Entscheidungsstichwort (Thema)
Naturschutzverband. Klagebefugnis. Vogelschutzgebiet. Schutzstatus. Schutzregime. Flora-Fauna-Habitat. Präklusion. Postulationsfähigkeit. Planungskonzept. Bedarfsplan. Streckenabschnitt. Trassenführung. Linienbestimmung. Planfeststellung. Grobanalyse. Bundesautobahn A 20. Ostsee-Autobahn. Abschnittsbildung. kohärentes System
Leitsatz (amtlich)
- Ist nach Landesrecht die Klage eines anerkannten Naturschutzverbandes auf das Vorbringen begrenzt, daß der angegriffene Planfeststellungsbeschluß den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, des Landesnaturschutzgesetzes oder anderen Rechtsvorschriften widerspricht, die auch den Belangen des Naturschutzes zu dienen bestimmt sind, dann hat diese Begrenzung zur Folge, daß Fragen des Verkehrsbedarfs, der Kostenberechnung, der Lärmauswirkungen und andere Fragen nicht-naturschutzrechtlicher Art grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssen (hier: § 51c Abs. 1 des schleswig-holsteinischen Landesnaturschutzgesetzes).
- Eine straßenrechtliche Planung, die sich im nachfolgenden Streckenabschnitt objektiv vor nicht überwindbaren Hindernissen sieht, verfehlt ihren gestaltenden Auftrag. Die damit aufgeworfene Frage der Realisierungsfähigkeit ist nicht aus der subjektiven Sicht der Planfeststellungsbehörde, sondern anhand objektiver Gegebenheiten zu beantworten.
- Als ein mögliches rechtliches Hindernis der Planverwirklichung sind auch die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) – Vogelschutz-RL – (ABl EG Nr. L 103/1 vom 25. April 1979) und die Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (92/43/EWG) – Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) – (ABl EG Nr. L 206/7 vom 22. Juli 1992) zu beachten.
- Das Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL erfaßt auch erhebliche Auswirkungen (Beeinträchtigungen), die Ursachen außerhalb des Gebietes haben.
- Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat der EU nicht befugt ist, die wirtschaftlichen Erfordernisse als Gründe des Gemeinwohls zur Durchbrechung des Schutzregimes zugrunde zu legen (im Anschluß an EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C 355/90 – Slg. I-4221 ff. – NuR 1994, 521 – Santoña).
- Es unterliegt rechtlichen Zweifeln, zu welchem Zeitpunkt Art. 7 FFH-RL dahin angewandt werden kann, daß für ein Vogelschutzgebiet das geminderte Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL maßgebend ist.
- Die rechtliche Möglichkeit eines sog. potentiellen FFH-Gebietes kommt in Betracht, wenn für ein Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt sind, die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt und der Mitgliedstaat der EU die FFH-RL noch nicht vollständig umgesetzt hat.
- Aus dem Gemeinschaftsrecht folgt die Pflicht eines Mitgliedstaates der EU, vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer EU-Richtlinie die Ziele der Richtlinie nicht zu unterlaufen und durch eigenes Verhalten keine gleichsam vollendeten Tatsachen zu schaffen, welche später die Erfüllung der aus der Beachtung der Richtlinie gemäß Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 189 Abs. 3 EGV a.F. erwachsenen Vertragspflichten nicht mehr möglich machen würde – Pflicht zur “Stillhaltung” – (im Anschluß an EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 – Rs. C-129/96 – EuZW 1998, 167 ≪170≫ Nr. 44 – Inter-Environnement Wallonie).
- Es ist höchst zweifelhaft, ob einem Mitgliedstaat der EU bei der Auswahl der der EU-Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL zu meldenden Schutzgebiete ein politisches Ermessen zusteht. Art. 4 FFH-RL – in Verbindung mit den Anhängen I bis III – gibt für die Annahme eines nationalen Auswahlermessens nach Maßstäben politischer Zweckmäßigkeit keinen Anhalt.
- Dem Mitgliedstaat der EU ist es versagt, bereits während der Phase der Gebietsauswahl nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL seinen Interessen der wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Entwicklung den Vorrang vor dem Lebensraum- und Artenschutz einzuräumen (im Anschluß an EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – Slg. I-3805 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank).
Normenkette
VerkPBG § 1 Nr. 5, § 5 Abs. 3; FStrG § 17 Abs. 1; BNatSchG § 29 Abs. 1; LNatSchG S.-H. § 51 c Abs. 1; VwGO § 67 Abs. 1, § 87 b Abs. 3; UVPG § 2 Abs. 1; Vogelschutz-RL Art. 4 Abs. 4; FFH-RL Art. 6 Abs. 4, Art. 7
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
1. Der Kläger ist ein anerkannter Naturschutzverband in Schleswig-Holstein. Er wendet sich mit seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß des Landesamtes für Straßenbau und Straßenverkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 28. April 1997 für einen ersten Streckenabschnitt der geplanten Bundesautobahn A 20 – der sog. Ostsee-Autobahn – auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein. Die Ostsee-Autobahn von Lübeck über Wismar nach Rostock und Vorpommern ist eines der 17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Der angegriffene Streckenabschnitt führt im Süden der Hansestadt Lübeck von der Bundesautobahn A 1 bis zur Landesstraße 92 auf dem Gebiet der Gemeinde Hamberge und der Hansestadt Lübeck. Der Abschnitt ist 6 335 m lang. Die Trassenwahl folgt der Linienbestimmung des Bundesministers für Verkehr vom 26. Juli 1995. Die Trasse quert im planfestgestellten Abschnitt die Trave; sie wird im nachfolgenden Abschnitt die Wakenitz-Niederung queren. Die Beteiligten streiten unter anderem darüber, welche naturschutz- und europarechtliche Bedeutung dem Ergebnis der Linienbestimmung und der Querung der genannten Bereiche zukommt.
2. Der Kläger hat mit seiner im Juni 1997 erhobenen Klage die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geltend gemacht. Die Gründe sind verfahrensrechtlicher und inhaltlicher Art. Teilweise beziehen sie sich auf das deutsche nationale Recht, teilweise auf das europäische Gemeinschaftsrecht. Der Kläger bestreitet ferner tatsächliche Annahmen der Planfeststellungsbehörde.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht macht der Kläger vor allem geltend: Ihm seien entgegen § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG i.V.m. § 51a Abs. 1 Satz 1 LNatSchG die maßgebenden Planungs- und Entscheidungsunterlagen weder rechtzeitig noch vollständig zugänglich gemacht worden. Die Planfeststellungsbehörde habe während und nach Abschluß des Anhörungsverfahrens die Einsichtnahme in näher bezeichnete Unterlagen verweigert. Die von ihm erhobenen Einwendungen seien unvollständig behandelt worden. Die Anhörungsbehörde habe im Erörterungstermin vom 19. November 1996 eine umfassende und vollständige Erläuterung des naturschutzrechtlich erheblichen Abwägungsmaterials nicht zugelassen. Der Versammlungsleiter sei befangen gewesen. Die maßgebliche Linienbestimmung des Bundesministers für Verkehr sei ohne förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung ergangen. Insoweit seien das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung und die entsprechende Europäische Richtlinie verletzt worden. Die Naturschutzbehörden des Landes Schleswig-Holstein seien entgegen § 9 BNatSchG unzureichend beteiligt worden. Während der Durchführung des Anhörungsverfahrens habe man die ursprüngliche Planung in mehrfacher Hinsicht abgeändert. Zu diesen Änderungen und der darin liegenden Neubewertung sei eine Stellungnahme des Klägers nicht möglich gewesen. Der Planfeststellungsbeschluß sei zudem zu früh erlassen worden. Man habe bewußt vermieden, die Ergebnisse des Gutachtens der Prof. K… und W… von Mai 1997, dessen Erstellung Gegenstand einer Koalitionsvereinbarung gewesen sei, berücksichtigen zu müssen.
In inhaltlicher Hinsicht trägt der Kläger vor allem vor: Für die projektierte Verkehrsverbindung sei ein Bedarf nicht vorhanden. Die planerische Abwägung sei in mehrfacher Hinsicht abwägungsfehlerhaft. Die Planfeststellungsbehörde habe sich zu Unrecht an die Linienbestimmung des Bundesministers für Verkehr gebunden gesehen. Sie habe der angegriffenen Trassenführung (Südtrasse) abwägungsfehlerhaft den Vorzug gegenüber einer nördlichen Trassenführung (Nordvariante) gegeben. Die raumordnerischen Effekte seien nicht hinreichend spezifiziert herausgearbeitet worden. Die verkehrliche Netzwirkung, die Lärmbelastungen sowohl bei der Süd- als auch bei der Nordtrasse und die durch den Verkehr ausgelösten Luftschadstoffe seien unzutreffend ermittelt oder bewertet worden. Man habe die Herstellungs- und Unterhaltungskosten sowohl für die Südtrasse als auch für die Nordtrasse fehlerhaft ermittelt.
Die Wahl der Südtrasse sei aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen rechtswidrig. Das gelte sowohl für den planfestgestellten als auch für den nachfolgenden Abschnitt. Die Travequerung durchschneide einen Bereich, der als ein Gebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zu beurteilen sei. Die Planfeststellungsbehörde habe ferner die gemeinschaftsrechtliche Bedeutung der Wakenitz-Niederung verkannt. Dieses Gebiet sei ein faktisches Vogelschutzgebiet, jedenfalls ein Gebiet im Sinne der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Auch die besondere Situation des Naturparks “Schaalsee” habe die Planfeststellungsbehörde verkannt. Der Behörde seien vielfache Ermittlungsfehler vorzuhalten. Die von ihr eingeholten Gutachten und Stellungnahmen seien inhaltlich fehlerhaft, zumindest unzureichend.
Der Kläger hat schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge gestellt. Er beantragt,
den Planfeststellungsbeschluß vom 28. April 1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluß vom 28. April 1997 als rechtmäßig. Ermittlungsfehler werden bestritten und die geltend gemachten Rechtsmängel zurückgewiesen. Verfahrensfehler seien nicht entstanden. Auch inhaltliche Fehler bestünden nicht. Die Planfeststellungsbehörde habe der Sache nach eine abgewogene Planungsentscheidung getroffen. Die Travequerung berühre keinen nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie meldepflichtigen Bereich. Das gelte auch für die Wakenitz-Niederung. Es bestehe seitens des beklagten Landes auch nicht die Absicht, dieses Gebiet zur Aufnahme in die gemeinschaftsrechtliche Liste der Gebiete von kohärenter Bedeutung vorzuschlagen. In rechtlicher Hinsicht könne auch nicht angenommen werden, daß es derartige “faktische” (potentielle) Gebiete gebe. Daß – was indes bestritten werde – das beklagte Land oder die Bundesrepublik Deutschland den Verpflichtungen aus der genannten Richtlinie nicht oder nicht hinreichend nachgekommen seien, wirke sich jedenfalls in rechtlicher Hinsicht nicht aus. Insbesondere sei die Wakenitz-Niederung kein “faktisches” Vogelschutz-Gebiet. Der Naturpark “Schaalsee” werde durch die weitere Trassenführung nicht beeinträchtigt werden.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er tritt dem Vorbringen des beklagten Landes bei.
3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 21. Januar 1998 – BVerwG 4 VR 3.97 – im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Es hat dazu ausgeführt, daß die Planung zwar keine Bestimmungen des deutschen nationalen Rechts verletze. Das beklagte Land habe indes nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Gerichts die Vogelschutz-Richtlinie und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie nicht hinreichend beachtet. Die Beteiligten haben daraufhin ihr bisheriges Vorbringen umfangreich ergänzt. Das beklagte Land hat verschiedene gutachterliche Stellungnahmen vorgelegt. Auch der Kläger hat Stellungnahmen vorgelegt; er hat weitere Beweisanträge gestellt.
Mit Beschluß vom 13. März 1998 hat das Gericht das beklagte Land um Erläuterung einiger Fragen und um Vorlage der Aktenvorgänge zur früheren vorläufigen Unterschutzstellung der Wakenitz-Niederung aus den Jahren 1990 und 1992 gebeten. Es hat ferner in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1998 Beweis über die Frage erhoben, ob und in welcher Weise die Wakenitz-Niederung im Bereich der Linienbestimmung des Bundesministers für Verkehr der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie entspreche, durch Anhörung von Prof. Dr. K… als sachverständige Auskunftsperson. Ferner ist auf Antrag des Klägers Dipl.-Forstwirt K… S… als sachverständiger Zeuge vernommen worden. Die Akten über das Verfahren der Linienbestimmung und die Akten über das Planfeststellungsverfahren haben dem Gericht vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II.
A.
Die Klage ist zulässig.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung der Planung für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz) – VerkPBG – vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) als Gericht im ersten Rechtszug zuständig. Das angegriffene Planvorhaben wird von § 1 Abs. 1 Nr. 5 VerkPBG erfaßt. Der Planfeststellungsbeschluß betrifft zwar keine im Gebiet der neuen Bundesländer liegende Bundesfernstraße im Sinne der §§ 1, 17 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1994 (BGBl I S. 854). Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts folgt jedoch aus § 2 Nr. 2 der Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl I S. 1014). Danach ist Fernverkehrsweg im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 VerkPBG die projektierte Bundesautobahn A 20 zwischen der Landesgrenze Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesstraße B 206 bei Langniendorf. Die genannte Verordnung ist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 2 VerkPBG gedeckt. Danach kann die Verordnung auch die Verbindung zu den nächsten Knotenpunkten des Hauptverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes umfassen.
2. Die erhobene Anfechtungsklage ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere besteht die Klagebefugnis des Klägers. Der Kläger ist ein gemäß § 29 Abs. 2 BNatSchG anerkannter Naturschutzverband. Nach § 51c des Gesetzes zum Schutz der Natur (Naturschutzgesetz – LNatSchG – vom 16. Juni 1993 (GVOBl Schl.-H. S. 215) kann ein nach § 29 BNatSchG anerkannter Naturschutzverband – ohne die Verletzung eigener Rechte darlegen zu müssen – Rechtsbehelfe gegen einen Verwaltungsakt einlegen, wenn er geltend macht, daß der angegriffene Verwaltungsakt den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, des schleswig-holsteinischen Naturschutzgesetzes, den aufgrund dieser Gesetze erlassenen oder fortgeltenden Rechtsvorschriften oder anderen Rechtsvorschriften widerspricht, die auch den Belangen des Naturschutzes zu dienen bestimmt sind.
Der Kläger macht in mehrfacher Hinsicht die Verletzung derartiger Rechtsvorschriften geltend. Ob der Kläger mit seinem Vorbringen zugleich die Verletzung anderer Rechtsvorschriften rügen darf, erfordert für die Begründung seiner Klagebefugnis keine nähere Erörterung. Der Kläger wird durch den angegriffenen Planfeststellungsbeschluß auch beschwert.
3. Der Kläger hat zur Unterstützung seines Vorbringens in einem früheren Verfahrensabschnitt des Rechtsstreits mehrfach auf vorgelegte Stellungnahmen und Ausarbeitungen dritter Personen verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können inhaltlich nicht berücksichtigt werden. Das folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. Juli 1977 – BVerwG 8 CB 84.76 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 47; Beschluß vom 13. Juli 1989 – BVerwG 4 B 140.88 – Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1 = NVwZ 1990, 459; Beschluß vom 19. August 1993 – BVerwG 6 B 42.93 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 81). Das Gebot, sich vor dem Bundesverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten (vgl. BVerwGE 68, 241 ≪242≫). Das erfordert, daß der anwaltliche Prozeßbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt.
B.
Die Klage ist nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluß verstößt für den planfestgestellten Abschnitt im Ergebnis nicht gegen Rechtsvorschriften, deren Verletzung der Kläger geltend machen kann. Das Gericht hatte nicht zu beurteilen, ob die bisherigen tatsächlichen Annahmen und rechtlichen Ansichten des beklagten Landes auch für den nachfolgenden Streckenabschnitt (Wakenitz-Querung) in jeder Hinsicht zutreffend sind. Dieser Abschnitt ist nicht prozessualer Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
I. Durchgreifende Verfahrensfehler bestehen nicht. Das Nichteinhalten von Verfahrensvorschriften führt – für sich genommen – noch nicht zur Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses. Hinzukommen muß, daß sich der Verfahrensfehler als ein formeller Mangel auf die Sachentscheidung der Planfeststellungsbehörde ausgewirkt haben kann. Eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht.
Das Gericht hat die vom Kläger vorgetragenen Verfahrensmängel im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geprüft und als nicht durchgreifend angesehen. Daran hält das Gericht für das Hauptsacheverfahren fest. Auf den Beschluß vom 21. Januar 1998 wird insoweit Bezug genommen und auf eine nochmalige Begründung verzichtet.
Der Kläger hat zu den von ihm bei Prozeßbeginn geltend gemachten Verfahrensmängeln nicht erneut vorgetragen. Er hat lediglich – in der mündlichen Verhandlung – betont, ihm sei zu Unrecht im Verfahren der Planfeststellung die verlangte Akteneinsicht verweigert worden. Dieses Vorbringen bedarf keiner näheren Prüfung. Der Kläger zeigt nicht auf, daß er bereits durch eine Begrenzung der ausgelegten oder der ihm übermittelten Unterlagen oder durch eine verweigerte Akteneinsicht gehindert war, als anerkannter Naturschutzverband sachgerecht an der planerischen Entscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 51a Abs. 1 LNatSchG mitzuwirken. Die Verletzung des Mitwirkungsrechts – einschließlich des Einsichtsrechts – führt nur dann zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses, wenn nicht auszuschließen ist, daß die angegriffene Entscheidung auf der Verletzung beruhen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 – BVerwG 4 C 7.88 – BVerwGE 87, 62 ≪71≫). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – der klagende Naturschutzverband auch inhaltliche Mängel der angegriffenen Planungsentscheidung geltend machen kann. Der Kläger hat – auch nachdem er durch Vermittlung des Gerichts Einsicht in die Unterlagen erhalten hatte und ihm damit weiteres Vorbringen im gerichtlichen Verfahren ermöglicht wurde – keine inhaltlichen Gründe angeführt, welche nachteiligen Folgen eine Verletzung des Verfahrens für seine vorprozessuale Verfahrensposition oder für das Ergebnis der angegriffenen Planfeststellung gehabt hat. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob und in welcher tatsächlichen Hinsicht das vom Beklagten bestrittene Vorbringen des Klägers, ihm sei die Einsicht in Akten verweigert worden, zutrifft.
II. Der Planfeststellungsbeschluß leidet im Ergebnis nicht an inhaltlichen Fehlern, welche der Kläger gemäß § 51c Abs. 1 LNatSchG im Rahmen der Verbandsklage für den hier zu beurteilenden Streckenabschnitt (Trave-Querung) geltend machen kann.
1. Die gerichtliche Kontrollbefugnis ist im Streitfall im Hinblick auf § 51c Abs. 1 LNatSchG eingeschränkt.
1.1 Die Klage eines anerkannten Naturschutzverbandes ist nach dem Recht des Landes Schleswig-Holstein nur zulässig, wenn geltend gemacht wird, daß der angegriffene Planfeststellungsbeschluß den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, des schleswig-holsteinischen Landesnaturschutzgesetzes, den aufgrund dieser Gesetze erlassenen oder fortgeltenden Rechtsvorschriften oder anderen Rechtsvorschriften widerspricht, die auch den Belangen des Naturschutzes zu dienen bestimmt sind. Dies schließt eine umfassende gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG aus.
Zu den naturschutzrechtlichen Bestimmungen im Sinne des § 51c Abs. 1 NatSchG gehört das fachplanerische Abwägungsgebot des § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG insoweit, als Belange des Naturschutzes betroffen sind. Dagegen sind öffentliche Belange, die nicht als solche als naturschutzrechtlich zu qualifizieren sind, zwar im Rahmen der planerischen Abwägung zu beachten. Ihre Beachtung kann jedoch nicht Gegenstand der durch § 51c Abs. 1 LNatSchG eröffneten Verbandsklage sein. Anderenfalls würde eine gerichtliche Kontrollbefugnis in Fällen der schleswig-holsteinischen Verbandsklage eröffnet werden, die das rechtspolitische Anliegen des Landesgesetzgebers verfehlt. Dieses ist gerade nicht darauf gerichtet, dem anerkannten Naturschutzverband eine volle gerichtliche Kontrolle des fachplanerischen Abwägungsvorganges und seines Ergebnisses zuzugestehen. Dazu ist der Landesgesetzgeber auch nicht von Bundesrechts wegen gezwungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 1997 – BVerwG 4 A 16.97 – NVwZ 1998, 399 = DÖV 1998, 338; Urteil vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 C 9.86 – BVerwGE 78, 347 ≪355≫).
Diese gesetzliche Begrenzung der Klagebefugnis der anerkannten Naturschutzverbände und die daraus folgende geminderte gerichtliche Kontrollbefugnis hat zur Folge, daß Mängel in der Ermittlung nicht naturschutzrechtlicher Belange nicht geltend gemacht werden können. Das mag für den Fall erkennbar vorgeschobener Gründe oder mißbräuchlicher Abwägung anders sein. Dagegen unterliegt es voller gerichtlicher Prüfung, ob – erstens – hinsichtlich naturschutzrechtlicher Belange eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob – zweitens – in die Abwägung an naturschutzrechtlichen Belangen eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob – drittens – die Bedeutung der betroffenen naturschutzrechtlichen Belange erkannt und ob – viertens – der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zur objektiven Gewichtigkeit der naturschutzrechtlichen Belange nicht außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 ≪309≫). Innerhalb des so gezogenen Rahmens kann das Abwägungsgebot nicht als verletzt angesehen werden, wenn sich die zur Planung und zur Entscheidung berufene Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat (vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 – BVerwG 4 C 50.72 – BVerwGE 45, 309 ≪314≫; Urteil vom 14. Februar 1975 – BVerwG 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56 ≪64≫; Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 ≪237≫). Das gilt – vorbehaltlich abweichender gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen – auch für naturschutzrechtliche Belange im Sinne des § 51c Abs. 1 LNatSchG.
1.2 Zu den öffentlichen Belangen, die im Sinne des § 51c Abs. 1 LNatSchG auch Belangen des Naturschutzes zu dienen bestimmt sind, gehören nicht die geltend gemachten Gründe des fehlenden Verkehrsbedarfs, Mängel in der Beurteilung der verkehrlichen Netzwirkung, der unzureichenden Kostenberechnung, der unzutreffenden Lärmberechnungen oder der unzutreffenden Schadstoffimmissionen.
Dem steht nicht entgegen, daß nach § 3 Abs. 2 BImSchG schädliche Umwelteinwirkungen auch gegenüber der Natur erheblich sein können. Die Sichtweise des § 3 Abs. 2 BImSchG ist nicht darauf gerichtet, gerade Belange des Naturschutzes zu wahren. Dies ist nach der gesetzgeberischen Konzeption vielmehr Gegenstand der besonderen Gesetze des Naturschutzes. Es mag aus dieser Sicht im Einzelfall möglich sein, daß immissionsschutzrechtlich zu beurteilende Einwirkungen zugleich naturschutzrechtlich zu würdigende Beeinträchtigungen darstellen. Eine derartige Sachlage besteht hier indes nicht:
1.2.1 Der Kläger trägt vor, die Planfeststellungsbehörde habe die durch den Verkehr ausgelösten Luftschadstoffe angesichts fehlerhaft prognostizierter Verkehrsmengen unzutreffend ermittelt. Dies habe ein “neues Gutachten” ergeben.
Dieses Vorbringen ergibt nicht, daß die Planfeststellungsbehörde einen Belang verkannt hat, welchen der Kläger gemäß § 51c Abs. 1 LNatSchG geltend machen kann. Die Planfeststellungsbehörde hat sich in ihrem angegriffenen Beschluß mit der Frage der Schadstoffimmissionen konkretisierend und umfangreich auseinandergesetzt (PFB S. 203 ff.). Das klägerische Vorbringen greift dies nur dahin an, daß die behördlichen Berechnungen wegen fehlerhafter Verkehrsprognose unzutreffend seien. Damit behauptet der Kläger der Sache nach ein Ermittlungsdefizit für eine Frage, die ihm wegen der gesetzlichen Begrenzung des § 51c Abs. 1 LNatSchG vorzutragen verwehrt ist.
1.2.2 Der Kläger behauptet ferner, die Lärmbelastungen seien fehlerhaft beurteilt worden. Bei der zu wählenden Nordtrasse wäre insgesamt die “Lärmbilanz” besser als bei der planfestgestellten Südtrasse. Die Angaben im Planfeststellungsbeschluß seien unzutreffend. Auch darin sieht der Kläger einen rügefähigen Belang im Sinne des § 51c Abs. 1 LNatSchG.
Das trifft nicht zu. Das klägerische Vorbringen behandelt einen Sachverhalt, der nicht unmittelbar naturschutzrechtliche Belange zum Gegenstand hat. Die Intensität der Lärmbelastungen ist von Annahmen in der Prognose des zu erwartenden Verkehrs abhängig. Ein hiergegen gerichtetes Vorbringen ist – wie dargelegt – dem Kläger als Frage eines Ermittlungsdefizites eines nicht naturschutzrechtlichen Belanges versagt. Ohnedies ist das klägerische Vorbringen nicht hinreichend substantiiert, um eine nähere gerichtliche Aufklärung vornehmen zu können. Die Bezugnahme des Klägers auf eine Stellungnahme eines Dritten ist im Hinblick auf § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO – wie ausgeführt – unzulässig.
1.2.3 Die angegriffene planerische Entscheidung beruht weder auf erkennbar vorgeschobenen Gründen noch stellt sie eine mißbräuchliche Abwägung zu Lasten der naturschutzrechtlichen Belange dar. Eine derartige Sachlage wird nicht bereits dadurch begründet, daß der Planfeststellungsbehörde – wie der Kläger vorträgt – eine Reihe von Rechtsfehlern vorzuhalten ist, die sich nach seiner Auffassung auf die fachplanerische Abwägung ausgewirkt haben.
2. Die Planfeststellungsbehörde hat die Planrechtfertigung des Vorhabens bejaht. Dem ist zu folgen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger als Verbandskläger die Fehlerhaftigkeit der angenommenen Planrechtfertigung überhaupt rügen kann.
2.1 Die Planrechtfertigung für das angegriffene Vorhaben ergibt sich aus § 1 Abs. 2 des Fernstraßenausbaugesetzes – FStrAbG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1904). Das Gesetz weist in seiner Anlage die projektierte Bundesautobahn A 20 für den hier maßgebenden Streckenabschnitt als “vordringlichen Bedarf” aus. Nach § 1 Abs. 2 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung, daß ein Bedarf besteht, ist für die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG verbindlich. Diese Bindung gilt auch für das gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339 ≪345 ff.≫; Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – DVBl 1996, 914 = UPR 1996, 337; Urteil vom 18. Juni 1997 – BVerwG 4 C 3.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131 = UPR 1998, 25).
Danach ist der Kläger mit seinem allgemeinen Vorbringen, für die projektierte Verkehrsverbindung sei ein verkehrlicher Bedarf nicht vorhanden oder dies sei jedenfalls nachzuprüfen, bereits durch gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen. Eine gesetzgeberische Entscheidung über den prognostizierten Verkehrsbedarf unterliegt grundsätzlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – a.a.O.; Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – a.a.O.). Das Gericht vermag im Streitfall Mängel in der Ermittlung des verkehrlichen Bedarfs nicht zu erkennen, die zur Verfassungswidrigkeit führen könnten.
2.2 Der Gesetzgeber stellt mit dem gesetzlichen Bedarfsplan die Zielkonformität mit § 1 Abs. 1 FStrG und zugleich den verkehrlichen Bedarf fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 ≪390≫). Gleichwohl kann das konkrete Vorhaben trotz der gesetzlichen Bedarfsfestlegung in der gemäß § 17 Abs. 1 FStrG gebotenen Abwägung der übrigen öffentlichen und der privaten Belange noch scheitern (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339 ≪346 f.≫; vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 14. Mai 1996 – BVerwG 7 NB 3.95 – BVerwGE 101, 166 = DVBl 1997, 48).
Aus diesem Grunde ist es rechtlich möglich, daß Belange des deutschen oder des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes dem projektierten Vorhaben entgegenstehen können. Hierüber ist im Verfahren der gesetzlichen Bedarfsfestlegung nicht verbindlich entschieden. Das gilt auch dann, wenn im Verfahren der gesetzlichen Bedarfsbestimmung Fragen des Naturschutzes oder – allgemeiner – der Umweltverträglichkeit behandelt wurden. Eine derartige Betrachtung mag zweckmäßig sein, um in einer frühen Stufe zu prüfen, ob sich die Planung überhaupt verwirklichen läßt oder ob eine bestimmte Bedarfsfestlegung Konflikte auslöst. Daraus erwächst der gesetzlichen Bedarfsfestlegung insoweit indes keine rechtliche Verbindlichkeit.
3. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluß enthält in seiner planerischen Entscheidung zugunsten der Süd-Trassierung und der konkreten Abschnittsbildung – soweit für das Gericht nachprüfbar – keine rechtserheblichen Mängel. Dabei hat das Gericht insbesondere nicht zu fragen, ob auch eine andere Trassenführung rechtlich zulässig gewesen wäre. Für eine derartige Entscheidung mag es aus der Sicht des Klägers gute Gründe geben. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob rechtsfehlerfrei geplant wurde (BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz § 17 FStrG Nr. 89 = DVBl 1992, 1435). Das Gericht hat danach nur darüber zu befinden, ob die tatsächlich gewählte Trassenvariante in dem planfestgestellten Streckenabschnitt rechtlichen Anforderungen genügt. Das ist – auch nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme – der Fall. Die getroffene Entscheidung wird nicht bereits deshalb fehlerhaft, weil die Planfeststellungsbehörde einen Belang einem anderen – auch einen solchen von Gewicht – vorgezogen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 ≪309≫; Urteil vom 5. Juli 1975 – BVerwG 4 C 50.72 – BVerwGE 45, 309 ≪314 ff.≫; Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 ≪232≫). Daher ist es nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer “besseren” Planung leiten zu lassen. Darauf zielt in weitem Maße das klägerische Vorbringen.
Das Gericht verkennt nicht, daß innerhalb der Landespolitik durchaus unterschiedliche Auffassungen über den Bau der Bundesautobahn A 20 einschließlich ihrer konkreten Trassenführung im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses bestanden haben. Das berührt indes nicht die formale Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde, eine planerische Entscheidung zu treffen und damit bewußt bestimmte einzelne Nachteile der gewählten Trassenführung in Kauf zu nehmen. Das gilt grundsätzlich auch für Belange des Natur- und des allgemeinen Umweltschutzes und der Landschaftspflege (vgl. BVerwG, Beschluß vom 17. Februar 1997 – BVerwG 4 VR 17.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 127 = LKV 1997, 328). Insoweit prüft das Gericht nur, ob die Entscheidung der Bundes- und Landespolitik zugunsten der Bundesautobahn A 20 rechtliche Vorgaben beachtet hat.
3.1 Die Planfeststellungsbehörde hat ihrer Entscheidung die sog. Südtrassierung zugrunde gelegt. Damit hat sie sich gegen die Nordtrassierung entschieden und zugleich die sog. Nullvariante verworfen.
In der Wahl der Südtrasse sieht der Kläger den maßgebenden Mangel der getroffenen Abwägungsentscheidung. Durchgreifende Rechtsfehler ergeben sich unter Beachtung der eingeschränkten Klagebefugnis des Klägers indes nicht. Für den Erfolg der Anfechtungsklage genügt nicht, daß der Kläger – wie erwähnt – vielfältige Nachteile der konkreten Trassenführung aufweist. Ein rechtlich erheblicher und damit durchgreifender Abwägungsfehler entsteht erst, wenn den bestehenden Nachteilen keine erkennbaren Vorteile öffentlicher oder privater Art gegenüberstehen, oder wenn die Behörde die rechtliche Bedeutung und das Gewicht der von ihr abzuwägenden Belange verkannt hat. Das alles ist für die Wahl der Südtrassierung nicht gegeben. Zur näheren Begründung konnte sich die Planfeststellungsbehörde die Erwägungen des Bundesministers für Verkehr im Verfahren der Linienbestimmung zu eigen machen (vgl. PFB S. 134).
3.1.1 Die Planfeststellungsbehörde war im Verfahren zu einer Grobanalyse etwaiger Trassenvarianten befugt (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 = DVBl 1992, 1435; Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 = NVwZ 1996, 788). Die Behörde kann dabei auf Variantenuntersuchungen im Verfahren der Linienbestimmung zurückgreifen, wenn diese Untersuchungen hinreichend aussagefähig waren (vgl. BVerwG, Beschluß vom 15. September 1995 – BVerwG 11 VR 16.95 – Buchholz 442.09 § 18 AEG = NVwZ 1996, 396). Die Planfeststellungsbehörde hat sich für die Süd-Trassierung entschieden. Das war rechtsfehlerfrei.
a) Der Kläger macht nicht geltend, daß die Reduzierung der planerischen Auswahlentscheidung auf die Nord- und Südvarianten mit ggf. noch abweichenden Trassenverschiebungen nicht sachgerecht war. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Die Grobanalyse ergab, daß für eine Anbindung der projektierten Bundesautobahn A 20 an das großräumig projektierte Verkehrsnetz nur eine Nord- oder eine Südumfahrung der Hansestadt Lübeck in Betracht kommen konnte. Damit wurde eine sog. Nullvariante ausgeschlossen. Hiergegen sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben. Der Kläger betont zwar zutreffend, daß die planfestgestellte Südtrasse zu erheblichen Umweltbelastungen führe. Das gelte insbesondere im Vergleich zur verworfenen Nordtrasse. Daraus folgt noch nicht, daß die Planfeststellungsbehörde rechtlich gehalten war, bereits aus diesem Grunde von jeglicher Planung Abstand zu nehmen.
b) Die Planfeststellungsbehörde behandelt Ausbauvarianten und eine Neubautrassierung, um verkehrliche Auswirkungen und die damit jeweils verbundenen Belastungen der Umwelt sowie mögliche Entlastungswirkungen zu beurteilen. Für den Neubau wurden acht Hauptvarianten und drei Nebenvarianten gebildet. Diese Varianten werden unter anderem hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit und ihrer raumordnerischen Bedeutung untersucht. An den Querungsstellen der Trave (im Norden und im Süden) und der Wakenitz wurden alternative Kreuzungsvarianten erörtert. Im Bereich der Travequerung im Süden wurden als Kreuzungsbauwerke ein Tunnel in offener Bauweise (1 470 m) und eine Brücke (570 m) untersucht. Für den Bereich der Wakenitz-Niederung wurde für drei Querungsstellen jeweils ein Tunnelwerk in offener Bauweise und eine Brücke geprüft. Ein Tunnel in Schildvortriebsbauweise (2 101 m) wurde im nördlichen und im südlichen Querungsbereich der Wakenitz-Niederung abgeschätzt (vgl. auch PFB S. 122).
Die Nordtrasse ist zunächst gegenüber der Südtrasse als eine Trassenvariante behandelt worden. Das ergeben die Stellungnahmen und gutachterlichen Untersuchungen. Diese haben zur fachlichen Überzeugung der zuständigen Landesbehörden und später des Bundesministers für Verkehr aufgezeigt, daß die Auswirkungen einer Trassenführung im Norden der Hansestadt Lübeck – bezogen auf die in § 2 Abs. 1 UVPG genannten Schutzgüter – weitaus geringer sind als die Beeinträchtigung im Falle einer Südtrassierung. Dieser bewertende Vergleich bedingt umgekehrt die tatsächliche Annahme, daß die Schutzgüter im Sinne des § 2 Abs. 1 UVPG bei einer Trassenführung im Süden der Hansestadt Lübeck deutlich stärker beeinträchtigt sind (vgl. auch PFB S. 123). Bei dieser Bewertungsannahme ist es letztlich unerheblich, ob die naturschutzrechtliche Bedeutung der Wakenitz-Niederung nach Maßgabe der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) – Vogelschutz-RL – (ABl EG Nr. L 103/1 vom 25. April 1979) und der Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (92/43/EWG) – Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) – (ABl EG Nr. L 206/7 vom 22. Juli 1992) fachlich und rechtlich zutreffend erkannt wurde. Denn wenn dies – wie hier zugunsten des Klägers unterstellt werden kann – nicht der Fall war, so würde dies die Annahme der Planfeststellungsbehörde nur bekräftigen, daß tatsächlich die nördliche Trassierung weitaus geringere umweltrelevante Beeinträchtigungen auslösen würde als eine südliche Trassierung.
Mit diesem Befund läßt sich jedoch ein Verstoß gegen Naturschutzbelange einschließlich des Gemeinschaftsrechts in der Frage der Trassenauswahl nicht begründen. Entscheidend ist für die Auswahl ein anderer, nämlich planerischer Gesichtspunkt. Die Planfeststellungsbehörde stand nicht – oder jedenfalls nicht in erster Linie – vor der Frage, ob für die nördliche oder für die südliche Trassierung eine Auswahlentscheidung möglich sei, die sich unter anderem auch am Maßstab der Intensität einer naturschutzrechtlich erheblichen Beeinträchtigung auszurichten habe. Dies ist die vom Kläger vorgetragene Perspektive. Sie trifft indes nicht zu. Vielmehr stand nach einer ersten Phase der näheren Untersuchung des gesamten verkehrlichen Problemfeldes nur zur Prüfung, ob eine Süd-Trassierung aus verkehrlichen Gründen erforderlich war und ob hierzu eine Nord-Trassierung überhaupt noch als eine Alternativlösung in Betracht kam. Der Planfeststellungsbeschluß stellt diese Problemlage ausdrücklich fest, wenn er auf Art. 6 Abs. 3 FFH-RL verweist (PFB S. 123). Es wird dargelegt, daß auf der Grundlage eines verkehrlichen Planungskonzeptes die Nord-Trassierung im Rechtssinne keine Alternative sei.
Diese Betrachtungsweise ist weder grundsätzlich noch in der konkreten Anwendung rechtlich zu beanstanden. Die Frage nach einer Alternative ist stets abhängig von dem jeweiligen Planungskonzept. Dieses verfolgt stets bestimmte Ziele, die ihrerseits von einem Bewerten und Gewichten anderer Zielsetzungen abhängig sind. Für die Süd-Trassierung ist ein Planungskonzept entwickelt worden, auf dessen Grundlage die Nord-Trassierung nicht (mehr) als eine Planungsalternative in Betracht kam. Die Planfeststellungsbehörde hat ihr Planungskonzept im wesentlichen darauf gestützt, daß die Süd-Trassierung in bezug auf die Erfordernisse und Belange der Raumordnung und des Städtebaus und auf die Erfüllung verkehrspolitischer Ziele der Netzverknüpfung und der Entlastung des innerstädtischen Hauptverkehrsnetzes der Hansestadt Lübeck einschließlich solcher der Verkehrssicherheit erhebliche Vorteile besitze. Eine Südumgehung werde sich auf Dauer nicht vermeiden lassen. Das auf die Süd-Trassierung gerichtete Planungskonzept werde den dem Süden der Hansestadt Lübeck zuzuordnenden Ziel- und Quellverkehr auffangen und bündeln.
Dies sind sachlich begründete Erwägungen. Sie weisen auf, daß die Nord-Trassierung ein anderes Verkehrsprojekt als die Süd-Trassierung ist und – etwa im Sinne des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL – keine planerische Alternative darstellt. Die Gerichte können nur prüfen, ob die gesetzliche Ermächtigung zur Planung und die mit ihr der Planung gesetzten rechtlichen Schranken beachtet wurden. Sie können dagegen nicht – wie der Kläger möglicherweise annimmt – ihrer Kontrolle die Annahme zugrunde legen, eine bestimmte Verkehrspolitik sei verfehlt und daraus folge auch im Rechtssinne ihre Unbeachtlichkeit.
3.1.2 Der planfestgestellte Streckenabschnitt stellt ein Teilstück dar. Gegen diese Abschnittsbildung sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben.
Die Rechtsfigur der planungsrechtlichen Abschnittsbildung stellt eine richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, daß angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Die jeweils getroffene Abschnittsbildung muß sich inhaltlich rechtfertigen lassen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 = NVwZ 1993, 572). Die Bildung von Teilabschnitten hat dabei ihrerseits das Ergebnis planerischer Abwägung zu sein. Die der Planfeststellungsbehörde zustehende Gestaltungsfreiheit vermag nicht zu rechtfertigen, daß die Teilabschnitte ohne sachlichen Bezug auf eine konzeptionelle Gesamtplanung gebildet werden. Denn erst dieser Bezug wird es regelmäßig rechtfertigen können, daß trotz gewisser planerischer Schwächen, die – bei isolierter Betrachtung – ein einzelner Teilabschnitt enthalten mag, die Teilplanung vor dem Hintergrund der angestrebten Gesamtplanung dennoch als ausgewogen angesehen werden kann (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1981 – BVerwG 4 C 5.78 – BVerwGE 62, 342 ≪351 ff.≫). Darüber hinaus bedarf der planfestgestellte Streckenabschnitt der eigenen Planrechtfertigung. Diese ist allerdings vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung zu sehen. Daher muß der jeweilige Teilabschnitt eine insoweit selbständige Verkehrsfunktion besitzen. Mit dieser rechtlichen Bindung soll unter anderem gewährleistet werden, daß die Bildung von Teilabschnitten auch dann noch planerisch sinnvoll ist und bleibt, wenn sich – aus welchen Gründen auch immer – die Verwirklichung der Gesamtplanung verzögert oder schließlich ganz aufgegeben werden sollte. Diese spezifische Verkehrsfunktion kann allerdings von unterschiedlichem Gewicht sein.
Die Planfeststellungsbehörde hat eine erste Abschnittsbildung zwischen der Anbindung an die Bundesautobahn A 1 und der Landesstraße L 92 vorgenommen. Dies liegt ersichtlich im Rahmen des planerischen Gesamtkonzeptes. Der Planfeststellungsbeschluß begründet die Abschnittsbildung auch hinsichtlich einer selbständigen Verkehrsfunktion näher (vgl. PFB S. 171). Es wird erläutert, daß der Streckenabschnitt in das bereits vorhandene Straßennetz eingebunden werde. Außerdem werden weitere Gründe angeführt. Der Kläger hat dies nicht substantiell angegriffen. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob ihm dies die eingeschränkte Klagebefugnis überhaupt ermöglichte.
3.1.3 Der planfestgestellte Abschnitt quert die Trave. Der Kläger behauptet, die Trave-Niederung stelle ein potentielles FFH-Gebiet dar. Der Planfeststellungsbeschluß legt das Gegenteil zugrunde (vgl. PFB S. 182; vgl. auch PFB S. 307 ff. ≪309≫). Der Kläger kann mit seinem Vorbringen aus prozessualen Gründen nicht gehört werden. Demgemäß ist auch seinen Beweisangeboten nicht zu entsprechen.
a) Der Kläger ist mit seinem Vorbringen aus prozessualen Gründen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 VerkPBG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO ausgeschlossen.
Der Kläger war spätestens seit der ihm durch das Gericht vermittelten Akteneinsicht in der Lage, innerhalb der gesetzlichen Klagebegründungsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 VerkPBG die Klage in seinem Sinne näher – also auch in tatsächlicher Hinsicht – zu begründen. Die Frist endete – ohne daß es in diesem Zusammenhang auf Einzelheiten ankommt – im Herbst 1997. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger nicht vorgetragen, daß der planfestgestellte Streckenabschnitt ein potentielles FFH-Gebiet quere und daher entgegenstehende tatsächliche Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses unzutreffend seien. Dies hat der Kläger erstmals mit seinem Schriftsatz vom 5. Mai 1998 vorgetragen. Die in diesem Schriftsatz angeführten Textstellen aus früheren Schriftsätzen ergeben nichts anderes.
Der Kläger hat allerdings in seinem Einwendungsschreiben vom 16. Februar 1996 auf die Anforderungen der EU-Richtlinien für den Bereich der Trave an verschiedenen Stellen hingewiesen. Das führt indes nicht dazu, daß mit jeder Bezugnahme auf das Einwendungsschreiben dessen Inhalt im Sinne des § 5 Abs. 3 VerkPBG zum Gegenstand der Klagebegründung wird. Diese Annahme verbietet sich bereits durch den Umfang des Einwendungsschreibens, aber auch aus der Zielsetzung des § 5 Abs. 3 VerkPBG selbst. Die vom Kläger angeführte Textstelle aus dem Schriftsatz vom 17. Juli 1997 (S. 8) spricht nur allgemein von der gebotenen Schutzausweisung nach der FFH-RL. Der weitere Zusammenhang zeigt dann auf, daß sich der Kläger auf die Verhältnisse der Wakenitz-Niederung konzentriert. Darauf bezieht sich auch der Hinweis auf das Gutachten K…/W… vom Mai 1997.
Auch das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 19. Juli 1997 (S. 2/3) ergibt nicht, daß für die Travequerung im Bereich der planfestgestellten Trasse vorgetragen werden soll, das Gebiet südlich der Hansestadt Lübeck sei als Schutzgebiet im Sinne der FFH-RL anzusehen. An der angegebenen Textstelle wird zwar auf die Trave-Niederung hingewiesen. Es wird dort jedoch nur vorgetragen, daß die Planfeststellungsbehörde einen Anfang der 90er Jahre gemachten Vorschlag des Landesamtes für Naturschutz Schleswig-Holstein nicht berücksichtigt habe. Dies ist etwas anderes als die jetzige Behauptung des Klägers, die Trave-Niederung sei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als Schutzgebiet im Sinne der FFH-RL anzusehen. Damit wird erstmals vorgetragen, die Planfeststellungsbehörde sei im Rahmen der eigenen Abwägung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Zuvor war nur behauptet worden, die Behörde habe eine Stellungnahme einer anderen Behörde nicht beachtet. Ein darin mittelbar behauptetes Ermittlungsdefizit besteht übrigens nicht, da – wie unstreitig – die Planfeststellungsbehörde durchaus weitere Ermittlungen angestellt hat.
Die Zulassung des weiteren tatsächlichen Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Eine weitere Verzögerung ist unangemessen. Der Beklagte darf erwarten, daß das Gericht in absehbarer Zeit über die Klage befindet. Insoweit macht das Gericht von dem ihm nach § 87b Abs. 3 S. 1 VwGO eingeräumten Ermessen Gebrauch. Der Kläger hat die Verspätung auch nicht entschuldigt. Für einen entsprechenden Grund ist auch nichts ersichtlich. Spätestens seit Bekanntgabe des Beschlusses des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutz war Gelegenheit gegeben, die Beurteilung des Gerichts zu beanstanden. Das Gericht hatte in seinem Beschluß darauf hingewiesen, daß sich das bisherige klägerische Vorbringen zu Fragen eines potentiellen FFH-Gebietes nur auf die Wakenitz-Niederung beziehe. Über die Rechtsfolgen der prozessualen Präklusion brauchte der Kläger nicht gesondert unterrichtet zu werden. Diese ergeben sich unmittelbar aus § 5 Abs. 3 VerkPBG. Es handelt sich nicht um eine im Einzelfall, also richterlich gesetzte Frist, sondern um eine solche kraft Gesetzes (BVerwG, Urteil vom 31. März 1995 – BVerwG 4 A 1.93 – BVerwGE 98, 126 ≪129≫ = NVwZ 1995, 901; Beschluß vom 17. Februar 1997 – BVerwG 4 VR 17.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 127 = LKV 1997, 328).
b) Das klägerische Vorbringen ist zudem nicht hinreichend substantiiert, um das Gericht zu einer Beweiserhebung zu veranlassen.
Der Kläger stützt sich für seine Behauptung auf den Inhalt einer Karte zum Entwurf eines Landschaftsprogramms Schleswig-Holstein (Stand: April 1997). Darin wird die Trave-Niederung als ein Prüfgebiet für den Aufbau eines Prüfprogramms NATURA 2000 nach Art. 4 FFH-RL ausgewiesen. Das genügt – für sich betrachtet – nicht, um mit Hilfe der Karte die sehr allgemein gehaltene Behauptung des Klägers zu substantiieren. Die Karte mag im Zusammenhang mit anderen Tatsachen als ein Indiz dafür gelten, daß für die Trave-Niederung zu prüfen sei, ob ihre Ausweisung als Schutzgebiet in Betracht komme. Weitere Tatsachen werden nicht vorgetragen. Dies muß indes von dem Kläger als einem anerkannten Naturschutzverband im Sinne der prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO verlangt werden. Gerade ihm ist eine Substantiierung seines Vorbringens hinsichtlich naturschutzfachlicher Umstände möglich. Würdigt man die vorgelegte Karte allein, enthält sie lediglich die Aussage, daß sich eine Fachbehörde einer von ihr als erheblich angesehenen Prüfungsfrage gestellt hat.
3.2 Die Gefahr eines Planungstorsos – bezogen auf den folgenden Streckenabschnitt – besteht nicht. Das der Planfeststellung zugrundeliegende Gesamtkonzept läßt sich verwirklichen.
Eine Planung, die sich objektiv in ihrer Umsetzung vor nicht überwindbaren Hindernissen sieht, verfehlt ihren gestaltenden Auftrag. Sie verletzt darüber hinaus die gesetzliche Ermächtigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1997 – BVerwG 4 C 10.96 – DVBl 1997, 838; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996 – BVerwG 4 A 27.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 = NVwZ 1996, 1011). Eine derartige Lage besteht hier jedenfalls nicht in einer Weise, daß bereits jetzt zugunsten des Klägers festgestellt werden kann, die Süd-Trassierung werde sich im folgenden Streckenabschnitt in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht verwirklichen lassen. Die gerichtliche Prüfung hat dies nicht ergeben. Die Frage der Realisierungsfähigkeit ist hierbei nicht aus der subjektiven Sicht der Planfeststellungsbehörde zu beantworten. Vielmehr muß sie anhand objektiver Gegebenheiten beantwortet werden. Im einzelnen:
3.2.1 Der Planfeststellungsbeschluß befaßt sich mit der Frage, welche abwägungserhebliche Bedeutung das Schutzgebiet “Schaalsee” besitzt. Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
Das Gebiet “Schaalsee” ist rechtlich als ein Vogelschutzgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL zu beurteilen. Diese Bewertung legt bereits die Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde (vgl. die “Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen gemäß § 11 UVPG zur Linienbestimmung” S. 13). Das Gutachten K…/W… gelangt zu demselben Ergebnis (S. 40). Auch der Beklagte geht hiervon nunmehr aus.
Die projektierte Trasse durchschneidet das förmlich festgesetzte Gebiet “Schaalsee” nicht. Das Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL und – soweit überhaupt anwendbar – auch das Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL erfassen erhebliche Auswirkungen (Beeinträchtigungen). Das gilt allerdings auch für Störungen, die Ursachen außerhalb des Gebietes haben und sich auf das Gebiet auswirken. Der Kläger hat derartige Auswirkungen für die Trassenführung in der Nähe des Naturparks “Schaalsee” unter Bezugnahme auf das Gutachten K…/W… behauptet. Demgegenüber hat die Planfeststellungsbehörde eine Verträglichkeitsprüfung im Sinne des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nicht für erforderlich angesehen (vgl. PFB S. 182). Sie hat zudem angenommen, daß es ausreichend sei, wenn die Trassenführung etwa 400 bis 500 m von der Grenze des Schutzgebietes entfernt sei. Dies ist nicht zu beanstanden.
Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß erhebliche Auswirkungen im Sinne des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL zu erwarten sind. Der als sachverständige Auskunftsperson durch das Gericht befragte Prof. Dr. K… hat erläutert, wie die im Gutachten vom Mai 1997 (Gutachten S. 40 ff.; Gutachten Anhang II S. 309 ff.) getroffenen Aussagen über die Entfernung zwischen dem festgesetzten Schutzgebiet und der zu beurteilenden Störungsquelle zu verstehen seien. Danach lassen sich in Ermangelung eines klaren fachlichen Forschungsstandes nur Abschätzungen über den Abstand zwischen Grenze des Schutzgebietes und der zu beurteilenden Störungsquelle vornehmen, um eine erhebliche Auswirkung ausschließen zu können. Die Grundlagen einer derartigen Abschätzung hat die sachverständige Auskunftsperson im Hinblick auf das erstellte Gutachten nachvollziehbar erläutert. Der Kläger ist dem in der Beweisaufnahme nicht substantiell entgegengetreten. Weiterführende Beweisanträge sind nicht gestellt worden. Das Gericht sieht angesichts der deutlichen Erläuterungen der sachverständigen Auskunftsperson auch keinen hinreichenden Grund, von Gerichts wegen eine weitere Aufklärung vorzunehmen.
3.2.2 Der Planfeststellungsbeschluß befaßt sich mit der Frage, welche abwägungserhebliche Bedeutung die Wakenitz-Niederung besitzt. Sie hat ausdrücklich ausgeschlossen, daß die Wakenitz-Niederung die Qualität eines Schutzgebietes nach Maßgabe der FFH-RL habe (vgl. PFB S. 182). Der Beklagte hat dies in seinem Vorbringen bekräftigt. Er hat erklärt, das beklagte Land beabsichtige auch nicht, das Gebiet der Wakenitz-Querung als ein Schutzgebiet der FFH-RL auszuweisen. Der Beurteilung der Planfeststellungsbehörde tritt der Kläger in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen. Er behauptet, die Wakenitz-Niederung sei als ein faktisches Vogelschutzgebiet, jedenfalls als ein potentielles Schutzgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL zu beurteilen. Es seien zu schützende prioritäre Arten oder prioritäre Lebensraumtypen vorhanden. Die Beteiligten streiten auch darüber, wie die Bekundungen des Zeugen Dipl.-Forstwirt S… hierzu zu würdigen seien.
Einer weiteren beweismäßigen Aufklärung bedarf diese Frage nicht. Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde hinsichtlich des hier zu beurteilenden ersten Teilabschnitts ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Ein vom Kläger geltend gemachtes Ermittlungsdefizit wirkt sich für den vorliegenden Streckenabschnitt der Trave-Querung nicht aus. Das Gericht legt seiner rechtlichen Prüfung die Vogelschutz-RL und die FFH-RL zugrunde. Die Prüfung ergibt, daß rechtliche oder tatsächliche Hindernisse nicht bestehen, um die Süd-Trassierung auch im Streckenabschnitt der Wakenitz-Niederung fortzusetzen. Hierzu hat das Gericht jeweils zugunsten des Klägers die ihm günstigere Rechtsauslegung des zu beachtenden EU-Rechts als zutreffend unterstellt. Danach ergibt sich:
a) Wird zugunsten des Klägers in tatsächlicher Hinsicht unterstellt, die Wakenitz-Niederung sei ein faktisches Vogelschutzgebiet, dann folgt daraus:
Die Vogelschutz-RL begründet gegenüber staatlichen Behörden – auch ohne Umsetzung in nationales Recht – unmittelbar rechtliche Verpflichtungen. Das steht aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs fest (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C 355/90 – Slg. I 4221 ff. – NuR 1994, 521 – Santoña; EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank; vgl. bereits EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 – Rs. C-57/89 – Slg. 1991 I 883 ff. – NuR 1991, 249 – Leybucht). Diese Rechtsansicht stimmt im übrigen mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur unmittelbaren Verbindlichkeit der Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung überein (vgl. EuGH, Urteil vom 11. August 1995 – Rs. C-431/91 – EuGHE I 2189 – NuR 1996, 102 – Großkrotzenburg; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 ≪242≫). Daran hat sich vor Umsetzung der FFH-RL nichts geändert. Auch im maßgebenden Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses war die FFH-RL entgegen Art. 23 Abs. 1 FFH-RL nicht in deutsches Recht umgesetzt worden.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 11. Dezember 1997 – Rs. C-83/87 – im Verfahren der Vertragsverletzung festgestellt, die Bundesrepublik Deutschland habe dadurch gegen Art. 23 Abs. 1 FFH-RL verstoßen, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen habe, um der Richtlinie nachzukommen. Der Gerichtshof weist unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung das Vorbringen der beklagten Bundesrepublik Deutschland als unerheblich zurück, daß die Richtlinie seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist von den zuständigen Behörden unmittelbar angewandt werde (vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Oktober 1995 – Rs. C-242/94 – Slg. 1995 I 3031 Rn. 6). Daher unterliegt es rechtlichen Zweifeln, ob Art. 7 FFH-RL im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses angewandt werden konnte und damit ggf. das geminderte Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL auszulösen in der Lage war. Unabhängig von der fehlenden Umsetzung der FFH-RL hebt Art. 7 FFH-RL jedenfalls die Vogelschutz-RL nicht auf, sondern ordnet im Falle der “Anwendung der FFH-RL” für ein nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 Vogelschutz-RL erklärtes oder anerkanntes Vogelschutz-Gebiet nur das von Art. 4 Abs. 4 FFH-RL abweichende Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL an. Danach ist zunächst der Schutzstatus des Gebietes nach Art. 4 Abs. 1 oder 2 Vogelschutz-RL festzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank).
Die Zweifel bedürfen keiner Klärung in einem Vorlageverfahren nach Art. 177 EGV a.F. Sie sind für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht entscheidungserheblich. Die aufgeworfene Frage kann nämlich jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit durch Unterstellung zugunsten des Klägers entschieden werden. Die Süd-Trassierung stand auch bei Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes für die Wakenitz-Niederung vor keinem “unüberwindlichen” Hindernis.
Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutz-RL ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat nicht befugt ist, die wirtschaftlichen Erfordernisse als Gründe des Gemeinwohls zur Durchbrechung des Schutzregimes zugrunde zu legen (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C 355/90 – Slg. I 4221 ff. – NuR 1994, 521 – Santoña). Zulässige Gründe zur Einschränkung des Schutzregimes sind nur solche der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder des Naturschutzes oder Umweltschutzes selbst (vgl. auch EUGH, Urteil vom 28. Februar 1991 – Rs. C-57/89 – Slg. 1991 I 883 ff. – NuR 1991, 249 – Leybucht). Derartige Zielsetzungen werden mit dem Bau der Bundesautobahn A 20 nicht verfolgt.
Liegen derartige Gründe nicht vor, so hindert dies eine Süd-Trassierung dann nicht, wenn gemäß Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL in tatsächlicher Hinsicht eine erhebliche Auswirkung auf das faktische Vogelschutzgebiet vermieden werden kann. Kann der Mitgliedstaat mithin hierfür geeignete Maßnahmen treffen, ist er an der Durchführung des Projektes nicht gehindert. Für die rechtliche Beurteilung ist demgemäß nur zu prüfen, ob die Planfeststellungsbehörde eine derartige Maßnahme im Falle eines faktischen Vogelschutzgebietes im Bereich der Wakenitz-Niederung noch treffen könnte. Das ist aufgrund der Vorarbeiten zum Verfahren der Linienbestimmung und der vorliegenden Akten der Planfeststellungsbehörde zu bejahen. In den Untersuchungen ist mehrfach erwogen worden, die Südtrasse im Bereich der Wakenitz-Niederung zu untertunneln (vgl. auch PFB 122, 141). Dabei ist sowohl die Möglichkeit einer “einfachen” Tunnelung als auch die Tunnelung in Schildvortriebsbauweise (2 101 m) erörtert worden. Daß diese Möglichkeiten nicht in einem positiv bestätigenden Sinne befürwortet wurden, steht der hier vorzunehmenden rechtlichen Prüfung nicht entgegen. Man hat als Hindernis keine technischen Schwierigkeiten erörtert, sondern – gerade außerhalb der Betrachtungsweise des Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutz-RL – die als erheblich angesehene Kostenmehrung als einen abwägungserheblichen Belang für das sich anschließende Planfeststellungsverfahren im Abschnitt der Wakenitz-Niederung gewürdigt. Darauf beschränkt sich die behördliche Erörterung. Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, daß derartige Lösungen aus der Sicht eines effektiven Vogelschutzes nicht ausgeschlossen sind. Diese Feststellung genügt, um bei Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes ein unüberwindbares Hindernis in der Verwirklichung der Süd-Trassierung verneinen zu können.
b) Wird zugunsten des Klägers unterstellt, die Wakenitz-Niederung sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ein potentielles FFH-Gebiet ohne prioritäre Arten oder prioritäre Lebensraumtypen, dann folgt daraus:
aa) Im maßgebenden Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses vom 28. April 1997 war die FFH-RL entgegen ihrem Art. 23 Abs. 1 nicht in deutsches Recht umgesetzt worden. Nach Ablauf der in Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL bestimmten weiteren Frist zur Zuleitung ist der EU-Kommission die Wakenitz-Niederung nicht als ein Schutzgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 FFH-RL gemeldet worden. Die Planfeststellungsbehörde wäre bei dieser Sachlage in der Lage gewesen, die rechtliche Möglichkeit eines potentiellen Schutzgebietes im Sinne des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL durch Wahrunterstellung ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Das ist nicht geschehen. Die Behörde hat vielmehr ausdrücklich und in Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vorbringen verneint, daß die Wakenitz-Niederung als ein potentielles FFH-Gebiet zu beurteilen sei (vgl. PFB S. 182).
Das Gericht neigt dazu, von der rechtlichen Möglichkeit eines potentiellen Schutzgebietes im Sinne des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL auszugehen. Das Gericht ist zwar nicht in der Lage, ein kohärentes europäisches ökologisches System im Sinne des Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 FFH-RL für das Gebiet des beklagten Landes nach festen Kriterien zu bestimmen. Das schließt es jedoch nicht aus, daß im Einzelfall ein derartiges Schutzgebiet dann anzunehmen ist, wenn für ein Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt sind, die Aufnahme in ein kohärentes ökologisches Netz in Zusammenhang mit anderen, bereits unter förmlichen Schutz gestellten Gebieten naheliegt oder sich geradezu aufdrängt und der Mitgliedstaat weder die Richtlinie umgesetzt hat noch eine Liste nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL der EU-Kommission zugeleitet hat. Die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften legt durchaus die Annahme nahe, daß auch für Schutzgebiete nach der FFH-RL von der Möglichkeit eines materiellen Schutzstatus auszugehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C 355/90 – Slg. I 4221 ff. – NuR 1994, 521 – Santoña; EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank; vgl. bereits EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 – Rs. C-57/89 – Slg. 1991 I 883 ff. – NuR 1991, 249 – Leybucht).
bb) Dies bedarf indes keiner abschließenden rechtlichen Beurteilung. Zugunsten des Klägers ist in rechtlicher Hinsicht anzunehmen, daß ein Mitgliedstaat bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie verpflichtet ist, die Ziele der Richtlinie nicht zu unterlaufen und durch eigenes Verhalten keine gleichsam vollendeten Tatsachen zu schaffen, die ihm später die Erfüllung der ihm aus der Beachtung der Richtlinie gemäß Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 189 Abs. 3 EGV a.F. erwachsenen Vertragspflichten nicht mehr möglich macht (vgl. auch EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 – Rs. C-129/96 – EuZW 1998, 167 ≪170≫ Nr. 44 – Inter-Environnement Wallonie). Diese Pflicht folgt aus dem Gebot der Vertragstreue. In diesem Sinne kann den Mitgliedstaat eine “vorgezogene” Verhaltenspflicht treffen, die man als Pflicht zur Vermeidung von Widersprüchen mit den Zielsetzungen der Richtlinie oder als Pflicht zur “Stillhaltung” als gemeinschaftsrechtliche Vorwirkung verstehen kann. Diese Vorwirkung ist darauf gerichtet, daß schutzwürdige Gebiete weder zerstört noch anderweitig beeinträchtigt werden, bevor sie nach nationalem Recht unter Schutz gestellt wurden. Eine absolute Veränderungssperre besteht dagegen nicht. Trotz vertragswidrigen Verhaltens darf ein Mitgliedstaat nicht mit Folgen belastet werden, die über jene Einschränkungen hinausgehen, welche die Richtlinie im Falle ordnungsgemäßer Umsetzung selbst vorsieht.
Eine derartige gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur “Stillhaltung” dürfte erst recht bestehen, wenn ein Mitgliedstaat – wie hier – eine Richtlinie in vertragswidriger Weise nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt hat. Der Europäische Gerichtshof hat die Vertragsverletzung mit Urteil vom 11. Dezember 1997 – Rs. C-83/87 – verbindlich ausgesprochen. Diese gemeinschaftsrechtsfreundliche Betrachtung der Bedeutung des Art. 5 i.V.m. Art. 189 Abs. 3 EGV a.F. verbietet mithin eine Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts in der Weise, daß die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie praktisch unmöglich wird (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 1997 – Rs. C-24/95 – Slg. I 1997 S. 1591, Rn. 37, 42, 46 – Alcan; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Juli 1991 – Rs. C-87/90 – Slg. I 1991 S. 3757, Rn. 24 – Verholen).
Dieser rechtlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts steht nicht entgegen, daß das in der FFH-RL selbst normierte Schutzregime des Art. 4 Abs. 5 FFH-RL zeitlich erst später eingreift. Die FFH-RL geht – was selbstverständlich ist – von dem vertragstreuen Mitgliedstaat aus, der sowohl beizeiten die Richtlinie in nationales Recht umsetzt als auch beizeiten der Vorschlagspflicht des Art. 4 Abs. 2 FFH-RL umfassend nachkommt. Beides ist hier nicht geschehen, so daß es der EU-Kommission unmöglich gemacht wurde, ihrerseits auf der Grundlage der ihr durch die Mitgliedstaaten vorgelegten Listen gemäß Art. 4 Abs. 3 FFH-RL sechs Jahre nach Bekanntgabe der Richtlinie eine gemeinschaftliche Liste zu erstellen. Die letztgenannte Frist läuft zwar erst am 5. Juni 1998 ab. Die Beweisaufnahme hat jedoch mit großer Klarheit ergeben, daß die Bundesrepublik Deutschland – neben anderen Mitgliedstaaten – durch ihr Verhalten es der EU-Kommission seit längerer Zeit unmöglich gemacht hat, die Frist des Art. 4 Abs. 3 FFH-RL einzuhalten. Das beklagte Land hat zu diesem Vertragsverstoß durch eigenes Verhalten beigetragen. Es hat ebenfalls jahrelang eine aus seiner Sicht vollständige Liste der aufzunehmenden Schutzgebiete im Sinne des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL nicht vorgelegt. Die Anhörung der zuständigen Abteilungsleiterin des Ministeriums für Natur, Umwelt und Forsten des Landes Schleswig-Holstein in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, daß mit den Arbeiten über die vorzulegende Liste der Schutzgebiete überhaupt erst im Laufe des Gerichtsverfahrens begonnen wurde.
Das bedeutet: Bereits vor dem 5. Juni 1998 mußte im Verfahren der Planaufstellung ermittelt werden, ob eine straßenrechtliche Fachplanung Flächen berührte, die als (potentielle) FFH-Gebiete in Betracht kamen und – im bejahenden Falle – ob das in Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL vorgesehene Schutzregime eingehalten werden könne. Die Auffassung, den Mitgliedstaaten stehe bei der Auswahl der der EU-Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL zu meldenden Schutzgebiete ein politisches Ermessen zu, erscheint demgegenüber höchst zweifelhaft. Sie wäre jedenfalls nicht ohne weiteres zugunsten des beklagten Landes zu entscheiden und erforderte im Falle der Entscheidungserheblichkeit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof im Verfahren nach Art. 177 EGV a.F.. Art. 4 FFH-RL – in Verbindung mit den Anhängen I bis III – gibt für die Annahme eines nationalen Auswahlermessens nach Maßstäben politischer Zweckmäßigkeit keinen Anhalt. Die Mitgliedstaaten haben vielmehr anhand der im Anhang III der FFH-RL festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Erkenntnisse jene Gebiete aufzuführen, in denen die in den Anhängen I und II der FFH-RL bezeichneten natürlichen Lebensraumtypen und einheimischen Arten vorkommen. Für die Mitgliedstaaten mag es bei der Anwendung der in Anhang III genannten Kriterien einen Raum für eine fachliche Beurteilung innerhalb einer gewissen Bandbreite geben. Den Mitgliedstaaten ist es indes versagt, für die Phase der Auswahl ihrerseits einschränkende Kriterien hinzuzufügen. Das würde geschehen, wenn die Mitgliedstaaten bereits während der Phase der Gebietsauswahl ihre Interessen der wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Entwicklung den Vorrang vor dem Lebensraum- und Artenschutz einräumen würden (vgl. ähnlich EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank). Mitgliedstaaten, deren Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder prioritären Arten flächenmäßig mehr als 5 v.H. des gesamten Hoheitsgebietes ausmachen, können bei der EU-Kommission beantragen, in ihrem Falle die Kriterien des Anhanges III (Phase 2) der FFH-RL flexibler zu handhaben (vgl. Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 FFH-RL). Aus dieser Regelung ergibt sich, daß eine politische Entscheidung eines Mitgliedstaates, für ein Gebiet, welches die Kriterien des Anhanges III der FFH-RL erfüllt, von einer Meldung an die EU-Kommission abzusehen, vertragswidrig ist. Ob dies für die vom beklagten Land getroffene, vielfach als politischer Kompromiß bezeichnete Entscheidung, die Wakenitz-Niederung nicht in die der EU-Kommission vorzulegende Liste aufzunehmen, zutrifft, brauchte das Gericht nicht festzustellen, vermag es aber auch nicht auszuschließen.
Nach durchgeführter Beweisaufnahme sprechen erhebliche Umstände dafür, daß die Wakenitz-Niederung im Hinblick auf die in den Anhängen I bis III der FFH-RL genannten Kriterien als ein nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 FFH-RL auszuweisendes Gebiet ernsthaft in Betracht kommt. In diesem Falle wäre das Gebiet der EU-Kommission als ein besonderes Schutzgebiet im Rahmen des kohärenten europäischen ökologischen Netzes “NATURA 2000” zu melden gewesen. Das Gericht hat bereits in seinem Beschluß im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Bedeutung der seinerzeitigen vorläufigen Sicherstellung durch die Verordnungen vom 28. März 1990 (GVBl S. 232) und vom 14. Februar 1992 (GVBl S. 176) hingewiesen. Die aufgrund des Beschlusses vom 13. März 1998 beigezogenen Akten über die Entstehung der Verordnung vom 28. März 1990 haben diese Beurteilung eher bestätigt denn entkräftet. Auch die nunmehr erklärte Absicht des beklagten Landes, die Wakenitz-Niederung durch Rechtsverordnung mit Ausnahme eines Korridors für die linienbestimmte Trassierung als Naturschutzgebiet auszuweisen, spricht eher für die Annahme eines potentiellen Schutzgebietes im Sinne des Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 FFH-RL. Das beklagte Land bestätigt durch seine eigene naturschutzrechtliche Entscheidung, daß ein kohärentes System im Sinne des Art. 3 Abs. 1 FFH-RL gegeben sein kann. Die Herausnahme einer Fläche aus einem als im übrigen als schützenswert angesehenen Gebiet von anerkanntermaßen hoher ökologischer Wertigkeit steht in der Gefahr, die eher formale Phase der Unterschutzstellung mit der des maßgeblichen Schutzregimes zu verwechseln (vgl. erneut EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – Rs. C-44/95 – NuR 1997, 36 – Lappel Bank). Prof. K… hat als sachverständige Auskunftsperson die im Gutachten K…/W… angeführte Einschätzung des Gebietes (S. 49) in der mündlichen Verhandlung erläutert und bekräftigt. Auch die Bekundungen des sachverständigen Zeugen S… legen es nahe, die tatsächlichen Verhältnisse eines besonderen Schutzgebiets im Sinne der Anhänge I bis III der FFH-RL als gegeben anzusehen.
cc) Die Süd-Trassierung steht auch bei Annahme eines potentiellen FFH-Gebietes vor keinem “unüberwindlichen” Hindernis. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL läßt es zu, daß aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art das Projekt durchgeführt werden kann, wenn eine Alternativlösung nicht vorhanden ist. Damit geht Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL von einem “schwächeren” Schutzregime als Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutz-RL aus. Liegt bereits bei der unmittelbaren Anwendung der Vogelschutz-RL kein unüberwindbares Hindernis vor, dann trifft dies jedenfalls auch im Falle eines angenommenen potentiellen FFH-Gebietes zu.
dd) Nur ergänzend wird bemerkt: Auch wenn die Planfeststellung hinsichtlich eines unterstellten potentiellen FFH-Gebietes in der Wakenitz-Niederung keinen durchgreifenden Bedenken unterliegt, entlastet dies die Planfeststellungsbehörde nicht bei der demnächst erforderlichen Prüfung dieses Streckenabschnitts. Die Behörde wird ihre bisherige Ansicht zu überdenken haben, daß die Wakenitz-Niederung als ein potentielles FFH-Gebiet nicht in Betracht kommt. Die gerichtliche Beweisaufnahme hat berücksichtigungsfähige Hinweise ergeben. Die Planfeststellungsbehörde würde sich übrigens in einem rechtlichen Irrtum befinden, wenn sie davon ausginge, bereits die rechtliche Annahme eines potentiellen FFH-Gebietes schließe den Bau der Bundesautobahn A 20 aus. Vielmehr hat die Behörde alsdann die Voraussetzungen des Schutzregimes nach Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL zu prüfen und zu entscheiden, ob aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art der Bau der Bundesautobahn gerechtfertigt ist und ob eine Alternativlösung gegeben ist.
Das Gericht sieht im vorliegenden Streitverfahren davon ab, auf die Frage einzugehen, in welcher Hinsicht die in § 19c Abs. 3 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30. April 1998 (BGBl I S. 823) bezeichnete “zumutbare Alternative” als eine Alternativlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL zu betrachten ist und ob Kostengründe dafür bedeutsam sein könnten, was als Alternativlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL zu gelten hat. Die fehlende Umsetzung der Richtlinie dauert trotz der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes übrigens an. Zur inhaltlichen Umsetzung gehört die vollständige Meldung der zu schützenden Gebiete nach den Maßstäben der FFH-RL für die ganze Bundesrepublik Deutschland.
c) Wird zugunsten des Klägers in tatsächlicher Hinsicht unterstellt, die Wakenitz-Niederung sei ein potentielles FFH-Gebiet mit prioritären Arten oder prioritären Lebensraumtypen, dann folgt daraus:
Die Frage nach der rechtlichen Möglichkeit eines potentiellen FFH-Gebietes im Zeitpunkt vor Ablauf der Frist des Art. 4 Abs. 3 FFH-RL (5. Juni 1998) bedarf auch dann keiner Klärung in einem Vorlageverfahren nach Art. 177 EGV a.F., wenn in tatsächlicher Hinsicht – im Wege der Unterstellung – von einem potentiellen FFH-Gebiet mit prioritären Arten oder prioritären Lebensraumtypen ausgegangen wird. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses kommt es nicht entscheidungserheblich auf die vom Kläger gestellten Beweisanträge an.
Die Süd-Trassierung steht auch bei Annahme eines potentiellen FFH-Gebietes mit prioritären Arten oder prioritären Lebensraumtypen vor keinem “unüberwindlichen” Hindernis. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL läßt es zu, daß aus Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der EU-Kommission, aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses das beabsichtigte Projekt verwirklicht wird. Die Planfeststellungsbehörde kann in diesem Falle unterschiedlich verfahren. Sie kann – wie im Falle eines faktischen Vogelschutzgebietes – eine technische Lösung vorsehen, welche eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Verträglichkeitsprüfung von vornherein ausschließt. Die Beweisaufnahme hat dazu verdeutlicht, daß hierfür eine Tunnellösung – jedenfalls im Verfahren des Schildvortriebs – in Betracht kommt. Die Planfeststellungsbehörde kann auch die Stellungnahme der EU-Kommission einholen, wenn andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden können (vgl. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 letzt. Altn. FFH-RL). Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die EU-Kommission ihre Stellungnahme abgeben darf, erfordert für das vorliegende Streitverfahren ebenfalls keine nähere Klärung.
Die Landesbehörden haben sich allerdings im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung eher ablehnend gegenüber einer Untertunnelung der Wakenitz-Niederung geäußert. Es mag dahinstehen, ob es der Zielsetzung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entspricht, bestimmte Bauweisen bereits in finanzieller Hinsicht zu beurteilen (vgl. dazu die angeführte “Allgemeinverständliche Zusammenfassung” vom 6. Dezember 1995 gemäß §§ 6, 11 UVPG). Eine rechtliche Verbindlichkeit besitzen derartige Äußerungen nicht für die Frage, ob der Süd-Trassierung in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht nicht zu überwindende Hindernisse entgegenstehen. Nur dies ist hier zu beurteilen. Die Tunnellösung – in welcher Bauweise auch immer – darf im nachfolgenden Streckenabschnitt keineswegs nur als ein planerisches Gedankenspiel betrachtet werden. Eine Unterquerung der Wakenitz-Niederung mittels eines Tunnels ist aus der Sicht des europäischen Richtlinienrechts keine Frage politischer Zweckmäßigkeit.
3.3 Weitere Mängel der Abwägung im ersten Streckenabschnitt der Trave-Querung bestehen im Ergebnis nicht. Der Kläger behauptet, die Planfeststellungsbehörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Wakenitz-Niederung weder ein faktisches Vogelschutzgebiet noch ein potentielles Schutzgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL sei. Die Behörde habe dies vielmehr ausdrücklich verneint. Der Kläger meint, in dieser nach seiner Auffassung fehlerhaften Beurteilung liege ein Mangel der Abwägung.
Auch wenn für den nachfolgenden Streckenabschnitt unüberwindliche Hindernisse nicht bestehen, ist die Planfeststellungsbehörde nicht gehindert, Belange des nachfolgenden Teilabschnitts bereits in das Abwägungsmaterial für den vorhergehenden Abschnitt einzubeziehen. Denn der Behörde steht es frei, im Rahmen vorgegebener rechtlicher Regeln einen berührten Belang als abwägungserheblich anzusehen und damit sein Bestehen oder sein Nichtbestehen zum Gegenstand der Abwägung zu erheben. Irrt sich die Planfeststellungsbehörde in ihrer Beurteilung, dann liegt darin ein Mangel der Abwägung.
Einer abschließenden Beurteilung bedarf es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. Der zugunsten des klägerischen Vorbringens unterstellte Abwägungsfehler ist für die Rechtmäßigkeit des ersten Teilabschnitts im Rechtssinne nicht erheblich. Das folgt aus § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG. Danach sind Mängel in der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Im vorliegenden Falle kann ausgeschlossen werden, daß der zugunsten des Klägers unterstellte Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen wäre. Das ergibt sich aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses selbst. Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen, daß die Durchführung der Querung der Wakenitz problematisch sein könne. Sie hat in der Begründung der Planfeststellung ausdrücklich der weiteren Detailplanung vorbehalten, ob die Querung mittels Tunnel oder Brücke zu erfolgen habe (vgl. PFB S. 156). Sie hat mit dieser Erwägung auch die Tunnelung in offener oder in Schildvortriebsbauweise nicht ausgeschlossen. Damit hat die Planfeststellungsbehörde in zulässiger Weise für den folgenden Teilabschnitt auf weitere Detailplanungen verwiesen. Das schließt auch neue Erkenntnisse über die tatsächlichen Verhältnisse der Wakenitz-Niederung als ein faktisches Vogelschutzgebiet oder als ein potentielles FFH-Gebiet ohne weiteres ein. Dasselbe gilt für die Frage neuer Techniken im Tunnelbau, auf welche im Verfahren der Planaufstellung – allerdings in einem anderen Zusammenhang – hingewiesen worden war (vgl. PFB S. 319).
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Gericht hat diese im Gesetz zwingend vorgeschriebene Entscheidung auszusprechen, ohne daß hierbei berücksichtigt werden darf, ob der Kläger angesichts geltend gemachter Verfahrensfehler und der fehlenden Umsetzung der zu beachtenden europarechtlichen Richtlinien verständlichen Anlaß zur Klageerhebung hatte.
Unterschriften
Berkemann, Hien, Halama, Rojahn
Vorsitzender Richter Dr. Gaentzsch befindet sich in Urlaub.
Berkemann
Fundstellen
Haufe-Index 1457411 |
BVerwGE, 1 |
BauR 1998, 897 |
NVwZ 1998, 961 |
DÖV 1999, 349 |
NJ 1998, 605 |
NZV 1998, 389 |
NuR 1998, 544 |
ZUR 1998, 203 |
ZfBR 1998, 318 |
BRS 1999, 768 |
DVBl. 1998, 901 |
NordÖR 1998, 309 |
Städtetag 1998, 708 |
UPR 1998, 384 |