Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherung in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft während des Grundwehrdienstes. Erstattungsanspruch des Arbeitgebers. Versorgungseinrichtungen. Unterstützungskassen. Zuwendungen. Beiträge
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber eines Wehrpflichtigen hat keinen Anspruch auf Erstattung der Zuwendungen, die er für seinen Arbeitnehmer während dessen Grundwehrdienstes im Rahmen der zusätzlichen. betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung an eine Unterstützungskasse erbracht hat.
Normenkette
Arbeitsplatzschutzgesetz §§ 1, 14a; BetrAVG § 1
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 10.03.1992; Aktenzeichen 2 UE 16.18/89) |
VG Wiesbaden (Urteil vom 16.03.1989; Aktenzeichen VII/1 E 1064/84) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 1992 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. März 1909 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der am 16. Juni 1956 geborene, seit dem 1. Juni 1979 als Operator (EDV) bei der Klägerin beschäftigte M. leistete in der Zeit vom 1. April 1982 bis zum 30. Juni 1983 seinen Grundwehrdienst ab. Die Klägerin erbrachte für ihn während der Wehrdienstzeit im Rahmen der zusätzlichen betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung Zuwendungen in Höhe von 5.295,82 DM an die Unterstützuhgskasse des DGB e.V., deren Mitglied sie ist. Dieser Verein ist nach seiner Satzung eine Unterstützungskasse im Sinne des Körperschaftssteuergesetzes. Er dient ausschließlich der Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Unfallunterstützung von Beschäftigten der Vereinsmitglieder (§ 2) und zahlt laufende Unterstützungen, deren Art und Höhe die Unterstützungs-Richtlinien bestimmen (§ 9 Nr. 1). Nach § 9 Nr. 3 der Satzung besteht kein Anspruch auf Leistungen des Vereins. Die zur Erfüllung der Vereinsaufgaben erforderlichen Mittel werden durch Zuwendungen der Mitglieder aufgebracht (§ 12 Nr. 1).
Am 13. März 1984 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erstattung des von ihr gezahlten Betrags in Höhe von 5.295,82 DM. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Oktober 1984 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch durch Bescheid vom 23. November 1984 mit der Begründung zurück, die Unterstützungskasse des DGB sei keine Versorgungseinrichtung im Sinne des § 14 a Abs. 3 des Gesetzes über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst (Arbeitsplatzschutzgesetz) – ArbPlSchG – in der hier maßgebenden Fassung vom 14. April 1980 (BGBl I S. 425), weil sie dem Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewähre (vgl. § 1 Nr. 1 der Verordnung zum Dritten Abschnitt des Arbeitsplatzschutzgesetzes vom 20. Oktober 1980 – ArbPlSchG-VO – BGBl I S. 2006).
Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten, den geltend gemachten Betrag zu erstatten, durch Urteil vom 16. März 1989 stattgegeben: Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 10. März 1992 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 14 a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1, 2, 4 und 5 ArbPlSchG. Zwar sei nach § 1 Nr. 1 ArbPlSchG-VO als betriebliche oder überbetriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Sinne des § 14 a Abs. 3 ArbPlSchG nur die Versicherung in solchen Einrichtungen im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG – vom 19. Dezember 1974 (BGBl I S. 3610) anzusehen, die dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf ihre Leistungen gewähren. An dieser Voraussetzung fehle es nach § 1 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG und § 9 Abs. 3 der hier maßgebenden Vereinssatzung. § 1 Nr. 1 ArbPlSchG-VO sei jedoch insoweit nicht durch die in § 14 a Abs. 6 ArbPlSchG enthaltene Ermächtigung gedeckt und daher unbeachtlich. Auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen seien erfüllt. Die Klägerin sei kraft Gesetzes zur Weiterentrichtung der Zuwendungen verpflichtet gewesen (§ 14 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG).
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese die Verletzung materiellen Bundesrechts rügt.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Die Klage ist unbegründet. (vgl. §§ 137 Abs. 1 Nr. 1, 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der für ihren Arbeitnehmer M. im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (vgl. § 1 BetrAVG) der Unterstützungskasse des DGB e.V. geleisteten Zuwendungen nach § 14 a Abs. 3 in Verbiadung mit Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG. Die in § 14 a Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1, 2, 4 und 5 ArbPlSchG hinsichtlich einer bestehenden Versicherung in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für zum Wehrdienst einberufene Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst enthaltenen Bestimmungen gelten nach § 14 a Abs. 3 ArbPlSchG sinngemäß „für Arbeitnehmer, die einer Pensionskasse angehören oder als Leistungsempfänger einer anderen Einrichtung oder Form der betrieblichen oder überbetrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Betracht kommen”. Der außerhalb des öffentlichen Dienstes (vgl. § 15 Abs. 2 ArbPlSchG) tätige Arbeitnehmer M. gehörte keiner „Pensionskasse” (§ 1 Abs. 3 Satz BetrAVG) an. Er kommt auch nicht als Leistungsempfänger einer „anderen Einrichtung” im Sinne des § 14 a Abs. 3 ArbPlSchG in Betracht.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Unterstützungskasse des DGB e.V. keine Versorgungseinrichtung im Sinne des Arbeitsplatzschutzgesetzes. Nach § 14 a Abs. 6 Satz 1 ArbPlSchG kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung bestimmen, welche Einrichtungen als betriebliche oder überbetriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sind. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Erlaß der Verordnung zum Dritten Abschnitt des Arbeitsplatzschutzgesetzes (a.a.O.) Gebrauch gemacht. Nach § 1 Nr. 1 ArbPlSchG-VO ist als betriebliche oder überbetriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Sinne des § 14 a Abs. 3 ArbPlSchG neben anderen, hier nicht in Betracht kommenden Versicherungen die Versicherung in Einrichtungen im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (a.a.O.) anzusehen, „soweit sie auf den Arbeitnehmer bezogene Beiträge erheben und diesem einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewähren”. Die Unterstützungskasse des DGB e.V. erhebt keine derartigen Beiträge.
§ 1 Nr. 1 ArbPlSchG-VO, der – jedenfalls insoweit – von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist, knüpft an die in § 14 a Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG enthaltene Regelung an, daß der Arbeitgeber des Wehrpflichtigen während dessen Wehrdienstes Beiträge zu einer bestehenden Versicherung in der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung weiterzuentrichten hat. Diese gesetzliche Pflicht und der Anspruch auf Erstattung in Erfüllung dieser Pflicht geleisteter Zahlungen nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG (vgl. zu § 5 ArbPlSchG in der Fassung vom 21. Mai 1968 ≪BGBl I S. 551≫ Urteile vom 9. Dezember 1971 – BVerwG VIII C 150.69 – Buchholz 448.4 § 5 ArbPlSchG Nr. 3 S. 15 ≪17≫ = BVerwGE 39, 143 ≪147≫, BVerwG VIII C 24.68 – Buchholz 448.4 § 5 ArbPlSchG Nr. 4 S. 23 ≪24≫, vom 30. November 1977 – BVerwG VIII C 29.76 – Buchholz 448.4 § 5 ArbPlSchG Nr. 5 S. 1 ≪3 f.≫, vom 28. Juni 1978 – BVerwG VIII C 12.77 – Buchholz 448.4 § 5 ArbPlSchG Nr. 6 S. 8 ≪10 f.≫ und vom 4. Juni 1982 – BVerwG 8 C 125.81 – Buchholz 448.4 § 5 ArbPlSchG Nr. 7 S. 1 ≪2≫) setzen eine gegenüber der Versorgungseinrichtung bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers voraus, in bestimmter Höhe regelmäßige Zahlungen zu leisten; denn „die Beiträge” sind in der Höhe weiterzuentrichten, „in der sie zu entrichten wären, wenn das Arbeitsverhältnis nicht ruhen würde”. Die gesetzliche Weiterentrichtungspflicht tritt daher für die Dauer des Wehrdienstes gleichsam an die Stelle einer bestehenden Verpflichtung des Arbeitgebers. Daraus ergibt sich, daß „Beiträge” im Sinne des § 14 a ArbPlSchG nur solche Zahlungen in bestimmter Höhe sind, die der Arbeitgeber im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses zu leisten verpflichtet ist.
An einer solchen Verpflichtung fehlt es hier. Die Unterstützungskasse des DGB e.V. ist nach § 1 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG eine Unterstützungskasse im Rechtssinne, nämlich eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, „die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt”. In § 9 Nr. 3 ihrer Satzung wird ein Anspruch auf Versorgungsleistungen ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 12 der Satzung werden die zur Erfüllung der Vereinsaufgaben erforderlichen Mittel durch „Zuwendungen” der Mitglieder aufgebracht. Derartige „Zuwendungen” (vgl. auch § 4 d EStG) werden durch das Fehlen eines darauf gerichteten Rechtsanspruchs der Unterstützungskasse oder des versicherten Arbeitnehmers gekennzeichnet. Der Arbeitgeber ist insoweit nicht zu bestimmten Leistungen verpflichtet (vgl. BAG, Urteile vom 17. Mai 1973 – 3 AZR 301/72 – AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, Gründe B. II. 3. a, Bl. 408 und vom 10. November 1977 – 3 AZR 705/76 – AP Nr. 8 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, Gründe B. 3. c, Bl. 957 R; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl., § 81 XIV. 4. a S. 597 m.weit. Nachw.). Eine Unterstützungskasse ist daher nicht in den Kreis der in § 14 a Abs. 3 ArbPlSchG bezeichneten Versorgungseinrichtungen einbezogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Weyreuther, Dr. Kleinvogel, Dr. Silberkuhl, Dr. Honnacker, Sailer
Fundstellen