Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung. – der Versorgungsbezüge nach Versorgungsausgleich. für – zuständiger Dienstherr. Aussetzung der – wegen besonderer Härte. Bestehende Unterhaltspflicht als Voraussetzung für Aussetzung der –. keine Aussetzung der – bei Möglichkeit einer Klage nach §§ 323, 767 ZPO gegen Unterhaltspflicht. Rentenberechtigung des Ausgleichsberechtigten als Voraussetzung für –. Berufseinkommen als Hindernis für Rentenbezug. Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze aufgrund freier Entscheidung für Fortsetzung der Berufstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Dienstherr, aus dessen Dienst der Beamte in den Ruhestand tritt, ist auch dann für die Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG zuständig, wenn der Beamte bei Durchführung des Versorgungsausgleichs im Dienst eines anderen Dienstherrn gestanden hat.
Die ausgleichsberechtigte frühere Ehefrau kann i.S. des § 5 VAHRG keine Rente erhalten, wenn sie aufgrund beruflicher Tätigkeit ein die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 SGB VI übersteigendes Einkommen hat. Unerheblich ist, dass sie ihre Berufstätigkeit aus freiem Willen über die vorgezogene Altersgrenze hinaus fortsetzt.
Einen Anspruch auf Unterhalt i.S. des § 5 VAHRG, der es gebietet, von der Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG abzusehen, hat der Berechtigte ungeachtet eines bestehenden Prozessvergleichs, aufgrund dessen ihm nachehelicher Unterhalt zu leisten ist, nicht, wenn der Verpflichtete seine Leistungspflicht durch eine Klage nach §§ 323, 767 ZPO vollständig beseitigen kann.
Normenkette
BeamtVG §§ 49, 57; VAHRG § 5; SGB VI §§ 34, 39, 225; VwGO § 137 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2003 wird aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 21. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger stand zwischen 1974 und 1993, jeweils zum Beamten auf Zeit ernannt, im Dienst mehrerer Kommunen, zuletzt ab dem 1. März 1981 als Stadtdirektor bei der Beklagten. Mit Wirkung vom 16. April 1982 nahm er seine Wahl zum Abgeordneten des Deutschen Bundestages an. Danach ruhten seine Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis zur Beklagten.
Die am 24. Oktober 1968 geschlossene erste Ehe des Klägers wurde am 2. August 1979 rechtskräftig geschieden. Aus Anlass der Scheidung wurden Unterhaltszahlungen des Klägers an seine damals nicht berufstätige Ehefrau vereinbart. Durch Abänderungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 1989 wurden die in dem Unterhaltsvergleich festgelegten Unterhaltszahlungen wegen einer zwischenzeitlich aufgenommenen ganztägigen Erwerbstätigkeit der geschiedenen Ehefrau reduziert. Bereits im Jahr 1980 hatte das Amtsgericht Ahrensburg – Familiengericht – zwischen den geschiedenen Ehegatten den Versorgungsausgleich nach § 1587b BGB durchgeführt. Hierbei waren u.a. zu Lasten der Versorgungsanwartschaft des Klägers bei seinem damaligen Dienstherrn Rentenanwartschaften zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau in Höhe von monatlich 245,16 € (= 479,50 DM) begründet worden.
Mit Ablauf des 31. Mai 1993 versetzte die Beklagte den Kläger nach Ablauf der 12 Jahre, für die er in das Zeitbeamtenverhältnis berufen worden war, in den Ruhestand und setzte mit Bescheid vom 13. August 1993 das Ruhegehalt fest. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. November 1996 kürzte sie die Versorgungsbezüge des Klägers um 9,56 v.H. von 75 v.H. des Ruhegehalts, bezogen auf ein Amt der Besoldungsgruppe BesGr B 4, ab dem 1. Dezember 1996. Dies entsprach einem Betrag von zunächst 401,39 € (= 785,06 DM). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die geschiedene Ehefrau habe seit dem 1. Dezember 1996 wegen Vollendung ihres 60. Lebensjahres die Möglichkeit, gemäß § 39 SGB VI die Gewährung einer Altersrente für Frauen zu beantragen.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück und forderte zugleich einen Betrag von 8 678,38 DM gemäß § 52 Abs. 2 BeamtVG zurück. In dieser Höhe seien dem Kläger zwischen dem 1. Dezember 1996 und dem 31. Oktober 1997 zu Unrecht ungekürzte Versorgungsbezüge gewährt worden.
Die Klage mit dem Ziel, den Bescheid vom 28. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 1997 aufzuheben, hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte als letzte Dienstherrin des Klägers habe als zuständige Trägerin der Versorgungslast die Versorgung festsetzen und damit auch nach § 57 BeamtVG kürzen müssen. Die Verpflichtung zur Kürzung des Ruhegehalts für die Zeit ab dem 1. Dezember 1996 entfalle nicht nach § 5 Abs. 1 VAHRG. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, nach dieser Vorschrift die Kürzung auszusetzen. Bei der Prüfung des § 5 VAHRG könne der Senat offen lassen, ob der Kläger damals zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet gewesen sei. Denn es habe an dem Erfordernis gefehlt, dass die geschiedene Ehefrau keine Rente habe erhalten können. Das Unterlassen eines Antrags auf Gewährung einer Rente habe einer Rentenzahlung entgegengestanden. § 5 Abs. 1 VAHRG setze auch voraus, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte für den Rentenbezug aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis ausscheide.
Die erstmals im Widerspruchsbescheid angeordnete Rückforderung von 4 437,19 € (= 8 678,38 DM) sei ebenfalls rechtmäßig. Die Beklagte könne die Überzahlung, zu der es infolge der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Kürzungsanordnung gekommen sei, nach § 52 Abs. 2 BeamtVG i.V.m. § 812 ff. BGB zurückfordern. Der Kläger hafte verschärft, da ihm im Bescheid vom 28. November 1996 die Berechtigung der Beklagten zur Kürzung erläutert worden sei.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und stellt den Antrag,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2003 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils weitgehend zu Eigen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers in der Zeit vom 1. Oktober 1996 bis zum 31. Oktober 1997 sowie die Anordnung im Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 1997, die während der Geltung des Suspensiveffekts des Widerspruchs gegen den Kürzungsbescheid ungekürzt ausgezahlten Versorgungsbezüge zurückzuzahlen, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG –) in der ab dem 1. Oktober 1996 geltenden und danach nicht geänderten Fassung vom 16. Dezember 1994 (BGBl I S. 3858) werden dann, wenn Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 2 BGB durch Entscheidung des Familiengerichts begründet worden sind, nach Wirksamkeit dieser Entscheidung die Versorgungsbezüge des verpflichteten Ehegatten und seiner Hinterbliebenen nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften um den nach Abs. 2 oder Abs. 3 berechneten Betrag gekürzt. Mit dieser Kürzung knüpft das Gesetz an den bei der Scheidung der Ehe des Beamten wirksam gewordenen Versorgungsausgleich an, durch den das Familiengericht demjenigen Ehegatten, der keine oder die geringerwertige Anwartschaft auf finanzielle Versorgung im Alter besitzt, die Hälfte des Wertunterschiedes zwischen den beiden Anwartschaften überträgt. Der Eintritt des Versicherungsfalles bei dem ausgleichsberechtigten Ehegatten und der damit verbundene Bezug einer Rente durch ihn haben zur Folge, dass für die Rentenkasse, die keine Beitragszahlungen erhalten hat, eine erhebliche finanzielle Belastung entsteht. Zum Ausgleich hierfür gewährt § 225 SGB VI dem Rentenversicherungsträger einen Anspruch gegen den Träger der Versorgungslast des ausgleichspflichtigen Ehegatten und damit in den Fällen, in denen dieser Beamter ist, gegen dessen Dienstherrn. Da der Dienstherr aber nicht dem Ausgleichsanspruch des Rentenversicherungsträgers und zugleich dem uneingeschränkten Versorgungsanspruch des Beamten ausgesetzt sein soll, werden nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG die Versorgungsbezüge anteilig gekürzt.
Zuständig für diese Kürzung war im Falle des Klägers die Beklagte. Sie ist der Dienstherr, aus dessen Dienst der Kläger in den Ruhestand getreten ist. Diesem Dienstherrn obliegt bei einem Beamten, der – wie der Kläger – im Dienst mehrerer Dienstherrn gestanden hat, die Kürzung nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG.
Die gesamte Versorgung des Ruhestandsbeamten, auch soweit sie durch Dienstzeiten bei einem anderen Dienstherrn erworben wurde, ist grundsätzlich von dem Dienstherrn zu erbringen, in dessen Dienst der Beamte im Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung gestanden hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 1. Juli 1981 – IVb ZB 659/80 – BGHZ 81, 100 ≪114, 116, 117≫). Mit der Versorgung setzt der – letzte – Dienstherr seine Alimentation über den Eintritt in den Ruhestand hinaus fort (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪265≫; 76, 256 ≪319 ff.≫; 79, 223 ≪231≫; Urteil vom 19. Dezember 2002 – BVerwG 2 C 34.01 – BVerwGE 117, 305 ≪307 f.≫). Die Regelung des § 107b Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 BeamtVG, wonach der den Beamten bei einem Dienstherrnwechsel aufnehmende Dienstherr die vollen Versorgungsbezüge auszuzahlen hat und nur eine Pflicht zum internen Ausgleich besteht, bestätigt dies. Ist aber der letzte Dienstherr zur Zahlung der Versorgungsbezüge verpflichtet, obliegt es ihm auch, deren monatlichen Betrag festzusetzen (vgl. § 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) und bei der Festsetzung oder während des Bezuges Kürzungen nach § 57 Abs. 1 BeamtVG vorzunehmen. Nur so kann die Folge des Versorgungsausgleichs eintreten, dass ein Teil der Versorgungsanwartschaft auf den früheren Ehegatten übertragen wird. Zwar richtet sich, wenn nach Ehescheidung und Durchführung des Versorgungsausgleichs der ausgleichsberechtigte Ehegatte rentenberechtigt wird und der Beamte erst danach den Dienstherrn wechselt, der Ausgleichsanspruch des Rentenversicherungsträgers wegen der bis zum Dienstherrnwechsel gezahlten Renten gegen den früheren Dienstherrn (BGH, Beschluss vom 1. Juli 1981 – IVb ZB 659/80 – a.a.O. S. 116/117). Insoweit wird der ehemalige Dienstherr an den Versorgungskosten beteiligt, die auch durch den bei ihm geleisteten Dienst entstehen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Dass der neue Dienstherr, der an den früheren Dienstherrn nichts abzuführen braucht, wegen der Kürzung der Versorgungsbezüge mehr erlangt, als er dem Rentenversicherungsträger nach § 225 SGB VI erstatten muss, schließt dessen Zuständigkeit nicht aus. Dieser Mehrbetrag fließt, indem er in die Kasse des neuen Dienstherrn gelangt, den Finanzmitteln zu, aus denen die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Dienstherrn die durch den Versorgungsausgleich begründeten Versorgungsanwartschaften erfüllt. Insgesamt gilt, dass die Kürzung der Versorgungsbezüge als Folge eines durchgeführten Versorgungsausgleichs bei einem Beamten, der nach Scheidung und Durchführung des Versorgungsausgleichs den Dienstherrn gewechselt hat, nicht geringer sein kann als bei einem Beamten, der im Dienst seines Dienstherrn verblieben ist.
Die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers musste jedoch nach § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich – VAHRG – vom 21. Februar 1983 (BGBl I S. 105), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606) unterbleiben. Nach dieser Bestimmung wird die Versorgung des Verpflichteten nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt, solange der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außer Stande ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt.
Die frühere Ehefrau des Klägers konnte aus ihrer durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anwartschaft vor dem 1. September 1998 keine Rente erhalten. Dem steht die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI entgegen, die in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 1996 (BGBl I S. 1078) und des Gesetzes vom 24. März 1999 (BGBl I S. 388) mit identischem Wortlaut vom 1. August 1996 bis zum 31. Dezember 1999 gegolten hat. Nach ihr besteht ein Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Das Berufungsgericht hat, bindend für den entscheidenden Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), festgestellt, dass die frühere Ehefrau des Klägers in der fraglichen Zeit ein Einkommen erzielt hat, das die maßgebende Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 SGB a.F. bei weitem überschritten hat.
Der Anwendbarkeit des § 5 VAHRG steht nicht entgegen, dass die geschiedene Ehefrau das rechtliche Hindernis für den Erhalt der vorgezogenen Altersrente aufgrund einer in ihrem Willen liegenden Aufgabe ihrer Berufstätigkeit beseitigen konnte. Das Tatbestandsmerkmal “keine Rente erhalten kann” in § 5 VAHRG drückt die in objektiven und subjektiven Umständen gründende “rechtliche Unmöglichkeit” des Rentenerhalts aus. Damit sind Hinderungsgründe, die in der Person des Anwartschaftsberechtigten liegen, von vornherein ebenfalls erfasst. Die Aufrechterhaltung des Hinderungsgrundes durch die frühere Ehefrau ist auch in keiner, zudem noch dem Kläger zurechenbaren Weise treuwidrig. Mit der Entscheidung, eine berufliche Tätigkeit über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus fortzuführen, hat die frühere Ehefrau des Klägers autonom und in Ausübung ihrer grundrechtlichen Freiheit (Art. 12 GG) eine ausschließlich ihr zustehende Entscheidung getroffen. Sie war unter keinem Gesichtspunkt, auch nicht dem eines etwaigen Interesses der Beklagten, die Versorgungsbezüge des Klägers kürzen zu können, gehalten, auf eine Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit über das 60. Lebensjahr hinaus zu verzichten.
Die frühere Ehefrau hat auch, was § 5 VAHRG weiter fordert, gegen den Kläger einen Anspruch auf Unterhalt. Der Kläger ist seiner früheren Ehefrau aufgrund des Unterhaltsvergleichs vom 2. August 1979 im Sinne der genannten Bestimmung zum Unterhalt verpflichtet. Allerdings ist dieses Merkmal nicht bereits durch die Titulierung des Unterhaltsanspruchs im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts abschließend erfüllt (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Oktober 1995 – 8 R Kn 1/94 – SozR 3 – 5795 § 5 VAHRG Nr. 4). § 5 VAHRG erfordert eine materiell-rechtliche Unterhaltsverpflichtung, die sich letztlich auf die kraft Gesetzes bestehende Pflicht zur Unterhaltsleistung zurückführen lässt. Eine im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen vertraglich begründete Pflicht, auch wenn sie tituliert ist, genügt nicht. Denn § 5 VAHRG soll eine verfassungswidrige Situation verhindern, die eintreten würde, wenn bei dem aus dem Versorgungsausgleich Verpflichteten der Versorgungsfall eintritt, seine Versorgungsbezüge um den Kürzungsbetrag vermindert ausbezahlt werden, der Ausgleichsberechtigte aber noch keine Rente aus der zu seinen Gunsten gegründeten Rentenanwartschaft erhält und deshalb noch auf Unterhaltsleistungen des Ausgleichspflichtigen angewiesen ist (BVerfGE 53, 257 ≪304≫). Nur die auf die gesetzliche Unterhaltspflicht zurückzuführenden Unterhaltszahlungen des Ausgleichsverpflichteten können die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigte Härte, der § 5 VAHRG begegnen will, zur Folge haben. Demgegenüber werden Unterhaltszahlungen, zu denen der Leistende nicht gesetzlich verpflichtet ist, sondern zu denen er sich vertraglich bereit erklärt hat, letztlich freiwillig erbracht. Würde auch ihretwegen die nach § 5 VAHRG zur Aussetzung der Kürzung zwingende Härte anerkannt, könnten die Versorgungsträger und die Versichertengemeinschaft durch manipulierte Unterhaltsvereinbarungen geschädigt werden (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 24. Mai 1989 – 2 A 124/88 – ≪NJW 1989, 2831≫).
Der Kläger war während der hier in Rede stehenden Zeit nach der Scheidung seiner früheren Ehefrau unterhaltspflichtig. Er bezog damals Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 15 und später B 4 BBesG, seine Ehefrau hatte zunächst kein, danach ein erheblich niedrigeres Einkommen. Der Unterhaltsvergleich vom 2. August 1979 war der Sache nach lediglich eine Ausgestaltung der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach §§ 1569 ff. BGB entsprechend den Besonderheiten der Situation, in der sich die Vertragschließenden damals befanden. Die Vereinbarung diente hingegen nicht dazu, eine ansonsten nicht bestehende Unterhaltspflicht des Klägers zu begründen.
Der Kläger ist schließlich auch nicht deshalb als frei von der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung anzusehen, weil er wegen zwischenzeitlicher Veränderung der Umstände, die für den seinerzeit titulierten Anspruch bedeutsam waren, den Unterhaltstitel nach § 323 oder § 767 ZPO beseitigen kann. Die Umstände, die für die Festsetzung der Unterhaltspflicht durch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht am 22. Dezember 1989 maßgebend waren, haben sich in der Folgezeit nicht in der Weise geändert, dass in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 1996 und dem 31. August 1998 eine Abänderungsklage des Klägers auf vollständige Aufhebung seiner Unterhaltspflicht Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Denn in dieser Zeit lag sein Einkommen erheblich über dem Einkommen, das er am 1. Dezember 1989, dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht, bezogen hatte. Das Einkommen seiner früheren Ehefrau war aber nur unwesentlich gestiegen. Dies ist aufgrund der übereinstimmenden Angaben beider Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig festgestellt. Derartige unstreitige Tatsachen dürfen vom Revisionsgericht aus Gründen der Prozessökonomie berücksichtigt werden (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 14. Februar 1968 – BVerwG 6 C 53.65 – BVerwGE 29, 127; Beschluss vom 19. Juni 1990 – BVerwG 6 P 3.87 – Buchholz 251.8 § 77 RhPPersVG Nr. 3 und Beschluss vom 16. September 1977 – BVerwG 7 P 10.75 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 4).
Die nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO ohne nochmaliges Vorverfahren zulässige Klage gegen die Anordnung im Widerspruchsbescheid, 8 678,38 DM zurückzuzahlen, ist ebenfalls begründet. Die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 BeamtVG, der einzigen in Betracht kommenden Rechtsgrundlage für den Rückforderungsbescheid, sind nicht erfüllt. Der Kläger hat die zurückverlangten 8 678,38 DM nicht “zuviel” erhalten. Er hatte auf sie einen Anspruch. Die Beklagte war, wie ausgeführt, nicht zur Kürzung der Versorgungsbezüge um diesen Betrag berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Groepper, Dr. Bayer, Dr. Heitz
Fundstellen
BVerwGE 2005, 301 |
FamRZ 2005, 709 |
ZBR 2005, 246 |
ZTR 2005, 387 |
DÖD 2006, 175 |
RiA 2005, 241 |
FamRB 2005, 228 |
Städtetag 2005, 47 |