Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 24.01.1996; Aktenzeichen Bf V 47/93) |
Tenor
Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Januar 1996, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. Mai 1993 sowie der Mietgenehmigungsbescheid der Beklagten vom 15. November 1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1992 betreffend die Wohnung A… Straße 505b Erdgeschoß rechts aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stehen Regelungen des sozialen Wohnungsbaus über die Änderung der Kostenmiete aus Anlaß der Aufteilung von Wirtschaftseinheiten in Wohnungseigentum.
Dem Kläger gehören vier Eigentumswohnungen in dem Gebäude A…-Straße 505b in H… Sie sind Teil einer Gesamtanlage, die durch Kriegseinwirkungen zerstört war und im Rahmen des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus im Jahre 1958 wiedererrichtet worden ist. Die Wohnungen galten bis zum 31. Dezember 1990 als öffentlich gefördert und unterlagen bis dahin der Mietpreisbindung.
Nachdem durch Teilungserklärung in den einzelnen Wohnungen im Jahre 1983 Wohnungseigentum gebildet worden war, forderte die Beklagte den Kläger auf, für die Wohnungen Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorzulegen. Aufgrund der eingereichten Berechnungen genehmigte sie durch zwei Bescheide vom 15. November 1990 für jede Wohnung eine bestimmte Nettokaltmiete und wies anschließend den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 17. Januar 1992 zurück. Hierzu führte sie aus, daß auch bei nachträglicher Begründung von Wohnungseigentum an einzelnen Wohnungen eines Gebäudes eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die einzelne Wohnung aufzustellen sei und die sich daraus ergebende Miete als deren neue Kostenmiete der Genehmigung bedürfe.
Während des anschließenden Klageverfahrens hat die Beklagte die angefochtenen Mietgenehmigungsbescheide mit Bescheid vom 6. April 1993 dahin gehend geändert, daß für die einzelnen Wohnungen höhere Durchschnittsmieten genehmigt sind. Nach weitgehend erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger insoweit eine neue Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, die noch anhängig ist.
Bereits zuvor hat er den Änderungsbescheid vom 6. April 1993 in das hier zugrunde liegende erstinstanzliche Verfahren eingeführt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, die Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 6. April 1993 jedoch fallengelassen, soweit es um die Wohnung A…-Straße 505b Erdgeschoß rechts geht.
Das Oberverwaltungsgericht hat mit Berufungsurteil vom 24. Januar 1996 die Mietgenehmigungsbescheide vom 15. November 1990 und 6. April 1993 aufgehoben, soweit nicht die im Erdgeschoß rechts belegene Wohnung betroffen ist. Für diese Wohnung hat es die Berufung zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten sowie die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Die Beteiligten rügen die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
II.
A) Die Revision der Beklagten:
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht insoweit nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die angefochtenen Mietgenehmigungsbescheide mit den Einzelregelungen, um die es hier geht, zu Recht aufgehoben; denn bei nachträglicher Begründung von Wohnungseigentum an öffentlich geförderten Wohnungen einer Wirtschaftseinheit oder eines Gebäudes bedarf die sich aus vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen ergebende Durchschnittsmiete keiner behördlichen Genehmigung. § 5a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 der Neubaumietenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. April 1984 (BGBl I S. 579) mit nachfolgenden, hier unwesentlichen Änderungen (NMV 1970), der eine solche Genehmigung vorschreibt, ist rechtsunwirksam. Eine anderweitige Ermächtigungsgrundlage für die umstrittenen Mietgenehmigungsbescheide besteht nicht.
1. Zwar kann die allgemeine Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum durch Vermietung frei von staatlicher Bindung zu nutzen, bei Eigentum an Sozialwohnungen gegenüber dem Eigentum an freifinanzierten Wohnungen geschmälert sein, weil der Gesetzgeber die mit öffentlichen Mitteln geförderten privaten Wohnungen Bindungen unterwerfen darf, die zur Beachtung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG den Inhalt des Eigentums an Sozialwohnungen ausformen können (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪83≫). Daher bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich keine Bedenken, daß mit öffentlichen Mitteln des sozialen Wohnungsbaus geförderte Wohnungen Belegungsbindungen oder Mietpreisbindungen nach §§ 4 ff. bzw. §§ 8 ff. des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) unterliegen. Auch die hier umstrittenen Mietgenehmigungsvorbehalte dienen materiellrechtlich den anerkannten Zwecken, daß Wohnungsberechtigte die öffentlich geförderten Wohnungen zu erschwinglichen Preisen mieten können.
2. Aber unter formalen Gesichtspunkten setzt die Ausformung des Eigentums an (Sozial-)Wohnungen voraus, daß die Bindungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen. Werden – wie hier – Inhalt und Schranken des Eigentums durch Rechtsverordnung geregelt, muß diese auf einer Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden Ermächtigung beruhen, und ihr Inhalt muß außerdem von der Ermächtigung gedeckt sein. An letzterem fehlt es.
§ 28 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e WoBindG und § 105 Abs. 1 Buchst. c des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) ermächtigen zwar zum Erlaß einer Rechtsverordnung über die Mietpreisbindung und die Mietpreisüberwachung. Aber die Bestimmungen der Verordnung müssen sich nicht nur im Rahmen der ermächtigenden Vorschrift halten – was bereits nicht der Fall sein dürfte –, sondern dürfen auch nicht den vom (parlamentarischen) Gesetzgeber selbst getroffenen Regelungen widersprechen. Diese ergeben hier ein Gesamtkonzept des Gesetzgebers für die Ermittlung und Genehmigung der Durchschnittsmiete, welches für einen vom Verordnungsgeber zusätzlich geregelten Genehmigungstatbestand keinen Raum läßt. Zu diesem Ergebnis ist bereits das Berufungsgericht mit eingehender Begründung gelangt. Seine Schlußfolgerung ist zutreffend (a.A. Heix in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Stand: Juli 1996, Anm. 3 Nr. 1 zu § 5a NMV 1970).
Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 II. WoBauG hat die Bewilligungsstelle bei Herstellung der Wohnung, sofern die öffentlichen Mittel – wie hier – aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung bewilligt wurden, für die zum Vermieten bestimmten Wohnungen die Miete zu genehmigen, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist (Kostenmiete). Der Verfügungsberechtigte darf die Wohnung nicht gegen ein höheres Entgelt als die Kostenmiete zum Gebrauch überlassen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 WoBindG), wobei die Kostenmiete nach den Vorschriften der §§ 8a und 8b WoBindG zu ermitteln ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 WoBindG). Nach § 8a Abs. 2 WoBindG ist für Wohnungen, die nach den Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gefördert worden sind, bei der Ermittlung der Kostenmiete von der nach § 72 II. WoBauG genehmigten Durchschnittsmiete auszugehen. Grundsätzlich ist es allein Sache des Vermieters, ausgehend von dieser einmaligen Genehmigung, Veränderungen der Durchschnittsmiete nach den entsprechenden Vorschriften des Wohnungsbindungsgesetzes zu ermitteln, bei mehreren Wohnungen innerhalb der Wirtschaftseinheit die jeweilige Einzelmiete festzusetzen (§ 8a Abs. 5 WoBindG) und diese gegenüber dem Mieter geltend zu machen, wobei dies alles im Streitfall der Kontrolle durch die Zivilgerichte unterliegt. Eine weitere behördliche Genehmigung der Durchschnittsmiete sieht der Gesetzgeber im Regelfall nur dann vor, wenn sich die Erhöhung der laufenden Aufwendungen bis zur Anerkennung der Schlußabrechnung, spätestens jedoch bis zu zwei Jahren nach der Bezugsfertigkeit ergibt (§ 8a Abs. 4 Satz 1 WoBindG).
Neben diesen allgemeinen Regeln für die Ermittlung der Kostenmiete in § 8a WoBindG hat der Gesetzgeber in § 8b WoBindG die Ermittlung der Kostenmiete “in besonderen Fällen” geregelt. Dies betrifft einerseits die Ermittlung der Kostenmiete nach Ablauf von sechs Jahren seit Bezugsfertigkeit der Wohnung (§ 8b Abs. 1 WoBindG) und andererseits die mit Zustimmung der Bewilligungsstelle erfolgte Zusammenfassung mehrerer selbständiger Wohneinheiten eines Eigentümers zu einer neuen (größeren) Wirtschaftseinheit (§ 8b Abs. 2 WoBindG). Lediglich für diese zweite Fallkonstellation hat der Gesetzgeber weiter vorgeschrieben, daß die sich aus der neuen Wirtschaftlichkeitsberechnung ergebende Durchschnittsmiete der Genehmigung der Bewilligungsstelle bedarf (§ 8b Abs. 2 Satz 3 WoBindG).
§ 8b Abs. 2 WoBindG kann nicht erweiternd auf Fälle der nachträglichen Aufteilung der Wirtschaftseinheit einschließlich der Begründung von Wohnungseigentum entsprechend angewandt werden.
Die Bedeutung dieser Vorschrift erschließt sich aus ihrer Genese: Früher – vor ihrem Erlaß – war der Bauherr bei der Aufstellung einer neuen Wirtschaftlichkeitsberechnung an die vorangegangene gebunden, die er für ein Gebäude oder eine Mehrheit von Gebäuden als Wirtschaftseinheit aufstellen mußte. Das galt auch, wenn die Gebäude oder Wirtschaftseinheiten nachträglich zu größeren Wirtschaftseinheiten zusammengefaßt wurden, etwa um bei einer in mehreren Bauabschnitten errichteten Siedlungseinheit zu einem einheitlichen Mietengefüge zu gelangen (Beispiel von Pergande in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 3.1, Anm. 4.1 zu § 8b WoBindG). Dem Wunsch aus der wohnungswirtschaftlichen Praxis nach Änderung ist mit Art. 1 Nr. 8 des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1973 vom 21. Dezember 1973 (BGBl I S. 1970) dadurch entsprochen worden, daß in § 8b WoBindG ein neuer Absatz 7 eingefügt wurde, der durch Art. 1 Nr. 7 des Wohnungsbauänderungesetzes 1980 vom 20. Februar 1980 (BGBl I S. 159) nach Streichung der bisherigen Absätze 2 bis 6 die Stellung als Absatz 2 erhalten hat.
Der Entstehungsgeschichte von § 8b Abs. 2 WoBindG läßt sich nicht entnehmen, daß der Gesetzgeber neben den Fragen aus Anlaß der Zusammenfassung von Wirtschaftseinheiten auch einen Regelungsbedarf für deren Aufteilung gesehen hatte und darüber mitbefinden wollte. Weder im Gesetzgebungsverfahren zum Wohnungsbauänderungsgesetz 1973 noch in dem zum Wohnungsbauänderungsgesetz 1980 hat die Begründung von Wohnungseigentum an den Wohnungen einer Wirtschaftseinheit oder eines Gebäudes eine Rolle gespielt. In der Strichdrucksache 113/1/73 des Bundesrates vom 12. März 1973 ist auf Seite 9 nur die Rede davon, daß die vorgeschlagene Ergänzung des § 8b WoBindG die nachträgliche Zusammenfassung von mehreren selbständigen Gebäuden zu einer Wirtschaftseinheit ermöglichen soll. Diese Begründung ist in den Gesetzentwurf des Bundesrates eingegangen (BRDrucks 113/73 ≪Beschluß≫ S. 29). In ihrer anschließenden Stellungnahme äußerte sich die Bundesregierung zustimmend, schlug gewisse inhaltliche Änderungen vor, gab aber einen weitergehenden Regelungsbedarf nicht an (BTDrucks 7/855 S. 20). Ähnlich verhielt es sich bei der Beratung im Deutschen Bundestag (vgl. BTDrucks 7/1181).
Im Ergebnis nicht anders verlief die Gesetzgebung zum Wohnungsbaugesetz 1980. In seinem Beschluß vom 17. Februar 1978 hatte sich der Bundesrat nur für eine weitere Erleichterung der Zusammenfassung zu einer Wirtschaftseinheit ausgesprochen, einen wohnungswirtschaftlichen Zusammenhang bei Begründung von Wohnungseigentum jedoch nicht hergestellt (vgl. BRDrucks 611/77 ≪Beschluß≫ S. 32). Dieser Zusammenhang stellte sich auch im Bundesrat nicht ein (vgl. BTDrucks 8/3403), obwohl es sich dem Gesetzgeber durchaus hätte aufdrängen können, Fragen zur Ermittlung der Kostenmiete bei nachträglicher Zerlegung von Wirtschaftseinheiten durch Bildung von Wohnungseigentum mitzuregeln, wenn er gemeint hätte, es läge ein entsprechender Regelungsbedarf vor. Immerhin hatte sich kurz zuvor die Bundesregierung als Verordnungsgeber mit der Ergänzung von § 2 Abs. 5 II. Berechnungsverordnung um einen Satz 3, betreffend die Wirtschaftlichkeitsberechnung bei nachträglicher Begründung von Wohnungseigentum, dem Fragenkreis zugewandt (vgl. Art. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung der II. Berechnungsverordnung und der Neubaumietenverordnung 1970 vom 22. Juni 1979, BGBl I S. 711).
3. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend macht, ist ihre Rüge unbegründet. Die Beiziehung von Gesetzgebungsmaterialien zur Feststellung der Rechtslage liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Angriffe der Beklagten gegen den Ermittlungsumfang richten sich – bei Lichte besehen – gegen Erkenntnisse, die das Berufungsgericht nicht zur Anwendung, sondern zur Auslegung von Normen gewonnen hat. Solche Vorbehalte stellen keine Aufklärungsrüge im Sinne von § 86 VwGO dar, weil sich die danach bestehende Aufklärungspflicht nur auf die Erforschung des für die Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschrift maßgeblichen Sachverhalts bezieht (vgl. Beschluß vom 23. Juli 1992 – BVerwG 5 B 134.91 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 246 S. 79 ≪80≫). Im übrigen hat die hier von der Beklagten vermißte Beiziehung weiterer Unterlagen aus dem Gesetzgebungsverfahren zu keiner anderen Normauslegung geführt.
4. Schließlich hat der Senat die Anregung der Beklagten, § 5a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 NMV 1970 als Übergangsregelung fortgelten zu lassen, nicht aufgegriffen. Anders als im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 31 BVerfGG) wirkt die Rechtskraft im Verfahren der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) nur zwischen den Beteiligten (§ 121 VwGO). Bereits dies setzt der Berücksichtigung primär rechtspolitischer Erwägungen, wie sie die Beklagte eingewandt hat, Grenzen. Der Kläger, der durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt ist, hat nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO einen Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsaktes.
Ob in besonderen Ausnahmefällen das von der Beklagten begehrte Vorgehen statthaft wäre, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung (offengelassen auch im Beschluß vom 26. Januar 1995 – BVerwG 8 B 193.94 – Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 273 S. 5 ≪7≫). Den bisher in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausnahmsweise für zulässig erachteten Übergangsregelungen, wie sie bei Muckel (NJW 1993, 2283, Fußn. 5) nachgewiesen sind (vgl. auch die dort nicht zitierten Urteile in BVerwGE 56, 155 sowie 69, 53), hat ein gewandeltes Verfassungsverständnis zugrunde gelegen. Dieses führte zu der Erkenntnis, daß der zwischen den Beteiligten streitige Lebenssachverhalt wegen eines Eingriffs in Grundrechte eigentlich einer gesetzlichen Regelung bedürfe, weswegen die bis dahin angewandten Bestimmungen in autonomen Satzungen oder Verwaltungsvorschriften nicht genügten. Dem Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes mußte ein Rechtswert von Verfassungsrang entgegenstehen. Eine solche Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht vor.
B) Die Revision des Klägers:
Die Revision des Klägers ist mit dem Ergebnis begründet, daß der Mietgenehmigungsbescheid vom 15. November 1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1992 auch hinsichtlich der Wohnung A…-Straße 505b Erdgeschoß rechts aufzuheben ist. Das angefochtene Urteil beruht insofern auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); denn das Rechtsschutzinteresse fehlt dem Kläger für diesen Teil der Anfechtungsklage nicht.
Das Berufungsgericht meint zwar, daß nach Erlaß des Änderungsbescheides (6. April 1993) von dem alten Bescheid (15. November 1990) keine Regelungswirkungen mehr ausgingen, so daß es einer gerichtlichen Aufhebung nicht bedürfe. Diese Annahme steht aber nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verhältnis zwischen Änderungsbescheiden und ursprünglichen Bescheiden (vgl. Urteil vom 16. Mai 1991 – BVerwG 3 C 34.89 – Buchholz 427.3 § 290 LAG Nr. 15 S. 1 ≪2≫ sowie Beschluß vom 19. Dezember 1997 – BVerwG 8 B 244.97 –, zur Veröffentlichung bestimmt). Danach entfällt das Rechtsschutzinteresse für die Aufhebung des ursprünglichen Bescheides nur dann, wenn der Änderungsbescheid den angefochtenen Bescheid zurücknimmt, widerruft oder in allen seinen Regelungsteilen ersetzt, so daß der angefochtene Verwaltungsakt keine Rechtswirkungen mehr zeitigt. Da im vorliegenden Fall der Änderungsbescheid den angefochtenen Verwaltungsakt weder zurückgenommen noch widerrufen hat, richtet sich die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses für die weiterhin begehrte Aufhebung des geänderten Bescheides danach, welchen Regelungsinhalt der angefochtene und der ihn ändernde Bescheid jeweils haben.
Die vorrangige Regelungswirkung des geänderten Bescheides mit dem Anspruch unmittelbarer Verbindlichkeit ist in der Genehmigung bestimmter Durchschnittsmieten für konkret benannte Wohnungen zu sehen. Zusätzlich enthält der Bescheid die ihm zu entnehmende, den Kläger belastende Feststellung, daß bei nachträglicher Begründung von Wohnungseigentum an öffentlich geförderten Wohnungen die sich aus vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen ergebende Durchschnittsmiete der behördlichen Genehmigung bedarf. Dieser objektive Sinngehalt ergibt sich aus dem Zusammenhang, in dem der geänderte Bescheid zu sehen ist, insbesondere aus dem vorangegangenen Streit zwischen den Parteien über die Genehmigungsbedürftigkeit.
Der belastende Teil des geänderten Bescheides bleibt durch den Änderungsbescheid unberührt, wird also nicht ersetzt. Der Änderungsbescheid geht vielmehr von der verbindlichen Festlegung aus, die bereits erfolgt ist, und nimmt auf dieser Basis die Änderung der Durchschnittsmiete vor. Für das Rechtsschutzinteresse folgt daraus, daß der Kläger nach wie vor die Aufhebung des geänderten Bescheides unabhängig vom Änderungsbescheid verlangen kann, weil die Belastung geblieben ist.
Seine Anfechtungsklage ist auch begründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Bescheid vom 15. November 1990 fehlt es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, wie der erfolglosen Revision der Beklagten zu entnehmen ist. Der somit rechtswidrige Bescheid verletzt das Grundrecht des Klägers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die verfassungsrechtliche Anerkennung des Privateigentums zeichnet sich in ihrem rechtlichen Gehalt durch den grundsätzlichen Schutz der Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand aus (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪240≫). Der Teil des Bescheides, um den es hier noch geht, ist daher antragsgemäß aufzuheben. Auf die Hilfsanträge des Klägers kommt es nicht mehr an.
C) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß, Golze, Postier
Fundstellen