt und darüber hinaus die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Zufahrt vom Straßenland auf das klägerische Grundstück unstreitig besteht, ist das Grundstück erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB (vgl. Urteile vom 1. April 1981 – BVerwG 8 C 5.81 – a.a.O. S. 3 und vom 21. Oktober 1988 – BVerwG 8 C 56.87 – NVwZ 1989, 570 – insoweit in Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 76 S. 19 f. nicht abgedruckt). Da hier sogar die Möglichkeit der Zufahrt auf das klägerische Grundstück gegeben ist, kommt es nicht auf die Frage an, unter welchen Voraussetzungen auch eine geringere Form der Erreichbarkeit als ausreichend anzusehen ist (vgl. dazu u.a. Urteil vom 17. Juni 1994 – BVerwG 8 C 24.92 – Buchholz a.a.O. Nr. 93 S. 17 ≪19 f.≫ m.w.N.).
c) Im Ansatz zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß bei der Frage, ob ein Grundstück gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen ist, stets auch § 133 Abs. 1 BauGB zu beachten ist; denn Grundstücke, deren Nutzung nicht dem Baulandbegriff des § 133 Abs. 1 BauGB unterfallen, sind nicht erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB (vgl. Urteile vom 25. Februar 1977 – BVerwG IV C 35.74 – a.a.O. S. 30, vom 11. Dezember 1987 – BVerwG 8 C 85.86 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 51 S. 8 ≪12≫ = BVerwGE 78, 321 ≪326≫ und vom 23. Oktober 1996 – BVerwG 8 C 40.95 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 103 S. 75 ≪77≫ = BVerwGE 102, 159 ≪161 f.≫). Diese Überlegung steht hier aber dem Ergebnis, daß das Grundstück als solches von der Erschließungsanlage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen ist, nicht entgegen, weil – wie sich zwar nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, wohl aber aus dem sonstigen Akteninhalt eindeutig ergibt – die Fläche vom Bebauungsplan „F” als „Sondergebiet – Ferienhausgebiet” (§ 10 Abs. 1 und 4 BauNVO) festgesetzt wurde und weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf dem Flurstück eine Vielzahl von Gebäuden (Hotel und Ferienhäuser) errichtet wurden. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß das Grundstück im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB bebaut werden darf und deswegen die Frage des Erschlossenseins des Grundstücks nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht an der fehlenden Baulandeigenschaft des Grundstücks scheitert.
d) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht demgegenüber auf die Urteile des Senats vom 11. Dezember 1987 – BVerwG 8 C 85.86 – und vom 23. Oktober 1996 – BVerwG 8 C 40.95 – (jeweils a.a.O.) berufen, wonach Flächen nicht erschlossen werden, die ihrerseits der Erschließung im Sinne der § 30 ff. BauGB dienen, d.h. Flächen von Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 und des § 127 Abs. 2 BauGB. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich nämlich bei dem privaten Wegesystem auf dem klägerischen Grundstück nicht um Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:
§ 123 Abs. 1 BauGB erlegt grundsätzlich der Gemeinde die Durchführung der Erschließung auf. Unter Erschließung in diesem Sinne sind die baulichen Maßnahmen zu verstehen, die die bauliche oder gewerbliche Nutzung von Grundstücken ermöglichen; die Erschließung zielt auf das Baureifmachen von Grundstücken (vgl. BVerfGE 3, 407 ≪429≫). Zu diesem Zweck errichtete Anlagen sind Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (vgl. Urteil vom 13. November 1992 – BVerwG 8 C 41.90 – Buchholz 406.11 § 123 BBauG/BauGB Nr. 37 S. 25 ≪28≫). Aufgabe der Gemeinde – nichts anderes gilt für sonstige Erschließungsträger – ist aber nur die Erschließung des Grundstücks von außen, also die Herstellung der Ver- und Entsorgungsleitungen in der Weise, daß die einzelnen Anliegergrundstücke an diese Leitungen angeschlossen werden können, bzw. die Heranführung der Anbaustraße bis allenfalls an die Grenze der Anliegergrundstücke. Die Weiterführung der Leitungen und ggf. der Zufahrten auf den so erschlossenen Grundstücken ist dagegen Sache der Grundstückseigentümer. Private Zufahrten und Wege auf den Anliegergrundstücken, die lediglich der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke, sind ebenso wie auf dem Grundstück für interne Zwecke verlegte Anschlußleitungen keine Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB. Dementsprechend handelte es sich bei den vom Bundesverwaltungsgericht als selbständige Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BBauG angesehenen Eigentümerwegen nicht – wie hier – um Wege auf einem Grundstück, sondern um ein Wegesystem, an das eine Vielzahl von selbständigen Buchgrundstücken angrenzte und durch dieses Wegesystem erschlossen wurde (vgl. Urteile vom 2. Juli 1982 – BVerwG 8 C 28, 30 und 33.81 – a.a.O. S. 61 bzw. S. 72 und vom 23. März 1984 – BVerwG 8 C 65.82 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 42 S. 19 ≪21≫).
Nach alledem kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zweifelhaft sein, daß das klägerische Grundstück durch die Anbaustraße im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen ist. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob bestimmte Teilflächen des Grundstücks nicht von der Erschließungswirkung erfaßt werden, weil sie entweder kraft einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan oder infolge ihrer Widmung „für eine öffentliche Nutzung” schlechthin nicht bebaubar oder erschließungsbeitragsrechtlich vergleichbar zu nutzen sind (vgl. Urteile vom 25. Februar 1977 – BVerwG IV C 35.74 – a.a.O. S. 30 und vom 23. Oktober 1996 – BVerwG 8 C 40.95 – a.a.O. S. 77 bzw. S. 161). Solche Festsetzungen im Bebauungsplan – die im übrigen hier bisher vom Berufungsgericht nicht konkret festgestellt sind – könnten allenfalls Teilflächen des klägerischen Grundstücks betreffen und deswegen auch nicht die vollständige Aufhebung der angefochtenen Vorausleistungsbescheide rechtfertigen.
2. Die Revision der Beklagten könnte aber dann keinen Erfolg haben, wenn die Vorausleistungsbescheide aus anderen Gründen rechtswidrig wären und deswegen in vollem Umfang aufgehoben werden müßten, so daß sich das Berufungsurteil im Ergebnis als richtig darstellen würde (§ 144 Abs. 4 VwGO). Dies ist aber auf der Grundlage der bisherigen Sachverhaltsfeststellungen nicht der Fall.
a) Zu Unrecht beruft sich der Kläger gegenüber den Vorausleistungsbescheiden auf die Regelungen in dem Kaufvertrag vom 30. April 1973 und die „Erschließungsvereinbarung”. Insoweit hat das Berufungsgericht entschieden, der Vertrag vom 30. April 1973 regele nur Pflichten des Klägers und seiner Partner, enthalte aber keine Freistellung von der gesetzlichen Erschließungsbeitragspflicht. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Eine vertragliche Befreiung von der Erschließungsbeitragspflicht verstieße im übrigen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – gegen ein gesetzliches Verbot und wäre deswegen nichtig (vgl. Urteil vom 25. November 1988 – BVerwG 8 C 58.87 – Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 103 S. 2 ≪3≫).
b) Soweit der Kläger in Zweifel zieht, daß es sich bei der Erschließungsanlage, für die die Vorausleistungen gefordert werden, um die „erstmalige” Herstellung einer Anbaustraße handelt (§ 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB), verkennt er, daß sich das Tatbestandsmerkmal „erstmalige Herstellung” auf die Anlage und nicht, wie seine Argumentation ausweist, auf die Erschließung des Grundstücks bezieht. Schon deswegen führen diese Ausführungen nicht weiter.
c) Das gleiche gilt für seine Ausführungen zur Notwendigkeit der Aufwendungen (§ 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Abgesehen davon, daß der Gemeinde insoweit ein weites Planungsermessen einzuräumen ist, ist die Frage der Erforderlichkeit nicht aus der Sicht eines einzelnen Grundstücks, sondern des gesamten zu erschließenden Gebietes zu beantworten (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1986 – BVerwG 8 C 9.86 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 69 S. 107 ≪110≫). Zweifel an der Erforderlichkeit der Anlage schlechthin können daher überhaupt nur dann bestehen, wenn – wie der Kläger im übrigen selbst ausführt – alle angrenzenden Grundstücke bereits anderweitig erschlossen sind (vgl. Urteil vom 3. März 1995 – BVerwG 8 C 25.93 – Buchholz 406.11 § 129 BauGB Nr. 28 S. 1 ≪3≫). Daß diese Voraussetzung hier vorläge, behauptet der Kläger selbst nicht. Im übrigen ist die Erschließungsanlage auch aus der Sicht seines Grundstücks schon deswegen erforderlich im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Zufahrt vom Straßenflurstück 313 und damit von der Straße „Am Wolsbach” zum klägerischen Grundstück die einzige Zuwegung darstellt. Der Hinweis des Klägers, es sei früher eine andere Zufahrt vorhanden gewesen, ist demgegenüber von vornherein unbeachtlich. Im übrigen handelt es sich dabei nach dem Akteninhalt nicht um eine öffentliche Erschließungsanlage, sondern um eine vom Straßenbaulastträger bis zur Herstellung einer endgültigen Erschließungsanlage geduldete Verbindung zwischen dem klägerischen Grundstück und der Landesstraße.
d) Die weiteren Einwände des Klägers gegen die Vorausleistungsbescheide im Zusammenhang mit dem Umfang der Erschließungswirkung und einer möglichen „Tiefenbegrenzung” sowie zu der nach seiner Ansicht zwingenden Abschnittsbildung sind jedenfalls nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen und vermögen daher das Berufungsurteil nicht im Ergebnis zu rechtfertigen.
e) Allerdings wäre das Berufungsurteil dann im Ergebnis zutreffend, wenn die Vorausleistungsbescheide auf der unzulässigen Bildung einer Erschließungseinheit (§ 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB) beruhen würden, wie dies das Verwaltungsgericht angenommen hat. Richtig ist, daß die Bildung einer Erschließungseinheit eine funktionelle Abhängigkeit der Erschließungsanlagen voneinander voraussetzt, die hier ersichtlich nicht gegeben ist (vgl. dazu Urteile vom 11. Oktober 1985 – BVerwG 8 C 26.84 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 47 S. 37 ≪42 f.≫ = BVerwGE 72, 143 ≪150≫, vom 22. Mai 1992 – BVerwG 8 C 57.90 – Buchholz 406.11 § 130 BBauG/BauGB Nr. 36 S. 1 ≪4 f.≫ = BVerwGE 90, 208 ≪209 f.≫, vom 22. Mai 1992 – BVerwG 8 C 4.92 – Buchholz 406.11 § 130 BBauG/BauGB Nr. 37 S. 7 ≪9≫ und zuletzt vom 25. Februar 1994 – BVerwG 8 C 14.92 – Buchholz 406.11 § 130 BauGB Nr. 40 S. 1 ≪4≫ = BVerwGE 95, 176 ≪180≫). Dieser Mangel ist aber dadurch ausgeräumt, daß der Gemeinderat der Beklagten während des Berufungsverfahrens seinen Beschluß über die Bildung der Erschließungseinheit ausdrücklich aufgehoben und zugleich beschlossen hat, von einer Abschnittsbildung für die Anbaustraße „Am Wolsbach” abzusehen.
f) Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß – wie das Verwaltungsgerichts gemeint hat – die Vorausleistungsbescheide dem Grunde nach rechtswidrig sind, weil der in der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten enthaltene Verteilungsmaßstab hinsichtlich unbeplanter Gebiete mit diffuser Bebauung unvollständig und die Satzung deswegen unwirksam sei. Insoweit hat nämlich das Berufungsgericht ausgeführt, im Bereich des unbeplanten Ortskerns, für den das Verwaltungsgericht eine diffuse Bebauung festgestellt hat, bedürfe es einer straßenmäßigen Erschließung nicht mehr. Deswegen müsse die Erschließungsbeitragssatzung für eine derartige Situation auch keine Regelung enthalten, so daß es auf die Wirksamkeit der nachträglichen Änderung der Satzung nicht ankomme. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Urteil vom 19. August 1994 – BVerwG 8 C 23.92 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 94 S. 26 ≪28≫).
Bedenken gegen den Verteilungsmaßstab könnten aber unter einem anderen Gesichtspunkt bestehen: Das Berufungsgericht hat nämlich – von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht – bisher nicht entschieden, ob die irrevisible Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten auch den Verteilungsmaßstab für Fälle der vorliegenden Art regelt, in denen der Bebauungsplan für einzelne Teilflächen des erschlossenen Grundstücks ein unterschiedliches Maß der baulichen Nutzung festsetzt (hier für die mit dem Hotel bebaute Teilfläche drei Vollgeschosse, für die übrige bebaubare Fläche ein Vollgeschoß). Sollte eine Auslegung der Beitragssatzung ergeben, daß diese weder die von der Beklagten praktizierte faktische Teilung des Grundstücks vorsieht noch eine sonstige Regelung enthält, könnte dies unter Umständen die Unwirksamkeit der Beitragssatzung zur Folge haben.
3. Auch sonst rechtfertigen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts keine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits, insbesondere nicht im Sinne einer Klageabweisung.
a) Das Berufungsgericht hat insbesondere – von seinem Rechtsstandpunkt aus ebenfalls konsequent – keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob es sich bei der vom Hauptzug der Straße „Am Wolsbach” abzweigenden Stichstraße (Flurstück 313) um eine selbständige Erschließungsanlage oder lediglich um ein Anhängsel der Hauptstraße handelt. Insoweit hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt, das klägerische Grundstück grenze unmittelbar an die Straße „Am Wolsbach”. Nach den bei den Akten befindlichen Lageplänen hat das Grundstück eine gemeinsame Grenze lediglich mit dem Flurstück 313, das nach dem Bebauungsplan „H” als Stichstraße Teil der Straße „Am Wolsbach” ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es für die Beantwortung der Frage, ob eine Verkehrsanlage erschließungsbeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig ist, grundsätzlich auf den Gesamteindruck an, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Besondere Bedeutung kommt der Ausdehnung der Anlage und ferner ihrer Beschaffenheit, der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und auch dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße zu, in die sie einmündet. Das Maß der Abhängigkeit ist deshalb von erheblichem Gewicht, weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion (Sackgasse bzw. Stichweg) ausschließlich auf die Straße angewiesen ist, von der sie abzweigt, und sie deswegen einer (unselbständigen) Zufahrt ähnelt, so daß der Eindruck der Unselbständigkeit häufig noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbständigkeit vermittelt. Vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalles hat es das Bundesverwaltungsgericht als maßgebliche Regel bezeichnet, daß eine von einer Anbaustraße abzweigende befahrbare Sackgasse dann als selbständig zu qualifizieren ist, wenn sie entweder länger als 100 m ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtwinklig abknickt oder sich verzweigt (Urteil vom 23. Juni 1995 – BVerwG 8 C 30.93 – Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 80 S. 18 ≪21≫; vgl. auch Urteile vom 9. November 1984 – BVerwG 8 C 77.83 – Buchholz 406.11 § 129 BBauG Nr. 19 S. 8 ≪11≫ = BVerwGE 70, 247 ≪250≫, vom 25. Januar 1985 – BVerwG 8 C 106.83 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59 S. 78 ≪80≫, vom 22. Mai 1992 – BVerwG 8 C 57.90 – a.a.O. S. 2 – insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 90, 208 – sowie zur Selbständigkeit von Privatwegen Urteile vom 2. Juli 1982 – BVerwG 8 C 28, 30 und 33.81 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 51 S. 58 ≪63≫ = BVerwGE 66, 69 ≪74≫ und vom 23. März 1984 – BVerwG 8 C 65.82 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 42 S. 19 ≪23≫).
Im vorliegenden Fall hat die Stichstraße, an die das klägerische Grundstück angrenzt, nach den bei den Akten befindlichen Lageplänen eine Gesamtlänge von ca. 90 m, wobei sie nach etwa 30 bis 35 m rechtwinklig abknickt. Unter diesen Umständen ist vorbehaltlich des sich vor Ort für den Betrachter ergebenden Eindrucks eher von der Selbständigkeit dieses Straßenstücks auszugehen. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß zwar die Zahl der durch die Stichstraße erschlossenen Grundstücke nicht besonders groß ist, daß aber das klägerische Grundstück für ein einzelnes Flurstück mit dem Hotel und der Vielzahl von Ferienhäusern eine besonders massive Bebauung aufweist, von der ein erheblicher Ziel- und Quellverkehr zu erwarten sein dürfte und die deswegen ebenfalls eher für die Selbständigkeit der Stichstraße sprechen wird. Zu dieser Frage wird das Berufungsgericht – sachgerechterweise aufgrund einer Ortsbesichtigung – nähere Feststellungen zu treffen haben.
b) Sollte es sich bei der Stichstraße um eine selbständige Erschließungsanlage handeln, müßte das Berufungsgericht weiter klären, wie sich dies auf die Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Vorausleistungen auswirken würde. Aber auch sonst bedürfte es weiterer Klärung, ob die Höhe der geltend gemachten Vorausleistungen mit Rücksicht auf die Aufhebung der ursprünglichen Erschließungseinheit weiterhin gerechtfertigt ist. Sollte sich dadurch eine Minderung der zu erwartenden Beitragskosten für das klägerische Grundstück ergeben, wäre – ggf. zu Lasten des Klägers – weiter zu erörtern, ob für den Fall der Anwendbarkeit der Satzung (vgl. oben 2. f) a.E.) hier – wie offenbar die Beklagte annimmt – neben § 5 Abs. 3 Satz 2 auch Abs. 4 Satz 3 EBS in der den Bescheiden zugrundeliegenden Fassung vom 8. Juli 1991 ergänzend anzuwenden und ob dann die Ansetzung einer GFZ von 0,2 für die mit den Ferienhäusern bebauten Teilflächen nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 EBS a.F. rechtmäßig ist, obwohl der Bebauungsplan „F” das Grundstück als Sondergebiet „Ferienhausgebiet” und nicht als „Wochenendhausgebiet” ausweist. Dies könnte dafür sprechen, daß insoweit nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EBS a.F. eine GFZ von 0,5 anzusetzen wäre. Schließlich wird ggf. zu klären sein, ob der Bebauungsplan Teile des Grundstücks als nicht bebaubare Flächen festsetzt. Dies gilt sowohl für das private Straßen- und Wegesystem als auch für die von der Beklagten bei der Veranlagung des Grundstücks unberücksichtigt gelassene Teichfläche und die Liegewiese (vgl. zur erschließungsbeitragrechtlichen Bedeutung der Festsetzung „Private Grünfläche” im Bebauungsplan Beschluß vom 29. November 1994 – BVerwG 8 B 171.94 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 95 S. 33 ≪34≫).
c) Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (6 B 10559/92.OVG/ 8 L 3436/91.KO), die auch im vorliegenden Verfahren von den Beteiligten strittig erörtert wurden, geben noch Veranlassung zu folgenden Hinweisen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist von dem Grundsatz auszugehen, daß bei einem beplanten Grundstück, das an eine Anbaustraße angrenzt und durch diese erschlossen wird, grundsätzlich die gesamte vom Bebauungsplan erfaßte Fläche als von der Anlage erschlossen anzusehen ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur dann zu machen, wenn sich die von einer Anbaustraße ausgehende Erschließungswirkung aufgrund planerischer Festsetzungen eindeutig auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränkt. Soweit die Festsetzungen im Bebauungsplan für beide „Teilgrundstücke” Baugebiet vorsehen, setzt eine solche Ausnahme weiter voraus, daß das Grundstück mehrfach erschlossen ist und der Bebauungsplan die unterschiedlichen Teile den verschiedenen Erschließungsanlagen zuordnet (vgl. zuletzt Beschluß vom 22. Januar 1998 – BVerwG 8 B 5.98 – DVBl 1998, 713 ≪714≫ – zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen – m.w.N.). Allein die Größe des Grundstücks rechtfertigt dagegen die Annahme einer beschränkten Erschließungswirkung nicht.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Golze, Postier
Fundstellen
NVwZ 1999, 997 |
ZKF 1999, 113 |
ZMR 1999, 68 |
ZfBR 1999, 173 |
DVBl. 1999, 395 |
GK/BW 1999, 252 |
GV/RP 2000, 84 |
KomVerw 2000, 14 |
UPR 1999, 159 |
FuBW 1999, 893 |
FuHe 2000, 40 |
GK 1999, 353 |
GK 1999, 412 |
www.judicialis.de 1998 |