Leitsatz (amtlich)
›1. Die Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Überprüfung (Fortführung der stRspr; a.a. BVerwGE 85, 177).
2. § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG genügt als Ermächtigungsgrundlage für die Entlassung eines Beamten auf Probe den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Vorschrift und an den Vorbehalt des Gesetzes.‹
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 23.01.1996; Aktenzeichen 2 L 1591/92) |
VG Braunschweig (Urteil vom 26.11.1991; Aktenzeichen 7 A 7549/90) |
Gründe
I.
Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 1. Februar 1985 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienassessorin ernannt und war als Lehrerin bei den Berufsbildenden Schulen I in Z. tätig.
Im November 1987 besichtigten die Leitende Regierungsschuldirektorin A. und der Schulleiter Oberstudiendirektor B. den Unterricht der Klägerin, der mit der Gesamtnote "mangelhaft" bewertet wurde. Daraufhin verlängerte die Beklagte die Probezeit der Klägerin um ein Jahr bis zum 31. Januar 1989.
Im April 1988 führte der Leitende Regierungsschuldirektor C. mit dem Schulleiter einen nicht angekündigten Unterrichtsbesuch durch. In dem Nachgespräch wurde die Klägerin darauf hingewiesen, daß ihre Probezeit nur dann erfolgreich verlaufen könne, wenn sie sich nachhaltig um eine Verbesserung in didaktischer und methodischer Hinsicht bemühe. Die Schulleitung wurde angewiesen, die Klägerin so einzusetzen, daß eine kontinuierliche Arbeit über einen längeren Zeitraum in einer Klasse möglich sei, sie verstärkt im Unterricht zu besuchen und bei Planung und Durchführung des Unterrichts zu beraten.
Im August 1988 fand ein Unterrichtsbesuch durch die Leitende Regierungsschuldirektorin A. und den Studiendirektor D. statt. Den Unterricht bewerteten sie mit "mangelhaft". In dem anschließenden Kolloquium wurden mit der Klägerin die Mängel des Unterrichts besprochen.
Im Dezember 1988 erfolgte eine angekündigte Unterrichtsbesichtigung durch die Leitende Regierungsschuldirektorin A. und den Leitenden Regierungsschuldirektor C. Sie beurteilten den Unterricht der Klägerin in zwei Fächern jeweils als "ungenügend" und stellten aufgrund der Lehrprobe, des anschließenden Gesprächs mit der Klägerin und des Leistungsberichts des Schulleiters zusammenfassend fest, daß trotz intensiver und wiederholter Bemühungen durch fachliche und pädagogische Hilfestellungen von seiten der Schule und der Schulaufsicht keine Verbesserung in der fachlichen Qualifikation und pädagogischen Leistung als Lehrkraft zu erkennen sei; eine Verbesserung der Leistungen sei auch bei einer weiteren Verlängerung der Probezeit nicht zu erwarten und ein weiterer Verbleib der Klägerin als Lehrkraft aus schulfachlicher Sicht nicht zu vertreten.
Nach Anhörung entließ die Beklagte die Klägerin durch Bescheid vom 26. Oktober 1989 mit Ablauf des 31. Dezember 1989 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Beamtenverhältnis.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht, das die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Entlassungsverfügung wiederhergestellt hatte, hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG getroffene Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit bewährt habe, sei ein Akt wertender Erkenntnis, für den dem Dienstherrn ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe. Die Beklagte habe den Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen ihres Beurteilungsspielraums nicht verkannt. Die Feststellung der Nichtbewährung beruhe in erster Linie auf den Unterrichtsbesuchen und -besprechungen, die entsprechend dem gemeinsamen Runderlaß des Kultusministers und des Ministers für Soziales über Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrer - am Ende der regulären bzw. der verlängerten Probezeit stattgefunden hätten.
Die allgemein übliche Vorbereitungszeit für eine Lehrprobe von drei bis vier Tagen habe auch der Klägerin zur Verfügung gestanden. Die von der Klägerin benannten Zeuginnen seien kein geeignetes Beweismittel für ihre Behauptung, daß ansonsten üblicherweise eine Vorbereitungszeit von sechs Tagen je Unterrichtsstunde zugebilligt worden sei. Der Einwand der Klägerin, daß die Erschwernisse aufgrund des Unterrichts in überfüllten und schwierigen Klassen nicht berücksichtigt worden seien, treffe nicht zu. Ebensowenig sei die Klägerin, wie sie behaupte, nur mangelhaft pädagogisch betreut worden. Eine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin lasse sich bei der Leitenden Regierungsschuldirektorin A. nicht feststellen.
Schließlich sei die Entlassung nicht wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig. Wenn sich - wie hier - ein Beamter endgültig nicht bewährt habe, sei das Ermessen des Dienstherrn gebunden.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, mit der sie beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Januar 1996 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 26. November 1991 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. Oktober 1989 und vom 9. Oktober 1990 aufzuheben.
Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren.
II.
Die Revision der Klägerin ist mit dem Ergebnis der Zurückweisung begründet.
Zu Recht rügt die Klägerin eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht und damit eine Verletzung der Verpflichtung des Gerichts gemäß § 86 Abs. 1 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - [Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Nr. 266] mit weiteren Nachweisen). Das Berufungsgericht hat die Behauptung der Klägerin, der überwiegenden Zahl ihrer Kollegen sei je Lehrprobe eine Vorbereitungszeit von sechs Tagen zugebilligt worden, für erheblich, aber nicht nachgewiesen erachtet. Es hat die Vernehmung der beiden von der Klägerin benannten Zeuginnen mit der Begründung abgelehnt, diese Beweismittel seien nicht geeignet, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die von der Klägerin behauptete Vorbereitungszeit allgemein üblich gewesen sei; mit ihnen könne allenfalls der Nachweis geführt werden, daß von der allgemein üblichen Zeit in Einzelfällen abgewichen worden sei. Von welchen Tatsachen die Zeuginnen Kenntnis haben, läßt sich jedoch erst aufgrund ihrer Aussagen beurteilen. So kommt durchaus in Betracht, daß die Zeuginnen bekunden, ihnen selbst wie auch anderen Lehrern im Beamtenverhältnis auf Probe sei im Hinblick auf die Unterrichtsvisitation zur Feststellung ihrer Bewährung ausnahmslos eine Vorbereitungszeit von sechs Tagen zugestanden worden. Die bloße Unwahrscheinlichkeit einer behaupteten Tatsache rechtfertigt es nicht, eine Beweisaufnahme zu unterlassen, deren Ergebnis nicht mit Sicherheit vorhergesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 1984 - BVerwG 4 C 52.80 - [Buchholz 303 § 418 Nr. 3] mit weiteren Nachweisen und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - [Buchholz 406.12 § 15 Nr. 25]).
Dieser Verfahrensmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz. Eine abschließende Entscheidung im Revisionsverfahren zu Lasten der Klägerin ist nicht möglich, weil nicht auszuschließen ist, daß sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht noch zu treffenden Feststellungen ein entscheidungserheblicher Fehler im Verwaltungsverfahren ergibt. Eine abschließende Entscheidung zugunsten der Klägerin auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann ebenfalls nicht getroffen werden, weil das angefochtene Urteil im übrigen materiellrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, daß die angefochtene Entlassungsverfügung wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG verwaltungsgerichtlich nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der gesetzliche Begriff der Bewährung und ob die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. Urteil vom 24. November 1983 - BVerwG 2 C 28.82 - [Buchholz 237.6 § 38 Nr. 2 = DVBl 1984, 440]; BVerwGE 85, 177 [180]). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.
Die eingeschränkte verwaltungsgerichtliche Kontrolle widerspricht nicht dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Nach dieser Bestimmung hat der Bürger Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle, wenn er durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gebietet den Gerichten auch, die Entlassung eines Beamten auf Probe, die das Recht auf Zugang zu den öffentlichen Ämtern gemäß Art. 33 Abs. 2 GG beschränkt, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Eine Bindung an die von der Behörde getroffenen Feststellungen und Wertungen ist damit im Grundsatz nicht vereinbar (vgl. zur gerichtlichen Kontrolle von Prüfungsentscheidungen BVerfGE 84, 34 [49]; BVerfGE 84, 59 [77] jeweils mit weiteren Nachweisen).
Die gerichtliche Kontrolle stößt jedoch an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung, wenn der gesetzliche Tatbestand Bewertungen oder Prognosen voraussetzt, die exakter tatsächlicher und rechtlicher Erkenntnis nicht zugänglich sind (vgl. BVerwGE 99, 355 [357 f.]). Bei dem Begriff der Bewährung in § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG handelt es sich um einen komplexen Rechtsbegriff, der den Behörden hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Einschätzungsprärogative überläßt, die von den Verwaltungsgerichten zu respektieren ist.
Sinn und Zweck der Begründung des Statusverhältnisses eines Probebeamten ist, die Feststellung zu ermöglichen, ob er in dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als dem Regeltyp eines Beamtenverhältnisses (§ 6 Abs. 2 NBG) den Anforderungen genügen wird, die an einen Beamten seiner Laufbahn in körperlicher, geistiger, charakterlicher und fachlicher Hinsicht gestellt werden (BVerfGE 43, 154 [166]; BVerwGE 92, 147 [148 f.]). Die Erprobung bezieht sich auf sämtliche Merkmale, die für den Zugang zu öffentlichen Ämtern gemäß Art. 33 Abs. 2 GG maßgebend sind - also Eignung, Befähigung und fachliche Leistung (BVerwGE 85, 177 [180]). Die Feststellung der Bewährung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG (vgl. auch § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG) ist ihrem Inhalt nach auf die Bewertung dieser persönlichen Merkmale, ihrem Ziel nach auf die Zukunft und ihrem Maßstab nach auf Aufgaben ausgerichtet, die in der Regel der Dienstherr nach seinem Organisationsermessen dem Amt im statusrechtlichen Sinne zuordnet.
Der teils wertende, teils prognostische Charakter der Feststellung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, läßt eine uneingeschränkte verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht zu. Diese spezifischen Einschätzungen sind ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und können durch die Verwaltungsgerichte - ggf. auch unter Inanspruchnahme von Sachverständigen - nicht ersetzt werden. Soweit es um spezifische Werturteile und Prognosen geht, ist nur der Dienstherr in der Lage, den Gleichbehandlungsanspruch im Hinblick auf den Zugang zu den von ihm eingerichteten öffentlichen Ämtern zu wahren und durchzusetzen. Nur er ist befugt, das Anforderungsprofil dieser Ämter festzulegen und im wertenden Vergleich festzustellen, ob der Beamte den gestellten Anforderungen gerecht wird.
§ 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG genügt als Ermächtigungsgrundlage für die Entlassung eines Beamten auf Probe den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Vorschrift und an den Vorbehalt des Gesetzes. Weitergehender normativer Festlegungen, wie sie für die Ausgestaltung der Laufbahnprüfungen von Beamtenanwärtern erforderlich sind (vgl. BVerwGE 98, 324 [327]), bedarf es nicht, jedenfalls soweit - wie im vorliegenden Falle - die Feststellung der Bewährung nicht auf einer förmlichen Prüfung beruht.
Der Begriff "Bewährung" gewinnt durch seinen Bezug zu den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG - nach Maßgabe dessen hier auch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gewährleistet ist (BVerwGE 98, 324 [327]) - und in § 8 Abs. 1 NBG inhaltlich bestimmte Konturen. Erfüllt der Beamte auf Probe eines dieser Merkmale nicht, darf er nicht in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen und muß entlassen werden. Maßstab für die Beurteilung der Bewährung sind die Anforderungen des auf Lebenszeit zu übertragenden Amtes. Die Frage, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, ist mit "ja" oder "nein" zu beantworten. Die Zeit, die dem Dienstherrn verbleibt, um die Bewährung des Beamten auf Probe festzustellen, ist die Gesamtdauer der nach den gesetzlichen Vorgaben festgesetzten Probezeit. Auch das Verfahren zur Feststellung der Bewährung bedarf von Verfassungs wegen keiner weiteren gesetzlichen Regelungen, die über die Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts hinausgehen. Allerdings ist das Verwaltungsverfahren so zu gestalten, daß die Beurteilung der Bewährung sachgerecht und fair ist und daß der Beamte auf Probe seiner Ansicht nach fehlerhaften Annahmen und Einschätzungen wirksam entgegentreten kann.
Die Beklagte hat den gesetzlichen Begriff der Bewährung in § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG und die Grenzen der Beurteilungsermächtigung nicht verkannt, als sie die Entlassungsverfügung auf unzureichende fachliche Leistungen der Klägerin am Ende der regelmäßigen Probezeit gestützt hat. Sie ist bei ihrer Beurteilung nach den vom Berufungsgericht getroffenen, für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) auch von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen.
Zutreffend hat sie der Beurteilung, ob die Klägerin sich bewährt hat, den während der Verlängerung der Probezeit gezeigten Leistungen ausschlaggebende Bedeutung beigemessen (BVerwGE 85, 177 [181]) und im übrigen die gesamte Dauer der Probezeit zugrunde gelegt. Unerheblich ist, daß die Klägerin aufgrund der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen die Entlassungsverfügung über den Ablauf der festgesetzten Probezeit hinaus Dienst geleistet hat (BVerwGE 85, 177 [181]); denn hierdurch wurde nicht die Probezeit verlängert, sondern der Entlassungsverfügung aus Gründen des Rechtsschutzes vorläufig die Wirkung entzogen.
Ebensowenig läßt die Ausgestaltung des Dienstes der Klägerin während der Probezeit Fehler der Entscheidungsgrundlagen erkennen. Der Zweck des Probeverhältnisses gebietet es, die Eignung des Beamten auf Probe für sämtliche in dem entsprechenden Amt eines Beamten auf Lebenszeit anfallenden Tätigkeiten unter im wesentlichen für die Beamten dieser Laufbahn gleichen Bedingungen feststellen zu können. Der Dienstherr hat deshalb sicherzustellen, daß Einschränkungen oder besondere Erschwerungen der Erprobung unterbleiben.
Jedenfalls in dem Zeitraum der Probezeitverlängerung war die Klägerin keinen ungewöhnlichen Sonderbelastungen ausgesetzt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß Erschwernisse aufgrund eines häufigen Wechsels der Klassen, in denen die Klägerin eingesetzt worden ist, in dieser Zeit abgestellt worden sind und daß Unterricht in "überfüllten und schwierigen Klassen" von den Lehrkräften im allgemeinen pädagogisch bewältigt wurde. Es hat weiterhin festgestellt, daß die Klägerin über den üblichen Rahmen hinaus betreut und beraten worden ist. Damit ist der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht gemäß § 87 NBG gegenüber der Klägerin nachgekommen.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Beklagte ihrer Beurteilung unzutreffende oder unvollständige Ermittlungen zugrunde gelegt hat. Der Dienstherr ist nicht gehalten, sämtliche Tatsachen für das Werturteil mangelnder Bewährung, das auf einer Vielzahl von persönlichen Eindrücken hinsichtlich der Arbeitsweise, der Arbeitsqualität, der Arbeitsquantität, des Charakters und des Auftretens des Beamten gegründet ist, während des Beurteilungszeitraumes zu registrieren. Ihm bleibt in den Grenzen seiner Befugnisse überlassen, wie er den für die Beurteilung maßgebenden Sachverhalt ermittelt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, daß die Beklagte ihre Beurteilung im wesentlichen auf die Beobachtungen mehrerer von der Klägerin erteilter Unterrichtsstunden durch fachkompetente Beamte der Schulaufsichtsbehörde gestützt hat.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte bei ihrer Beurteilung der Klägerin allgemeingültige Maßstäbe mißachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben könnte. Auch ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin gegenüber der Beklagten substantiierte fachliche Einwendungen gegen die Bewertung ihres Unterrichts erhoben oder zu konkreten Punkten nähere Begründungen erbeten hätte, so daß darauf bezügliche Rechtsfragen sich nicht stellen.
Soweit sich nicht auf der Grundlage der vom Berufungsgericht nach Zurückverweisung noch zu treffenden weiteren Feststellungen ein Verfahrensfehler ergeben sollte, sind im übrigen die Regeln über das Verfahren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 37.91 - [Buchholz 232.1 § 40 Nr. 15]) nicht verletzt.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Entlassungsverfügung nicht deshalb aufgehoben, weil die Klägerin gegen die Leitende Regierungsschuldirektorin A. den Vorwurf der Befangenheit erhoben hat. Die Leitende Regierungsschuldirektorin war nicht von der Bewertung des Unterrichts im Dezember 1988 ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat die von ihr angefertigte Gesprächsnotiz vom 9. März 1988, auf die die Klägerin ihren Vorwurf der Befangenheit stützt, ohne Verstoß gegen allgemeingültige Würdigungsgrundsätze oder gegen das Willkürverbot so verstanden, daß der Hinweis bezüglich der in Betracht kommenden Entlassung auf die gesetzliche Folge abgezielt habe, die eintritt, wenn der Eignungsnachweis mißlingt. Daraus kann keine Voreingenommenheit und könnte übrigens nicht einmal die Besorgnis einer Befangenheit der Beamtin hergeleitet werden. Der Hinweis auf eine mögliche gesetzliche Folge - auch wenn diese für den Betroffenen negativ ist - stellt für sich keinen objektiven und vernünftigen Grund dar, der geeignet sein könnte, Zweifel an der unparteiischen Tätigkeit des Bediensteten zu wecken - zumal die Entlassung aufgrund des Leistungsstandes der Klägerin bei Ablauf der regelmäßigen Probezeit, also zum Zeitpunkt der Gesprächsnotiz, nahe lag. Der Aktenvermerk ist nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts auch in seinem Kontext nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit zu wecken, da er bezweckte, die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Klägerin während der verlängerten Probezeit so zu gestalten, daß individuelle Erschwernisse ausgeschlossen wurden und die Probezeit damit ihren gesetzlichen Zweck erfüllen konnte.
Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, daß die Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung keine Ermessensentscheidung ist. Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, daß der Beamte auf Probe hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht behebbare Mängel aufweist, so ist er verpflichtet, den Beamten zu entlassen (BVerwG, Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - [Buchholz 237.6 § 39 Nr. 7]; Beschluß vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 2 B 133.89 - [Buchholz 237.0 § 41 Nr. 1]; BVerwGE 85, 177 [185] mit weiteren Nachweisen). Mit dem Wort "kann" trägt § 39 Abs. 1 NBG dem Gesichtspunkt Rechnung, die Probezeit zu verlängern, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist. Im vorliegenden Falle hat die Beklagte indessen eine abschließende Feststellung getroffen.
Die Übernahme der Klägerin in die "nächstniedrigere Laufbahn" gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 NLVO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil eine Befähigung der Klägerin für eine solche nächstniedrigere Laufbahn nicht festgestellt worden ist und auch nicht festgestellt werden konnte. Die Übernahme in ein Angestelltenverhältnis ist als Entscheidung nach Ermessen in § 39 NBG nicht vorgesehen.
Die Entlassung der Klägerin ist auch nicht fürsorgepflichtwidrig oder unverhältnismäßig. Steht fest, daß der Beamte auf Probe den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügt, darf die Entscheidung über die Entlassung nicht ungebührlich lange hinausgezögert werden (vgl. BVerwGE 85, 177 [183]). Um dem Beamten eine angemessene Frist für die berufliche Umstellung einzuräumen, ist unter den hier gegebenen Voraussetzungen nach § 41 Abs. 4 NBG die Entlassung mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres auszusprechen. Auch diesen Anforderungen genügt die angefochtene Entlassungsverfügung.
B e s c h l u ß:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren und das Beschwerdeverfahren gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b GKG auf 38000 DM festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 3017173 |
BVerwGE 106, 263 |
BVerwGE, 263 |
NVwZ 1999, 75 |
ZBR 1999, 58 |
DÖV 1998, 742 |
DVBl 1998, 1073 |
JuS 1999, 925 |
NdsRpfl 1998, 230 |
PersV 1999, 419 |
VR 1999, 66 |
DVBl. 1998, 1073 |
GV/RP 1999, 546 |
IÖD 1998, 242 |
NPA 1999 |
Städtetag 1999, 27 |
FuBW 1999, 488 |
FuNds 1999, 485 |