Entscheidungsstichwort (Thema)
Flächennutzungsplan. Grundzüge. Nutzungsbeschränkung. Grenzwerte. Bestimmtheitsgrad. gesamträumliches Entwicklungskonzept. Entwicklungsgebot. Bebauungsplan. Außenbereich. Landwirtschaft. öffentliche Belange. nachvollziehende Abwägung. planerische Abwägung. Summenpegel
Leitsatz (amtlich)
Der Flächennutzungsplan darf bei der Darstellung der Art der Bodennutzung nicht über Grundzüge hinausgehen.
Welche Darstellungen zu den Grundzügen der Art der Bodennutzung gehören, hängt nicht von dem Grad ihrer Bestimmtheit, sondern davon ab, ob sie den Bezug zur jeweiligen städtebaulichen Konzeption “für das ganze Gemeindegebiet” (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wahren. Unter dieser Voraussetzung können auch Grenzwerte für Geruchsimmissionen festgelegt werden.
Will die Gemeinde die städtebauliche Entwicklung im Außenbereich mittels Bauleitplanung steuern, darf sie sich grundsätzlich auf den Flächennutzungsplan beschränken.
Der Flächennutzungsplan darf für den Außenbereich nicht aufgrund des Bestimmtheitsgrades seiner Darstellungen faktisch an die Stelle eines Bebauungsplans treten.
Auch im Flächennutzungsplan genau festgelegte Immissionsgrenzwerte unterliegen der nachvollziehenden Abwägung.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 6-7, § 5 Abs. 1, 2 Nrn. 1, 6, § 8 Abs. 2 S. 1, § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 1 LB 143/02) |
VG Oldenburg (Urteil vom 22.11.2001; Aktenzeichen 4 A 1078/99) |
Tenor
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2003 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren als Erben der verstorbenen Frau Inse M… die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Geflügelmaststalles.
Am 17. Juni 1998 beantragte die Erblasserin die Erteilung eines Bauvorbescheides für den “Neubau eines Geflügelmaststalles” für 39 990 Mastplätze mit einer Grundfläche von 22,5 m × 100 m auf dem Flurstück …, Flur … der Gemarkung W… Das Außenbereichsgrundstück liegt östlich der Landesstraße 810 ca. 700 m von der Hofstelle der Kläger entfernt.
Die Beigeladene versagte unter dem 16. Juli 1998 ihr Einvernehmen zu dem Bauvorhaben. Zur Begründung machte sie u.a. geltend, dass sich Vorhaben dieser Art nachteilig auf den Fremdenverkehr auswirkten. Aus diesem Grund habe ihr Rat beschlossen, den Flächennutzungsplan zu ändern und “Sonderbauflächen Hähnchenmast” darzustellen.
Nachdem die Erblasserin am 17. März 1999 Untätigkeitsklage erhoben hatte, lehnte der Beklagte die Erteilung des Bauvorbescheides mit Bescheid vom 21. Mai 1999 im Hinblick auf das versagte Einvernehmen der Beigeladenen ab. Der Widerspruch der Erblasserin blieb ohne Erfolg.
Nach Herabsetzung der für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit maßgebenden Tierplatzzahlen durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1950) änderten die Kläger ihr Verpflichtungsbegehren dahingehend ab, dass sie die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Geflügelmaststalles mit 29 990 Mastplätzen begehrten. Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 22. November 2001 als unzulässig ab. Die Klageänderung sei nicht sachdienlich. Der neue Streitgegenstand stelle gegenüber dem bisherigen ein rechtliches aliud dar, für welches das erforderliche Widerspruchsverfahren noch nicht durchgeführt worden sei. In dem behördlichen Verfahren seien die erheblich veränderten, weil reduzierten Auswirkungen auf die Umwelt zu beurteilen.
Während des Berufungsverfahrens wurde die 52. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen bekannt gemacht. Die Änderung erfasst einen Streifen des Gemeindegebiets entlang der Küste. Ziel der Darstellungen ist es, die Kur- und Erholungseinrichtungen vor negativen Einflüssen zu schützen, welche nach Auffassung der Beigeladenen von Massentierhaltungseinrichtungen in der Gestalt von Staub und Geruch ausgehen können. Textlich wird bestimmt, dass das Plangebiet (Zone I – III) als Fläche für Erholungs-, Kur- und Freizeitzwecke (fremdenverkehrliche Schwerpunktzone) dient. Das Plangebiet ist in drei Zonen unterschiedlicher Schutzwürdigkeit aufgeteilt, in denen Betriebe (Gewerbebetriebe und landwirtschaftliche Betriebe) abgestufte Nutzungsbeschränkungen einzuhalten haben. Bei vorhandenen Betrieben darf die Geruchsschwelle (1 Geruchseinheit/cbm Luft) in 200 m Entfernung zum Emissionsschwerpunkt des Betriebes in der Zone 1 nur in maximal 3 %, in der Zone 2 in maximal 8 % und in der Zone 3 in maximal 10 % der Jahresstunden überschritten werden; der 1-h-Mittelwert der Schwebstaubkonzentration von maximal 500 Mikrogramm/cbm Luft (MIK-Wert gemäß VDI 2310 Blatt 19) darf in allen drei Zonen in 50 m Entfernung zum Emissionsschwerpunkt des Betriebes nicht überschritten werden. Bei der Neuansiedlung von Betrieben sind strengere Nutzungsbeschränkungen einzuhalten.
Durch Urteil vom 18. Juni 2003 (BauR 2004, 459) hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Klägern einen Bauvorbescheid für einen Stall mit einer Grundfläche von 80 m × 22,5 m für 29 990 Mastgeflügelplätze wie beantragt zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klageänderung sei sachdienlich. Den Klägern sei eine neuerliche Durchführung des behördlichen Verfahrens nicht zuzumuten, denn die Standpunkte des Beklagten und der Beigeladenen seien seit Eingang der Bauvoranfrage unverändert. Sie schätzten das Vorhaben städtebaulich als unerwünscht ein. Die Bauvoranfrage sei auch hinreichend bestimmt. Die Art des Geflügels habe nicht festgelegt werden müssen. Auch die 4. BImSchV spreche in ihrem Anhang Nr. 7.1 lit. c nur von “Mastgeflügelplätzen”.
Das streitige Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, denn es diene dem landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger. Ihm stünden keine öffentlichen Belange entgegen. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung seiner 52. Änderung seien unwirksam. Es sei aus Rechtsgründen nicht möglich, derart detaillierte Regelungen in einen Flächennutzungsplan aufzunehmen. Das könne grundsätzlich nur in einem Bebauungsplan geschehen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB eröffne der Gemeinde zwar die Möglichkeit, das Vorhaben mit Planungsvorstellungen zu konfrontieren, die sie noch nicht zur verbindlichen Bauleitplanung habe werden lassen. Sie dürfe jedoch nur konkretisierte Planungsgrundzüge/einen Planungsrahmen mit dem Ziel darstellen, diese in der bei § 35 Abs. 1 und 3 BauGB vorzunehmenden Abwägung des Privilegierungszwecks mit den konkurrierenden Belangen ins Feld zu führen. Im Einzelfall möge es schwierig sein, abzugrenzen, wie weit die Darstellungen des Flächennutzungsplans gehen dürften. Der hier streitige Flächennutzungsplan überschreite diese Grenze in jedem Fall. Er stelle eine inhaltlich und hinsichtlich seiner Regelungstiefe und Parzellenschärfe so weitgehende Regelung dar, dass diese nicht mehr als Darstellung eines Flächennutzungsplans, sondern allenfalls als Festsetzung eines Bebauungsplans hätte ergehen dürfen. Die Darstellungen seien nicht mehr entwicklungsfähig und -bedürftig. Sie hätten eine Konkretheit, wie sie fast eine Baugenehmigung auszeichneten. Ein Entwicklungspotential wohne ihnen nicht mehr inne. Es solle rechtssatzartig den Belangen des Fremdenverkehrs durch eine ins Einzelne gehende, nach dem Wortlaut absolut verbindliche und nicht erst im Rahmen einer Abwägungsentscheidung sich durchsetzende Planung Vorrang gegeben werden.
Ob die Beigeladene einen Bebauungsplan mit entsprechendem Inhalt in abwägungsgerechter Weise erlassen dürfte, brauche nicht entschieden zu werden. Angesichts des Umstandes, dass die Kur- und Erholungseinrichtungen zum Teil doch sehr weit entfernt seien, liege das jedenfalls nicht auf der Hand. Ob die Darstellungen des Flächennutzungsplans in einen wirksamen öffentlichen Belang – etwa: Vorrangfläche für Erholung – umgedeutet und damit geltungserhaltend reduziert werden könnten, könne ebenfalls offen bleiben. Denn über einen derartigen Belang könnte sich das streitige Vorhaben ohne weiteres hinwegsetzen. Kur- und Erholungseinrichtungen im engeren Sinne seien in der Umgebung, auf die das Vorhaben optisch, geruchlich und durch Staubeinwirkungen einwirke, weder vorhanden noch konkret geplant. Die allenfalls schützenswerten Radwege seien so weit entfernt und lägen zudem gegen die Hauptwindrichtung, dass eine Einbuße ihres Gebrauchs bei Verwirklichung des Vorhabens nicht zu erwarten sei.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beigeladene die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie macht geltend:
Die Klageänderung sei nicht sachdienlich. Seit Inkrafttreten des Artikelgesetzes vom 27. Juli 2001 sei bereits bei 30 000 Plätzen für Mastgeflügel eine umweltrechtliche Vorprüfung erforderlich. Durch die Umstellung des Antrags sei dieser an sich erforderliche Verfahrenswechsel umgangen worden.
Der Genehmigungsantrag sei zu unbestimmt. Für die Beurteilung der Wahrung öffentlicher Belange komme es auf die Art des Geflügels an.
Das Berufungsgericht sei zu Unrecht von der Unwirksamkeit der 52. Änderung des Flächennutzungsplans ausgegangen. Die Gemeinden hätten mit dem Flächennutzungsplan die Möglichkeit, im Außenbereich auch auf privilegierte Vorhaben steuernd Einfluss zu nehmen. Der Flächennutzungsplan dürfe konkrete und differenzierende Darstellungen enthalten, wenn es sich dabei um die Grundzüge der Planung handele (§ 5 Abs. 1 BauGB). Für Außenbereichsvorhaben seien Regelungen des Flächennutzungsplans nach der Konzeption der Rechtsprechung und der des Gesetzgebers (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) gerade auf konkrete Rechtswirkungen angelegt.
Die Darstellungen der 52. Änderung des Flächennutzungsplans beschränkten sich auch auf die “Grundzüge” der Planung (vgl. § 5 Abs. 1 BauGB), nämlich auf die Grundzüge der Konfliktbewältigung zwischen den unterschiedlichen Nutzungen, ohne für den Einzelfall bereits eine verbindliche, abschließende Regelung zu treffen. Diese Beschränkung ergebe sich bereits aus dem Gesetz; sie könne von der Gemeinde nicht im Sinne abschließend verbindlicher Regelungen überwunden werden. Die Darstellungen hätten keine rechtssatzmäßige Wirkung. Es könne nur um die Frage gehen, ob die Belange sich in der nachvollziehenden Abwägung im einzelnen Zulassungsverfahren durchsetzten. An der fehlenden unmittelbaren Rechtsverbindlichkeit ändere sich auch nichts, wenn die Belange konkreter oder detaillierter ausformuliert seien.
Der Beklagte schließt sich, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, der Revisionsbegründung der Beigeladenen an.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Regelungstiefe der streitgegenständlichen Darstellungen des Flächennutzungsplans für zulässig. Aus dem Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 BauGB) folge nicht, dass detaillierte Darstellungen im Flächennutzungsplan generell unzulässig wären. Das ergebe sich bereits daraus, dass der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt werden könne, ohne dass die Grundzüge der Planung berührt würden (vgl. § 13 Abs. 1 BauGB). Außerdem solle bei Darstellungen im Flächennutzungsplan für den Außenbereich nach § 35 BauGB gerade keine nähere Konkretisierung durch einen Bebauungsplan erfolgen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beigeladenen ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil ist zwar mit Bundesrecht vereinbar, soweit es die geänderte Klage zugelassen (1.) und die Einwände der Beigeladenen gegen die Bestimmtheit der Bauvoranfrage zurückgewiesen hat (2.). Die dem Urteil zugrunde liegende Annahme, die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung der 52. Änderung seien unwirksam, weil es aus Rechtsgründen nicht möglich sei, derart detaillierte Darstellungen in einen Flächennutzungsplan aufzunehmen, verletzt jedoch Bundesrecht (3.). Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts reichen nicht aus, um im Revisionsverfahren zu entscheiden, ob der Flächennutzungsplan in der Fassung der 52. Änderung wirksam ist und, wenn dies der Fall sein sollte, ob dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (4.). Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Umstellung des Verpflichtungsantrags auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Geflügelmaststalles mit 29 990 statt – wie bei Klagerhebung ursprünglich beantragt – 39 990 Mastplätzen zu Recht als eine zulässige Klageänderung angesehen.
1.1 Eine Klageänderung liegt vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens durch Erklärung des Klägers geändert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1983 – BVerwG 1 B 116.83 – DVBl 1984, 93). Nicht als eine Änderung der Klage ist es anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache beschränkt wird (§ 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 VwGO). Wenn ein Antragsteller – wie hier – die Zahl der Mastgeflügelplätze in seinem Genehmigungsantrag unter die in Nr. 7.1 Buchstabe a) cc) der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV genannte, für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit maßgebende Schwelle von 30 000 Plätzen absenkt, stellt er nicht ein lediglich im Umfang verringertes, sondern ein anderes Vorhaben zur Genehmigung. Die an diesen Schwellenwert anknüpfende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit bringt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber das Erreichen von 30 000 Mastplätzen als qualitative Änderung des Vorhabens bewertet.
1.2 Eine Änderung der Klage ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Entscheidung, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, liegt im Ermessen der darüber entscheidenden Instanz. Das Revisionsgericht darf nur prüfen, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenze seines Ermessens überschritten hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2003 – BVerwG 6 B 60.03 – NVwZ 2004, 623; Urteil vom 11. Dezember 1990 – BVerwG 6 C 33.88 – Buchholz 264 LUmzugskostenR Nr. 3). Eine Klageänderung ist in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1980 – BVerwG 4 C 61.77 – Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 161 = DVBl 1980, 598 und vom 27. Februar 1970 – BVerwG 4 C 28.67 – Buchholz 310 § 91 VwGO Nr. 6). Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat für den Fall, dass der Gesetzgeber die für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit maßgebenden Besatzzahlen ohne Überleitungsregelung für Altanträge ändert und die Behörden dem geänderten Vorhaben ihre schon bisher geäußerten Argumente entgegenhalten, eine besondere Rechtfertigung dafür verlangt, dem auf die Gesetzesänderung reagierenden Antragsteller eine neuerliche Durchführung des behördlichen Verfahrens zuzumuten. Solche Rechtfertigungsgründe seien hier nicht gegeben. Von einem neuerlichen Widerspruchsverfahren sei außer einer Verfahrensverzögerung nichts zu erwarten (vgl. UA S. 10). Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist der Streitstoff trotz der Änderung des Vorhabens im Wesentlichen derselbe geblieben und bejaht das Gericht die Sachdienlichkeit der Klageänderung, ist ein erneutes Vorverfahren nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1980 und vom 27. Februar 1970, jeweils a.a.O.).
2. Das Oberverwaltungsgericht hat die Bauvoranfrage der Kläger als hinreichend bestimmt angesehen. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Bauvoranfrage hat es dem irrevisiblen Landesrecht entnommen. Es genüge, wenn die “einzelne Frage” im Sinne des § 74 Abs. 1 NBauO – hier also die städtebauliche Zulässigkeit von Geflügelhaltung auf dem bezeichneten Flurstück – erkennbar werde und sich keine unüberwindlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Bindungswirkung einer daraufhin erteilten Bebauungsgenehmigung ergäben (vgl. UA S. 14). An diese Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht ist der Senat gemäß § 560 ZPO i.V.m. § 173 VwGO gebunden. Das Bundesrecht stellt keine über das Landesrecht hinausgehenden Anforderungen an die Bestimmtheit einer Bauvoranfrage. § 35 BauGB, auf den die Revision mit ihrem Hinweis, für die Beurteilung der Wahrung der öffentlichen Belange sei es erforderlich, die Art des Geflügels anzugeben, Bezug nimmt, regelt nicht die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine Bauvoranfrage, sondern ausschließlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben.
3. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung seiner 52. Änderung seien unwirksam, weil es aus Rechtsgründen nicht möglich sei, derart detaillierte Regelungen in einen Flächennutzungsplan aufzunehmen.
3.1 Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass im Flächennutzungsplan nur “Planungsgrundzüge” (UA S. 21 f.) dargestellt werden können. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift ist im Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Die Darstellungen dürfen einerseits hinter den Grundzügen nicht zurückbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1994 – BVerwG 4 C 4.92 – BVerwGE 95, 123 ≪126≫; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 5 Rn. 12). Der Flächennutzungsplan muss ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2003 – BVerwG 4 BN 9.03 – Buchholz 406.11 § 8 BauGB Nr. 13 = BauR 2003, 838; Urteile vom 21. Oktober 1999 – BVerwG 4 C 1.99 – BVerwGE 109, 371 ≪376≫ und vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 57.84 – BVerwGE 77, 300 ≪304≫). Der Flächennutzungsplan darf andererseits nicht – wie der Vertreter des Bundesinteresses meint – über eine Darstellung der Art der Bodennutzung in den Grundzügen hinausgehen; eine weitergehende Planungsbefugnis kommt der Gemeinde auf der Ebene des Flächennutzungsplans nicht zu (vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Auflage 2005, § 5 Rn. 8; Söfker, a.a.O., § 5 Rn. 11). Die Befugnis, auch Einzelheiten der Bodennutzung darzustellen, kann weder aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB noch aus § 13 Abs. 1 BauGB hergeleitet werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB können aus dem Flächennutzungsplan Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, u.a. wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden. Nach § 13 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen das vereinfachte Verfahren anwenden. Der Gesetzgeber gewährt die genannten Erleichterungen bei Aufstellung und Änderung des Flächennutzungsplans nicht für die Darstellung von Einzelheiten der Bodennutzung, sondern für den Fall, dass der Flächennutzungsplan auch ohne die ausgenommenen oder geänderten Darstellungen ein tragfähiges Bodennutzungskonzept für die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets als Ganzes enthält (vgl. Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage, Stand 2005, § 5 Rn. 14).
Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, wo die Grenze von “Grundzügen” verläuft. Jedenfalls hier sei sie überschritten. Der Flächennutzungsplan stelle inhaltlich und hinsichtlich seiner Regelungstiefe und Parzellenschärfe eine so weitgehende Regelung dar, dass diese nicht mehr als Darstellung eines Flächennutzungsplans, sondern allenfalls als Festsetzung eines Bebauungsplans hätte ergehen dürfen. Aus dem Begriff der Grundzüge ergeben sich jedoch entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts keine starren, von der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde unabhängigen Grenzen für Inhalt, Regelungstiefe und Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans. So können parzellenscharfe Darstellungen, z.B. von Flächenbegrenzungen oder Trassenverläufen, erforderlich sein, um die Grundzüge der Planung überhaupt mit der gebotenen Bestimmtheit darzustellen. Auch konkrete inhaltliche Planaussagen können zu den “Grundzügen” gehören. Das gilt auch für die Festlegung von Werten, die – wie hier – die Emissionen bestimmter Betriebe begrenzen sollen und auf diese Weise die zulässige Art der Bodennutzung im Plangebiet regeln.
Die Befugnis der Gemeinde, in den Flächennutzungsplan aus ins Einzelne gehende Darstellungen aufzunehmen, ergibt sich bereits aus dem Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB. Zulässig sind hiernach auch Planaussagen, die nicht oder jedenfalls nicht wesentlich weniger detailliert und konkret als Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind. So ist die Gemeinde beispielsweise gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bei der Darstellung der für die Bebauung vorgesehenen Flächen nicht auf die Ausweisung von Bauflächen (§ 1 Abs. 1 BauNVO) und Baugebieten (§ 1 Abs. 2 BauNVO) beschränkt; dargestellt werden kann auch das allgemeine Maß der baulichen Nutzung. Bereits im Flächennutzungsplan können z.B. die Grund- und Geschossflächenzahl, die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen dargestellt werden. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB kann die Gemeinde “Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes” darstellen. Emissions- und Immissionsgrenzwerte sind zwar keine Vorkehrungen, weder im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. März 1994 – BVerwG 4 NB 3.94 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 70, vom 10. August 1993 – BVerwG 4 NB 2.93 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 18 und vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) noch von § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB. Flächen, auf denen die Emissionen von Betrieben bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen, können jedoch als “Flächen für Nutzungsbeschränkungen”, d.h. als Flächen, auf denen Nutzungsbeschränkungen notwendig sind (vgl. Gaentzsch, a.a.O., § 5 Rn. 34), dargestellt werden.
Wenn die Gemeinde von ihrer Möglichkeit Gebrauch macht, in den Flächennutzungsplan auch über den nicht abschließenden Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB hinausgehende Darstellungen aufzunehmen, werden ihre Darstellungsmöglichkeiten allerdings durch § 9 Abs. 1 BauGB begrenzt; Aussagen, die nicht Gegenstand einer zulässigen Festsetzung in einem Bebauungsplan werden können, sind auch im Flächennutzungsplan unzulässig (vgl. Gaentzsch, a.a.O., § 5 Rn. 20; Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Auflage 2004, S. 56 Rn. 128). Inwieweit § 9 Abs. 1 BauGB auch die sich aus § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB ergebenden Darstellungsmöglichkeiten begrenzt, kann offen bleiben. Denn in einem Bebauungsplan können ebenfalls Flächen, auf denen Betriebe bestimmte Emissionsgrenzwerte einzuhalten haben, festgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 – BVerwG 4 CN 5.01 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 25; Beschluss vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – a.a.O.).
Welche Darstellungen noch zu den Grundzügen der Art der Bodennutzung gehören, hängt mithin nicht von dem Grad ihrer Bestimmtheit, sondern davon ab, ob sie den Bezug zur jeweiligen städtebaulichen Konzeption “für das ganze Gemeindegebiet” (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wahren. Der Flächennutzungsplan soll ein umfassendes Gesamtkonzept für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung der Gemeinde darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2003, a.a.O.; BVerwGE 109, 371 ≪376≫; 77, 300 ≪304≫). Dazu gehört es in der Regel, die einzelnen Bauflächen und die von Bebauung freizuhaltenden Gebiete einander zuzuordnen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Februar 1999 – BVerwG 4 CN 6.98 – Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 14 und vom 28. Februar 1975 – BVerwG 4 C 74.72 – BVerwGE 48, 70 ≪75≫). Die für einzelne Flächen vorgesehene Art der Bodennutzung muss sich in ein Konzept für das gesamte Gemeindegebiet einfügen. Darstellungen gehören ungeachtet ihres Bestimmtheitsgrades zu den Grundzügen der Art der Bodennutzung, wenn sie der Bewältigung eines Nutzungskonflikts dienen, der eine über die unmittelbar betroffenen Flächen hinausgehende Bedeutung für das dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende gesamträumliche Entwicklungskonzept der Gemeinde hat. Die Gemeinde kann somit nicht jeden beliebigen Nutzungskonflikt zum Gegenstand ihres Entwicklungskonzepts machen und dadurch ins Einzelne gehende Darstellungen auf der Ebene des Flächennutzungsplans rechtfertigen. Sind jedoch detaillierte und konkrete Darstellungen erforderlich, um einen Nutzungskonflikt von grundlegender Bedeutung für ihre gesamträumliche Entwicklung planerisch zu bewältigen, kann der Flächennutzungsplan seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn auch derartige Darstellungen zulässig sind.
3.2 Das Oberverwaltungsgericht hat die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung der 52. Änderung auch deshalb für unwirksam gehalten, weil sie nicht mehr entwicklungsfähig und -bedürftig seien (vgl. UA S. 22). Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass das Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), soweit der Flächennutzungsplan – wie hier – die Art der Bodennutzung im Außenbereich darstellt, Rückschlüsse auf den zulässigen Bestimmtheitsgrad der Darstellungen nicht zulässt.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus diesem gesetzlichen Ableitungszusammenhang, dass den Darstellungen des Flächennutzungsplans als Entwicklungsgrundlage noch nicht der Bestimmtheitsgrad eignet, der für Festsetzungen eines Bebauungsplans typisch ist; der Flächennutzungsplan weist ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung angelegt ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Februar 2003 – BVerwG 4 BN 9.03 – a.a.O. und vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 N 3.88 – Buchholz 406.11 § 5 BBauG/BauGB Nr. 7 = NVwZ 1991, 262; BVerwGE 48, 70 ≪73 ff.≫). Das Entwicklungsgebot und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Senats setzen voraus, dass die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Der Außenbereich liegt definitionsgemäß außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1972 – BVerwG 4 C 6.71 – BVerwGE 41, 227 ≪232≫). Im Außenbereich darf sich die Gemeinde grundsätzlich darauf beschränken, die städtebauliche Entwicklung planerisch durch den Flächennutzungsplan zu steuern. Das in § 35 BauGB vorgesehene Entscheidungsprogramm erweist sich in aller Regel als ausreichend, um eine städtebauliche Konfliktlage im Außenbereich angemessen beurteilen zu können und diese Beurteilung dem behördlichen Entscheidungsverfahren zuzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 2002 – BVerwG 4 C 5.01 – BVerwGE 117, 25 ≪30≫). Das gilt insbesondere, wenn – wie hier – über den konkreten Standort von im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB grundsätzlich zulässigen Vorhaben zu entscheiden ist. Die Gemeinde ist insoweit nicht darauf verwiesen, ihre planerischen Vorstellungen durch Erlass eines weite Teile des Außenbereichs erfassenden Bebauungsplans zur Geltung zu bringen. Sie ist auch nicht darauf beschränkt, für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB Konzentrationszonen mit den Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auszuweisen. Der Gesetzgeber hat mit dem Planungsvorbehalt im nachträglich eingefügten § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einen zusätzlichen Weg bezeichnet, durch Darstellungen im Flächennutzungsplan die Zulässigkeit privilegierter Vorhaben im Außenbereich zu steuern. Die Möglichkeit, dass einem privilegierten Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange entgegenstehen, weil es Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, bleibt hiervon unberührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – BVerwG 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287 ≪292≫; Beschluss vom 3. Juni 1998 – BVerwG 4 B 6.98 – BRS 60 Nr. 90).
Anders als ein Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan für sich betrachtet keine rechtssatzmäßige Regelung zulässiger Bodennutzungen; eine unmittelbare, die Zulässigkeit privilegierter Nutzungen ausschließende Wirkung können seine Darstellungen nicht entfalten (vgl. BVerwGE 77, 301 ≪305≫). Als Ausdruck der in ihm niedergelegten planerischen Vorstellungen der Gemeinde können Darstellungen des Flächennutzungsplans jedoch die Bedeutung eines der Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich entgegenstehenden öffentlichen Belangs haben. Da der Gesetzgeber die in § 35 Abs. 1 BauGB genannten Vorhaben im Außenbereich allgemein für zulässig erklärt hat, ohne jedoch eine Entscheidung über den konkreten Standort zu treffen, können einem privilegierten Vorhaben nur konkrete standortbezogene Aussagen im Flächennutzungsplan als öffentlicher Belang entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 N 3.88 – a.a.O.; BVerwGE 77, 300 ≪305≫; 68, 311 ≪315≫). Darstellungen des Flächennutzungsplans für den Außenbereich müssen mithin, um öffentliche Belange qualifizieren zu können, eine im Wege der Bebauungsplanung nicht weiter konkretisierungsbedürftige Standortentscheidung enthalten.
Auch für den Außenbereich darf die Gemeinde ihre planerischen Vorstellungen jedoch nur mit den allgemein im Flächennutzungsplan zulässigen Darstellungen zum Ausdruck bringen. Der Flächennutzungsplan darf für den Außenbereich nicht aufgrund des Bestimmtheitsgrades seiner Darstellungen faktisch an die Stelle eines Bebauungsplans treten. Er muss sich sowohl für die mit Bebauungsplänen überplanten als auch für die nicht überplanten und auch nicht für eine Überplanung vorgesehenen Teile des Gemeindegebiets darauf beschränken, die Art der Bodennutzung in den Grundzügen darzustellen. Das schließt – wie bereits dargelegt – detaillierte und nicht weiter konkretisierungsbedürftige Darstellungen nicht aus. Der Flächennutzungsplan darf die Art der Bodennutzung jedoch nicht insgesamt mit einer Detailliert- und Konkretheit, wie sie für einen Bebauungsplan typisch ist, darstellen. Solche Darstellungen dürfen nur einzelne Aspekte der Art der Bodennutzung betreffen. Im Übrigen muss sich der Flächennutzungsplan darauf beschränken, einen Rahmen für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets zu setzen.
3.3 Das Oberverwaltungsgericht hat weiter gemeint, öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB seien nur solche, welche Vorhaben in einer Abwägung gegenüber gestellt werden könnten. Das heiße, dass der Flächennutzungsplan öffentliche Belange nicht mit einer Detailgenauigkeit bestimmen könne, welche eine Abwägung ausschließe und eine vollständige Unterwerfung unter die Darstellungen des Flächennutzungsplans fordere (vgl. UA S. 22). Das trifft nicht zu. Die nachvollziehende Abwägung ist auch bei ins Einzelne gehenden Darstellungen möglich und geboten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 2004 – BVerwG 4 C 2.04 – NVwZ 2005, 211 ≪212≫ und vom 19. Juli 2001 – BVerwG 4 C 4.00 – BVerwGE 115, 17 ≪24 f.≫; BVerwGE 77, 300 ≪307≫; 68, 311 ≪313≫; Urteil vom 24. August 1979 – BVerwG 4 C 3.77 – Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 158) setzt die Beantwortung der Frage, ob öffentliche Belange einem Vorhaben entgegenstehen, eine Abwägung voraus, und zwar nicht eine planerische Abwägung, sondern eine nachvollziehende Abwägung zwischen dem jeweils berührten öffentlichen Belang und dem Interesse des Antragstellers an der Verwirklichung des Vorhabens. Ob sich die öffentlichen Belange im Einzelfall durchsetzen, ist eine Frage ihres jeweiligen Gewichts und der die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden Abwägung mit dem Vorhaben, zu dem es konkret in Beziehung zu setzen ist. Innerhalb dieser Beziehung ist dem gesteigerten Durchsetzungsvermögen privilegierter Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB) gebührend Rechnung zu tragen.
Für die Gewichtung einer Darstellung des Flächennutzungsplans ist zu beachten, dass die Darstellung nur wirksam ist, wenn sie ihrerseits auf einer gerechten planerischen Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 und 7 BauGB beruht (vgl. BVerwGE 77, 300 ≪307≫). Bei Aufstellung oder Änderung des Flächennutzungsplans können an die Ermittlung und Abwägung der Belange nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie bei einem Bebauungsplan. Die Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind parzellenscharf und – von der Möglichkeit der Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) abgesehen – im Genehmigungsverfahren bindend. Bei Aufstellung eines Bebauungsplans müssen deshalb auch die betroffenen Belange parzellenscharf ermittelt und abgewogen werden. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind, sofern sie nicht ausnahmsweise Parzellenschärfe für sich in Anspruch nehmen (vgl. BVerwGE 48, 70 ≪77≫), “grobmaschiger” (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Februar 2003 – BVerwG 4 BN 9.03 – und vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 N 3.88 – jeweils a.a.O.; BVerwGE 95, 123 ≪125≫; 48, 70 ≪73≫; 26, 287 ≪292≫). Anders als die Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind sie nicht wie Rechtssätze anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. April 1995 – BVerwG 4 B 70.95 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 309; Urteil vom 28. Februar 1975 – BVerwG 4 C 30.73 – DVBl 1975, 516 ≪519≫; BVerwGE 26, 287 ≪292≫). Je geringer die Detailschärfe einer Darstellung des Flächennutzungsplans ist, desto “grobmaschiger” können auch die Ermittlung der betroffenen Belange und ihre Abwägung sein; ins Einzelne gehende Darstellungen müssen das Ergebnis einer entsprechend stärker differenzierenden Abwägung sein. Die parzellenscharfe Ermittlung der betroffenen Belange und deren Würdigung dürfen, soweit nicht ausnahmsweise eine parzellenscharfe Abgrenzung verschiedenartiger Flächen voneinander bereits im Flächennutzungsplan gewollt ist, für den Außenbereich dem Baugenehmigungsverfahren überlassen bleiben.
Für die nachvollziehende Abwägung bedeutet das: Soweit die Gemeinde die betroffenen Belange bereits bei Aufstellung des Flächennutzungsplans fehlerfrei ermittelt und abgewogen hat, können diese im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung nicht anders gewichtet werden. Es ist jedoch zu prüfen, ob das Vorhaben von den der grobmaschigeren planerischen Abwägung zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen in wesentlichen Punkten abweicht, insofern also atypisch ist, und ob sonstige Umstände vorliegen, die nicht Gegenstand der planerischen Abwägung waren und das Gewicht der gemeindlichen Planungsvorstellungen mindern. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Flächennutzungspläne – in wesentlich stärkerem Maße als Bebauungspläne – von der tatsächlichen städtebaulichen Entwicklung abhängig sind. Diese kann dazu führen, dass sich das Gewicht ihrer Aussagen bis hin zum Verlust der Aussagekraft abschwächt (vgl. Beschluss vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 N 3.88 – a.a.O.; BVerwGE 26, 287 ≪293≫). Liegen diese Voraussetzungen vor, können im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung auch im Flächennutzungsplan genau festgelegte Immissionsgrenzwerte ihre Bedeutung als entgegenstehender öffentlicher Belang einbüßen. Die für den Flächennutzungsplan kennzeichnende relative Wirkungsschwäche unterscheidet diese Grenzwerte von solchen Immissionsgrenzwerten, die in Konkretisierung des Begriffs “schädliche Umwelteinwirkungen” (§ 3 Abs. 1 BImSchG) durch Rechtssatz, etwa durch Verordnungen auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, festgelegt sind. Ruft ein privilegiertes Vorhaben derartige schädliche Umwelteinwirkungen hervor oder wird es ihnen ausgesetzt, muss sich dieser entgegenstehende öffentliche Belang (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) wegen seiner Qualität als Rechtssatz bei der Abwägung mit den Interessen des Bauherrn immer durchsetzen.
4. Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
4.1 Ausgehend von dem dargelegten Maßstab gehört die streitgegenständliche Darstellung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu den Grundzügen der Art der Bodennutzung. Der Konflikt zwischen der Nutzung des Plangebiets als Erholungsraum für Kur- und Feriengäste einerseits und für Betriebe insbesondere mit Intensivtierhaltung andererseits hat eine über die Einzelvorhaben hinausgehende Bedeutung für das dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende gesamträumliche Entwicklungskonzept der Beigeladenen. Die Beigeladene möchte in ihrer Küstenregion den Fremdenverkehr entwickeln. Die zu diesem Zweck ausgewiesene Fläche für Erholungs-, Kur- und Freizeitzwecke umfasst etwa 1/4 des Gemeindegebiets auf einem Streifen entlang der Nordseeküste; sie umschließt drei staatlich anerkannte Kur- und Erholungsorte. Das Plangebiet ist andererseits durch eine Vielzahl von Betrieben landwirtschaftlich geprägt. Bereits die Verwirklichung einzelner stark emittierender Vorhaben kann die Entwicklung des Fremdenverkehrs langfristig beeinträchtigen. Die Darstellung im Flächennutzungsplan ist darauf gerichtet, den Konflikt nicht einseitig zu Lasten des Fremdenverkehrs oder der landwirtschaftlichen Nutzung zu lösen, sondern auf der Grundlage eines nach der Empfindlichkeit des Gebiets einerseits und der Schutzwürdigkeit des Vorhabens andererseits abgestuften Konzepts planerisch zu bewältigen.
Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen tritt mit der genannten Darstellung auch nicht faktisch an die Stelle eines Bebauungsplans. Er stellt zwar die von Betrieben einzuhaltenden Grenzwerte für Geruchs- und Staubemissionen mit einer eher für einen Bebauungsplan typischen Bestimmtheit dar. Im Übrigen setzt er jedoch lediglich einen Rahmen für die beabsichtigte Entwicklung der fremdenverkehrlichen Schwerpunktzone. Das von der 52. Änderung des Flächennutzungsplans erfasste Gebiet war vor Inkrafttreten der Änderung als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Diese Darstellung soll nach dem Willen der Beigeladenen wirksam bleiben und durch die Zweckbestimmung und die Nutzungsbeschränkungen lediglich überlagert werden. Alle auf der Fläche für Landwirtschaft bisher zulässigen Arten der Bodennutzung bleiben dem Grunde nach auch in der fremdenverkehrlichen Schwerpunktzone zulässig.
4.2 Die im Flächennutzungsplan der Beigeladenen dargestellten Grenzwerte für Geruch und Staub sind keine unzulässigen “Summenpegel”. Als solche wären sie nicht nur in einem Bebauungsplan (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 1993 – BVerwG 4 NB 2.93 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 18; Urteile vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 7.98 – BVerwGE 110, 193 ≪200≫ und vom 28. Februar 2002 – BVerwG 4 CN 5.01 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 25), sondern auch in einem Flächennutzungsplan unzulässig. Denn auch im Flächennutzungsplan darf – insoweit nicht anders als im Bebauungsplan – nur die Art der Bodennutzung dargestellt werden. Mit einem “Summenpegel” wird keine Nutzungsart, insbesondere nicht das Emissionsverhalten als Eigenschaft bestimmter Anlagen und Betriebe festgesetzt, sondern nur ein Immissionsgeschehen gekennzeichnet, das von einer Vielzahl unterschiedlicher Betriebe und Anlagen gemeinsam bestimmt wird und für das Emissionsverhalten der jeweiligen Anlage für sich genommen letztlich unbeachtlich ist (vgl. BVerwGE 110, 193 ≪200≫).
Die Beigeladene hat für Geruch und Staub keine Emissions-, sondern in 200 m bzw. 50 m Entfernung zum Emissionsschwerpunkt einzuhaltende Immissionsgrenzwerte festgelegt; um “Summenpegel” handelt es sich hierbei jedoch nicht. Die Einhaltung der Grenzwerte, mit denen die Beigeladene das Emissionsverhalten der Betriebe steuern will, ist für jeden Emittenten gesondert zu ermitteln. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Immissionspunkte bezogen auf den jeweiligen Emittenten definiert sind. Ermittelt werden sollen die Geruchs- und Staubimmissionen in 200 m bzw. 50 m Entfernung zum Emissionsschwerpunkt des jeweiligen Betriebes.
4.3 Ob die Darstellung der Fläche für Erholungs-, Kur- und Freizeitzwecke mit den abgestuften Nutzungsbeschränkungen auf einer gerechten Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 und 7 BauGB beruht, hat das Oberverwaltungsgericht nicht geprüft und insoweit auch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Angesichts des Umstandes, dass die Kur- und Erholungseinrichtungen zum Teil doch sehr weit entfernt seien, hat es die Abwägungsgerechtigkeit nicht als zweifelsfrei angesehen. Diesen Zweifeln wird es, wenn es bei seiner erneuten Entscheidung nicht die Wirksamkeit der Darstellung unterstellt, nachgehen müssen.
4.4 Der Senat kann – die Wirksamkeit der in Rede stehenden Darstellung des Flächennutzungsplans unterstellt – nicht ausschließen, dass dem Vorhaben der Kläger öffentliche Belange entgegenstehen, weil es der Darstellung widerspricht.
Wie bereits dargelegt, können nur konkrete standortbezogene Aussagen in einem Flächennutzungsplan der Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens im Außenbereich als öffentliche Belange entgegenstehen. Eine solche Aussage lässt sich nur Darstellungen entnehmen, die über den Regelungsgehalt des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB hinausgehen. Flächen für die Land- und Forstwirtschaft sind im Allgemeinen keine qualifizierten Standortzuweisungen; sie weisen dem Außenbereich nur die ihm ohnehin nach dem Willen des Gesetzes in erster Linie zukommende Funktion zu, der Land- und Forstwirtschaft – und dadurch zugleich auch der allgemeinen Erholung – zu dienen (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Oktober 1989 – BVerwG 4 C 28.86 – BRS 50 Nr. 98 und vom 4. Mai 1988 – BVerwG 4 C 22.87 – BVerwGE 79, 318 ≪323≫; 77, 300 ≪301 f.≫; 68, 311 ≪315 f.≫). Die im Flächennutzungsplan der Beigeladenen dargestellte Fläche für Erholungs-, Kur- und Freizeitzwecke mit den auf ihr geltenden Nutzungsbeschränkungen ist eine konkrete standortbezogene Aussage, die einem privilegierten Vorhaben als öffentlicher Belang entgegenstehen kann. Die Nutzungsbeschränkungen sind mit einer positiven Planung, nämlich der Ausweisung einer Zone, die in besonderem Maße der Erholung von Kur- und Feriengästen dienen soll, verbunden. Diese Fläche soll nicht nur – wie nach dem Willen des Gesetzgebers der Außenbereich im Allgemeinen – neben den privilegiert zulässigen Nutzungen auch der allgemeinen Erholung dienen; die Nutzung zu Erholungszwecken soll vielmehr gegenüber anderen privilegierten Nutzungen in bestimmtem Umfang Vorrang erhalten.
Ob sich die Darstellung des Flächennutzungsplans – ihre Wirksamkeit unterstellt – gegen das privilegierte Vorhaben der Kläger durchsetzt, kann der Senat mangels der hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht hat erwogen, die Darstellung in eine Vorrangfläche für Erholung umzudeuten; die nachvollziehende Abwägung hat es lediglich ausgehend von einem in dieser Weise geltungserhaltend reduzierten Flächennutzungsplan und auch insoweit nicht auf einer vollständigen Tatsachengrundlage vorgenommen. Das Gewicht der als wirksam zu unterstellenden Darstellung hängt davon ab, aus welchen Gründen, insbesondere aufgrund welcher tatsächlichen Gegebenheiten oder welcher für die Zukunft geplanten Entwicklung, die Beigeladene die Fläche für Erholungs-, Kur- und Freizeitzwecke in der hier betroffenen Zone unter Schutz gestellt hat. Im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung ist zu prüfen, ob und inwieweit die nähere Umgebung des Vorhabens die von der Beigeladenen als maßgebend angesehenen Qualifikationsmerkmale aufweist oder, soweit sich die Schutzwürdigkeit erst aus der geplanten Entwicklung des Gebiets ergeben sollte, inwieweit die Verwirklichung der Planung nach der seit Inkrafttreten der 52. Änderung des Flächennutzungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung realistisch erscheint. Von Bedeutung ist schließlich, inwieweit die Schutzziele der Beigeladenen durch das Vorhaben beeinträchtigt würden. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Feststellungen zur gegenwärtigen Situation im Einwirkungsbereich des Vorhabens, nicht aber zu den Gründen der Beigeladenen für die Unterschutzstellung des Gebiets getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
RiBVerwG Gatz kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben.
Dr. Paetow
Fundstellen
BVerwGE 2006, 132 |
BauR 2006, 52 |
ZAP 2006, 58 |
NuR 2006, 235 |
DVBl. 2005, 1583 |
GV/RP 2006, 371 |
GV/RP 2006, 401 |
BBB 2005, 51 |
BRS-ID 2005, 12 |
BRS-ID 2005, 15 |
BRS-ID 2005, 19 |
FSt 2006, 422 |
FuBW 2006, 232 |
FuBW 2006, 234 |
FuHe 2006, 462 |
FuHe 2006, 492 |
FuNds 2006, 717 |