Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialer Wohnungsbau. Einrichtungsgegenstände. Ausstattungsgegenstände. Mitvermieten von -. Genehmigung
Leitsatz (amtlich)
Lange nach Abschluß des Mietvertrages über Sozialwohnungen getroffene Vereinbarungen über die Mitvermietung von Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen bedürfen keiner behördlichen Genehmigung.
Normenkette
WoBindG §§ 8, 9 Abs. 6
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Beschluss vom 15.08.1996; Aktenzeichen Bf V 18/93) |
VG Hamburg (Entscheidung vom 14.02.1992; Aktenzeichen 16 VG 507/91) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. August 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die behördliche Genehmigung von Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Mieterin B… über Ausstattungsgegenstände.
Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung A…-Straße 505b, Erdgeschoß links, in H… Diese Wohnung ist Teil einer Wohnhausanlage, deren Errichtung mit öffentlichen Mitteln gefördert worden war. Die Wohnung galt bis zum 31. Dezember 1990 als öffentlich gefördert.
Der Kläger vermietete die Wohnung mit Mietvertrag vom 1. Oktober 1988 ab diesem Tage an Frau B… und beantragte unter dem 10. Oktober 1989 bei der Beklagten, die Zusatzausstattung der Wohnung und die hierfür vereinbarte monatliche Vergütung hinsichtlich einzeln aufgeführter Gegenstände zu genehmigen.
Daraufhin bat die Beklagte den Kläger, die mit der Mieterin getroffene Vereinbarung vorzulegen. Zugleich gab sie zu bedenken, daß es sich bei den aufgeführten Ausstattungen überwiegend um Verbesserungen der vorhandenen Grundausstattung handele. Es wäre zu prüfen, ob Modernisierungsmaßnahmen vorlägen, die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt werden könnten, wenn sie, die Beklagte, dem zugestimmt habe. Dazu seien entsprechende Unterlagen (Rechnungen etc.) einzureichen.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 6. Dezember 1989 die Genehmigung einer Vereinbarung mit der Mieterin B… über einen Teppichboden, der in der Wohnung zum 1. Januar 1985 verlegt worden sei. Hierzu legte er eine Vereinbarung mit der Mieterin vom 7. Oktober 1989 vor. Ferner beantragte er mit Schreiben vom 9. Dezember 1989 die Genehmigung einer Vereinbarung mit der Mieterin über die Zusatzausstattung mit einer Waschmaschine. Hierzu legte er eine Vereinbarung vom 8. Oktober 1989 vor.
Die Beklagte lehnte die Anträge des Klägers im Bescheid vom 11. Oktober 1990 ab.
Nach weitgehend erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger mit seiner Klage die Anträge auf Genehmigung der Zusatzausstattungsvereinbarungen – rückwirkend ab Oktober 1988 oder zu einem späteren Zeitpunkt – weiterverfolgt und während des erstinstanzlichen Verfahrens eine Vereinbarung mit der Mieterin B… vom 17. September 1989 über eine “Küchen-Zusatzausstattung” nachgereicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Februar 1992 abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung mit Beschluß vom 15. August 1996 zurückgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die vom Senat zugelassene Revision begründet der Kläger im wesentlichen damit, daß die entgeltliche Gebrauchsüberlassung der in den Anträgen genannten Gegenstände eigentlich nicht einem Genehmigungserfordernis unterliege. Der Beschluß sei aber auch deswegen rechtswidrig, weil über die Genehmigung wie über eine Modernisierung zu entscheiden gewesen sei.
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluß und ist der Auffassung, daß in einem Antrag auf Zustimmung zur Mitvermietung von Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen nicht stillschweigend ein anderer Antrag auf Zustimmung zu einer Modernisierung enthalten sei.
Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Zunächst hat der Kläger die Tatsache übersehen, daß der Originalbeschluß mit der angefochtenen Entscheidung die Unterschrift der mitwirkenden Richter enthält. Der Beschluß befindet sich lose bei den Akten. Sodann geht der Kläger in seiner Ansicht fehl, der Beschluß sei unter Verletzung rechtlichen Gehörs zustande gekommen. Der Kläger hat mehrfach auf Antrag eine Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung erhalten; die Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung war ebenfalls mit einer Frist zur abschließenden Stellungnahme von etwa einem Monat verbunden worden. Die daraufhin eingegangenen Schriftsätze des Klägers hat das Berufungsgericht ersichtlich berücksichtigt.
Soweit der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung rügt, kommt es auf die Einzelheiten nicht an, wie sich aus Nachfolgendem ergibt:
2. In materiellrechtlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht zu Recht den Hauptantrag abgewiesen und damit die Versagung der beantragten Genehmigungen bestätigt. Die Berufungsentscheidung stellt sich im Ergebnis als richtig dar, weil ein Genehmigungserfordernis nicht bestanden hat.
Zwar unterlag die fragliche Eigentumswohnung in dem Zeitpunkt, in dem der Kläger die Anträge auf Genehmigung bei der Beklagten stellte, den Bindungen des Wohnungsbindungsgesetzes. Zu diesen Einschränkungen des Wohnungseigentums gehört das Verbot von § 9 Abs. 6 Satz 1 WoBindG, daß der Vermieter keine Leistungen in Anspruch nehmen darf, zu denen sich der Mieter in einer Vereinbarung verpflichtet hat, die er mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung eingegangen ist. Nach Satz 3 der Vorschrift kann allerdings die zuständige Stelle eine Vereinbarung zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Mieter über die Mitvermietung von Einrichrichtungs- und Ausstattungsgegenständen genehmigen; sie hat die Genehmigung zu versagen, wenn die vereinbarte Vergütung offensichtlich unangemessen hoch ist.
Die Genehmigung hängt davon ab, daß bereits eine zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Mieter getroffene Vereinbarung vorliegt. Darauf haben die Vorinstanzen zutreffend abgestellt. Wenn demgegenüber der Kläger meint, einer vorherigen Vereinbarung bedürfe es nicht, nimmt er eine Auslegung der Bestimmung vor, die weder dem eindeutigen Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung entspricht. Genehmigungen stellen nachträgliche Zustimmungen dar (vgl. § 184 Abs. 1 BGB). Sie setzen eine Prüfung der vereinbarten Vergütung voraus, was ohne konkrete Angaben dessen, was der Mieter bereit ist, an Entgelt für die einzelnen Gegenstände zu entrichten, nicht möglich ist.
Aber der Gegenstand der Genehmigung kann nicht jede Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter sein, sondern nur eine solche, die “mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung” erfolgt ist. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Bestimmung über die Genehmigung; § 9 Abs. 6 Satz 3 WoBindG stellt aber das Vereinbarungsverbot von Satz 1 unter Erlaubnisvorbehalt, und dieses Verbot erfaßt lediglich die Verpflichtung zu Leistungen, die mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung erfüllt werden soll. Zwischen der Vereinbarung, die grundsätzlich verboten ist, und dem Mietvertrag über die Wohnung muß daher eine Verknüpfung bestehen. Für den Gesetzgeber kam es darauf an, Koppelungsgeschäfte aus Anlaß der Anmietung von Sozialwohnungen einzuschränken, wobei er unter Koppelungsverträgen – wie gemeinhin üblich – Geschäfte verstanden hat, mit denen mehrere Leistungen unterschiedlicher Art nur insgesamt ermöglicht werden (vgl. BTDrucks 7/855 S. 13 Nr. 8 zur ursprünglichen Gesetzesfassung).
Die Erwägungen des Gesetzgebers zum Regelungsgrund von § 9 Abs. 6 WoBindG decken sich mit dem allgemeinen Anliegen des Gesetzes, den Mißbrauch von Sozialwohnungen zu verhindern. Solche Wohnungen sind unabhängig davon, ob sie von Berechtigten im Sinne von § 4 Abs. 2 WoBindG genutzt werden, preisgebundene Wohnungen (§ 8 Abs. 5 WoBindG). Der Verfügungsberechtigte darf sie nicht gegen ein höheres Entgelt zum Gebrauch überlassen, als zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist (Kostenmiete, § 8 Abs. 1 Satz 1 WoBindG). Die Regelung in § 9 WoBindG über Leistungen, die der Mieter neben der Entrichtung des Mietzinses für die Sozialwohnung erbringen soll, wollen einer Umgehung des zwingenden Preisrechts vorbeugen. Der Wohnberechtigte soll nicht eine Wohnung nur unter wirtschaftlichen Belastungen anmieten müssen, die aus einer mißbräuchlichen Verknüpfung mit einer anderweitigen Leistung – wie etwa aus der Mitvermietung von Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen – entstehen können. Deshalb sind solche Vereinbarungen nicht nur grundsätzlich unwirksam, sondern empfangene Leistungen dann auch zurückzuerstatten (§ 9 Abs. 7 WoBindG). Kommt es jedoch zum Abschluß eines Mietvertrages auf der Basis der Kostenmiete ohne eine besondere Zusatzverpflichtung, ist die Zweckbestimmung der Sozialwohnung erreicht. Eine spätere Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter über die Mitvermietung etwa von Möbeln zieht keine Bedenken auf sich, die im Lichte des Zwecks des Wohnungsbindungsrechts zu einer Sanktion nötigen würden. Es bleibt vielmehr der Privatautonomie der Vertragsparteien überlassen, welchen Belastungen und Verpflichtungen sie sich nachträglich aussetzen wollen. Den rechtlichen Schutz gewährt ihnen das Zivilrecht (vgl. mit gleichem Ergebnis zur Regelung über einmalige Leistungen in § 9 Abs. 1 WoBindG BGH, Urteil vom 21. Dezember 1977 – VIII ZR 189/76 –, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1978, 153 ≪154 f.≫).
Da die Vereinbarungen vom 17. September 1989, 7. Oktober 1989 und 8. Oktober 1989 zu einzelnen Ausstattungsgegenständen lange nach Abschluß des Mietvertrages über die Sozialwohnung (1. Oktober 1988) getroffen worden sind und ersichtlich keinen Einfluß auf die Überlassung der Wohnung an Frau B… gehabt haben, bedurften sie vor diesem rechtlichen Hintergrund keiner Genehmigung nach § 9 Abs. 6 Satz 3 WoBindG. Deren Versagung durch die Beklagte ist daher im Ergebnis zu Recht erfolgt.
3. Die Revision hat auch mit den Hilfsanträgen keinen Erfolg.
Während die Hilfsanträge I 3a), b) und c) ≪1. Teil≫ unbegründet sind, weil nach den Ausführungen zu Nr. 2 der Urteilsbegründung kein Genehmigungsgrund vorliegt, ist der Hilfsantrag I 3c) 2. Teil (“Modernisierung”) unzulässig. Einen ausdrücklichen Antrag auf Zustimmung einer Modernisierung gemäß § 11 Abs. 7 der II. Berechnungsverordnung hat der Kläger vor Klageerhebung bei der Beklagten für die Wohnung, um die es geht, nicht gestellt. Im erstinstanzlichen Verfahren hat er zwar einen entsprechenden Klageantrag angekündigt, diesen aber – nachdem die Beklagte seine Einbeziehung abgelehnt hat – nicht gestellt. Erst im Berufungsverfahren hat er den Sachantrag klageweise geltend gemacht. In die darin liegende Klageänderung hat die Beklagte nicht eingewilligt, wie sich bereits daraus ergibt, daß sie sich überhaupt nicht auf die Berufung des Klägers eingelassen hat. Ob das Berufungsgericht die Änderung für sachdienlich gehalten hat (§ 91 Abs. 1 VwGO), kann dahinstehen. Selbst bei Zulassung der neuen Klage ist diese unzulässig, weil vor Erhebung der Verpflichtungsklage zumindest ein Sachantrag bei der Behörde gestellt sein muß. Ein solcher ist in den vorprozessualen Anträgen auf Mitvermietungsgenehmigung jedoch nicht enthalten. Bei Auslegung dieser Anträge nach dem Gewollten hat der Kläger in bewußter Abkehr von dem, was die Beklagte ihm geraten hatte, gerade keinen Antrag auf Modernisierung gestellt. Daran muß sich der Kläger jetzt festhalten lassen.
Den mit den übrigen Hilfsanträgen verfolgten Feststellungsklagen fehlt jeweils das erforderliche Feststellungsinteresse. Lange nach Ablauf der Bindungsfrist wirft der Kläger nur noch abstrakte Rechtsfragen auf, konkrete Rechtsbeziehungen zur Beklagten haben die genannten Streitpunkte nicht zum Gegenstand. Zudem ist nach den tragenden Gründen dieser Entscheidung ein weitergehender Feststellungsbedarf nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß, Golze, Postier
Fundstellen
NZM 1998, 885 |
ZMR 1998, 725 |
WuM 1999, 395 |