Entscheidungsstichwort (Thema)
Gashochdruckleitung. Anzeige der Vornahme von Änderungen. Sachverständigenprüfung. landesrechtliche Gebühren. gesetzliche Ermächtigung. Äquivalenzprinzip. Investitionssumme
Leitsatz (amtlich)
1. § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz – GSG) erfaßt nur Sachverständigenprüfungen i.S.v. § 14 Abs. 1 GSG und entfaltet demgemäß keine bundesrechtliche Sperrwirkung gegenüber einer landesrechtlichen Gebührenregelung, die sich auf Prüfungen der Gewerbeaufsichtsbehörden im Rahmen eines Anzeigeverfahrens nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GSG bezieht.
2. Das Äquivalenzprinzip verbietet es nicht, für ein Anzeigeverfahren nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GSG eine Verwaltungsgebühr festzusetzen, die sich nach einem Hundert- oder Tausendsatz der Investitionssumme des angezeigten Vorhabens bemißt.
Normenkette
GSG § 11 Abs. 1, § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 1; GewO a.F. § 24 bis, § 24 d; GasHLVO §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; VwKostG LSA § 3 Abs. 3; AllGO LSA § 1 Abs. 1, Tarifstelle 73/3.5 der Anlage
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Entscheidung vom 16.07.1998; Aktenzeichen 1/4 S 168/97) |
VG Halle (Saale) (Entscheidung vom 29.05.1997; Aktenzeichen 3 A 106/95) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1998 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Verwaltungsgebühr.
Anfang Juli 1994 zeigte die Klägerin dem Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt die Rekonstruktion der Ferngasleitung 47 im Abschnitt Wippra-Horla auf einer Länge von 10 km und elf Einzelsanierungsmaßnahmen an. Mit Bescheid vom 1. August 1994 erklärte der Beklagte, dem die Anzeige zur Bearbeitung weitergeleitet worden war, er verzichte auf eine Beanstandung nach § 5 Abs. 2 der Verordnung über Gashochdruckleitungen vom 17. Dezember 1974 – BGBl I S. 3591 – (GasHLVO). Gleichzeitig stellte er der Klägerin einen Kostenfestsetzungsbescheid mit Datum vom 29. Juli 1994 zu, in dem auf der Grundlage der Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Februar 1994 – GVBl LSA S. 207 – (AllGO LSA) für die Prüfung der Anzeige eine Gebühr von 9 885 DM festgesetzt wurde. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin – mit dem insbesondere eine geringere Investitionssumme als zuvor angegeben wurde – ermäßigte der Beklagte die Gebühr auf 4 885 DM; im übrigen wies er den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, nach der maßgeblichen Tarifstelle berechne sich die Gebühr für die Prüfung einer Anzeige nach § 5 GasHLVO bei Anlagen, deren Errichtungskosten 1 Mio DM überstiegen, aus einem Ausgangswert von 885 DM sowie einem Steigerungswert von 0,1 v.H. der 1 Mio DM übersteigenden Kosten. Bei einer tatsächlichen Investitionssumme von 5 Mio DM ergebe sich daraus die festgesetzte Gebühr von 4 885 DM.
Die Klägerin hat daraufhin am 10. April 1995 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Sie hat gerügt, daß der Beklagte nicht nach § 2 Abs. 2 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 27. Juni 1991 – GVBl S. 154 – (VwKostG LSA) von der Erhebung der Gebühr abgesehen habe. Der Beklagte habe außer acht gelassen, daß die Wiederherstellung der Ferngasleitung im öffentlichen Interesse liege, weil die Leitung der Versorgung von Haushalten und Industrie diene. Des weiteren hat die Klägerin beanstandet, daß bei der Bemessung der Gebühr auf die Höhe der Investitionssumme abgestellt worden sei. Dies führe zu unerträglichen Belastungen. In anderen Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein, sei in Fällen dieser Art mit einer maximalen Gebührenbelastung von 1 000 DM zu rechnen. Die Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg würden sogar von einer Gebührenerhebung absehen. Die vom Beklagten erhobene Gebühr sei weder mit dem Kostendeckungsprinzip noch dem Äquivalenzprinzip vereinbar.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Heranziehung der Klägerin sei zwar nicht gemäß § 2 Abs. 2 VwKostG LSA von vornherein ausgeschlossen gewesen. Ein Fall, in dem ein das Interesse an der Erhebung der angefallenen Gebühr übersteigendes öffentliches Interesse bestehe, habe nicht vorgelegen. Voraussetzung hierfür sei, daß die Amtshandlung selbst im überwiegenden öffentlichen Interesse erfolgt sei, weil die Behörde dann faktisch keine Gegenleistung erbracht habe. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtswidrig, weil die Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA insbesondere wegen eines Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip nichtig sei. Zwischen der Gebühr und dem darauf bezogenen Verwaltungsaufwand bestehe ein Mißverhältnis. Die Behörde prüfe eine Anzeige nach § 5 GasHLVO daraufhin, ob ein von dritter Seite erstelltes Sachverständigengutachten vorhanden und vollständig sei. Eine tiefergehende inhaltliche Prüfung des Gutachtens finde im Regelfall nicht statt. Der Nichtbeanstandungsbescheid diene dem Antragsteller allein zur Rechtssicherheit. Denn nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GasHLVO könne die Behörde das Vorhaben nur innerhalb einer Frist von acht Wochen beanstanden. Nach Fristablauf gelte die Anlage auch ohne Nichtbeanstandungsbescheid als beanstandungsfrei. Im übrigen stelle das Beanstandungsverfahren lediglich ein Errichtungshindernis für den Zeitraum seiner Dauer dar. Der wirtschaftliche Nutzen des Nichtbeanstandungsbescheides für die Klägerin sei daher eher gering. Gleiches gelte für den Verwaltungsaufwand. Dieser habe im wesentlichen in einer Sichtung von Unterlagen bestanden, deren materielle Richtigkeit bereits durch andere Stellen überprüft und bescheinigt worden sei. Es sei weder behauptet noch aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich, daß der Beklagte sich mit den Unterlagen der Klägerin intensiv befaßt habe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt:
Das Verwaltungsgericht habe der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid sei rechtswidrig. Die Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA sei wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig und vermöge daher die Gebührenforderung des Beklagten nicht zu decken. Bei der Gebühr für die Prüfung einer Anzeige nach § 5 GasHLVO handele es sich um eine Gebühr, die nach dem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung und nicht nach dem Maß des Verwaltungsaufwands bemessen werde. Die Entscheidung des Verordnungsgebers für eine Wertgebühr stehe indessen nicht mit § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über technische Arbeitsmittel vom 24. Juni 1968 – BGBl I S. 717 – (Gerätesicherheitsgesetz – GSG) in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes vom 26. August 1992 – BGBl I S. 1564 – (2. GSGÄndG) im Einklang, der nur eine Aufwandgebühr zulasse. Als bundesrechtliche Norm verdränge § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG im Umfang seines Anwendungsbereichs die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 VwKostG LSA, der Wert- und Aufwandgebühr zur Wahl stelle.
Die Gebühr für die Prüfung einer Anzeige nach § 5 GasHLVO unterfalle dem Regelungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG. Die Gebühr werde für eine vorgeschriebene Prüfung erhoben. Die Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Prüfung der mit der Anzeige vorgelegten Unterlagen über die Gashochdruckleitung ergebe sich konkludent aus § 5 Abs. 2 GasHLVO. Die Wahrnehmung der dort normierten Befugnis zur Beanstandung des Vorhabens setze voraus, daß die Behörde die eingereichten Unterlagen eigenständig sichte und bewerte. Die Ermächtigung in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG sei nicht auf Gebührenregelungen für Prüfungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG beschränkt. Für die gegenteilige Auffassung finde sich im Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG kein Anhaltspunkt. Auch die Struktur des § 11 Abs. 1 GSG spreche dafür, daß sich die Nr. 5 auf alle vorhergehenden Nummern des Absatzes 1 beziehe. Wäre eine Fixierung allein auf § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG bzw. § 24 Abs. 1 Nr. 4 GewO a.F. gewollt gewesen, hätte es nahegelegen, die Ermächtigung zum Erlaß gebührenrechtlicher Bestimmungen in die Nr. 4 zu integrieren. Eine Reduzierung des Anwendungsbereichs des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG wäre schließlich mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil es für sie keinen sachlichen Grund gebe.
§ 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG enthalte nicht nur die Ermächtigung und Vorgaben für Vergütungsregelungen für Sachverständige, sondern auch für Behörden. Dies folge aus dem Wortlaut des Satzes 2. Dort sei generell vom Personal- und Sachaufwand für die Prüfungen die Rede; der Aufwand für Sachverständige werde nur beispielhaft („insbesondere”) erwähnt. Daß sich die Kostenverordnung für die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen vom 23. November 1992 – BGBl I S. 1944 – (KostenVO), geändert durch Verordnung vom 15. April 1996 – BGBl I S. 611 –, in ihrem § 1 allein an die technischen Überwachungsorganisationen wende, sei unerheblich. Die Verordnung bestimme nicht die Reichweite des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG; sie schöpfe den Rahmen der Ermächtigungsnorm nicht aus. Eine Begrenzung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG auf die Befugnis, die Gebühren und Auslagen für Sachverständige festzulegen, wäre auch mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Prüfungen würden zwar gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 GSG in der Regel von Sachverständigen vorgenommen. In den Rechtsverordnungen nach § 11 Abs. 1 GSG könne aber etwas anderes bestimmt und insbesondere eine Behörde mit den Prüfungen betraut werden. Da weder der Aufwand für die Prüfung noch der Nutzen der Prüfung für den Gebührenschuldner davon abhänge, ob ein Sachverständiger einer technischen Überwachungsorganisation eine Anlage prüfe oder ein Mitarbeiter einer Behörde, gebe es keinen sachlichen Grund dafür, warum in dem einen Fall nur eine Aufwandgebühr erhoben werden dürfe, während in dem anderen Fall wahlweise auch eine Wertgebühr zulässig sein solle.
Die Bindung des Landes an § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG folge aus Art. 84 Abs. 1 GG. Zwar seien die Länder, wenn sie – wie hier – Bundesrecht gemäß Art. 83 GG als eigene Angelegenheit ausführten, befugt, das Verwaltungsverfahren zu regeln und in Wahrnehmung dieser Kompetenz auch Verwaltungsgebührenrecht zu setzen. Dies gelte jedoch nur, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmten. Eine derartige Bestimmung enthalte § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG. Zwar möge es zweifelhaft sein, ob bereits eine bundesgesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen im Gebührenrecht sich unmittelbar auf das Landesverwaltungsgebührenrecht auswirke. Diese Frage bedürfe im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, weil jedenfalls § 11 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 2 und 4 GSG eine verbindliche gebührenrechtliche Regelung enthalte, die entgegenstehendes Landesrecht ausschließe. Nach Satz 2 würden die Gebühren zur Deckung des mit den Prüfungen verbundenen Personal- und Sachaufwandes erhoben. Nach Satz 4 richte sich die Höhe der Gebührensätze nach der Stundenzahl, die ein Sachverständiger für die Prüfungen der Anlagen durchschnittlich benötige. Bereits der Wortlaut dieser Bestimmungen („werden … erhoben” – „richtet sich nach”) deute darauf hin, daß der Bund insoweit eine abschließende Entscheidung zugunsten einer Aufwand- und gegen eine Wertgebühr getroffen habe. Es wäre auch von der Sache her aus der Sicht des Gebührenschuldners nicht zu rechtfertigen, wenn die Gebühren für Leistungen von Sachverständigen nach deren Personal- und Sachaufwand berechnet und erhoben würden, die Behörde dagegen für die Prüfung derselben Anlage eine Wertgebühr erheben dürfe. Aus dem Gebot einer einheitlichen Regelung gleicher Sachverhalte folge mithin, daß Adressat der in § 11 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 GSG getroffenen Regelung nicht nur der Bundesverordnungsgeber, sondern auch die Länder seien, die ihr Gebührenrecht insoweit an den bundesgesetzlichen Vorgaben auszurichten hätten. Dies sei in Sachsen-Anhalt nicht geschehen, so daß sich die Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA als unvereinbar mit Bundesrecht erweise und der darauf gestützte Kostenbescheid keinen Bestand haben könne.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Zur Begründung führt der Beklagte im wesentlichen aus:
Das angefochtene Urteil sei unter Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 GG sowie § 11 Abs. 1, § 14 Abs. 1 GSG und § 5 Abs. 2 GasHLVO zustande gekommen. Die Feststellung der Nichtigkeit der Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA beruhe auf der fehlerhaften Anwendung und Auslegung der genannten Vorschriften des Bundesrechts.
§ 11 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 2 und 4 GSG enthalte entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts keine verbindliche gebührenrechtliche Regelung, die entgegenstehendes Landesrecht ausschließe. Von der dort normierten Verordnungsermächtigung habe die Bundesregierung hinsichtlich der Gashochdruckleitungen keinen Gebrauch gemacht. Die Kostenverordnung für die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen enthalte hierzu keine Regelungen. Eine bloße Verordnungsermächtigung zugunsten der Bundesregierung entfalte selbst jedoch keine auf Art. 72 Abs. 2 GG beruhende Sperrwirkung in der Weise, daß die Länder dadurch an einer gebührenrechtlichen Regelung gehindert seien. Mit der Verordnungsermächtigung werde allein die Bundesregierung für den Fall gebunden, daß sie von der Verordnungsermächtigung Gebrauch mache.
Das Oberverwaltungsgericht habe bei seiner Auslegung außerdem den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG verkannt. Die dort normierte Verordnungsermächtigung beziehe sich nicht auf die Erhebung von Gebühren für verwaltungsbehördliche Amtshandlungen, auch wenn diese ihre Grundlage in Verordnungen nach § 11 Abs. 1 GSG hätten. Der Verordnungsgeber sei zur Regelung der Gebühren- und Auslagenerhebung nur für solche Prüfungen überwachungsbedürftiger Anlagen ermächtigt, die vorgeschrieben oder behördlich angeordnet seien. Eine Ermächtigung zur Regelung derartiger Prüfungen sei allein § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG zu entnehmen. Das System der dort vorgesehenen Prüfungen werde als technische Überwachung bezeichnet und sei in dieser Vorschrift abschließend geregelt. Durch die Bezugnahme auf vorgeschriebene oder behördlich angeordnete Prüfungen sei der Anwendungsbereich der Gebührenregelung nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG gleichermaßen wie der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG beschränkt. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Begriff „Überwachung” in § 11 GSG als Oberbegriff für alle Tätigkeiten bei der staatlichen Kontrolle gefährlicher Anlagen verstanden werde. Von diesem Gesamtbereich der Anlagenüberwachung werde in § 14 Abs. 1 GSG der Teilbereich der technischen Überwachung den Sachverständigen zugewiesen, die diese durch Prüfungen wahrnähmen. Insofern handle es sich stets um technische Prüfungen. Diese seien gemeint, wenn in § 11 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 von „Prüfungen” die Rede sei.
Von der Verordnungsermächtigung in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG sei mit der Kostenverordnung für die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen – mit Ausnahme der Gashochdruckleitungen – Gebrauch gemacht worden. Hierin sei die Gebührenerhebung für die technische Überwachung durch Sachverständige geregelt. Für den Bereich der Verwaltungskontrolle mittels Amtshandlungen verbleibe es dagegen bei den allgemeinen Verwaltungskostenregelungen der Länder. Dementsprechend hätten einzelne Bundesländer in ihre gebührenrechtlichen Regelungen auch Gebührentatbestände für Amtshandlungen bei der Überwachung überwachungsbedürftiger Anlagen aufgenommen. Diese bezögen sich auch auf solche Anlagen, für die Gebühren hinsichtlich der technischen Überprüfung durch Sachverständige bereits in der bundesrechtlichen Kostenverordnung enthalten seien. Es sei auch nicht unüblich, daß die landesrechtlichen Gebührenregelungen Wertgebühren in Anknüpfung an den Errichtungswert einer überwachungsbedürftigen Anlage festsetzten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 29. Mai 1997 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, daß die in Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA geregelte Gebühr dem Äquivalenzprinzip widerspreche, das eine Ausprägung des bundesrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei. Zudem liege ein Verstoß gegen die allgemein im Gebührenrecht anwendbaren Grundsätze der Kostendeckung und der Gebührengleichheit vor.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren und unterstützt die vom Beklagten zur Auslegung von § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG vorgetragene Argumentation.
II.
Die Revision des Beklagten ist begründet.
Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Eine abschließende Sachentscheidung kann nur auf der Grundlage des einschlägigen Landesrechts getroffen werden. Da das angefochtene Urteil hierzu keine Aussagen enthält, wird die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen (vgl. § 565 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 173 VwGO).
1. Das angefochtene Urteil beruht auf der Annahme, als bundesrechtliche Norm verdränge § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG im Umfang seines Anwendungsbereichs die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 VwKostG LSA, der Wert- und Aufwandgebühr zur Wahl stelle. Die Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA, auf die der Beklagte seine Gebührenforderung stütze, sei wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig, weil es sich um eine Wertgebühr handele, die zwar nach dem Landesrecht (§ 3 Abs. 2 Satz 2 VwKostG LSA) zulässig sei, nicht aber nach vorrangigem Bundesrecht (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG); letzteres lasse nur eine Aufwandgebühr zu.
Dieser Auffassung des Oberverwaltungsgerichts folgt der erkennende Senat nicht. Die Gebührenermächtigung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG ist in einem Fall, in dem es um eine Gebühr für die Prüfung einer Anzeige nach § 5 Abs. 1 GasHLVO durch die zuständige Gewerbeaufsichtsbehörde (vgl. § 15 Satz 1 GSG) geht, seinen Voraussetzungen nach nicht anwendbar. Indem das Oberverwaltungsgericht mit seiner Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG dessen Geltung auf Amtshandlungen im Anzeigeverfahren nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GSG erstreckt, verletzt es Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Schon der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG spricht gegen die Auslegung, die das Oberverwaltungsgericht bevorzugt. Das Regelungssystem, das der Gesetzgeber in den §§ 11 bis 15 GSG geschaffen hat, belegt im Gegenteil, daß in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG nur Gebühren für Sachverständigenprüfungen erfaßt sind. Die Regelung der Gebühren, die für Amtshandlungen der Gewerbeaufsichtsbehörden erhoben werden, obliegt allein den Ländern. Eine bundesrechtliche Sperrwirkung entfaltet § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG insoweit nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn und soweit ein Land Sachverständigenprüfungen nicht durch technische Überwachungsorganisationen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 GSG), sondern durch eigens dafür eingerichtete Behörden vornehmen läßt. Wie noch zu zeigen sein wird, müssen sich dann die Gebührensätze für diese Amtshandlungen besonderer Art nach den bundesrechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG richten. In Sachsen-Anhalt fehlt eine Behördenzuständigkeit für Sachverständigenprüfungen. Dementsprechend steht hier eine Gebühr für eine sonstige Amtshandlung der Gewerbeaufsicht im Streit, die nicht § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG unterfällt.
Mangels anderweitiger Bestimmung führen die Länder im Rahmen der Tätigkeit ihrer Gewerbeaufsichtsämter nach § 15 Satz 1 GSG Bundesrecht als eigene Angelegenheit aus (vgl. Art. 83 GG). Nach Art. 84 Abs. 1 GG regeln sie insoweit die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Zum Verwaltungsverfahren gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Gebührenerhebung (vgl. Urteil vom 13. Januar 1959 – BVerwG 1 C 114.57 – BVerwGE 8, 93 ≪94≫; Urteil vom 3. März 1994 – BVerwG 4 C 1.93 – BVerwGE 95, 188 ≪193≫; Urteil vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – UA S. 14 ≪zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen≫; vgl. auch Meyer in: Landmann/Rohmer, GewO II, Stand: 1. Januar 1999, § 11 GSG Rn. 96).
Eine Notwendigkeit, in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG nach einer bundesrechtlichen Ermächtigung für die durch Amtshandlungen der Gewerbeaufsichtsämter ausgelösten Gebühren zu suchen, besteht danach nicht. In Satz 1 dieser Vorschrift wird die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (vgl. § 11 Abs. 4 GSG) ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche „Gebühren und Auslagen für die vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Prüfungen” überwachungsbedürftiger Anlagen „zu entrichten sind”. Den Begriff der „Prüfung” hat der Gesetzgeber in der vorstehenden Nummer 4 des § 11 Abs. 1 GSG und in § 14 Abs. 1 Satz 1 GSG erläutert. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG wird der Verordnungsgeber ermächtigt zu bestimmen, daß überwachungsbedürftige Anlagen „einer Prüfung vor Inbetriebnahme, regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen und Prüfungen auf Grund behördlicher Anordnungen unterliegen”. Diese „Prüfungen der überwachungsbedürftigen Anlagen” werden, soweit die Rechtsverordnungen nach § 11 Abs. 1 GSG nichts anderes bestimmen, von amtlichen oder amtlich für diesen Zweck anerkannten Sachverständigen vorgenommen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GSG). Dementsprechend gebraucht der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 GSG unter Hinweis auf § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG selbst den Begriff der „Sachverständigenprüfung”.
Dafür, daß in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG ein hiervon abweichender Begriff der „Prüfung” gemeint sein könnte, fehlt ein tragfähiger Anhaltspunkt. Das Oberverwaltungsgericht meint zwar, der „Struktur des § 11 Abs. 1 GSG” entnehmen zu können, daß sich die dortige Nummer 5 auf alle vorhergehenden Nummern des Absatzes 1 beziehe. Das hierfür angeführte Argument, es hätte anderenfalls nahegelegen, die Ermächtigung zum Erlaß gebührenrechtlicher Bestimmungen in die Nummer 4 zu integrieren, ist aber nicht belastbar. Gleiches gilt für das Argument des Oberverwaltungsgerichts, in Satz 2 des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG werde „der Aufwand für die Sachverständigen” nur beispielhaft („insbesondere”) genannt. Dies zeigt insbesondere ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Regelung.
Vorläufer der §§ 11 bis 15 GSG waren die §§ 24 bis 24 d der Gewerbeordnung (GewO a.F.). Diese waren durch das Gesetz zur Änderung der Titel I bis IV, VII und X der Gewerbeordnung vom 29. September 1953 – BGBl I S. 1459 – mit Wirkung vom 1. Dezember 1953 in die Gewerbeordnung eingefügt worden. § 24 Abs. 1 GewO a.F. wies bereits im wesentlichen die Struktur des am 2. September 1992 in Kraft getretenen (vgl. Art. 15 Satz 2 i.V.m. Art. 1 Nr. 13 des 2. GSGÄndG) § 11 Abs. 1 GSG auf. Insbesondere galt dies für die Aufzählung der verschiedenen Gegenstände der Ermächtigung: die Verpflichtung zur Anzeige (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 GewO a.F. = § 11 Abs. 1 Nr. 1 GSG) oder zur Einholung einer Erlaubnis (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GewO a.F. = § 11 Abs. 1 Nr. 2 GSG), zum Erlaß technischer Vorschriften (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GewO a.F. = § 11 Abs. 1 Nr. 3 GSG) und zur Einführung von Sachverständigenprüfungen (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 GewO a.F. = § 11 Abs. 1 Nr. 4 GSG) sowie Gebühren für diese Prüfungen (§ 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. = § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG) bei überwachungsbedürftigen Anlagen.
In dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Titel II bis IV und X der Gewerbeordnung (BTDrucks 1/4170) hatte § 24 GewO allerdings noch eine andere Struktur. Dort war nämlich in § 24 Abs. 1 Nr. 5 die Ermächtigung vorgesehen zu bestimmen, „welcher Behörde die Aufsicht über die Ausführung der nach Nummern 1 bis 4 erlassenen Rechtsverordnungen obliegt”. Danach sollte erst in § 24 Abs. 1 Nr. 6 die Ermächtigung für eine Regelung der Gebühren folgen, die „für die vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Prüfungenund die Überwachung der Anlagen zu entrichten” (Unterstreichung hinzugefügt) sind.
Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung der Aufsicht über die Durchführung der Rechtsverordnungen und die zugehörige Gebührenregelung ist dann auf Wunsch des Bundesrates nicht Gesetz geworden. Der Bundesrat hatte eingewandt, daß der „überwiegende Teil der in Betracht kommenden Anlagen bisher bereits der Aufsicht durch die Gewerbeaufsichtsämter” unterlegen habe, „welche deshalb als alleinige Behörden über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung” verfügten. Es sei daher erwünscht, daß auch die Anlagen in bundeseigener Verwaltung möglichst in die Aufsicht der Länder einbezogen würden (BTDrucks 1/4170, S. 25). Die Bundesregierung hat sich daraufhin zwar dem Wunsch, die Landesaufsicht auch auf die in bundeseigener Verwaltung stehenden Anlagen zu erstrecken, widersetzt, im übrigen aber die später Gesetz gewordene Regelung der Behördenzuständigkeit in § 24 d GewO a.F. (= § 15 GSG) gebilligt (BTDrucks 1/4170, S. 28). Die Worte „und die Überwachung” in § 24 Abs. 1 Nr. 6 des Regierungsentwurfs, der § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. wurde, entfielen ersatzlos. Zur Begründung wurde lediglich auf die Änderung der Aufsichtsregelung verwiesen (BTDrucks 1/4170, S. 22 f.).
Dieser Ablauf zeigt, daß § 24 Abs. 1 des Regierungsentwurfs anders strukturiert war und insbesondere eine Ermächtigung zum Erlaß einer Gebührenregelung enthielt, die nicht auf die Sachverständigenprüfungen beschränkt gewesen wäre, sondern – ausdrücklich – die Gebühren für Amtshandlungen der zuständigen Überwachungsbehörden einbezogen hätte. Die ersatzlose Streichung dieses Teils der vorgesehenen Ermächtigung kann nur so gedeutet werden, daß der Bund bewußt darauf verzichten wollte, in die Gebührenhoheit der Länder einzugreifen. Dies korrespondiert mit dem gleichzeitigen Rückzug des Bundes aus der Regelung der Behördenzuständigkeit. Damit hätte sich zwar seinerzeit die Möglichkeit eröffnet, die Gesetz gewordene Gebührenregelung mit der Regelung über die Sachverständigenprüfung in einer gemeinsamen Ordnungsziffer zu verknüpfen. Denn die Gebührenregelung hatte nunmehr allein für die Sachverständigenprüfung Bedeutung. Zwingend notwendig war dieser Schritt jedoch nicht. Denn auch ohne eine derartige Integration von Nummer 5 in Nummer 4 des § 24 Abs. 1 GewO a.F. (= § 11 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 GSG) brachte der Wortlaut das Gewollte hinreichend deutlich zum Ausdruck.
Diejenige Fassung, die dann durch Art. 1 Nr. 13 des 2. GSGÄndG in § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG übernommen wurde, hat § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. erst durch Art. 13 Nr. 1 des Kostenermächtigungs-Änderungsgesetzes vom 23. Juni 1970 – BGBl I S. 805, 812 – erhalten. Mit diesem Artikelgesetz wurde im Anschluß an den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1966 – 2 BvR 179, 476, 477/64 – (BVerfGE 20, 257) eine verfassungskonforme Ausgestaltung verschiedener gesetzlicher Gebührenermächtigungen angestrebt. Ohne daß in der Sache Änderungen beabsichtigt waren, sollten die Gebührentatbestände und, soweit möglich und notwendig, die Gebührensätze präzisiert werden (vgl. BTDrucks 6/329, S. 20). Speziell die amtliche Begründung der Neufassung des § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. (vgl. BTDrucks 6/329, S. 28 f.) verweist darauf, daß die Sachverständigen der technischen Überwachungsorganisationen die Anlagenprüfungen im öffentlichen Interesse vornähmen; die Gebühreneinnahmen dürften deswegen nicht zu Überschüssen (Gewinnen) der technischen Überwachungsorganisationen führen. Die Gebührensätze sollten so bemessen werden, daß sie zur Deckung des mit den Prüfungen verbundenen Aufwandes ausreichten. Es folgt sodann der Hinweis, daß Satz 2 des § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. die „Kostensumme” regele, „die den technischen Überwachungsorganisationen im Verlauf eines bestimmten Zeitabschnitts, z.B. eines Kalenderjahres, erwachsen ist”. Aus diesem Faktor seien mittels weiterer Faktoren, die sich aus Satz 4 des § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. ergäben, die Gebührensätze zu ermitteln. Abschließend heißt es, daß eine Reihe von Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes „nicht für die von den Technischen Überwachungsorganisationen zu erhebenden Kosten” paßten und deswegen insoweit eine Abweichung zugelassen werden müsse (vgl. Satz 5 des § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F.).
Diese Entstehungsgeschichte liefert somit keinen Anhaltspunkt dafür, daß § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. und damit auch § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG eine Gebührenermächtigung für Amtshandlungen der zuständigen Gewerbeaufsichtsämter umfassen sollten. Wenn der Gesetzgeber mit der Neuregelung in Art. 13 Nr. 1 des Kostenermächtigungs-Änderungsgesetzes – abweichend von der bisherigen Rechtslage – die insoweit bestehende Regelungskompetenz der Länder zugunsten einer neuen bundesrechtlichen Ermächtigung hätte verdrängt sehen wollen, hätte er dies in den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit verlautbart. Die amtliche Begründung des genannten Gesetzes enthält aber im Gegenteil mehrere Hinweise darauf, daß der Gesetzgeber seinerzeit allein eine Regelung der Gebühren und Auslagen für die Sachverständigenprüfung in den Blick genommen hatte. Die Verwendung des Wortes „insbesondere” in Satz 2 des § 24 Abs. 1 Nr. 5 GewO a.F. (= Satz 2 des § 11 Abs. 1 Nr. 5 GSG) läßt unter diesen Umständen nicht die Schlußfolgerungen zu, die das Oberverwaltungsgericht daraus ziehen will. Es ist vielmehr zwanglos damit zu erklären, daß die nachfolgende Aufzählung („der Aufwand für die Sachverständigen, die Prüfeinrichtungen und -stoffe sowie für die Entwicklung geeigneter Prüfverfahren und für den Erfahrungsaustausch”) den Personal- und Sachaufwand der technischen Überwachungsorganisationen nicht abschließend umschreiben soll.
Das vom Oberverwaltungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Argument vermag dessen abweichende Auslegung ebensowenig zu stützen. Es trifft zu, daß Gebühren für Sachverständigenprüfungen auch erhoben werden können, wenn mit der Durchführung dieser Prüfungen durch Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 1 GSG eine Behörde betraut ist. Dies ist in Hamburg und in Hessen der Fall (vgl. Meyer, a.a.O., § 14 GSG Rn. 13 – 15). Dem Oberverwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß es hinsichtlich der Gebührensätze, die für Sachverständigenprüfungen gelten, keinen Unterschied machen kann, ob die Prüfung von einer technischen Sachverständigenorganisation oder einer Behörde durchgeführt wird. Es wäre in der Tat willkürlich, wenn für die Prüfung des Sachverständigen einer technischen Überwachungsorganisation nur eine Aufwandgebühr anfiele, während für die gleiche Prüfung einer Behörde eine höhere Wertgebühr erhoben werden könnte. Mit dieser Erkenntnis ist aber nichts für die Frage gewonnen, welche Gebührensätze fürsonstige Amtshandlungen zu gelten haben, die im Bereich der technischen Überwachung vorzunehmen sind. Zu diesen sonstigen Amtshandlungen zählt beispielsweise die Freigabeerklärung, mit der ein Gewerbeaufsichtsamt – wie im vorliegenden Fall – das Anzeigeverfahren beendet. Allein die Tatsache, daß das Gewerbeaufsichtsamt auch hier etwas „prüft”, gebietet nicht eine gebührenrechtliche Gleichbehandlung mit den Sachverständigenprüfungen.
Das Oberverwaltungsgericht erläutert seine gegenteilige Auffassung nicht. Anscheinend vermag es generell keinen gebührenrechtlich relevanten Unterschied zu erkennen, wenn zum einen behördliche Prüfungen stattfinden und wenn zum anderen Sachverständige Prüfungen durchführen. Beides sind aus seiner Sicht „Prüfungen” im Rahmen der technischen Überwachung, die gebührenrechtlich gleich zu behandeln sind. Das ist jedoch unzutreffend. Abgesehen von dem Sonderfall, daß – wie in Hamburg und Hessen – die Sachverständigenprüfung einer Behörde obliegt, ist ein sachlicher Unterschied zwischen den Gebührentatbeständen, der eine Ungleichbehandlung bei der Gebührenbemessung rechtfertigt, offensichtlich. Er ist schon darin zu sehen, daß Kostengläubiger technische Überwachungsorganisationen sind, die als juristische Personen privaten Rechts organisiert sind. Im Schrifttum wird deswegen teilweise angenommen, die Gebühren stellten ein privatrechtliches Entgelt (sog. unechte Gebühren) dar (vgl. Meyer, a.a.O., § 11 GSG Rn. 100). Dies mag man in Zweifel ziehen, weil die technischen Überwachungsorganisationen trotzdem einen Teil der öffentlichen Verwaltung im materiellen Sinne darstellen und daher durchaus eine Einordnung der Gebühr als öffentlich-rechtliches Entgelt in Betracht kommt (so BVerfG, Beschluß vom 20. Februar 1986 – 1 BvR 859, 937/81 – NJW 1987, 2501 ≪2502≫ für Gebühren im Bereich der Kfz-Überwachung). Letztlich kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Entscheidend ist nämlich, daß bei einem privatrechtlich organisierten Kostengläubiger – gleichgültig, ob die von ihm erhobenen Gebühren ein privates oder ein öffentlich-rechtliches Entgelt darstellen – vom Gesetzgeber der strikten Durchsetzung des Kostendeckungsprinzips ein besonderer Stellenwert beigemessen werden durfte. Dies ist in Art. 13 Nr. 1 des Kostenermächtigungs-Änderungsgesetzes geschehen und hat seinen guten Grund. Es sollte verhindert werden, daß Private aus einer Monopolstellung, die ihnen vom Staat eingeräumt worden ist, Gewinne ziehen können. Die „Kostendeckelung” durch Aufwandgebühren und damit die bundesweite Vereinheitlichung der Gebühren für Sachverständigenprüfungen hat außerdem den Vorteil, daß sich Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Kosten für gleiche Prüfungshandlungen vermeiden lassen (vgl. Meyer, a.a.O., § 11 GSG Rn. 96).
Während bei den technischen Überwachungsorganisationen der mit den Gebühren abzudeckende Sach- und Personalaufwand für Sachverständigenprüfungen im Rahmen eines geordneten Rechnungswesens nachweisbar ist (vgl. Meyer, a.a.O., § 11 GSG Rn. 101), läßt sich der Aufwand, der bei sonstigen Prüfungen der Gewerbeaufsichtsbehörden anfällt, nicht in gleicher Weise ermitteln. Es handelt sich um einen nicht exakt abgrenzbaren Bestandteil der allgemeinen Verwaltungskosten. Zwar gibt es Bestrebungen, auch die Inanspruchnahme behördlicher „Dienstleistungen” nach Stundensätzen zu messen und auf diesem Wege Maßstäbe für die Gebührenerhebung zu gewinnen (vgl. Hörstel, BauR 1997, 14 ≪21≫). Die Ergebnisse dieser Bemühungen sind aber – zumindest derzeit – noch nicht geeignet, für sonstige Prüfungen der Gewerbeaufsichtsbehörden eine Festlegung von Wertgebühren überflüssig zu machen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist darin nicht zu sehen.
2. Zu der Frage, ob der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid den einschlägigen Vorschriften des Landesrechts entspricht, hat das Oberverwaltungsgericht sich nicht geäußert. Der Senat ist gehindert, die Prüfung des Landesrechts vorzunehmen, zumal nicht auszuschließen ist, daß insofern noch Feststellungen tatsächlicher Art erforderlich sind. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (vgl. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat in seinem erstinstanzlichen Urteil die Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA insbesondere wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 Abs. 3 VwKostG LSA niedergelegte Äquivalenzprinzip als nichtig angesehen. Im Hinblick darauf ist zu bemerken, daß zumindest aus bundesrechtlicher Sicht der Fall noch keinen ausreichenden Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liefert.
Vom Bundesverwaltungsgericht wird das Äquivalenzprinzip unabhängig von seiner jeweiligen landesrechtlichen Ausgestaltung als ein auf die Gebühr bezogener Ausdruck des bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angesehen. Danach darf die Gebühr nicht in einem groben Mißverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen (vgl. z.B. Urteil vom 14. April 1967 – BVerwG 4 C 179.65 – BVerwGE 26, 305 ≪308 f.≫; Urteil vom 15. Juli 1988 – BVerwG 7 C 5.87 – BVerwGE 80, 36 ≪39≫; Urteil vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – UA S. 9). Die für die Abgrenzung zur Steuer unerläßliche Abhängigkeit der Gebühr von einer Gegenleistung bleibt nur erhalten, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigt. Anderenfalls würde die Abgabe insoweit – wie eine Steuer – „voraussetzungslos” erhoben und nicht mehr dazu dienen, einen dem Abgabenschuldner zugewandten Vorteil abzuschöpfen; die Abgabe griffe dann vielmehr im Blick auf die Finanzierung von Gemeinlasten zugleich auf dessen allgemeine Leistungsfähigkeit zurück (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88 und 1300/93 – BVerfGE 93, 319 ≪347≫).
Im Grundsatz ist dem bundesrechtlichen Äquivalenzprinzip aber kein Verbot einer Wertgebühr zu entnehmen. Denn die Gebührenhöhe wird nicht von Verfassungs wegen durch die Kosten der Leistung der öffentlichen Hand in der Weise begrenzt, daß Gebühren diese Kosten nicht übersteigen dürfen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 – 2 BvL 5/76 – BVerfGE 50, 217 ≪226≫). Der Gesetz- und Verordnungsgeber ist nicht gehindert, neben der Kostendeckung weitere Ziele zu verfolgen und bei den Gebührenmaßstäben den Wert der staatlichen Leistung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 12. Februar 1992 – 1 BvL 1/89 – BVerfGE 85, 337 ≪346≫). Das Äquivalenzprinzip ist nicht mit dem Kostendeckungsprinzip identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961 – BVerwG 7 C 109.60 – BVerwGE 12, 162 ≪169≫).
Unter der Geltung des bundesrechtlichen Äquivalenzprinzips verbleibt dem Gesetz- und Verordnungsgeber bei Beantwortung der Frage, wie eine sachgerechte Verknüpfung zwischen dem Wert der staatlichen Leistung und der Gebührenhöhe herzustellen ist, somit ein weiter Ermessensspielraum. Bezieht sich die gebührenpflichtige Amtshandlung auf Objekte, deren Wert feststellbar ist, bietet sich dieser Wert als Bemessungsgrundlage an. Hier verlangt das Äquivalenzprinzip regelmäßig nur, daß der Hundert- oder Tausendsatz des Wertes, der als Gebühr zu entrichten ist, nicht unangemessen hoch ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961 – BVerwG 7 C 109.60 – a.a.O., S. 169). Mit Recht führt der Beklagte daher an, daß es bei Gebührenerhebung für Anlagen- oder Baugenehmigungen eine bewährte Praxis ist, die Investitions- oder Baukosten als Bemessungsgrundlage zu wählen.
Hiervon ausgehend ergibt sich im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip. Vorweg ist klarzustellen, daß die Gebühr nach Tarifstelle Nr. 73/3.5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 AllGO LSA nicht für die behördliche Freigabeerklärung anfällt, sondern für die „Prüfung einer Anzeige … für eine Gashochdruckleitung”. Die Gebühr wird demnach selbst dann erhoben, wenn die Prüfung der Anzeige nicht zu einem Freigabebescheid führt; auch das ist kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip. Dieses fordert nämlich gerade nicht, daß dem Gebührenschuldner aus der behördlichen Tätigkeit ein unmittelbarer, konkret bezifferbarer Wert zufließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1980 – BVerwG 1 C 46.77 – Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 10; Urteil vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – UA S. 10). Es ist somit nicht der richtige rechtliche Ansatz, wenn die Klägerin darzustellen versucht, daß die Freigabeerklärung, die in dem Bescheid des Beklagten vom 1. August 1994 zu sehen sei, für sie von denkbar geringem Nutzen sei.
Zutreffen mag, daß dann, wenn die gutachtliche Äußerung eines amtlich anerkannten Sachverständigen vorliegt, die bescheinigt, daß die angezeigte Gashochdruckleitung nach Bauart und Betriebsweise den Anforderungen des § 3 GasHLVO entspricht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 GasHLVO), in der Regel auch die Entscheidung der Gewerbeaufsicht praktisch gefallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1993 – III ZR 34/92 – BGHZ 122, 85 ≪88≫). Denn die vorangegangene Konformitätsprüfung durch einen Sachverständigen soll die Gewerbeaufsicht im Rahmen der präventiven Anlagenüberwachung entlasten. Dies mag zur Folge haben, daß eine eigenständige technische Prüfung seitens der Behörde weitgehend unterbleibt. Dennoch übernimmt die Gewerbeaufsicht mit ihrer Prüfung der Allgemeinheit gegenüber die Verantwortung dafür, ob das angezeigte Vorhaben – unverändert – ins Werk gesetzt werden darf oder nicht. Das Anzeigeverfahren ist in diesem Punkt mit dem anlagenbezogenen Genehmigungsverfahren durchaus vergleichbar. Einer Gebührenerhebung, die an die Investitionssumme des angezeigten Vorhabens anknüpft, steht in beiden Fällen deswegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip grundsätzlich nicht entgegen.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.01.2000 durch Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 558173 |
NVwZ-RR 2000, 533 |
DÖV 2000, 563 |